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VwGH vom 26.05.1999, 94/13/0058

VwGH vom 26.05.1999, 94/13/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dr. E in W, vertreten durch Dr. Christian Ebert, Rechtsanwalt in Wien I, Hegelgasse 6/4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-1603/1/93, betreffend Jahresausgleich 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Anlässlich eines Antrages auf Durchführung eines Jahresausgleiches für das Jahr 1991 beantragte der Beschwerdeführer - soweit dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig ist - die Berücksichtigung anteiliger Kraftfahrzeugkosten sowie von Kosten des Umzuges von einer BUWOG-Wohnung, welche der Beschwerdeführer wegen seines Ausscheidens aus dem öffentlichen rechtlichen Dienstverhältnis räumen musste, in eine andere Wohnung als Werbungskosten und - in einem Nachtrag zu dem Jahresausgleichsantrag - die Berücksichtigung der Unterhaltskosten für seine Ehefrau und seine mj. Tochter als Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit.

Bei Durchführung des Jahresausgleiches wurden die Umzugskosten mit der Begründung nicht als Werbungskosten anerkannt, dass das Bundesdienstverhältnis freiwillig und nicht aus beruflichen Gründen aufgelöst worden sei, weshalb die Aufwendungen Kosten der privaten Lebensführung darstellten. Die Unterhaltsleistungen wurden unter Hinweis auf § 34 EStG 1988 ebenfalls nicht berücksichtigt. Auf Grund anerkannter Werbungskosten (u.a. hinsichtlich der KFZ-Kosten) und Sonderausgaben errechnete sich im Jahresausgleichsbescheid eine Gutschrift von S 25.156,--.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über eine gegen den Jahresausgleichsbescheid 1991 erhobene Berufung. Der Spruch des in der Folge vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides lautet:

"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Die Neuberechnung des Jahresausgleiches 1991 ergibt eine Nachforderung von S 5.049,--."

Im Erwägungsteil begründete die belangte Behörde, dass die (im Jahresausgleichsbescheid anerkannten) KFZ-Kosten für eine Kaskoversicherung, eine Rechtsschutzversicherung und den Mitgliedsbeitrag für einen Autofahrerclub im Verhältnis der beruflich gefahrenen Kilometer zu den Gesamtkilometern nicht als Werbungskosten anerkannt werden könnten, weil aus einer Bestätigung des Arbeitgebers des Beschwerdeführers hervorgehe, dass dem Beschwerdeführer für die beruflich gefahrenen Kilometer das amtliche Kilometergeld ausbezahlt worden sei. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/14/0119, sei aber eine zusätzliche Berücksichtigung tatsächlich nachgewiesener (anteiliger) KFZ-Kosten neben dem in Anspruch genommenen amtlichen Kilometergeld nicht zulässig. Eine Berücksichtigung der Umzugskosten verweigerte die belangte Behörde im Wesentlichen deswegen, weil der Wohnungswechsel im Zusammenhang damit, dass der Beschwerdeführer nach Aufgabe seines Dienstverhältnisses zum Bund die von ihm bis dahin bewohnte BUWOG-Wohnung habe räumen und in eine andere Wohnung habe ziehen müssen, nicht Voraussetzung für die Erlangung des neuen Dienstverhältnisses, sondern lediglich Konsequenz aus der Aufgabe seines bisherigen Berufes gewesen sei. Der neue Arbeitgeber des Beschwerdeführers habe das Dienstverhältnis nie an die Voraussetzung der Übersiedlung geknüpft, zumindest habe der Beschwerdeführer dies in keinem Stadium des Verfahrens behauptet. Es handle sich bei den Kosten daher um gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähige Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen. Auch die in eventu beantragte Anerkennung der Übersiedlungskosten als außergewöhnliche Belastung verweigerte die belangte Behörde im Wesentlichen ebenfalls unter Hinweis auf den freiwillig vorgenommenen Berufswechsel. Hinsichtlich der beantragten Berücksichtigung der Unterhaltsleistung für die Ehefrau und das Kind des Beschwerdeführers verwies die belangte Behörde auf die Aufhebung der Wortfolge "und gleichen Familienstandes" des § 34 Abs. 2 EStG 1988 mit durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom , G 290/91-7) und den Umstand, dass der vorliegende Fall nicht Anlassfall für das zur Aufhebung der genannten Bestimmung führende Erkenntnis gewesen sei, weshalb das Einkommensteuergesetz 1988 in der ursprünglichen Fassung maßgebend sei, die entsprechenden Unterhaltsleistungen nach dieser Fassung aber keine Berücksichtigung finden könnten.

In der Folge enthält die Begründung des angefochtenen Bescheides die in seinem Spruch erwähnte Neuberechnung des Jahresausgleiches. Darin wird das Einkommen, ausgehend von der Summe der Bruttobezüge, nach Abzug steuerfreier Bezüge, mit festen Steuersätzen versteuerter Bezüge, Wohnungskosten laut Punkt 4 des Lohnzettels (welche ziffernmäßig allerdings nicht angeführt sind) und der berücksichtigten Sonderausgaben mit S 745.037,80 beziffert. Von der hierauf entfallenden Lohnsteuer wurde die anrechenbare Lohnsteuer abgezogen, woraus sich ein Betrag von "- S 20.106,50" ergibt. Diesem Betrag wird die Gutschrift laut Erstbescheid in Höhe von S 25.156,-- hinzugerechnet und der sich daraus ergebende Betrag von S 5.945,-- als die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Nachforderung bezeichnet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer zunächst, dass der angefochtene Bescheid den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abändere, dass an die Stelle der von der erstinstanzlichen Behörde festgestellten Gutschrift von S 25.156,-- eine Nachforderung von S 5.049,-- trete, weshalb auf Grund dieses Bescheides tatsächlich ein Betrag von S 30.205,-- abzuführen sei (Rückzahlung der Gutschrift plus Einzahlung der Nachforderung). Dieser Betrag sei dem Beschwerdeführer auch bereits zur Zahlung vorgeschrieben worden. Dieser Spruch werde aber durch die Bescheidbegründung nicht getragen, weil danach die Änderung des erstinstanzlichen Bescheides ausschließlich auf der verweigerten Anerkennung der anteiligen KFZ-Aufwendungen beruhe. Demgemäß ergebe sich bei entsprechender Neuberechnung des Jahresausgleiches eine Gutschrift von S 20.107,-- und keine Nachforderung von S 5.049,--. Diese im Spruch genannte Nachforderung sei nur die Differenz zwischen der (niedrigeren) Gutschrift laut Berufungsentscheidung und jener (höheren) laut erstinstanzlichem Bescheid. In der Folge meint der Beschwerdeführer, dass es sich bei diesem Fehler "vermutlich" um einen der Berichtigung zugänglichen handle, da auf Vornahme einer solchen Berichtigung jedoch nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Rechtsanspruch bestehe, müsse der angefochtene Bescheid aus diesem Grund - der sich zumindest auch als Verletzung von Verfahrensvorschriften darstelle - bekämpft werden.

In der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift zur Beschwerde vertritt diese hiezu die Ansicht, dass eine Rechtswidrigkeit des nach Ansicht des Beschwerdeführers unrichtigen Spruches nicht gegeben sei, weil der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen sei. Spruch und Begründung bildeten eine Einheit; bestünden Zweifel über den Inhalt des Spruches, so sei zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen. In der Berufungsentscheidung sei die Neuberechnung des Jahresausgleiches detailliert dargestellt und es lasse sich zweifelsfrei nachvollziehen, wie die belangte Behörde die im Spruch genannte Nachforderung errechnet habe.

Nun trifft es zwar zu, dass der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, wie die im Spruch genannte Nachforderung errechnet wurde. Gerade diese Begründung macht aber deutlich, dass in dem den Bescheidwillen der Behörde zum Ausdruck bringenden Spruch des angefochtenen Bescheides über eine Nachforderung gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen wurde. Nun hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz jedoch gemäß § 289 Abs. 1 BAO, sofern die Berufung nicht gemäß § 278 BAO zurückzuweisen ist und keine Anweisung auf Erlassung einer Berufungsvorentscheidung ergeht, immer in der Sache selbst zu entscheiden. In Verbindung mit § 279 Abs. 1 BAO, wonach die Abgabenbehörden zweiter Instanz die Obliegenheiten und Befugnisse haben, welche den Abgabenbehörden erster Instanz auferlegt und eingeräumt sind, kommt damit zum Ausdruck, dass das Rechtsmittel der Berufung des Abgabenverfahrens ein "volles" (unbeschränktes) Rechtsmittel ist. Die Berufungsentscheidung ist demnach eine selbständige und unabhängig vom erstinstanzlichen Bescheid zu treffende Entscheidung und tritt - abgesehen davon, dass der erstinstanzliche Bescheid bestimmte Wirkungen wie z.B. eine Unterbrechung der Verjährung behält - an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides. Die belangte Behörde hat daher insoweit, als sie eine Entscheidung getroffen hat, in welcher über eine "Nachforderung" gegenüber einem erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen wird, die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid damit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, zumal der unterlaufene Fehler entgegen der in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Vermutung des Beschwerdeführers auch nicht berichtigungsfähig ist. Wie der Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, soll mit der Bestimmung des § 293 Abs. 1 BAO die Möglichkeit geschaffen werden, bestimmte Fehler zu beseitigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwilllen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen. Fehler und Irrtümer, die der Behörde bei der Willensbildung unterlaufen sind, sind nicht berichtigungsfähig, und zwar auch dann nicht, wenn der Fehler in der Willensbildung klar zutage tritt. Die Bestimmung des § 293 BAO bietet keine Rechtsgrundlage dafür, den rechtsverbindlichen (normativen) Gehalt und damit die Substanz des Bescheides zu verändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0128, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Eine solche Veränderung der Bescheidsubstanz würde es aber darstellen, wenn im angefochtenen Bescheid der Spruch dahingehend geändert würde, dass der Jahresausgleich 1991 anstelle einer Nachforderung (gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid) von S 5.049,-- (unabhängig vom erstinstanzlichen Bescheid) eine Gutschrift von S 20.106,-- ergibt. Dies ganz abgesehen davon, dass die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift diesbezüglich selbst nicht behauptet, dass der Bescheidwille auf Erlassung eines selbständigen Bescheides gerichtet gewesen wäre. Die belangte Behörde geht in ihrer Gegenschrift auch nicht auf den in der Beschwerde vorgebrachten Umstand ein, dass dem Beschwerdeführer anstatt der Erteilung einer Gutschrift von S 20.105.-- - wie dies bei Verbuchung eines selbständigen Bescheides hätte erfolgen müssen - S 30.205,-- zur Zahlung vorgeschrieben wurden.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird darauf hingewiesen, dass dem angefochtenen Bescheid im Übrigen die behaupteten einfachgesetzlichen Rechtsverletzungen jedoch nicht anhaften. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass bei Inanspruchnahme des Kilometergeldes eine zusätzliche Berücksichtigung tatsächlich nachgewiesener Kosten nicht zulässig sei, entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Zur diesbezüglich in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist zu sagen, dass es nicht zum Wesen des Parteiengehörs gehört, die Partei zu einer Rechtsansicht und den rechtlichen Schlussfolgerungen zu hören, welche die Behörde ihrem Bescheid zugrunde zu legen gedenkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0201). Im Übrigen brachte der Gerichtshof die Ansicht, wonach ein Abgabepflichtiger nicht neben den pauschalen Sätzen des Kilometergeldes auch noch einzelne bestimmte Aufwendungen mit ihren tatsächlichen Beträgen als Betriebsausgaben beanspruchen kann, bereits in seinem Erkenntnis vom , 88/14/0119, zum Ausdruck. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die Aufwendungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem Wohnungswechsel unter den gegebenen Umständen nicht Voraussetzung für die Erlangung des neuen Dienstverhältnisses, sondern lediglich Konsequenz aus der (freiwilligen) Aufgabe des bis dahin bestehenden Dienstverhältnisses waren, die Umzugskosten daher nicht zur Erzielung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienten. Aber auch die Ansicht einer gebotenen Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung vor dem Hintergrund der Freiheit der Erwerbstätigkeit und der Berufswahl ist schon deswegen verfehlt, weil die Inanspruchnahme einer BUWOG-Wohnung und die damit im Zusammenhang stehende Verpflichtung, die Wohnung bei einer allfälligen Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses räumen zu müssen, in keinen relevanten Zusammenhang mit der Freiheit der Erwerbstätigkeit und Berufswahl gebracht werden kann. Die diesbezüglich übernommene Rechtspflicht hat ihre Ursache nicht im Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und der Berufswahl, sondern resultiert ausschließlich auf der freiwilligen Entscheidung des Beschwerdeführers, die ihm auf Grund seines (bereits gewählten damaligen) Dienstverhältnisses offen stehende Möglichkeit, eine BUWOG-Wohnung beziehen zu können, ergriffen bzw. das Dienstverhältnis beendet zu haben.

Da der angefochtene Bescheid aber aus den oben angeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in der Pauschalgebühr der Verordnung die Umsatzsteuer bereits enthalten ist und die Stempelgebühr nur für

drei Beschwerdeausfertigungen und den angefochtenen Bescheid in

einfacher Ausfertigung zuzusprechen sind.

Wien, am