VwGH vom 26.06.2003, 2003/16/0077
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des G in G, vertreten durch Dr. Rath & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , GZ RV/0268- G/02, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer von der C. Freizeitanlagen-Betriebs-GmbH zwei aus einer Reihe von an einem Badesee gelegenen Grundstücken um den Kaufpreis von S 600.000,--. Im § 5 der Vertragsurkunde ist die Zufahrt zum Grundstück über ein als Straße genutztes Grundstück näher geregelt. Im selben Vertragspunkt erklärt der Verkäufer sein Einverständnis, dass dem Käufer die Nutzung des unmittelbar angrenzenden Badesees zu Freizeitzwecken auf unbestimmte Zeit gestattet wird. In § 7 der Vertragsurkunde wird vom Käufer zur Kenntnis genommen, dass auf den angrenzenden Grundstücken, die im Eigentum des Verkäufers stehen, vom Verkäufer eine Freizeitanlage betrieben und dass auf dieser Anlage auch mehrere "Gastrobetriebe" bestehen. Der Käufer räumt in diesem Vertragspunkt ausdrücklich die Dienstbarkeit der Duldung des Betriebs einer Freizeitanlage ein. § 8 der Vertragsurkunde lautet auszugsweise:
Der Käufer verpflichtet sich, als Erhaltungsbeitrag für die allgemeinen Einrichtungen und die Infrastruktur der gesamten Anlage sowie die Zufahrtsstraße und insbesondere für den Badesee einen Betrag von S 1.500,-- inkl. allfälliger MwSt pro Monat an den Verkäufer zu bezahlen.
...
Die Einräumung des Rechtes auf Nutzung des Badesees und Mitbenutzung der gesamten Freizeitanlage, sowie des Zufahrtsrechtes über die Servitutsstraße ist von der ordnungsgemäßen Bezahlung dieses Erhaltungsbeitrages abhängig.
...
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt Graz-Umgebung von diesem Kaufvertrag Grunderwerbsteuer vor, wobei es als sonstige Leistung den neunfachen Jahreswert des Erhaltungsbeitrages berücksichtigte.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, bei der Vereinbarung über einen Erhaltungsbeitrag für die allgemeinen Einrichtungen der anschließenden Freizeitanlage handle es sich um eine vom Kaufvertrag gesonderte Vereinbarung; der Erhaltungsbeitrag sei nicht als Gegenleistung nach § 5 GrEStG anzusehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, die Leistung für die Benutzung des angrenzenden Badesees stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb der Bauparzellen. Gerade die Lage der Bauparzellen innerhalb einer Freizeitanlage und am Ufer eines Badesees würden die vom Beschwerdeführer zu erbringenden Leistungen bedingen. Der Kauf der Parzellen ohne die Berechtigung der Benutzung des Sees und der Freizeitanlage sei nicht möglich gewesen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Einbeziehung des "Erhaltungsbeitrages" in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG gehört bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen zur Gegenleistung, von der nach § 4 Abs 1 GrEStG die Steuer zu berechnen ist.
Der Begriff der Gegenleistung iS der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Jede denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, bildet einen Teil der Bemessungsgrundlage (vgl Fellner, GrEStG11, § 5 Rz 4 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung). Steht eine Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks, dann ist sie als Gegenleistung iS des Gesetzes anzusehen. Auch Leistungen, die der Erwerber dem Veräußerer erbringt, um aus der zu erwerbenden Sache eine für ihn möglichst vorteilhafte Nutzung zu erzielen, gehören demnach zur Gegenleistung (vgl Fellner, aaO, Rz 9 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, bei der Regelung der Benützung des Badesees und der übrigen Freizeitanlage handle es sich um eine vom Kaufvertrag unabhängige Vereinbarung. Eine solche bloße Vertragskoppelung (vgl dazu insbesondere Rummel in Rummel3, § 859 ABGB, Rz 22) setzt aber voraus, dass die einzelnen Vereinbarungen - ungeachtet ihrer urkundlichen Zusammenfassung - für sich als Hauptvertrag bestehen können.
Gerade dies ist aber hier nicht der Fall:
Wie auch dem der Kaufvertragsurkunde angeschlossenen Lageplan zu entnehmen ist, liegen die vom Verkäufer abverkauften Liegenschaften inmitten einer Freizeitanlage am Ufer eines größeren Badeteichs. Die Nutzung dieser Freizeitanlage einschließlich des Rechts der Nutzung der Zufahrtsstraße steht nach dem gesamten Inhalt der Urkunde in einem direkten Zusammenhang mit dem Eigentum an einem der am Seeufer gelegenen Grundstücke. Die Nutzungsvereinbarung kann daher für sich als Hauptvertrag nicht bestehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der vorliegenden Vereinbarung um einen Hauptvertrag mit anderstypischen Nebenpflichten handelt. Die kausale Verknüpfung von Nutzungsregelung und Kaufvertrag ist insbesondere aus der Vertragsbestimmung ersichtlich, wonach die Einräumung des Rechts auf Nutzung des Badesees und die Mitbenutzung der gesamten Freizeitanlage sowie des Zufahrtsrechtes über die Servitutsstraße von der ordnungsgemäßen Bezahlung des Erhaltungsbeitrages abhängig ist.
Soweit in der Beschwerde demgegenüber ausgeführt wird, der Käufer könne die Vereinbarung jederzeit kündigen, wenn er den Badesee und die Freizeitanlage nicht mehr nutzen wolle, wird damit übersehen, dass der Erhaltungsbeitrag auch für die Nutzung der Zufahrtsstraße zu entrichten ist. Würde also die Nutzungsvereinbarung gekündigt oder würde der Erhaltungsbeitrag nicht entrichtet, so könnte der nunmehrige Eigentümer überhaupt nicht mehr zu seinem Grundstück gelangen.
Bei der hier erforderlichen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts des Erwerbsvorgangs ist davon auszugehen, dass dabei der Erwerb des Grundstücks nicht in erster Linie zum Zwecke der Verschaffung einer Wohnmöglichkeit erfolgte; vielmehr war nach der klaren Verknüpfung im Vertragswerk Zweck des Erwerbsvorgangs bei einer wirtschaftlichen Betrachtung zweifellos die Nutzung für Freizeitaktivitäten in der näheren Umgebung der Landeshauptstadt Graz. Eine vorteilhafte Nutzung der Liegenschaft bedingt dabei auch die Nutzung des Badesees und der übrigen Freizeitanlage. Durch die rechtliche Verknüpfung der Vereinbarungen über die Nutzung der Freizeitanlage - welche auch durch die Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit erfolgte - ist ersichtlich, dass der Erwerb des Eigentums an der Liegenschaft ohne die Nutzung der Freizeitanlage (einschließlich Zufahrtsstraße) gar nicht möglich war, aber auch wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre.
Da daraus folgt, dass die Leistung des Erhaltungsbeitrages in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks stand, haben ihn die Abgabenbehörden zu Recht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am