VwGH vom 22.05.2003, 2003/16/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B Gesellschaft mbH in O, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien III, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl 5-G-A 1544/6-2002, betreffend Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit im angefochtenen Bescheid über Stempelgebühren abgesprochen wird, wird der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten für im Einzelnen angeführte Standorte. In dem ausdrücklich als Spruch bezeichneten Abschnitt des Bescheides wurde im vorletzten Satz eine Landesverwaltungsabgabe vorgeschrieben. Der letzte Satz des Bescheidspruches lautet wörtlich:
Überdies ist für die erteilte Bewilligung (Sammelbewilligung) gemäß § 14 TP 2 des Gebührengesetzes 1957 idgF eine Stempelgebühr von 3800,-- Euro (50 Anträge X 76,-- Euro) sowie gem § 14 TP 1 leg. cit eine Gebühr von 2800,-- Euro (50 Anträge X 56,-- Euro), somit insgesamt 6600,-- Euro mittels zuliegenden Erlagscheines zu entrichten.
Der letzte Satz der Begründung des angefochtenen Bescheides lautet:
Die Verwaltungsabgaben und die Gebühren waren in Anwendung der Bestimmungen der im Spruch zitierten Verwaltungsabgabenverordnung sowie des Gebührengesetzes vorzuschreiben.
Nach dem Inhalt der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Vorschreibung von Verwaltungsabgaben und Gebühren für jeden der Standorte in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 13 Abs 4 GebG 1957 idF der Abgabenänderungsgesetze 2001, BGBl I Nr 144/2001, und 2002, BGBl I Nr 84/2002, hat der Gebührenschuldner die Stempelgebühren an die Behörde zu entrichten, bei der die gebührenpflichtige Schrift anfällt. Die Behörde hat auf der gebührenpflichtigen Schrift einen Vermerk über die Höhe der entrichteten oder zu entrichtenden Gebühr anzubringen. Weitere Bestimmungen über die Art der Entrichtung bei der Behörde, bei der die gebührenpflichtigen Schriften anfallen, sind im § 3 Abs 2 GebG enthalten.
Nach § 34 Abs 1 GebG sind die Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem zuständigen Finanzamt zu übersenden.
Nach § 8 Z 3 Finanzausgleichsgesetz 2001, BGBl I Nr. 3/2001, zählen die Stempel- und Rechtsgebühren mit Ausnahme der Gebühren von Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen im Gebiet nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde) zu den ausschließlichen Bundesabgaben. Im vorliegenden Fall wurde keine "Gebühr von Wetten", sondern Stempelgebühren von Amtlichen Ausfertigungen und Eingaben vorgeschrieben. Diese Gebühren sind somit dem Kompetenzbereich des Art 10 Z 4 B-VG zuzuordnen. In diesem Bereich kommt der belangten Behörde somit keine Zuständigkeit zu, insbesondere nicht die Kompetenz zum bescheidmäßigen Abspruch über das Bestehen einer Gebührenschuld. Die angefochtene von der Burgenländischen Landesregierung erlassene Erledigung lässt im Hinblick auf ihre ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, den in ihr enthaltenen unbedingten Zahlungsbefehl und die diesbezügliche Bescheidbegründung keinen Zweifel daran offen, dass damit ein normativer Akt gesetzt worden ist. Für eine solche bescheidmäßige Vorschreibung einer Bundesabgabe fehlt der belangten Behörde aber die Zuständigkeit. Die Kompetenz zur Erteilung der geforderten Bewilligung (eigener Wirkungsbereich des Landes Burgenland) hat nichts mit der Kompetenz zur Gebührenfestsetzung nach dem GebG zu tun.
Sollte die belangte Behörde ihre Zuständigkeit aus den Bestimmungen der §§ 3 und 13 des Gebührengesetzes in der angeführten Fassung abgeleitet haben, so ist zur Klarstellung darauf zu verweisen, dass die Verwaltungsbehörde gemäß § 13 Abs 4 GebG auf der bei ihr anfallenden Schrift nur einen Vermerk über die zu entrichtende Gebühr anzubringen hat. Die Gebührenschuld entsteht sodann insbesondere bei Eingaben in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren abschließende Erledigung zugestellt wird (§ 11 Z 1 GebG) bzw bei amtlichen Ausfertigungen mit deren Hinausgabe (§ 11 Z 2 GebG). Kommt der Gebührenschuldner der Verpflichtung zur Entrichtung der ihm von der Behörde auf die im Sinne des § 13 Abs 4 GebG vorgesehene Weise mitgeteilte Gebühr nicht nach, so hat die Behörde nach den Bestimmungen des - durch die angeführten Abgabenänderungsgesetze unberührt gebliebenen - § 34 Abs 1 GebG dem zuständigen Finanzamt einen entsprechenden Befund zu übersenden, welches sodann über die Gebührenschuld bescheidmäßig abzusprechen hat.
Mit anderen Worten: Die Verwaltungsbehörde hat über die Höhe der Stempelgebühren keinen Bescheid zu erlassen; vielmehr bringt sie dem Gebührenschuldner in einem "Vermerk" die ihrer Auffassung nach zu entrichtenden Gebühren in Form einer bloßen - nicht rechtsmittelfähigen - Mitteilung zur Kenntnis. Dem Rechtsschutz des Gebührenschuldners dient in der Folge ein nach § 3 Abs 2 Z 1 letzter Satz GebG iVm § 203 BAO bzw § 241 Abs 2 und 3 BAO durchzuführendes Abgabenverfahren bei der für die Erhebung der Stempelgebühren zuständigen Abgabenbehörde des Bundes.
Da aufgezeigte Unzuständigkeit der belangten Behörde auch dann wahrzunehmen ist, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 581, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001.
Wien, am