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VwGH vom 30.04.2003, 2003/16/0057

VwGH vom 30.04.2003, 2003/16/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der A GmbH in Wien, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian Partnerschaft in Wien VI, Linke Wienzeile 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 5. Feber 2003, Zl. Jv 480-33/03, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin hatte als Werkunternehmer (Generalunternehmer) gegen den Werkbesteller (eine KG und ihren Komplementär) zu 16 Cg 8/99x des HG Wien Klage auf Bezahlung restlichen Werklohns (als Entgelt für die Errichtung einer Ausstellungshalle samt Nebengebäuden und Außenanlagen) in der Höhe von ATS 14,327.913,54 geführt und hiefür Pauschalgebühr (in Höhe von ATS 203.628,--) entrichtet.

In dem diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Werkvertrag war eine Vertragsstrafe für die Abgeltung eines allfälligen Verspätungsschadens in Höhe von ATS 25.000,--je Kalendertag vereinbart worden.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom schlossen die Streitteile einen Vergleich mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:

"1. Die beklagten Parteien verpflichten sich zur ungeteilten Hand, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters den Betrag von S 16,779.797,37 (darin enthalten S 2,796.633,25 an 20 % USt) gemäß Schlussrechnung vom an restlichem Werklohn binnen 4 Wochen zu bezahlen.

2. Die klagende Partei verpflichtet sich, an die erstbeklagte Partei den Betrag von S 7,000.000,--an Konventionalstrafe binnen 4 Wochen zu Handen des Beklagtenvertreters zu bezahlen.

3. Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben W (Errichtung der Neu- und Gebrauchtwagenausstellungshalle samt Nebenräumen und Außenanlagen inkl. aller Erschließungsmaßnahmen ohne Straße und der SCS-Maßnahmen an Grundstück GStNr. 1423/1 Ez 2027 PLZ 2334 Vösendorf) bzw. des gegenständlichen Verfahrens bereinigt und verglichen.

4. Das Vergleichsinteresse wird mit S 9,779.797,37 bewertet.

..."

Dafür wurde der Beschwerdeführerin von der Kostenbeamtin des Handelsgerichtes Wien (über Auftrag des Revisors) ausgehend von einer Gesamtbemessungsgrundlage von ATS 23,779.780,-- (= EUR 1,728.144,01) weitere Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 9.066,95 zuzüglich Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde mit dem im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid keine Folge, wobei sie das Argument der Beschwerdeführerin, der Konventionalstrafbetrag sei bei der Gebührenbemessung nicht zu berücksichtigen, für unberechtigt hielt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, von der Entrichtung einer weiteren Gerichtsgebühr befreit zu sein, und zwar mit dem Argument, die Vertragsstrafleistung stelle zu der in der Klage begehrten Leistung ein "Synallagma" dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.

Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle lautet auszugsweise:

"(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
3 ..."
In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde wiederholt ausgesprochen, dass dann, wenn in einem Vergleich synallagmatische Verpflichtungen begründet werden, die Gegenleistung in die Gebührenbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen ist (vgl. dazu z.B. die bei Tschugguel/Pötscher, MGA7 unter E 93-97 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur),
Synallagma ist die nach dem Parteiwillen bestehende wechselseitige Verknüpfung der beiden Hauptleistungspflichten eines Vertrages mit der Wirkung, dass die Hauptleistungspflicht der einen Seite die Gegenleistung für die Hauptleistungspflicht der anderen Seite darstellt, wodurch die beiden Pflichten zueinander im Austauschverhältnis stehen. Die eine Hauptleistungspflicht wird dabei gerade zu dem Zweck begründet, um die aus der Pflicht des Vertragspartners resultierende Leistung zu bekommen (vgl. Koziol in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I12 105; Rummel in Rummel ABGB I3 Rz zu § 859 ABGB). Die synallagmatisch verbundenen Pflichten hängen in zweifacher Hinsicht zusammen, und zwar einerseits von ihrer Begründung her und andererseits in der Vertragsabwicklung. Wird die eine Verpflichtung gar nicht gültig begründet, so entsteht die Gegenleistungspflicht ebenfalls nicht (sog. genetisches Synallagma); tritt bei der Abwicklung des Vertrages auf einer Seite eine Leistungsstörung auf, so hat dies Auswirkungen für die Verpflichtung des anderen Teils (sog. funktionelles Synallagma; vgl. dazu insbesondere Welser in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II12 3, 4).
Im vorstehenden Sinn waren die von der Beschwerdeführerin als Werkunternehmer (Generalunternehmer) eingeklagte restliche Werklohnforderung einerseits und die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin als Generalunternehmer zur Errichtung des vertragsgegenständlichen Gebäudes andererseits als die synallagmatisch verknüpften Leistungen aus dem Werkvertrag anzusehen.
Die in den Vergleich unter Punkt 2 aufgenommene Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Bezahlung einer Vertragsstrafsumme hingegen steht zu der im Vergleichspunkt 1 genannten restlichen Werklohnsumme nicht im Verhältnis einer synallagmatischen Leistungspflicht, weil eine gemäß § 1336 ABGB vereinbarte Vertragsstrafsumme ein im Wege der Parteivereinbarung pauschalierter Schadenersatz ist, und zwar im vorliegenden Fall für einen offenbar beim Werkbesteller eingetretenen und von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Verspätungsschaden. Die vergleichsweise übernommene Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Bezahlung der Vertragsstrafe stellte nicht die synallagmatische Gegenleistung zur Verpflichtung laut Vergleichspunkt 1 auf Bezahlung der restlichen Werklohnsumme durch die beklagten Parteien dar.
Da schließlich angesichts der beiden im Vergleich begründeten Verpflichtungen zur Zahlung ziffernmäßig bestimmter Geldsummen kein Platz für eine gebührenrechtlich relevante Bewertung des Vergleichsinhaltes nach § 56 Abs. 2 JN iVm § 14 GGG verblieb, ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Die belangte Behörde hat die beiden im Vergleich begründeten, nicht synallagmatisch zusammenhängenden Leistungen vielmehr im Sinne der hg. Judikatur (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher a. a.O. unter E 14 zu § 18 GGG referierte Judikatur) zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühr einbezogen. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Die vorstehende Entscheidung konnte wegen der durch die zitierte hg. Judikatur klargestellten Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am