VwGH vom 29.09.2004, 99/13/0270
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der W GmbH in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom , Zl. GA 6- 96/5043/10, betreffend Umsatzsteuer 1992 bis 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer im Jahr 1995 bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Beschwerdeführerin ihrem Geschäftsführer ab eine 351 m2 große, im 19. Wiener Gemeindebezirk gelegene Eigentumswohnung zur Privatnutzung überlassen und als Sachbezug den "ortsüblichen Mittelpreis laut Mietenspiegel" angesetzt habe. Dies sei im Grunde der Bestimmung des § 15 Abs. 2 EStG 1988 zu Unrecht erfolgt, da die Beschwerdeführerin die Eigentumswohnung geleast habe ("Finanzierungsleasing mit Teilamortisation"), sodass "nur die (höheren) Leasingraten als Ausgangsbasis für die Sachbezugsbewertung" herangezogen werden könnten.
In der Folge erließ das Finanzamt einen Haftungs- und Zahlungsbescheid, mit welchem der Ansicht des Lohnsteuerprüfers entsprechend Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Jahre 1992 bis 1994 nachgefordert wurden.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, in welcher die Höhe der Bemessungsgrundlagen für die genannten Abgaben bekämpft wurde.
Anlässlich einer weiteren bei der Beschwerdeführerin durchgeführten, unter anderem die Umsatzsteuer betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung, vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Überlassung einer Wohnung an den Geschäftsführer einen tauschähnlichen Umsatz im Sinne des § 3 Abs. 14 UStG 1972 darstelle. Als Bemessungsgrundlage seien die Sachbezugswerte "laut Lohnsteuer" heranzuziehen.
Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die Berufung gegen den oben erwähnten Haftungs- und Zahlungsbescheid und führte im Wesentlichen gleichlautend aus, bei dem Leasingvertrag handle es sich um einen so genannten "gemischten" Vertrag, der nicht nur Elemente der Gebrauchsüberlassung, sondern auch solche der Vermögensbildung enthalte. Demgemäß entspräche die Leasingrate etwa dem Doppelten der üblichen Miete von 120 S/m2 inklusive Umsatzsteuer. Der Leasingvertrag vermittle der Beschwerdeführerin als Leasingnehmerin zusätzliche Rechte, etwa die Option, das Leasingobjekt nach Ablauf der Grundmietzeit von 20 Jahren zum kalkulatorischen Restwert zu erwerben, aber auch zusätzliche Pflichten (Schadenersatz bei vorzeitiger Vertragsauflösung). Demgegenüber sei der Geschäftsführer nur berechtigt, die Wohnung während der Dauer des aktiven Dienstverhältnisses als Dienstwohnung zu benützen. Die vereinbarte Leasingrate könne daher nicht mit der ortsüblichen Miete gleich gesetzt werden. Würde man dies tun, müsste der Dienstnehmer Einkommensteuer auf Wertzuwächse bezahlen, welche ausschließlich dem Dienstgeber als Leasingnehmer zu Gute kämen. Lege man diese Erkenntnis auf die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes um, so fehle es insoweit an der Gegenleistung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Dienstnehmer, da dieser ohne Weiteres in der Lage wäre, zu dem angeführten ortsüblichen Mietzins eine solche Wohnung selbst anzumieten. Für den Dienstnehmer sei es gleichgültig, in welcher Form das Objekt vom Dienstgeber finanziert würde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung im Wesentlichen mit der auch die Berufung gegen den oben angeführten Haftungs- und Zahlungsbescheid abweisenden Begründung abgewiesen. Der gegenständliche Leasingvertrag enthalte keine Elemente der Vermögensbildung. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn der Beschwerdeführerin das Recht eingeräumt worden wäre, die Wohnung nach Ablauf einer bestimmten Vertragsdauer zu einem Preis zu erwerben, welcher deshalb erheblich unter dem Marktwert liege, weil sie bereits Zahlungen geleistet habe, die der Kapitalbildung zuzurechnen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, es gebe eine mündliche Abrede, wonach sie berechtigt sei, das Objekt im Jahr 2017 um 15,5 Mio. S zu erwerben. Die belangte Behörde könne nicht finden, dass dieser Betrag erheblich unter dem Marktwert liege, ergäbe sich bei Anwendung der steuerlichen AfA von 1,5 % nach Ablauf der Grundmietzeit doch lediglich ein Wohnungswert von etwa 13 Mio. S. Bei der Option zum Eigentumserwerb handle es sich somit bloß um die Möglichkeit, das Objekt zum Zeitwert zu erwerben. Auch die unbestimmte Vertragsdauer spräche für das Vorliegen eines Mietvertrages. Die Leasingrate entspreche einem monatlichen Mietzins von ca. 280 S/m2, bei der Höhe der Miete müsse einerseits die "teure Lage" des Objekts, andererseits die vereinbarte Verwendung des Objektes für geschäftliche Zwecke berücksichtigt werden. Der Verweis auf den Mietenspiegel sei nicht zielführend, weil dieser Preise für Wohnungen ausweise, bei dem gegenständlichen Objekt handle es sich aber um eine Geschäftsraummiete, bei welcher höhere Mietzinse üblich seien. Die Berechnung des Prüfers, wonach die "Leasingraten" als Mietzins zu behandeln seien und abzüglich 25% die Basis für den Sachbezug gebildet hätten, sei somit korrekt. Die Überlassung einer Wohnung an einen Dienstnehmer stelle einen tauschähnlichen Umsatz im Sinne des § 3 Abs. 14 UStG 1972 dar.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 3079/97, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nicht in Streit steht im Beschwerdefall, dass die Überlassung einer Wohnung an einen Dienstnehmer als umsatzsteuerpflichtiger Vorgang zu beurteilen ist. Strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Höhe der in den Jahren 1992 bis 1994 aus diesem steuerpflichtigen Vorgang resultierenden Basis bei Bemessung der Umsatzsteuer, wobei beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon ausgehen, dass der als Sachbezug bei der Lohnsteuer heranzuziehende Wert auch als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer anzusetzen ist.
Mit Erkenntnis vom , 2000/13/0022, hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung, mit welcher über die oben erwähnte Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid hinsichtlich Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen entschieden worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Damit erweist sich aber auch der auf demselben Sachverhalt wie die Berufungsentscheidung betreffend Haftungs- und Zahlungsbescheid beruhende angefochtene Bescheid aus den im zitierten Erkenntnis vom angeführten Erwägungen als inhaltlich rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher gleichfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am