VwGH vom 25.03.2004, 2003/16/0041
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des L in Frankfurt/Main, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Eiselsberg Natlacen Walderdorff Cancola - Rechtsanwälte in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Leoben vom , Zl. Jv 701-33/00-7, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am brachte der Beschwerdeführer beim Landesgericht Leoben gegen die F. Aktiengesellschaft eine Klage auf "Nichtigerklärung eines Hauptversammlungsbeschlusses (Streitwert: nach GGG: S 60.000,-- nach RATG: S 3,000.000,--)" ein; hiefür erfolgte ein Gebühreneinzug von S 2.640,--. Nachdem die beklagte Gesellschaft zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung die Bewertung des Streitgegenstandes bemängelt hatte, setzte das Gericht mit Beschluss vom den Wert des Streitgegenstandes gemäß § 197 Abs. 6 AktG mit S 1,151.883,90 fest; dem dagegen von der Beklagten erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Graz nicht Folge. Das Verfahren wurde in weiterer Folge durch Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht beendet.
Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer auf einer Bemessungsgrundlage von S 1,151.890,-- und unter Abzug der von ihm bereits entrichteten Pauschalgebühr von S 2.640,-- nach TP 1 GGG eine restliche Pauschalgebühr in der Höhe von S 21.840,-- vor.
In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, nach § 18 Abs. 1 GGG bleibe die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren - mit Ausnahme des § 18 Abs. 2 GGG - für das gesamte Verfahren gleich. Die Änderung des Streitwertes auf der Grundlage des § 197 AktG falle nicht unter § 18 Abs. 2 GGG. Die im Nachhinein erfolgte Festsetzung der Gerichtsgebühren, die im Gesetz keine Deckung finde, stelle eine unzumutbare Änderung der Rahmenbedingungen für die Klagsführung dar. Darüber hinaus sei der Anspruch verjährt. Der Gebührenanspruch sei im Zeitpunkt der Klagseinbringung im März 1994 entstanden; nach der damaligen Gesetzeslage habe die Verjährungsfrist drei Jahre betragen, sodass der Gebührenanspruch - soweit er nach Maßgabe des § 18 GGG überhaupt bestehe - jedenfalls verjährt sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes Leoben (die belangte Behörde) dem Berichtigungsantrag keine Folge. Zum Vorbringen im Berichtigungsantrag - wonach die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes nicht unter § 18 Abs. 2 GGG fiele - werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , (richtig:) Zl. 97/16/0360, verwiesen, wonach jedenfalls auch eine richterliche Streitwertänderung nach § 197 Abs. 6 AktG der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen sei und die Gerichtsgebühren auf Basis dieses Streitwertes zu errechnen seien. Zur "Verjährungseinrede" führte die belangte Behörde aus, die Verjährungsfrist von fünf Jahren nach § 8 Abs. 1 erster Satz GEG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 gelte für Gebühren und Kosten, für die der Anspruch des Bundes nach dem Inkrafttreten dieser Novelle am begründet worden sei. Gemäß § 2 Z. 1 lit. b GGG werde der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren, wenn das Klagebegehren erweitert werde, mit dem Zeitpunkt der Überreichung des Schriftsatzes bzw. wenn das Klagebegehren erweitert werde, ohne dass vorher die Klagserweiterung mit einem Schriftsatz dem Gericht mitgeteilt worden sei, mit dem Beginn der Protokollierung begründet. Kein anderer Fall könne im vorliegenden Umstand der richterlichen Festsetzung des Streitwertes gesehen werden. Nachdem diese Festsetzung des Streitwertes erst mit Beschluss vom erfolgt sei, habe eine Neuberechnung der Pauschalgebühren erst mit diesem Tag vorgenommen werden können, sodass die Verjährungsfrist von fünf Jahren anzuwenden sei. Dazu werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/16/0101, verwiesen, wonach im Falle einer Klagserweiterung die hiefür beizubringende Pauschalgebühr nicht nur in Ansehung des die Klagsausdehnung betreffenden Betrages zu berechnen sei, sondern eine Neuberechnung der Pauschalgebühren zu erfolgen habe, wobei dies auch für die Fälle gelte, in denen die Klage vor dem Inkrafttreten der GGG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 694, mit eingebracht worden sei, die Klagsausdehnung aber erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Das gegenständliche Verfahren sei durch Rücknahme der Klage am beendet worden, sodass auch kein Fall einer rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens vorliege, der allenfalls den Beginn der Verjährungsfrist auf das Datum der Rechtskraft vorverlegt hätte. Die Verjährungsfrist beginne somit erst mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Gebührenanspruch entstanden sei. Dies sei hier - nachdem der Gebührenanspruch erst durch den Beschluss des Gerichts vom begründet worden sei - mit Ablauf des Jahres 1995, sodass eine Verjährung erst mit Ablauf des Jahres 2000 habe eintreten können. Die Vorschreibung der gegenständlichen restlichen Pauschalgebühr mit Zahlungsauftrag vom sei somit jedenfalls innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 683/01, abgetretene Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung einer gesetzwidrigen Nachforderung von Pauschalgebühren verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, die belangte Behörde habe im Hinblick auf die anwendbare Verjährungsfrist sowie auf das Entstehen des Gebührenanspruches die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 GEG sowie § 2 Z. 1 GGG unrichtig angewendet. Das Klagebegehren habe allein auf Nichtigerklärung eines Hauptversammlungsbeschlusses gelautet. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes durch das Gericht habe weder eine Änderung des Begehrens noch die Heranziehung eines anderen gesetzlichen Tatbestandes bewirkt, sodass von einer Klagserweiterung nicht die Rede sein könne und der Gebührenanspruch gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGG mit Überreichung der Klage entstanden sei. Da die Verjährungsfrist von fünf Jahren nur für Gebühren und Kosten gelte, für die der Anspruch des Bundes nach dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 am begründet worden sei, sei die Verjährungsfrist nach § 8 Abs. 1 GEG in der Fassung vor dieser Novelle - von drei Jahren - anzuwenden. Der Anspruch des Bundes auf Pauschalgebühr sei daher im Zeitpunkt der Erlassung des Zahlungsauftrages bereits verjährt gewesen. Es könne auch nicht unter Hinweis auf die GGG-Novelle 1991 argumentiert werden, die in einer Übergangsbestimmung ausdrücklich vorgesehen habe, dass sie auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden sei, bei denen der Anspruch auf die Gebühr nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begründet werde. Da es sich bei dem von der belangten Behörde zitierten, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/16/0101, zu Grunde liegenden Fall eindeutig um eine Klagserweiterung durch quantitative Ausdehnung des Klagebegehrens gehandelt habe, bestehe keine Parallele zum vorliegenden Fall.
Soweit die Beschwerde in Zweifel zieht, dass die im vorliegenden Fall vom Gericht beschlossene Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes nach § 197 Abs. 6 AktG eine nach § 18 Abs. 2 GGG gerichtsgebührenrelevante Änderung der Bemessungsgrundlage darstellt, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das auch schon von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0360, zu verweisen, das eine Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes im besagten Sinn dem § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG unterstellte.
Stellte jedoch die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes mit Beschluss vom eine Änderung des Streitwertes im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG dar, so kann auch der Ansicht der belangten Behörde, dass aus Anlass dessen eine Neuberechnung der Pauschalgebühren (unter Einrechnung der bisher entrichteten Pauschalgebühren) zu erfolgen hatte und daher der Anspruch des Bundes auf Pauschalgebühren erst mit diesem Zeitpunkt entstehen konnte, nicht entgegen getreten werden. Das Gerichtsgebührengesetz knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Auf Grund der Änderung des Streitwertes nach § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG war die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des gesamten Streitwertes (somit auch unter Einbeziehung des ursprünglichen Wertes des Streitgegenstandes) zur Gänze neu zu berechnen (vgl. neben dem schon von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0101, die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/16/0377, sowie vom , Zl. 2000/16/0650).
Da der Anspruch des Bundes auf Entrichtung der (gesamten) Pauschalgebühr in dem Zeitpunkt entstand, als die Gebühr unter Zugrundelegung des gesamten Streitwertes zur Gänze neu zu berechnen war, kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass der neue Anspruch auf Pauschalgebühr nach § 8 Abs. 1 erster Satz GEG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 der Verjährungsfrist von fünf Jahren unterworfen war und daher im Zeitpunkt der Vorschreibung mit Zahlungsauftrag vom noch nicht verjährt war, nicht als rechtswidrig erkannt werden, weil § 8 Abs. 1 erster Satz GEG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 - in Ermangelung jeglicher Übergangsbestimmung - gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die nach Ablauf des - dem Tag der Kundmachung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 682/1994 - verwirklicht wurden und damit auch auf die vorliegend bekämpfte Gebührenberechnung (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
Art. III der am kundgemachten GGG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 694, sah deren In-Kraft-Treten mit dem vor und bestimmte, dass diese auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden ist, bezüglich deren der Anspruch auf die Gebühr nach dem In-Kraft-Treten begründet wird; damit sah sie - anders als die Novelle BGBl. Nr. 682/1994 - ausdrücklich einen von Art. 49 Abs. 1 B-VG abweichenden Zeitpunkt für ihr In-Kraft-Treten vor. Folgerichtig erachtete der Verwaltungsgerichtshof im zitierten hg. Erkenntnis vom für eine im Jahre 1992 erfolgte Erweiterung einer bereits im Jahre 1991 eingebrachten Klage die Neuberechung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG idF der GGG-Novelle 1991 als geboten. Nachdem sich jedoch - wie bereits dargelegt - im vorliegenden Beschwerdefall die Maßgeblichkeit des § 8 Abs. 1 erster Satz GEG idF der Novelle BGBl. Nr. 682/1994 - ohne eine Übergangsbestimmung - bereits durch Art. 49 Abs. 1 B-VG ergibt, geht der Hinweis der Beschwerde, dass die GGG-Novelle 1991 eine Übergangsbestimmung vorsah und deshalb das zitierte hg. Erkenntnis vom auf den nun vorliegenden Beschwerdefall nicht übertragbar sei, ins Leere. Soweit die Beschwerde letztlich gegen eine Bezugnahme auf das zitierte hg. Erkenntnis vom vorbringt, dass es sich im damaligen Fall eindeutig um eine Klagserweiterung gehandelt habe, sei sie nochmals darauf verwiesen, dass die vorliegende Änderung des Wertes des Streitgegenstandes den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG erfüllte und von daher Anlass zur Neuberechnung der Pauschalgebühr gab.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am