VwGH vom 21.01.2004, 2003/16/0024

VwGH vom 21.01.2004, 2003/16/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der L GmbH & Co. KG in Wien, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. ABK - B 10/02, betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1993 und 1994 samt Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit Getränkesteuer samt Säumniszuschlag für das Jahr 1993 vorgeschrieben wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und soweit damit Getränkesteuer samt Säumniszuschlag für das Jahr 1994 vorgeschrieben wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin Getränkesteuer für die Zeiträume Jänner 1993 bis Dezember 1993 und Jänner 1994 bis Dezember 1994 sowie für den Gesamtnachforderungsbetrag Säumniszuschlag vor. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe anlässlich der Revision für den Bemessungszeitraum 1993 keine Unterlagen vorlegen können und daher hätten die Bemessungsgrundlagen für diesen Bemessungszeitraum geschätzt werden müssen. Für den Bemessungszeitraum 1994 sei wegen fehlender Inventuren und eines Prüfberichtes des Finanzamtes, der in den Folgejahren 1995 bis 1997 nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung erfasste Warenzukäufe festgestellt habe, ein 10 %iger Sicherheitszuschlag verhängt worden. Als Schätzungsgrundlage für das Jahr 1993 seien die Erlöse der Jahreserklärung unter Hinzurechnung eines 20 %igen Sicherheitszuschlages wegen Nichtvorlage der Geschäftsaufzeichnungen herangezogen worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Durchführung der Getränkesteuerrevision und die Hinzurechnung von Sicherheitszuschlägen seien rechtswidrig gewesen.

Mit Berufungsvorentscheidung wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, für das Jahr 1993 sei die fünfjährige Verjährungsfrist für die Festsetzung der Getränkesteuer durch die Selbstbemessung der Beschwerdeführerin vom und für das Jahr 1994 durch die Selbstbemessung vom sowie in der Folge durch die Feststellung der Abgabepflichtigen durch den Magistrat am und unterbrochen worden. Für die Jahre 1993 und 1994 sei keine Verjährung eingetreten. Es könne nicht von rechtkräftig abgeschlossenen Zeiträumen ausgegangen werden, weil die Getränkesteuer lediglich selbst bemessen worden sei. Diese Selbstbemessung habe sich auf Grund nicht ordnungsgemäß geführter Buchhaltungsunterlagen als nunmehr unrichtig erwiesen und somit sei die bescheidmäßige Vorschreibung der Getränkesteuer durchzuführen. Da die Vorlage der Unterlagen für das Jahr 1993 am und verweigert worden sei und für das Jahr 1994 am unvollständig gewesen und am ebenfalls verweigert worden sei, hätten die Getränkesteuerbemessungsgrundlagen für das Jahr 1993 im Schätzungsweg ermittelt werden müssen. Die Anwendung des Sicherheitszuschlages gehöre zu den Elementen der Schätzung und sei vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt als zulässig befunden worden.

In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Beschwerdeführerin vor, das Finanzamt habe die Jahre 1994 bis 1997 geprüft und dabei Schwarzverkäufe in den Jahren 1995 bis 1997 festgestellt. Diese seien durch einen untreuen Angestellten verursacht worden, der geklagt worden sei und nach einem rechtskräftigen Urteil den Schaden wieder gutgemacht habe. Vor und nach diesem Zeitraum habe es bei der Beschwerdeführerin keinerlei Beanstandungen gegeben. Es sei daher klar, dass auch im Jahre 1994 durch das Finanzamt keinerlei Verstöße festgestellt worden seien. Dass es andere Buchhaltungsmängel gegeben habe, die aber nicht die Getränke betroffen hätten, habe auf die Getränkesteuerbemessung überhaupt keine Auswirkung gehabt. Jedenfalls sei festzustellen, dass die Unterlagen für die Getränkesteuerprüfung vollständig vorgelegen seien und in diesem Bereich keinesfalls von mangelhaften Unterlagen gesprochen werden könne. Es sei festzuhalten, dass die Verjährung bereits zum Zeitpunkt der Revision eingetreten gewesen sei und es für die Jahre 1993 und 1994 keine neuen Tatsachen oder Sachverhalte gäbe, die eine Wiederaufnahme rechtfertigten. Die Begründungen zur Verhängung der Sicherheitszuschläge seien als Unterstellungen zurückzuweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Höhe der Getränkevorschreibung für die Jahre 1993 und 1994 und schrieb wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Getränkesteuer Säumniszuschlag getrennt jeweils für die Jahre 1993 und 1994 vor. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, durch die Getränkesteuererklärungen der Beschwerdeführerin vom für das Steuerjahr 1993 und für das Steuerjahr 1994 seien verjährungsunterbrechende Handlungen gesetzt worden. Durch aktenkundige Nachschauen der erstinstanzlichen Abgabenbehörde im Betrieb der Beschwerdeführerin am , und sowie schließlich durch die am durchgeführte Getränkesteuerrevision seien die Verjährung wirksam unterbrechende Amtshandlungen gesetzt worden. Das Recht zur Festsetzung der Getränkesteuer für den Zeitraum Jänner 1993 bis Dezember 1994 sei somit nicht verjährt. Die Höhe der nunmehr festgesetzten Getränkesteuer stehe auf Grund des ziffernmäßig nicht bestrittenen Ergebnisses der Revision fest. Im Übrigen seien die der Besteuerung zu Grunde liegenden Bemessungsgrundlagen getrennt nach Sparte und Steuerzeitraum im Spruch ausgewiesen, womit auch dem Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit und ausreichenden Konkretisierung des Leistungsgebotes Rechnung getragen worden sei.

Der Magistrat der Stadt Wien habe bereits mit der Berufungsvorentscheidung vom , welcher auch die Wirkung eines Vorhaltes zukomme, dargelegt, dass anlässlich der am durchgeführten Getränkesteuerrevision sowie im Rahmen des Berufungsverfahrens für 1993 keine Unterlagen vorgelegt worden seien und hinsichtlich der Buchführung für die Jahre 1994 bis 1997 seitens des Finanzamtes erhebliche Mängel festgestellt worden seien, sodass die Abgabenbehörde zur Schätzung berechtigt gewesen sei. Die Schätzungsmethode könne nicht als verfehlt angesehen werden. Dies sei durch die Beschwerdeführerin im Rahmen des Schätzungsverfahrens zur Kenntnis gebracht worden. Wenn der Beschwerdeführerin im Schätzungsverfahren die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen und die angewendete Schätzungsmethode zur Kenntnis gebracht worden sei, liege es an der Beschwerdeführerin, begründete Überlegungen und zielführende Anhaltspunkte vorzubringen, die eine taugliche Schätzungsmethode und damit ein richtiges Ergebnis gewährleisteten. Die Beschwerdeführerin habe keinerlei begründete Überlegungen und zielführende Anhaltspunkte vorgebracht, die die dargestellte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis in Frage stellen könnten, zumal ihre Behauptung, die vom Finanzamt festgestellten Buchhaltungsmängel hätten auf die Getränkesteuerbemessung überhaupt keine Auswirkungen gehabt, in keiner Weise konkretisiert worden seien und daher auch nicht nachvollziehbar seien. Da es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, derartig genaue Anhaltspunkte bekannt zu geben, müsse davon ausgegangen werden, dass das Schätzungsverfahren formal richtig durchgeführt worden sei und daher auch die Vermutung der Richtigkeit für sich habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Berücksichtigung der Verjährungsbestimmungen und Nichteinrechnung von Sicherheitszuschlägen verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, es seien verjährungsunterbrechende Handlungen gesetzt worden, sodass die Vorschreibung der Getränkesteuer für die Jahreszeiträume 1993 und 1994 innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sei.

Das Recht eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 154 Abs. 1 WAO nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

Nach Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 155 lit. a WAO in den Fällen des § 154 Abs. 2 WAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Die Verjährung wird gemäß § 156 Abs. 1 WAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, durch jede Selbstbemessung sowie durch jedes auf Festsetzung der Abgabe gerichtete Anbringen (§ 59 Abs. 1) unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die Beschwerdeführerin hat Getränkesteuererklärungen für das Jahr 1993 am und für das Jahr 1994 am abgegeben.

Diese Getränkesteuererklärungen unterbrachen gemäß § 156 Abs. 1 WAO die fünfjährige Verjährungsfrist. Mit Ablauf des Jahres 1994 bzw. 1995 begannen die fünfjährigen Verjährungsfristen neu zu laufen und endeten somit - ohne weitere Unterbrechung der Verjährung - mit Ablauf des Jahres 1999 bzw. 2000.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass weitere Unterbrechungshandlungen durch Nachschauen am , und sowie durch die Getränkesteuerrevision am stattgefunden hätten.

Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten bezogen sich diese Nachschauen auf die im Zeitpunkt der Nachschau im Betrieb vorgefundenen Umstände wie angebotene Waren und Preise und nicht auf die Steuerzeiträume 1993 und 1994.

In der Niederschrift vom anlässlich einer die Zeiträume Jänner 1993 bis Dezember 1999 umfassenden Revision hielt der Prüfer fest, es seien die Unterlagen für das Jahr 1993 nicht vorgelegt worden und lt. Prüfbericht des Finanzamtes sei festgestellt worden, dass Warenzukäufe im Zeitraum 1995 bis 1997 nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung erfasst worden seien. Auf Grund der festgestellten Mängel komme es für den Zeitraum 1995 bis 1997 bei Bier und bei den alkoholfreien Getränken zu entsprechenden Hinzurechnungen bei den Umsätzen; auf die Erlöse der übrigen Getränke werde ein Sicherheitszuschlag von 10 % verhängt (1994 bis 1999). Da weiters für 1993 keinerlei Unterlagen vorgelegt worden seien, seien die Umsätze im Wege der Schätzung ermittelt worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Abgabenbehörde eine nach außen erkennbare Handlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches unternehmen, um eine Unterbrechung der Verjährung zu bewirken (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0353, mwH.).

Die von der Abgabenbehörde vorgenommenen Nachschauen am , und waren keine solche die Verjährung der Getränkesteuer für die Jahre 1993 und 1994 unterbrechenden Handlungen, weil sie sich nicht auf die diese Zeiträume betreffenden Abgabenansprüche bezogen haben. Erst die im November 2000 durchgeführte Revision war eine taugliche Unterbrechungshandlung. Für den Steuerzeitraum 1993 war allerdings bereits mit Ablauf des Jahres 1999 Verjährung eingetreten, so dass für diesen Zeitraum keine Unterbrechung eintreten konnte und die Vorschreibung der Getränkesteuer für das Jahr 1993 samt Säumniszuschlag sich daher schon deshalb als rechtswidrig erweist.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit damit Getränkesteuer samt Säumniszuschlag für das Jahr 1993 vorgeschrieben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Für den Steuerzeitraum 1994 hat die Beschwerdeführerin am eine Getränkesteuererklärung abgegeben. Damit wurde die fünfjährige Verjährungsfrist unterbrochen und konnte mit der Getränkesteuerrevision im November 2000 neuerlich unterbrochen werden. Die Vorschreibung der Getränkesteuer für das Kalenderjahr 1994 erfolgte somit innerhalb der Verjährungsfrist.

Die belangte Behörde begründete die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages für das Jahr 1994 mit erheblichen Mängeln in der Buchführung in den Jahren ?994 bis 1997. Diese Bescheidbegründung deckt sich nicht mit den Feststellungen des Prüfers in der Niederschrift vom . Nach diesen Prüfungsfeststellungen wurden nach einem Prüfbericht des zuständigen Finanzamtes Warenzukäufe im Zeitraum 1995 bis 1997 festgestellt, die nicht ordnungsgemäß in der Buchhaltung erfasst worden seien. Es sei daher für die Zeiträume 1995 bis 1997 bei Bier und bei den alkoholfreien Getränken zu entsprechenden Hinzurechnungen bei den Umsätzen gekommen. Anlässlich der Getränkesteuerrevision wurden keine erheblichen Mängel in der Buchhaltung für das Jahr 1994 festgestellt, die allenfalls die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages gerechtfertigt hätten. Die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages für einen Bemessungszeitraum, in dem keine Mängel der Buchhaltung festgestellt wurden, mit dem Argument in anderen Berechnungszeiträumen seien solche Mängel gegeben gewesen, ist jedenfalls unzulässig.

Die belangte Behörde stützte die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages für das Jahr 1994 nicht auf die Nichtvorlage von Unterlagen, sondern auf die vom Finanzamt anlässlich der Prüfung der Umsatzsteuer für die Jahre 1994 bis 1997 festgestellten erheblichen Mängel der Buchhaltung. Um welche Mängel es sich dabei gehandelt hat und ob sich diese Mängel der Buchhaltung auf die Höhe der Getränkesteuer ausgewirkt haben können, wurde im angefochtenen Bescheid nicht konkret festgestellt, sodass nicht nachvollzogen werden kann, ob es sich um solche erheblichen Mängel der Buchhaltung gehandelt hat, die eine Hinzurechnung des Sicherheitszuschlages bei der Vorschreibung der Getränkesteuer rechtfertigten. Die Beschwerdeführerin hat im Vorlageantrag behauptet, die vom Finanzamt festgestellten "sonstigen Buchhaltungsmängel" hätten auf die Getränkesteuerbemessung keine Auswirkung gehabt. Dieses Vorbringen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht widerlegt.

Der angefochtene Bescheid war daher soweit damit Getränkesteuer für das Jahr 1994 samt Säumniszuschlag vorgeschrieben wurde, auf Grund seiner Begründungsmängel wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am