VwGH vom 25.09.2002, 99/13/0243

VwGH vom 25.09.2002, 99/13/0243

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/175 - 16/13/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid unterrichtet der Beschwerdeführer an einer HTL die Fächer Mathematik, Physik und EDV. Laut Beschwerde habe der Beschwerdeführer auch fächerübergreifend politische Bildung zu unterrichten. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist die Anerkennung von Aufwendungen für eine im Jahr 1994 unternommene Reise des Beschwerdeführers nach New York als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit strittig. Nach dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Programmentwurf stellte sich diese Reise wie folgt dar:


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"Sa,
09.45
Treffpunkt Flughafen Wien
11.55
Abflug mit AUA...
16.30
Ankunft JfK-Airport New York und Transfer
ins Hotel Doral Inn..
19.30
Kurzes Briefing im Hotel
So.,
09.00 - 18.00
Tagestour - New York
09.00 - 18.00
Manhatten - Freiheitsstatue - Ellis Island ...
Mo.,
09.00
Briefing:
Kurze Einführung zur Rolle Österreichs in
den VN und Behandlung einzelner Krisenherde...
10.00 - 12.30
Briefing durch Funktionäre der Vereinten
Nationen, anschließend Lunch/Imbiss im UN-
Gebäude
18.30
Empfang durch Botschafter Dr. Ernst
Sucharipa ... in dessen Wohnung
Di.,
09.30
Besuch einer Berufsbildenden Schule...
15.30
Besuch der Österreichischen Handels-
delegation in New York, Gespräch mit dem
Handelsdelegierten ...
Mi.,
09.15
Führung durch das Hauptquartier der VN,
anschließend
bis 12.30
Briefings durch UNO-Funktionäre,
anschließend Lunch/Imbiss im UN-Gebäude
15.00
Besuch des österreichischen Kulturinstituts
Informationsgespräch mit dem Leiter des
Austrian Institute...
Do.,
09.30
Besichtigung der Stock Exchange u.
anschließend Empfang durch die Bank
Austria AG N.Y. mit Vorträgen über
internationale währungs- und wirtschafts-
politische Fragen
20.00
Metropolitan Opera (La Boheme)
Fr.,
09.30
Besuch einer Berufsbildenden Schule II
20.00
Musical-Besuch Broadway
Crazy For you...
Sa.,
Gelegenheit zum Shopping
16.00
Treffpunkt im Hotel und Transfer zum JfK-
Airport
20.15
Abflug New York ..."

Weiters hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass aus einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Bericht über das Seminar des pädagogischen Instituts des Bundes in Wien "Österreich und die Vereinten Nationen" auszugsweise Folgendes hervorgehe:

"...Zielsetzungen der Veranstaltung waren die Struktur, Funktion und Entwicklungsperspektiven der VN aufzuzeigen, die historische und aktuelle Rolle Österreichs bzw. Wiens) innerhalb der VN zu diskutieren, internationale Kontakte zu schließen, die der pädagogischen Arbeit an den Schulen zugute kommen soll und das Engagement österreichischer Dienststellen in New York kennen zu lernen...

Zielsetzung war es auch gerade für die politische Bildung klarzustellen, dass die großen weltweiten Problemstellungen, bzw. Bedrohungsbilder (Umwelt, Währung, Krieg und Frieden, Wohlstand usw.) nur mehr auf internationaler Ebene gelöst werden können...

Sonntag,

...ganztägiges Kultur- und Informationsprogramm Montag,

...Vorträge höchstrangiger UN-Beamter... Die Themen waren:

Generelle Einführung in den Aufbau der VN, die Aufgaben des Weltsicherheitsrates und die Entwicklungspolitik der VN...Anschließend wurde der Lunch im UN-Speisesaal eingenommen und es ergab sich die Gelegenheit für Gespräche mit UN-Vertretern aus aller Welt.

Dienstag,

...Gespräche mit den Schulbehörden von Manhattan und auch Schulen besucht. Der größte Teil der Gruppe besuchte das Solomon R. Guggenheim Museum of Modern Art und die Ausstellung zeitgenössischer italienischer Kunst.

Der Nachmittag war dem Besuch der Österreichischen Handelsdelegation in New York gewidmet...An Hand vieler hochinteressanter Fallbeispiele konnte die Funktion der Handelsdelegation sehr anschaulich erläutert werden.

Mittwoch,

...Reihe von Vorträgen im UN-Hauptquartier... Themen waren:

Die Frauenpolitik der VN, Weltwirtschaftliche Entwicklungsperspektiven, UN-Reform und Peace-keeping operations...

Donnerstag,

... wurde die wohl wichtigste Börse der Welt, die New York

Stock Exchange in der Wall-Street besucht...

Freitag,

...Besuch berufsbildender Schulen sowie Besuch des City College von New York...

Samstag,

...noch einige Fakultativprogrammpunkte ... ein wenig Zeit

zum Shopping bzw. um einige Highlights von New York kennen zu lernen...

Das Seminar hat viele Möglichkeiten geboten Informationen zu erlangen und Kontakte zu schließen..."

Nach einer Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur steuerlichen Anerkennung von Studienreisen führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, der vorgelegte Programmentwurf bzw. der Bericht über das Seminar des pädagogischen Instituts des Bundes in Wien ließen nicht erkennen, dass die New York-Reise in einer Weise erfolgt sei, welche deren zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lasse. Dabei werde von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen, dass der Beschwerdeführer viele Informationen bekommen und Kontakte geknüpft habe; dahingestellt bleiben könne aber, ob durch diese Reise überhaupt Kenntnisse hätten erworben werden können, welche eine einigermaßen konkrete Verwertung in der beruflichen Sphäre des Beschwerdeführers bewirkt hätten. Das Reiseprogramm sei nämlich seinem Inhalt nach so gestaltet gewesen, dass es keineswegs der Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehrt habe. Auch zeitlich gesehen hätten diejenigen Programmpunkte, die von einigem beruflichen Interesse hätten sein können, bei weitem nicht jenen Raum eingenommen, der üblicherweise für die berufliche Tätigkeit verwendet werde. Dass die Planung und Durchführung der Reise durch das pädagogische Institut des Bundes vorgenommen worden sei und vorwiegend Lehrerinnen und Lehrer berufsbildender Schulen teilgenommen hätten, könne der Berufung bei dieser Sachlage zu keinem Erfolg verhelfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören gemäß Ziffer 9 leg. cit. auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Demgegenüber sind gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss gerade bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden (vgl. das Erkenntnis vom , 91/14/0171). Zur steuerlichen Anerkennung von Auslandsreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 99/14/0131, und vom , 93/15/0069) entschieden, dass Kosten einer Auslandsreise (Studienreise) des Steuerpflichtigen grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 seien, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:


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-
Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.
-
Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.
-
Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.
-
Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis 93/15/0069, sowie z.B. das Erkenntnis vom , 98/14/0124). Dass der anstrengende Charakter der Programmgestaltung einer solchen Reise an dieser Einschätzung nichts ändern kann, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenso bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 97/13/0228, mwN, und vom , 2000/13/0194).
Nach den angeführten Kriterien zur steuerlichen Berücksichtigung einer Studienreise ist es u.a. erforderlich, dass deren Programmpunkte jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierter Teilnehmer entbehren. Es ist im Sinne der Judikatur zu den Reisen mit Mischprogramm nicht maßgebend, ob ein Dritter diese Reise insgesamt auch in dieser Form durchführen würde. Nach dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Programmentwurf, auf den auch die Beschwerde Bezug nimmt, durfte die belangte Behörde zu Recht von einer Reise mit Mischcharakter ausgehen. Von Besuchen bei den Vereinten Nationen (verbunden mit einer Führung durch deren Hauptquartier) oder einer international bekannten Börse kann nicht gesagt werden, dass sie für einen politisch oder wirtschaftlich allgemein Interessierten ohne Anziehungskraft wären, wie auch die Beschwerde grundsätzlich einräumt. Ein solcher Besuch verliert gemessen am Interesse eines Bildungsreisenden (vgl. etwa das oben erwähnte Erkenntnis vom , 97/13/0228) auch nicht jegliche Anziehungskraft, wenn diese Exkursionen ausführliche Fachinformationen enthielten und sich der Teilnehmer laut Beschwerde "viele Stunden lang mehrere Vorträge anhören müsste". Schon allein die betreffenden Programmteile, die an drei Tagen (am 17., 19. und 20. Oktober) stattfanden, rechtfertigten die Zuordnung der gegenständlichen Reise insgesamt zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988. Überdies ist anzumerken, dass hinsichtlich Montag, 17. Oktober, nachmittags kein konkreter Programmpunkt aufscheint und auch die am Dienstag, 18. Oktober, und am Mittwoch, 19. Oktober, jeweils nachmittags vorgesehenen Besuche bei der österreichischen Handelsdelegation bzw. dem österreichischen Kulturinstitut keine interessensmäßige Beschränkung auf den Teilnehmerkreis der in Rede stehenden Reise erkennen lassen.
Die Frage, inwieweit der Beschwerdeführer aus der Reise für seine berufliche Tätigkeit verwertbare Kenntnisse erworben hat, ließ die belangte Behörde dahingestellt. Es liegt damit auch kein wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit der Bestätigung der Dienststelle des Beschwerdeführers vom über die berufliche Notwendigkeit der Reise auseinander gesetzt hat, zumal in dieser im Wesentlichen nur die Verwertbarkeit der auf der Reise gewonnenen Informationen für die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers erläutert wird. Soweit der Beschwerdeführer weiters eine Beschäftigung mit dem von ihm im Abgabenverfahren vorgelegten Bericht von Mag. G. und Mag. Sch. vom November 1994 ("Bericht über das Seminar des pädagogischen Instituts in Wien 'Österreich und die Vereinten Nationen'") vermisst, ist festzuhalten, dass auch die Beschwerde nicht darstellt, warum sich aus diesem, im angefochtenen Bescheid ohnedies auszugsweise wiedergegebenen, Schreiben eine andere Beurteilung ableiten ließe.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am