VwGH vom 30.04.2003, 2003/16/0004
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde 1) des Alois und
2) der Aloisia S, beide in A, beide vertreten durch Harisch & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 3113-33/2000-6, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Das Kostenbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Aus der (ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen) Beschwerde, der ihr beigeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, der gemäß § 35 Abs. 2 VwGG eingeholten Stellungnahme der belangten Behörde und den von der belangten Behörde dabei vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:
Mit Grundbuchseingabe vom (beim BG Salzburg eingelangt am ) begehrten die Beschwerdeführer unter anderem unter Vorlage des Bescheides der Agrarbehörde Salzburg vom , Zl. 4/11-7/9821/3-1999 die lastenfreie Abschreibung zweier Grundstücke vom Grundbuchskörper der EZ 25 und deren Zuschreibung zum Gutsbestand des Grundbuchskörpers der EZ 704 je Grundbuch 6502 Anif.
Die Eintragung wurde vom Grundbuchsgericht mit Beschluss vom bewilligt und am vollzogen.
Mit Zahlungsauftrag vom wurde den Beschwerdeführern Eintragungsgebühr gemäß TP 9b GGG und Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG vorgeschrieben.
Dagegen stellten die Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag mit - auszugsweise - folgendem Vorbringen:
"Das Grundbuchsgesuch stammt vom und langte am bei Gericht ein. Der Anspruch auf die Gebühr entsteht im Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuches bei Gericht und wird mit der Eintragung in das Grundbuch zur Bezahlung fällig. Mit der Überreichung des Grundbuchsgesuches bei Gericht ist der Gebührenanspruch entstanden. Mit BGBl I Nr. 26/2000, ausgegeben am , wurde § 15 Abs. 3 des Agrarverfahrensgesetzes dahingehend geändert, dass die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes von der Gerichtsgebühr nicht mehr befreit sind.
Durch die mit BGBl I Nr. 26/2000 neu eingeführte Regelung des § 15 Abs. 3 wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung von Sachverhalten vorgenommen, die ein und dieselbe Auswirkung, nämlich eine Flurbereinigung, haben, wodurch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt. Es ist nicht gerechtfertigt, einen Unterschied zwischen Flurbereinigungen zu machen, die aufgrund eines Vertrages, der von der Behörde mit Bescheid genehmigt wird, durchgeführt werden und erstere dahingehend zu begünstigen, dass sie nach wie vor von der Gerichtsgebühr befreit sind. § 15 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzblattes I Nr. 26/2000 ist der Ansicht der Einschreiter zufolge daher verfassungswidrig.
Abgesehen davon ist § 17 Abs. 4 Agrarverfahrensgesetz auf das gegenständliche Verfahren auch nicht anzuwenden, da der Anspruch auf die Gebühr noch vor dem begründet wurde und zwar durch Einbringung des Grundbuchgesuches vor dem bei Gericht."
Die belangte Behörde wies den Berichtigungsantrag mit dem im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid ab, der folgende tragende Begründungselemente enthält:
"Grundsätzlich sei festgestellt. dass zur einfachen Handhabung des Gerichtsgebührengesetzes auf formale äußere Tatbestände abzustellen ist (, 0201 u. a.m.).
Aus dem Gerichtsgebührengesetz selbst ergibt sich aus § 2 Z. 4, dass der Anspruch des Bundes auf die Eintragungsgebühr mit der Vornahme der Eintragung entsteht.
Bei Änderung des § 15 Abs. 3 AgrarVerfG hat der Gesetzgeber durch die Ergänzung des § 17 Abs. 4 eine klare Übergangsregelung geschaffen, die eine Auslegung oder Interpretation nicht zulässt. Es wurde bestimmt, dass § 15 Abs. 3 neu auf alle jene Schriften und Amtshandlungen anzuwenden ist, hinsichtlich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem begründet wird. Es wird also eindeutig auf den Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr abgestellt. Hätte der Gesetzgeber, dem sowohl die Bestimmung des § 2 Z. 4 GGG als auch die Belastungssituation bei den Entscheidungsorganen im Grundbuch bekannt ist, eine andere als die festgelegte Übergangsregelung gewollt, wäre § 17 Abs. 4 AgrarVerfG nicht in dieser Fassung beschlossen worden.
Insgesamt liegt hier daher auf Grund der Vollziehung der Eintragung am ein Fall vor, der von der Bestimmung des § 17 Abs. 4 AgrarVerfG i.V.m. § 15 Abs. 3 erfasst wird."
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde werden Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, wobei sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Berücksichtigung eines rechtskräftigen Bescheides und zusammenhängend damit in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung der Eintragungsgebühr gemäß TP 9b GGG verletzt erachten.
Die belangte Behörde erstattete - dazu unter Hinweis auf die Erwähnung des § 15 Abs. 1 Z. 1 AgrarverfahrensG in Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle gemäß § 35 Abs. 2 VwGG aufgefordert - eine Stellungnahme (samt Aktenvorlage), in der - zusammengefasst - ausgeführt wird, dass sich der Bescheid der Agrarbehörde vom ausdrücklich auf § 34 Abs. 1 des Salzburger FlurverfassungsG stütze, der mit § 50 Abs. 2 Flurverfassungsgrundsatzgesetz "praktisch ident" sei, und dass gerade die Fälle des § 50 Abs. 2 Flurverfassungsgrundsatzgesetz von der Gebührenbefreiung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz in der Fassung des Art. 17 des Budgetbegleitgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 26, betreffend Amtshandlungen nach dem ausgenommen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu erwogen:
Gemäß § 2 Z. 4 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder Register mit der Vornahme der Eintragung.
Dazu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass es auch in Fällen des Wegfalles einer Gebührenbefreiung ab einem bestimmten Stichtag nicht auf das Datum der Überreichung des Grundbuchsgesuches beim Grundbuchsgericht, sondern auf den Tag des Vollzugs der Eintragung ankommt (vgl. dazu das jüngst ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/16/0005, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Auch für den Beschwerdefall ist daher die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz in der Fassung des Art. 17 Budgetbegleitgesetz 2000, BGBl. I Nr. 26, maßgebend, die folgenden Wortlaut hat:
"(3) Grundbuchseintragungen, die zur Durchführung der in Abs. 1 Z. 1 und 2 genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich sind, sind - ausgenommen die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes - von den Gerichtsgebühren befreit."
Dazu bestimmt § 17 Abs. 4 AgrarverfahrensG in der Fassung der zitierten Novelle:
"(4) § 15 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2000 tritt mit in Kraft. Er ist in dieser Fassung auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, hinsichtlich derer der Anspruch auf die Gebühr nach dem begründet wird."
§ 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, BGBl. Nr. 103 (idF der Flurverfassungsnovelle 1967 BGBl. Nr. 78) lautet:
"(2) Dem Flurbereinigungsverfahren sind Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen) zugrunde zu legen, wenn die Behörde bescheidmäßig feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind. In seinem solche Fall kann von der Erlassung des Einleitungsbescheides und des Flurbereinigungsplanes Abstand genommen werden."
§ 34 Abs. 1 des Salzburger Flurbereinigungs-Landesgesetzes 1973, LGBl. Nr. 1 (idF der Novelle LGBl. Nr. 61/1988) lautet:
"(1) Dem Flurbereinigungsverfahren sind Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Agrarbehörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen), zugrunde zu legen, wenn die Agrarbehörde bescheidmäßig feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind. In einem solchen Fall kann von der Erlassung der im Flurbereinigungsverfahren sonst zu erlassenden Bescheide Abstand genommen werden."
Damit ist diese Bestimmung - wie die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme zu Recht betont - in der Tat mit § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz ident.
Der Spruch des Bescheides der Agrarbehörde Salzburg vom , Zl. 4/11/9821/3-1999 lautet:
"Gemäß § 34 (1) Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetz 1973, LGBl. Nr. 1/1973 FLG), wird festgestellt, dass der Kaufvertrag vom , womit Alois und Aloisia S die Grdste. 512/1 und 513 erworben haben, zur Durchführung der Flurbereinigung in der KG Anif erforderlich ist.
Dem gegenständlichen Rechtsgeschäft kommt Gebührenbefreiung gemäß § 15 Agrarverfahrensgesetz 1950, BGBl. Nr. 173/1950, zu.
Dieser Bescheid ersetzt nicht etwaige Genehmigungen nach anderen Bundes- oder Landesgesetzen (z.B. Forstgesetz)."
Dieser Bescheid gründet sich somit ausdrücklich auf § 34 Abs. 1 Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetz 1973 und verweist den in Rede stehenden Fall damit in den Anwendungsbereich des § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz.
Daraus wiederum folgt, dass dem angefochtenen Bescheid trotz seines augenfälligen Begründungsdefizits (welches darin gelegen ist, dass er die Versagung der Gebührenbefreiung nicht auf die Anwendung des § 50 Abs. 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz gestützt hat) im Ergebnis insoweit eine Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, weil auch bei Ergänzung der Begründung durch die in der Stellungnahme vom nachgetragenen Elemente die belangte Behörde zur Abweisung des Berichtigungsantrages hätte kommen müssen. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass sich schon aus dem Berichtigungsantrag der Beschwerdeführer klar ergibt, dass ihnen ganz offensichtlich der Umstand bewusst ist, dass eine Anwendung des § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz in der Fassung des Art. 17 des Budgetbegleitgesetzes 2000 die von ihnen angestrebte Gebührenbefreiung nicht mehr gestattet.
Kern der Beschwerdeargumente ist daher (im Sinne des auch in dieser Richtung formulierten Beschwerdepunktes) die Behauptung, die Rechtskraftwirkung des Bescheides der Agrarbehörde vom bewirke im vorliegenden Fall die begehrte Gebührenfreiheit.
Dazu ist folgendes zu sagen:
Die Gerichtsgebühren sind ausschließliche Bundesabgaben (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher MGA Gerichtsgebühren7 unter E 11 zu § 1 GGG referierte hg. Judikatur) und sind dem Kompetenzbereich des Art. 10 Z. 4 B-VG zuzuordnen. In diesem Bereich kommt der Agrarbehörde (deren Tätigkeit in den Kompetenzbereich des Art. 12 Abs. 1 Z. 3 B-VG einzuordnen ist) keine Zuständigkeit zu, insbesondere nicht die Kompetenz zum bescheidmäßigen Abspruch über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gebührenbefreiung.
Ohne die Frage näher prüfen zu müssen, welcher Charakter dem zweiten Satz des Spruches des Bescheides der Agrarbehörde Salzburg vom zukommt, ist im vorliegenden Fall die Wirkung dieses außerhalb der Kompetenz der Agrarbehörde Salzburg erlassenen Spruchteiles 2 des Bescheides vom nicht mehr gegeben, weil sich der in Rede stehende Teil des Spruches ausdrücklich auf "§ 15 AgrarverfahrensG 1950, BGBl. Nr. 173/1950" bezieht (und nicht wie dies die Beschwerdeführer in Punkt 1. Abs. 1 ihres Berichtigungsantrages gemeint haben auf die zitierte Bestimmung "i.d.g.F."!). Die vom Teil 2 des Spruches des Bescheides der Agrarbehörde vom zitierte Befreiungsvorschrift gehört seit der durch Art. 17 des Budgetbegleitgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 26 vorgenommenen Novellierung in dieser Fassung nicht mehr dem Rechtsbestand an, sondern es ist vielmehr jetzt der im Wege der zitierten Novelle eingeführte Ausnahmefall ("- ausgenommen die Fälle des § 50 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes") beachtlich, dessen Anwendung der Bescheid der Agrarbehörde vom nicht zu verhindern vermag, weil sich der Gebührentatbestand erst mit dem Vollzug der Eintragung am verwirklicht hat.
Damit ergibt sich aber bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Die Abweisung des Kostenbegehrens der belangten Behörde gründet sich darauf, dass vom Verwaltungsgerichtshof die Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 35 Abs. 3 und § 36 VwGG nicht vorgenommen wurde (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 533 Abs. 5 und Seite 691 Abs. 3 und 4 referierte hg. Judikatur). Die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes an die belangte Behörde zur Erstattung einer Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 2 VwGG bewirkte nicht die Einleitung des Vorverfahrens; der auf Grund einer solchen Aufforderung eingebrachte Schriftsatz und die ohne Auftrag erfolgte Aktenvorlage sind kostenmäßig nicht zu honorieren.
Wien, am