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VwGH vom 20.11.1996, 94/13/0004

VwGH vom 20.11.1996, 94/13/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 10 - 713/6/93, betreffend Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, im Bereiche des Finanzamtes für Körperschaften in Wien als Geschäftsführer der C.-Gesellschaft m. b.H. in Wien vorsätzlich unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuern für 1990 in der Höhe von S 560.005,-- sowie von Dienstnehmerbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für 1990 in der Höhe von S 100.801,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben. Er habe hiedurch das Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen und wurde hiefür gemäß § 33 Abs. 5 leg. cit. zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 120.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Tagen sowie zum Kostenersatz verurteilt.

Der Spruchsenat nahm es als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer im Tatzeitraum allein verantwortlicher Geschäftsführer der C.-Gesellschaft m.b.H. gewesen sei, und stellte fest, daß bei der am im Unternehmen der C.-Gesellschaft m.b.H. abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege hätten ermittelt werden müssen, weil keine eine Prüfung ermöglichenden Unterlagen vorhanden gewesen seien. Die auf Grund der durchgeführten Schätzung ergangenen Nachforderungsbescheide seien in Rechtskraft erwachsen. Die Verantwortung des Beschwerdeführers im Strafverfahren, daß die Geschäfte der Gesellschaft tatsächlich nicht von ihm geführt worden seien, sei durch gegenteilige Zeugenaussagen widerlegt. Gleiches treffe für die weitere Verantwortung des Beschwerdeführers zu, es habe die C.-Gesellschaft m.b.H. Dienstnehmer gar nicht beschäftigt, sondern lediglich Aufträge an Subunternehmen weitergegeben. Daß die Gesellschaft offensichtlich Schwarzarbeiter für andere Bauunternehmen stellig gemacht habe, ergebe sich schon aus der Aussage des Zeugen Miodrag M., welcher angegeben habe, daß es seine Aufgabe gewesen sei, die benötigten Leute stellig zu machen. Sei dieser Zeuge auch nicht bereit gewesen, detailliert anzugeben, woher er die Leute stellig gemacht habe, habe der Zeuge doch zugeben müssen, daß es sich einesteils um solche Personen gehandelt habe, die im Büro der Gesellschaft aufgetaucht seien und Arbeit gesucht hätten, und andernteils habe er sie "irgendwoher" geholt. Dies lasse zweifelsfrei den Schluß zu, daß es sich dabei um Leute vom sogenannten "Arbeitsstrich" gehandelt habe. Daß die C.-Gesellschaft m.b.H. sehr wohl ein Bereitstellungsunternehmen für Bauarbeiter gewesen sei, ergebe sich zwingend aus dem Angebot, das in den Akten einliege und nach dessen Inhalt ausdrücklich aufgelistet werde, welche Facharbeiter zu welchem Preis angeboten würden. Auch der Zeuge W. habe angegeben, jeweils dann, wenn ihm Facharbeiter gefehlt hätten, bei der C.-Gesellschaft m.b.H. diese bestellt und auch unmittelbar darauf erhalten zu haben. Die Behauptung eines Subunternehmens in Form des nicht greifbaren Branko I. gründe sich lediglich auf einen schriftlichen "Werkvertrag" vom , in welchem sich die in Rotterdam ansässige Firma PCDO verpflichtet habe, an verschiedenen Bauvorhaben die Isolierung einschließlich aller Materialien mit Montage und Nebenleistungen auszuführen. Von einer Personalbereitstellung sei dort nicht die Rede und würde dies - da das Unternehmen in Rotterdam ansässig sei - auch nicht naheliegen. Es stehe damit fest, daß die C.-Gesellschaft m.b.H. im Tatzeitraum Schwarzarbeiter beschäftigt habe, ohne hiefür Lohnabgaben zu entrichten. Gegen den Inhalt der Nachforderungsbescheide bestünden keine Bedenken. Sei der Tatbestand damit in objektiver Hinsicht erfüllt, ergebe sich dies auch für die subjektive Tatseite, da der Beschwerdeführer als verantwortlicher Geschäftsführer gewußt habe, Schwarzarbeiter zu beschäftigen, demgemäß vorsätzlich keine Lohnkonten geführt und deshalb auch keine Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträge abgeführt habe.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Es seien die jedes einzelne Beweismittel isoliert aus dem Zusammenhang gerissen betrachtenden Argumente der Berufung nicht geeignet, die schlüssigen Erwägungen der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu erschüttern, führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides aus. Als reine Schutzbehauptung sei das Vorbringen der Berufung anzusehen, es habe eine Lohnverrechnung existiert, welche auf dem Postweg von der Steuerberatungsgesellschaft zur C.-Gesellschaft verloren gegangen sei. Ein solcher an sich möglicher Vorgang sei wenig wahrscheinlich, weil sich die österreichische Post regelmäßig als verläßlich erweise. Es stehe dieser Einwand aber vor allem im unvereinbaren Widerspruch zur ursprünglichen Verantwortung des Beschwerdeführers, daß die C.-Gesellschaft m.b.H. überhaupt keine Arbeitnehmer beschäftigt habe. Wäre diese Verantwortung richtig gewesen, hätte es zwangsläufig eine Lohnverrechnung gar nicht geben können, die auf dem Postweg hätte verloren gehen können. Daß lohnabhängige Abgaben beim Finanzamt gemeldet worden seien, gehe aus dem Lohnsteuerakt nicht hervor. Auch die vorgelegten Listen über Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse für Arbeiter sprächen nicht dafür, daß die beschäftigten Arbeitnehmer vollständig bei der Krankenkasse gemeldet worden seien, weil sich dort nur Anmeldungen von Personen für einzelne Tage, längere Beschäftigungen hingegen nur für die beiden anderen Gesellschafter fänden. Seien aber die Beschäftigten auch bei der Krankenkasse nicht gemeldet gewesen, dann spreche dies auch dagegen, daß eine ordnungsgemäße Lohnverrechnung in Form der Führung von Lohnkonten vorhanden gewesen sein sollte. Auch der Einwand maßgeblicher Tätigkeit eines anderen Gesellschafters schlage gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung nicht durch. Der betroffene Gesellschafter habe das Gegenteil ausgesagt, wobei für die Richtigkeit dieser Aussage auch der Umstand des Gesellschaftsanteiles des Beschwerdeführers in Höhe von 74,2 % spreche. Der Beschwerdeführer sei es gewesen, welcher gesellschaftsrechtlich bei der C.-Gesellschaft m.b.H. das Sagen gehabt habe, sodaß es nicht verständlich gewesen wäre, wenn er sich mit der bloß formellen Geschäftsführerbestellung hätte begnügen wollen. Hinzu komme noch die Aussage des Zeugen S., der bei seinem Kontakt mit dem Beschwerdeführer den Eindruck gewonnen zu haben erklärte, mit dem maßgeblichen Firmenleiter zu sprechen. Der Einwand tatsächlicher Bereitstellung der Arbeiter vom Subunternehmer Branko I. scheitere auch an der Liste, mit welcher Facharbeiter zu bestimmten Preisen von der C.-Gesellschaft m.b.H. angeboten worden seien. Der Beschwerdeführer sei im Grunde jeden Nachweis dafür schuldig geblieben, daß die von ihm anderen Unternehmen überlassenen Arbeitnehmer ihm seinerseits von Subunternehmern zur Verfügung gestellt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung als verletzt anzusehen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt das Beschwerdevorbringen nicht auf. Dieses erschöpft sich nämlich in einer im wesentlichen allgemein gehaltenen Rüge der behördlichen Ermittlung der Sachverhaltsgrundlagen, wobei der Beschwerdeführer sein Vorbringen nur in zwei Punkten konkretisiert, und zwar in der von ihm als rechtswidrig gerügten Unterlassung einer Vernehmung des Zeugen Branko I. und im Fehlen zureichender Beweisergebnisse zur subjektiven Tatseite. Auch die solcherart allein geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor.

In seiner am 7. Jänner "1990" (richtig wohl: "1991") erfolgten Vernehmung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz hat der Beschwerdeführer angegeben, den Zeugen Branko I. nicht erreichen zu können. In seiner fortgesetzten Vernehmung am vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz hat der Beschwerdeführer erklärt, diesen Zeugen bis längstens Ende September stellig machen zu können. Dies ist unterblieben. Der Spruchsenat hat wiederholt versucht, den Zeugen Branko I. zu laden. An der ursprünglich bekanntgegebenen Adresse war der Zeuge unbekannt. Nachdem eine Adresse aus dem Telefonbuch ermittelt worden war, wurde aus Anlaß des Versuches einer Zustellung einer Ladung dieses Zeugen dem Zusteller gegenüber von seiner Gattin angegeben, daß der Zeuge vor drei Jahren verstorben sei. Nachdem die entsprechenden Postfehlberichte in der Verhandlung vor dem Spruchsenat am verlesen worden waren, beantragte die Verteidigerin des Beschwerdeführers die Ladung des Zeugen Branko I. an einer neu bekanntgegebenen Adresse. An dieser Adresse konnte die Ladung des Zeugen erneut nicht zugestellt werden, weil dieser laut dem Zusteller erteilter Auskunft unbekannt verzogen sei. Nach Verlesung dieses Postfehlberichtes in der Verhandlung vor dem Spruchsenat am wurden keine weiteren Anträge mehr gestellt. Auch in der Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates wurde auf die Bedeutung einer Vernehmung dieses - nach dem Inhalt eines Postfehlberichtes schon seit drei Jahren verstorbenen - Zeugen bestanden, eine ladungsfähige Anschrift dieses Zeugen aber nicht bekanntgegeben. Unter diesen Umständen kann aber im Unterbleiben einer Vernehmung dieses Zeugen im Verwaltungsverfahren keine Verletzung von Verfahrensvorschriften gesehen werden.

Die behördliche Beweiswürdigung zur Bejahung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG ist insoweit schlüssig, als der Geschäftsführer eines Unternehmens, das Schwarzarbeiter besoldet und anderen Unternehmen bereit stellt, ohne daß hiefür Lohnkonten geführt und lohnabhängige Abgaben abgeführt werden, naturgemäß weiß, daß eine solche Vorgangsweise die Verkürzung der betroffenen lohnabhängigen Abgaben zur Folge haben muß. Aus dem Vorliegen der objektiven Tatseite der Strafnorm war bei der gegebenen Sachverhaltskonstellation auf das Vorliegen auch der subjektiven Tatseite mit Zwangsläufigkeit zu schließen. Daß die behördliche Beweiswürdigung zum Vorliegen der objektiven Tatseite aber zufolge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut das Fehlerkalkül einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit der Sachverhaltsgrundlagenermittlung erreicht hätte, zeigt der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen nicht ansatzweise auf und ist auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.