VwGH vom 22.03.1995, 94/12/0360
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der S in X, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. 56.032/4-I/7a/94, betreffend Studienförderung nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin studiert seit dem Wintersemester 1992/93 Kunstgeschichte an der Universität Wien.
Mit Eingabe vom - bei der Studienbeihilfenbehörde laut Eingangsstempel eingelangt am - beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung von Studienbeihilfe.
Zu diesem Zeitpunkt war folgende für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne der §§ 7 ff des Studienförderungsgesetzes 1992 (im folgenden StudFG) maßgebende Einkommenssituation ihrer Eltern gegeben:
Die Eltern der Beschwerdeführerin hatten in Form eines Familienbetriebes ein Handelsgewerbe (Handel mit Krawatten) betrieben. Der Vater der Beschwerdeführerin war seit September 1993 wegen Erwerbsunfähigkeit pensioniert. Die Mutter der Beschwerdeführerin führte den Betrieb bis zu dessen Veräußerung am weiter. Seither ist sie Hausfrau und bezieht (geringe) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dem Antrag auf Gewährung der Studienbeihilfe waren die bis dahin zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheide des für die Eltern der Beschwerdeführerin zuständigen Finanzamtes F. für das Kalenderjahr 1992 angeschlossen.
Mit Bescheid vom wies die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, den Antrag der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der beiden Einkommensteuerbescheide für das Kalenderjahr 1992 mangels sozialer Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin gemäß §§ 6 Z. 1, 26 Abs. 2 und 30 Abs. 2 Z. 1 und 4 StudFG ab.
In ihrer Vorstellung wies die Beschwerdeführerin im wesentlichen auf die oben dargelegte Situation hin. Sie vertrat die Auffassung, es komme nach § 7 Abs. 2 StudFG auf die Einkommenssituation im Zeitpunkt der Antragstellung an. Daran ändere auch § 11 Abs. 1 leg. cit. nichts, der lediglich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffen worden sei. Gerade der Abs. 3 dieser Bestimmung (Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Antragstellung aktuellen Einkommenssituation in bestimmten Fällen) bestätige den Grundsatz des § 7 Abs. 2:§ 11 Abs. 3 Z. 2 treffe auf ihren Vater zu; Z. 4 leg. cit. sei bei verfassungskonformer Auslegung für ihre Mutter anzuwenden, da die Beendigung einer selbständigen Tätigkeit ohne Pensionierung und der Übertritt in den Hausfrauenstand der Arbeitslosigkeit gleichzuhalten sei. Es hätte daher das niedrigere Einkommen des Vaters auf der Grundlage seines Pensionsbezuges und das lediglich aus Vermietung und Verpachtung bezogene Einkommen ihrer Mutter - beides geschätzt für das Kalenderjahr 1994 - anstelle der in den beiden Einkommensteuerbescheiden für das Kalenderjahr 1992 ausgewiesenen Einkünfte zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Studienbeihilfe herangezogen werden müssen.
Mit Bescheid vom wies der Senat der Studienbehilfenbehörde für Studierende an der Universität Wien die Vorstellung ab. Er legte zwar seinem Bescheid das für 1994 geschätzte Einkommen des Vaters der Beschwerdeführerin aus seiner Pension zugrunde, ging jedoch davon aus, daß für die Mutter kein Schätzungsgrund (im Sinne des § 11 Abs. 3 StudFG) gegeben sei, weshalb ihr Einkommen auf Grund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr 1992 ermittelt wurde. Da (auch) die danach ermittelte zumutbare Unterhaltsleistung S 94.441,-- betrage, liege keine soziale Bedürftigkeit vor.
In ihrer Berufung rügte die Beschwerdeführerin die vorgenommene Ermittlung des Einkommens ihrer Mutter. Die krankheitsbedingte Pensionierung des Vaters habe dazu geführt, daß ihre Mutter ihre Tätigkeit (auf Dauer) nicht mehr habe fortsetzen können und daher seit (Verkauf des Betriebes) kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit mehr beziehe. Dem StudFG lasse sich nicht entnehmen, daß der Schätzungsgrund unmittelbar bei jener Person gegeben sein müsse, deren Einkommen zu schätzen sei. Es sei daher auf ihre Mutter der Tatbestand nach § 11 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. anzuwenden, zumal ihr Einkommen wegen der Pension ihres Ehegatten (des Vaters der Beschwerdeführerin) eine mindestens ein Jahr dauernde erhebliche Verminderung erfahren habe, beziehe sie doch seit der Veräußerung des Unternehmens lediglich geringe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Außerdem sei aus dem Zusammenhang der §§ 7 Abs. 2, 11 Abs. 3 und 4 StudFG abzuleiten, daß die Aufzählung in § 11 Abs. 3 leg. cit. nur eine demonstrative sein könne. Sei § 11 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. für ihre Mutter aber nicht unmittelbar anwendbar, so sei der dargestellte Sachverhalt ein eigener Schätzungsgrund. Eine solche Auslegung gebiete auch der Gleichheitsgrundsatz: Es sei kein Grund ersichtlich, der die Ungleichbehandlung ihrer Mutter gegenüber solchen Personen sachlich rechtfertigen könne, für die ein im Gesetz ausdrücklich vorgesehener Schätzungsgrund zutreffe. Faktum sei, daß ihre Mutter auf Grund der krankheitsbedingten Pensionierung des Vaters der Beschwerdeführerin und des Verkaufes des Betriebes ab (und damit vor ihrer Antragstellung auf Gewährung einer Studienbeihilfe) kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit mehr beziehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung "gemäß den §§ 6 Z. 1, 7 Abs. 2, 8 Abs. 1 Z. 2, 11 Abs. 1 Z. 1, 11 Abs. 3 und 30 Abs. 1 Z. 1 des Studienförderungsgesetzes 1993 (richtig wohl: 1992) (StudFG), BGBl. Nr. 309 (richtig: Nr. 305), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 29/1994, in Verbindung mit §§ 66 Abs. 4 AVG 1991, BGBl. Nr. 51, keine Folge ...". Sie begründete dies (nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Darstellung der Rechtslage) damit, aus der Zusammenschau der §§ 7 Abs. 2 und 11 Abs. 1 Z. 1 StudFG sei eindeutig zu erkennen, daß für die Berechnung des Einkommens der zuletzt ergangene Einkommensteuerbescheid heranzuziehen sei, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung die zur Einkommensteuer verpflichteten Personen zur Einkommensteuer veranlagt seien. Die in § 11 Abs. 3 StudFG genannten Schätzungsgründe, die nach Wortlaut und Aufbau eindeutig taxativ aufgezählt seien, müßten bei jenen Personen gelegen seien, deren Einkommen für die soziale Bedürftigkeit des Studierenden maßgebend seien. Dies ergebe sich auf Grund sämtlicher Bestimmungen betreffend die Feststellung der sozialen Bedürftigkeit, die von einer getrennten Berechnung der Einkünfte und somit der zumutbaren Unterhalts- und Eigenleistungen ausgingen. Beim Vater der Beschwerdeführerin sei ein Schätzungsgrund gegeben gewesen. Da bei der Mutter der Beschwerdeführerin aber keiner der in § 11 Abs. 3 StudFG aufgezählten Schätzungsgründe vorläge und die Mutter im Zeitpunkt der Antragstellung zur Einkommensteuer veranlagt gewesen sei, sei die Heranziehung des im Einkommensteuerbescheid (für das Kalenderjahr 1992) ausgewiesenen Einkommens rechtmäßig gewesen. Auf Grund der auf dieser Grundlage durchgeführten Berechnung der Bemessungsgrundlage sei die soziale Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin nicht gegeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.
Die §§ 7 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 3 in der Stammfassung (im folgenden als aF bezeichnet) lauten:
"§ 7 ...
(2) Für die Beurteilung von Einkommen, Vermögen, Familienstand und Familiengröße ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.
§ 11
(1) Das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist wie folgt nachzuweisen:
1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr,
2. bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch die Vorlage des Bescheides über den Jahresausgleich über das letztvergangene Kalenderjahr oder, wenn dieser nicht erlassen wurde, durch die Vorlage der Lohnbestätigung über das letztvergangene Kalenderjahr,
3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, durch Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides,
4. bei steuerfreien Bezügen durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle.
...
(3) Das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen ist für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu schätzen, wenn es voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde erhebliche Verminderung erfährt durch
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1. | eine schwere Erkrankung oder | |||||||||
2. | die Pensionierung oder Berentung wegen Krankheit, Unfalls oder Erreichens der Altersgrenze oder | |||||||||
3. | Konkurs oder | |||||||||
4. | Arbeitslosigkeit oder | |||||||||
5. | Einschränkung der Berufstätigkeit aus den in Abs. 5 genannten Gründen." |
Durch die Novelle, BGBl. Nr. 619/1994, wurde(n) die Bestimmung(en) des §§ 11 Abs. 3 (bis Abs. 5) in dem neu geregelten § 12 "Sonderfälle der Einkommensbewertung" mit Abänderungen übernommen.
§§ 7 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 in der Fassung dieser Novelle (im folgenden als nF) lauten:
"§ 7
...
(2) Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.
§ 11
(1) Das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist wie folgt nachzuweisen:
1. grundsätzlich durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr,
2. bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften außerdem durch die Vorlage sämtlicher Lohnzettel über das letztvergangene Kalenderjahr,
3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, durch die Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides,
4. bei steuerfreien Bezügen gemäß § 9 Z. 1 und Z. 3 durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle über die Bezüge im letztvergangenen Kalenderjahr.
...
§ 12
(1) Das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen ist für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu schätzen, wenn es voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung um mindestens 10 Prozent gegenüber dem gemäß § 11 zu berücksichtigenden Einkommen erfährt. Eine Schätzung ist nicht zulässig bei Einkommensschwankungen infolge von Zahlungen gemäß den §§ 67 und 68 EStG 1988 oder bei saisonal bedingten Einkommensschwankungen."
Nach § 78 Abs. 5 in der Fassung der Novelle
BGBl. Nr. 619/1994, treten unter anderem die oben genannten novellierten Bestimmungen "mit mit der Maßgabe in Kraft, daß die höheren Beträge für die Höchststudienbeihilfen (§ 26 Abs. 1 und 2,§ 27 Abs. 1,§ 28) erst ab zur Berechnung der Studienbeihilfe heranzuziehen sind. Für Studienbeihilfenbezieher, die auf Grund eines Antrages im Sommersemester 1994 auch im Wintersemester 1994/95 Anspruch auf Studienbeihilfe haben, ist die Studienbeihilfe ohne weiteres Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der erhöhten Bemessungsgrundlagen (§ 31 Abs. 1 und 3) und Absetzbeträge (§ 32 Abs. 1 und 2) für das Wintersemester 1994/95 neu zu berechnen."
Die Beschwerdeführerin macht zunächst unter Vorlage der Hinterlegungsanzeige geltend, der angefochtene Bescheid sei ihr durch Hinterlegung am zugestellt worden, wobei der Beginn der Abholfrist durch Ankreuzen des Kästchens "ab morgen (nächster Werktag)" angegeben gewesen sei. Es sei daher die hinterlegte Sendung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Zustellgesetz am zugestellt worden. Ein Bescheid habe der im Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden Rechtslage zu entsprechen. Dies treffe im Beschwerdefall nicht zu: Am sei die Novelle des StudFG, BGBl. Nr. 619/1994, in Kraft getreten. Diese Novelle habe unter anderem die in § 11 Abs. 3 aF normierten Schätzungstatbestände in § 12 Abs. 1 nF neu geregelt. Die neue Regelung sehe eine Schätzung dann vor, wenn das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung von mindestens 10 % gegenüber dem § 11 StudFG zu berücksichtigenden Einkommen erfahre. Diese Voraussetzungen seien im Beschwerdefall in bezug auf das Einkommen ihrer Mutter gegeben. Die belangte Behörde habe jedoch die alte Rechtslage (§ 11 Abs. 3 aF) angewendet.
Dem ist folgendes zu erwidern:
Es trifft zwar zu, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Eine andere Betrachtungsweise wird dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, daß "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist". Weiters wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitpunkt rechtens war (vgl. z.B. die Erkenntnisse jeweils eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 9315/A, und vom , Slg. 11237/A).
Dabei ist aber folgendes zu bemerken: erklärt der Gesetzgeber ausdrücklich einen bestimmten Zeitpunkt als für die Erhebung einer Tatsache für maßgebend, so ist im allgemeinen davon auszugehen, daß damit für die Beurteilung dieser Tatsache auch die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgebend ist. Die Rechtslage bildet den Maßstab dafür, welche Tatsachen rechtserheblich sind; im Zweifel darf aber nicht angenommen werden, daß der zu einem bestimmten Zeitpunkt (der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet wurde) zu beurteilende Sachverhalt anhand einer zu einem späteren Zeitpunkt geltenden Rechtslage (z.B. zum Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides) zu beurteilen ist. Eine derartige Anordnung müßte bei dieser Konstellation der Gesetzgeber vielmehr klar und unmißverständlich zum Ausdruck bringen.
Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 7 Abs. 2 (sowohl aF als auch nF) setzt den Grundsatz fest, daß unter anderem für die Beurteilung von Einkommen der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend ist. Damit wird lege non distinguente nicht bloß der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung des Sachverhaltes, sondern auch der der Rechtslage in dem Sinn bestimmt, daß die Einkommensermittlung nach den in diesem Zeitpunkt hiefür geltenden Vorschriften des StudFG zu erfolgen hat.
Daran ändert auch die Novelle BGBl. Nr. 619/1994 nichts, läßt sich doch der Übergangs- und Inkrafttretensbestimmung des § 78 Abs. 5 keine Anordnung entnehmen, die neue Rechtslage sei auf zum bereits anhängig gewesene Verfahren anzuwenden. Dazu kommt, daß auch die Novelle BGBl. Nr. 619/1994 am hier interessierenden Regelungssystem (Maßgeblichkeit des Antragszeitpunktes für Ermittlung des Einkommens;
grundsätzlicher Einkommensnachweis aus vor dem Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichem Kalenderjahr; Heranziehung des geschätzten Einkommens des Antrags-Kalenderjahres nur unter besonderen Voraussetzungen - bisher: §§ 7 Abs. 2 und 11 aF - jetzt: §§ 7 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 12 nF) festhält und lediglich die Heranziehung des geschätzten Einkommens des Antrags-Kalenderjahres gegenüber der alten Rechtslage erweitert. Aus § 78 Abs. 5 leg. cit. ergibt sich daher lediglich, daß § 12 Abs. 1 nF erst für Anträge auf Studienbeihilfe mit einem Anspruch ab dem Wintersemester 1994/95 heranzuziehen ist.
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe am eingebracht. Auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage war es daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde das Einkommen der Mutter der Beschwerdeführerin auf Grund des StudFG 1992 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 619/1994 - und zwar ungeachtet des Zeitpunktes der Zustellung des angefochtenen Bescheides - zugrunde legte.
In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin auf Grund eines neuerlichen Antrages nach der Aktenlage ab dem Wintersemester 1994/95 Studienbeihilfe nach dem StudFG nF bezieht.
Für den Fall der richtigen Anwendung des StudFG aF bringt die Beschwerdeführerin vor, § 7 Abs. 2 StudFG aF normiere, es komme für die Beurteilung von Einkommen auf den Zeitpunkt der Antragstellung an. Aus Gründen der Praktikabilität sehe § 11 Abs. 1 leg. cit. aF vor, das Einkommen durch die dort aufgezählten Urkunden nachzuweisen. Die Schätzung des Einkommens im Antragsjahr unter (bestimmten) Umständen stehe im Geiste des Grundsatzes nach § 7 Abs. 2 leg. cit. Daraus folge, daß die Aufzählung im § 11 Abs. 3 StudFG aF keine taxative gewesen sei, sodaß das Einkommen ihrer Mutter wegen erheblicher Verminderung hätte geschätzt werden müssen. Zumindest hätte die belangte Behörde § 11 Abs. 3 Z. 4 aF analog anwenden müssen. Die Auslegung der belangten Behörde verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz, sei doch kein sachlich gerechtfertigter Grund erkennbar, den Fall ihrer Mutter anders zu behandeln als die vom Gesetz anerkannten Fälle. Die Mutter der Beschwerdeführerin wäre auch aus gesundheitlichen Gründen (erhebliche Behinderung durch Diabetes) nicht in der Lage gewesen, den Gewerbebetrieb nach der Pensionierung ihres Gatten allein fortzuführen. Außerdem sei die Beschwerdeführerin der Ansicht, die Einkommensminderung ihrer Mutter, die letztlich auf die Pensionierung deren Gatten zurückzuführen sei, lasse die Subsumtion unter § 11 Abs. 3 Z. 2 aF zu, weil die Schätzungsgründe nicht bei jenen Personen vorliegen müsse, deren Einkommen zu schätzen sei. Für den Fall, daß der Verwaltungsgerichtshof sich der Auslegung des § 11 Abs. 3 StudFG aF, wie sie die Beschwerdeführerin vornehme, nicht anschließen könne, werde angeregt, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, dieser möge die Bestimmungen der §§ 7 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 3 StudFG aF auf ihre Verfassungsmäßigkeit, insbesondere im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz, überprüfen.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
§ 7 Abs. 2 StudFG aF darf nicht isoliert, sondern muß im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 leg. cit. gelesen werden, der nach der Systematik des StudFG den Regelfall des Einkommensnachweises festlegt.
So verstanden legt aber § 7 Abs. 2 StudFG aF mit dem "Zeitpunkt der Antragstellung" neben der Fixierung der Rechtslage den Zeitpunkt fest, von dem ausgehend der für den Normalfall nach § 11 Abs. 1 aF jeweils maßgebliche Einkommensnachweis zu erbringen ist. § 11 Abs. 1 StudFG aF stellt - jedenfalls in seinen Ziffern 1 bis 3 - auf die in einem Kalenderjahr bezogenen Einkünfte ab, wobei das hienach maßgebliche Kalenderjahr immer vor dem Kalenderjahr liegt, in dem der Antrag auf Studienbeihilfe gestellt wurde.
Zutreffend hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausgeführt, aus § 7 Abs. 2 StudFG aF könne nicht der Grundsatz abgeleitet werden, es komme im Normalfall auf das Einkommen im Zeitpunkt der Antragstellung nach dem StudFG an.
Eine diesbezügliche Ausnahme enthält § 11 Abs. 3 StudFG aF, der nach seinem Wortlaut zweifelsfrei eine abschließende Regelung enthält. In diesem Sinne führen auch die EB zur RV des StudFG 1992, 473 Blg. XVIII. GP auf Seite 29 linke Spalte unten zu § 11 aus, die in Abs. 3 festgelegte Schätzung des Einkommens im laufenden Kalenderjahr sei "nur in den taxativ aufgezählten Gründen zulässig, die um die Fälle des Konkurses und die Einschränkung der Berufstätigkeit des Studierenden erweitert wurden, sofern es sich um eine voraussichtlich dauernde oder zumindest längerfristige Einkommensverminderung handelt."
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin könnte daher nur dann erfolgreich sein, wenn der vorliegende strittige Sachverhalt (Einkommensminderung der Einkünfte der Mutter infolge Aufgabe des Betriebes durch dessen Veräußerung infolge Pensionierung des Vaters wegen Erwerbsunfähigkeit) einem Tatbestand im Sinne des § 11 Abs. 3 StudFG aF unterstellt werden könnte.
Dies trifft allerdings im Beschwerdefall nicht zu:
Was die behauptete Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 Z. 2 StudFG aF betrifft, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, die in diesem Absatz genannten Tatbestände müßten von der Person erfüllt werden, deren Einkommen zu schätzen ist. Abgesehen vom Tatbestand nach § 11 Abs. 3 Z. 5, wo sich dies aus dem Zusammenhang mit Abs. 5 zweifelsfrei ergibt, folgt dies daraus, daß die Einkommen jener Personen, die zur Ermittlung der zumutbaren Unterhalts- und Eigenleistung (vgl. § 7 in Verbindung mit § 31 StudFG aF) heranzuziehen sind, jeweils gesondert zu ermitteln sind (vgl. näher §§ 8 bis 10 StudFG aF) und jeweils gesonderte Zumutbarkeitsgrenzen (§ 31 StudFG aF) festgesetzt sind. Dem möglichen Einwand, die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern stelle auf deren Gesamteinkommen ab, was auch Rückschlüsse auf die Auslegung des § 11 Abs. 3 nach sich ziehe, ist § 31 Abs. 1 Satz 1 StudFG aF entgegenzuhalten, wonach ein negatives Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 des einen Elternteiles das Einkommen des anderen Elternteiles nicht vermindert; in diesem Fall ist also das (positive) Einkommen eines Elternteiles ungeschmälert der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der zumutbaren Unterhaltsleistung zugrunde zu legen, selbst wenn durch das negative Einkommen des anderen Elternteiles im Einzelfall eine Belastungssituation gegeben wäre.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den von der Beschwerdeführerin behaupteten Zusammenhang zwischen der Pensionierung ihres Vaters infolge Erwerbsunfähigkeit im September 1993 mit der Ende März 1994 erfolgten Veräußerung des Betriebes, den ihre Mutter bis dahin allein weitergeführt hatte, nicht als Schätzungsgrund nach § 11 Abs. 3 Z. 2 StudFG aF angesehen hat. Daß die Mutter der Beschwerdeführerin im Kalenderjahr der Antragstellung (1994) nicht zur Einkommensteuer (allenfalls nicht mehr wegen Erzielung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit) veranlagt war, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Das Vorbringen, die Mutter der Beschwerdeführerin sei auf Grund ihrer schweren Erkrankung nicht in der Lage gewesen, den Betrieb ab September 1993 allein weiterzuführen, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar, hat doch die Beschwerdeführerin auf diesen Grund im Verwaltungsverfahren nicht hingewiesen. Es kommt daher im Beschwerdefall auch nicht § 11 Abs. 3 Z. 1 StudFG aF in Betracht.
Eine analoge Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 Z. 4 (vgl. zum Begriff der Arbeitslosigkeit das zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung nach § 3 Abs. 2 StudFG 1983 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/12/0190) auf die Fallkonstellation des Beschwerdefalles ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geboten: Es liegt nämlich durchaus im Rahmen der dem Gesetzgeber eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit, wenn er von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend nur jene typischen und häufig eintretenden Fälle, die erfahrungsgemäß zu einer längerfristigen erheblichen Minderung des Einkommens führen, erfaßt, nicht aber alle denkbaren Fälle, mag dies auch rechtspolitisch wünschenswert erscheinen. Auf dem Boden dieser Rechtsanschauung hat der Verwaltungsgerichtshof aus der Sicht des Beschwerdefalles aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch die taxative Aufzählung in § 11 Abs. 3 StudFG aF vom Gesetzgeber getroffene Auswahl möglicher Schätzungsfälle, unter die der Fall der Beschwerdeführerin nicht fällt, sodaß er sich auch nicht zu einem Anfechtungsantrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlaßt sieht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.