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VwGH vom 26.03.2003, 99/13/0199

VwGH vom 26.03.2003, 99/13/0199

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. G 458/3- IV/4/99, betreffend Zuzugsbegünstigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum Sachverhalt wird auf das Vorerkenntnis vom , 94/13/0029, verwiesen. Demnach beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom bei der belangten Behörde die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988. Er werde ab in den Ruhestand treten und beabsichtige, danach seinen Wohnsitz von der Schweiz nach Wien zu verlegen.

Zu diesem Antrag teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom mit, es könne keine Zuzugsbegünstigung mehr erteilt werden, weil "der Zuzug vom Ausland ins Inland unter dem Gesichtspunkt der europäischen Integration nicht mehr durch steuerliche Maßnahmen förderungswürdig erscheint".

Mit dem zum Vorerkenntnis führenden angefochtenen Bescheid vom (der im Zuge eines Säumnisbeschwerdeverfahrens erlassen wurde) wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Zuzugsbegünstigung bescheidmäßig ab.

Mit dem Vorerkenntnis wurde der Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Vorerkenntnis wurde dazu ausgeführt, aus der Begründung des (damals) angefochtenen Bescheides gehe mit genügender Deutlichkeit hervor, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung die Gesetzeslage vor Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, zu Grunde gelegt habe. Die von der belangten Behörde getroffene Ermessensentscheidung sei allerdings mit dieser Rechtslage nicht in Einklang zu bringen. Weder der Gesichtspunkt der europäischen Integration unter Bedachtnahme auf die Niederlassungsfreiheit noch die von der belangten Behörde angeführten allgemein zugänglichen Steuervorteile oder das Fehlen eines Doppelbesteuerungseffektes seien Umstände, an denen sich die im § 103 EStG 1988 vorgesehene Ermessensentscheidung zu orientieren habe. Die belangte Behörde habe sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Interesse am Zuzug unter dem Aspekt einer im Inland nach Art und Umfang nützlichen Weise eingerichteten Verbrauchswirtschaft überhaupt nicht auseinander gesetzt und im klaren Widerspruch zur Gesetzeslage behauptet, dass (ganz allgemein) "steuerliche Zuzugsbegünstigungen nicht mehr gewährt werden können". Eine solche Entscheidung sei mit § 103 EStG 1988 idF vor dem Steuerreformgesetz nicht in Einklang zu bringen. Mit ihrer Auffassung, der Wunsch des Gesetzgebers des Steuerreformgesetzes 1993, keine weiteren Zuzugsbegünstigungen mehr zu gewähren, sei bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zu beachten, habe die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über den Antrag auf Erteilung der Zuzugsbegünstigung folgendermaßen:

"1. Auf Grund Ihres Antrages wird gemäß § 103 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung vor BGBl. Nr. 818/1993 angeordnet, dass bei der Einkommensbesteuerung in Österreich die nicht unter § 98 EStG fallenden Einkünfte sowie die zu veranlagenden kapitalertragsteuerpflichtigen Zinsen mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden; für die Ermittlung dieses ermäßigten Steuersatzes sind die begünstigten Einkünfte als außerordentliche Einkünfte im Sinn des § 37 EStG anzusetzen. Diese Begünstigung wird für das Jahr 1993 gewährt.

2. Dem Mehrbegehren, die Zuzugsbegünstigung für die Jahre ab 1994 zu gewähren, wird nicht stattgegeben."

Zum "Spruchpunkt 1" führte die belangte Behörde in der Begründung aus, hinsichtlich des Jahres 1993 sei noch § 103 EStG idF vor dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818, anzuwenden. Die Voraussetzungen zur Anwendung dieser Gesetzesstelle lägen im Beschwerdefall vor. Die positive Ermessensübung sowie die Form der gewährten Begünstigung entsprächen der in allen vergleichbaren Fällen geübten Praxis. Da der Zuzug nach den Angaben in der Vorhaltsbeantwortung vom am erfolgt sei, sei die beantragte Zuzugsbegünstigung für das Jahr 1993 zuzusprechen gewesen. Zu "Spruchpunkt 2" wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 sehe das EStG eine Zuzugsbegünstigung in der Form, wie sie unter Spruchpunkt 1 erteilt worden sei, nicht mehr vor. Nach dem erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 anzuwendenden § 112a EStG 1988 sei § 103 EStG 1988 idF vor dem Steuerreformgesetz 1993 nur dann weiterhin anzuwenden, wenn eine Zuzugsbegünstigung bereits erteilt oder die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung schriftlich in Aussicht gestellt worden sei. Nur in diesen Fällen sollte nach den Gesetzesmaterialien zum Steuerreformgesetz 1993 nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Weiterführung der Begünstigung im bisherigen Rahmen zugelassen werden. Da dem Beschwerdeführer tatsächlich bis zum Inkrafttreten des § 112a EStG 1988 eine Zuzugsbegünstigung weder erteilt noch schriftlich in Aussicht gestellt worden sei, könne dem Antrag auf Erteilung einer Zuzugsbegünstigung nach § 103 EStG 1988 für die Jahre ab 1994 nicht entsprochen werden.

Die vorliegende Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid "in seinem Punkt 2. (also insoweit, als dem als 'Mehrbegehren' bezeichneten Antrag, Zuzugsbegünstigung auch für die Jahre ab 1994 zu gewähren, nicht stattgegeben wurde)".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 103 Abs. 1 EStG 1988 lautete in der ursprünglichen Fassung (die Änderung des § 103 EStG 1988 durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 448/1992 bezog sich lediglich auf die Einfügung eines Abs. 4):

"Zuzugsbegünstigung

§ 103 (1) Bei Personen, die ihren Wohnsitz aus dem Ausland ins Inland verlegen und hier, ohne erwerbstätig zu werden, ihre Verbrauchswirtschaft nach Art und Umfang in einer für das Inland nützlichen Weise einrichten, kann der Bundesminister für Finanzen für einen bestimmten Zeitraum die Besteuerung abweichend von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anordnen. Für diese Anordnung gilt folgendes:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
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Es können bestimmte, insbesondere ausländische Einkünfte ganz oder teilweise aus der Besteuerungsgrundlage ausgeschieden oder mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden oder
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es kann der Besteuerung lediglich der dem inländischen Verbrauch entsprechende Betrag zugrunde gelegt werden oder
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es können die Besteuerungsgrundlage oder die Steuer auch mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.
Einkünfte im Sinne des § 98, ausgenommen kapitalertragsteuerpflichtige Einkünfte, müssen jedoch stets voll besteuert werden."
Durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818 (ausgegeben am ), wurde § 103 EStG 1988 folgendermaßen geändert:

"§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft und Forschung dient und aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Das öffentliche Interesse ist für jedes Veranlagungsjahr durch eine Bescheinigung des Bundesministers für Finanzen nachzuweisen.

(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind."

Als § 112a EStG 1988 wurde durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818, eingefügt:

"§ 112a. § 103 ist in der Fassung BGBl. Nr. 448/1992 weiterhin anzuwenden, wenn eine Zuzugsbegünstigung bereits erteilt worden ist oder wenn die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung schriftlich in Aussicht gestellt worden ist."

Nach Art. I Z. 65 sub-Z. 1 Steuerreformgesetz 1993 sind die (übrigen) Bestimmungen des Steuerreformgesetzes 1993, sofern nichts anderes bestimmt ist, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 anzuwenden.

Ein Zuzugsbegünstigungsbescheid ist nach § 103 EStG 1988 alter Fassung (aF) für einen bestimmten Zeitraum zu erlassen. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bestimmung des § 2 Abs. 1 EStG 1988, wonach der Einkommensteuer das Einkommen zu Grunde zu legen ist, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat, ist dieser Zeitraum im Sinne des § 103 EStG 1988 jeweils auf ein entsprechendes Kalenderjahr zu beziehen.

Die Bestimmung des § 103 EStG 1988 neuer Fassung (nF) ist im Sinne des Art. I Z. 65 SteuerreformG 1993 im Falle der Veranlagung der Einkommensteuer "erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994" anzuwenden. Bei verständiger Würdigung dieser Übergangsbestimmung bedeutet dies, dass § 103 EStG 1988 nF erstmals für solche Zeiträume präjudiziell ist, die nach dem gelegen sind (vgl. zum Ganzen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0089, und vom , 96/13/0110).

Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass über die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung für den am zugezogenen Beschwerdeführer jedenfalls hinsichtlich des Kalenderjahres 1993 nach den Bestimmungen des § 103 EStG 1988 aF abzusprechen war. Von dieser Rechtslage ist die belangte Behörde bei Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides auch ausgegangen.

Mit dem Steuerreformgesetz 1993 wurde eine erhebliche Einschränkung des Personenkreises, dem eine Zuzugsbegünstigung nach Maßgabe des § 103 EStG 1988 gewährt werden kann, bewirkt. Um dem Grundsatz von Treu und Glauben Rechnung zu tragen, wurde durch Art. I Z. 60 Steuerreformgesetz 1993 ein neuer § 112a geschaffen, demzufolge § 103 EStG 1988 aF weiterhin anzuwenden ist, wenn eine Zuzugsbegünstigung nach dieser Bestimmung bereits erteilt worden ist oder wenn die Erteilung einer solchen Zuzugsbegünstigung schriftlich in Aussicht gestellt worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0048).

In der Beschwerde wird vorgebracht, es liege auf der Hand, dass dann, wenn die belangte Behörde in Ansehung des Antrages des Beschwerdeführers vom 18. Dezember (gemeint wohl "November") 1992 die Entscheidungspflicht nicht verletzt hätte (Hinweis auf das Säumnisbeschwerdeverfahren Zl. 93/13/0157) und sich in der Folge keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes hätte zu Schulden kommen lassen (Hinweis auf das Vorerkenntnis Zl. 94/13/0029), sie noch im Jahr 1993 die Zuzugsbewilligung "bereits" gesetzeskonform unter Zugrundelegung des § 103 EStG 1988 aF erteilt hätte, wobei für den Beschwerdeführer auch nach dem Wortlaut des "§ 112a EStG 1988 § 103 EStG 1988 idF BGBl. 1992/448" allein anzuwenden gewesen wäre.

Dass ein Tatbestand "hätte erteilt werden müssen" im § 112a EStG 1988 nicht enthalten ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Erkenntnissen vom , 96/15/0048, und vom , 96/15/0106, festgestellt. Schon aus diesem Grund kann dem Beschwerdevorbringen kein Erfolg zukommen. Darüber hinaus wurde im Beschwerdefall auch kein Vertrauenstatbestand geschaffen, der laut Beschwerde entgegen dem Wortlaut des § 112a EStG 1988 "im Weg der Analogie" die Anwendung des § 103 EStG 1988 aF auch für das Veranlagungsjahr 1994 rechtfertigen könnte. Bereits mit Schreiben vom hatte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sie ihm keine Zuzugsbegünstigung mehr erteilen könne. Mit dem Vorerkenntnis vom wurde der daraufhin ergangene Bescheid der belangten Behörde vom , in dem die Erteilung der Zuzugsbegünstigung dann tatsächlich versagt wurde, zwar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Diese Aufhebung erfolgte aber nicht deshalb, weil dem Beschwerdeführer bei richtiger Rechtsanwendung die Zuzugsbegünstigung zu gewähren gewesen wäre, sondern weil sich die belangte Behörde bei der zu treffenden Ermessensentscheidung wegen einer ihr vorzuwerfenden Verkennung der Rechtslage nicht mit dem vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages erstatteten Vorbringen auseinander gesetzt hatte. Über diese Frage der Verkennung der Rechtslage hinaus bestand für das fortgesetzte Verfahren keine Bindungswirkung im Sinne des § 63 Abs. 1 VwGG. Somit kann aus dem Vorerkenntnis, das ausdrücklich einen auf Grund der Rechtslage nach § 103 EStG 1988 aF ergangenen Bescheid prüfte, auch nicht eine Bindungswirkung dahingehend abgeleitet werden, im fortgesetzten Verfahren hätten die Jahre über das Jahr 1993 hinaus auch nach § 103 EStG 1988 aF beurteilt werden müssen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich damit als nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am