VwGH vom 16.11.1994, 94/12/0288

VwGH vom 16.11.1994, 94/12/0288

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Mag. W in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 106 391/6-II/2/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. der Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten Bescheiden geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer stand seit in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er war im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien eingesetzt.

Am teilte die Dienstbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, daß die Kündigung seines Dienstverhältnisses wegen unbefriedigenden Arbeitserfolges beabsichtigt sei.

Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom seinen Austritt aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Wirksamkeit vom . Diese Erklärung versuchte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom zu widerrufen.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom wurde wie folgt abgesprochen:

"I. Ihr provisorisches Dienstverhältnis wird gemäß § 10 Abs. 2, 3 und 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 3 Kalendermonaten zum wegen UNBEFRIEDIGENDEN ARBEITSERFOLGES gekündigt, sodaß Sie mit Ablauf des aus dem Bundesdienst ausscheiden.

II. Gemäß §§ 26 Abs. 1 und 27 Abs. 1 Zif. 1 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 gebührt Ihnen zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens () eine Abfertigung im Ausmaß des Doppelten Ihres Monatsbezuges.

III. Gemäß § 12 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 wird einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkannt."

Über die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt abgesprochen:

"I. Ihre Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , Zl. P 267/b/93, wird gemäß § 66 Absatz 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gemäß § 66 Absatz 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz wird der angefochtene Bescheid aufgehoben."

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 93/12/0289, ausgeführt, daß eine schriftliche Austrittserklärung im Sinne des § 21 BDG 1979 nicht widerrufen werden könne, weil dies im Gesetz nicht vorgesehen sei. Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Widerrufes schaffen wollen, wäre in Analogie zur Bestimmung des § 15 Abs. 4 BDG 1979 (Widerruf der Erklärung in den Ruhestand zu treten) eine entsprechende Bestimmung dem § 21 BDG 1979 anzufügen gewesen. Da dies nicht geschehen sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Schaffung einer Widerrufsmöglichkeit einer Austrittserklärung nicht beabsichtigt gewesen sei.

Im vorliegenden Fall sei daher davon auszugehen, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 21 BDG 1979 mit Ablauf des aufgelöst gewesen sei. Daraus folge, daß dem Beschwerdeführer im vorliegenden Dienstrechtsverfahren vor der Verwaltungsbehörde keine Parteistellung zukomme und seine Berufung ohne meritorische Prüfung zurückzuweisen sei. Ebenso sei der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben gewesen, weil in Ermangelung eines bestehenden Dienstverhältnisses keine Zuständigkeit zur Erlassung eines Kündigungsbescheides gemäß § 10 BDG 1979 bestanden habe. Die erstinstanzliche Behörde hätte vielmehr gemäß § 1 Abs. 1 Z. 7 DVV nach Einlangen des Widerrufes der Austrittserklärung einen Feststellungsbescheid über das Wirksamwerden der Austrittserklärung erlassen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, kann der Beamte schriftlich seinen Austritt aus dem Dienstverhältnis erklären. Die Austrittserklärung wird nach Abs. 2 der genannten Bestimmung mit Ablauf des Monates wirksam, den der Beamte bestimmt, frühestens jedoch mit Ablauf des Monates, in dem sie abgegeben wurde. Hat der Beamte keinen oder einen früheren Zeitpunkt der Wirksamkeit bestimmt, so wird die Austrittserklärung ebenfalls mit Ablauf des Monates wirksam, in dem sie abgegeben wurde.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 7 DVV 1981 ist für die Feststellung des Wirksamwerdens der Austrittserklärung die nachgeordnete Dienstbehörde zuständig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem von der belangten Behörde genannten Erkenntnis vom , Zl. 93/12/0289, eingehend begründet dargelegt, daß § 21 BDG 1979 eine Widerrufsmöglichkeit der Austrittserklärung eines Beamten nicht vorsieht. Der Vergleich mit der Regelung des § 15 Abs. 4 BDG 1979 in Verbindung mit der Notwendigkeit einer entsprechenden Personalplanung zeigt nämlich, daß die Möglichkeit des Widerrufes einer schriftlichen Austrittserklärung, bei der es sich um eine einseitige Willenserklärung des Beamten handelt, die seitens der Dienstbehörde nur empfangsbedürftig, nicht aber annahmebedürftig ist, im Gesetz hätte ausdrücklich vorgesehen sein müssen.

Im Beschwerdefall ist der Umstand der Abgabe der Austrittserklärung ebenso wie der Versuch des Beschwerdeführers, diese am , also zwei Wochen vor dem Wirksamkeitsbeginn, zu widerrufen, vom Sachverhalt her unbestritten. Davon ausgehend hat die Dienstbehörde erster Instanz in Verkennung der Rechtslage die Wirksamkeit des Widerrufes angenommen und zu einem Zeitpunkt die Kündigung ausgesprochen, an dem das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Wirksamkeit seiner Austrittserklärung und die Unwirksamkeit des Widerrufes bereits aufgelöst und daher gar keine Zuständigkeit der Dienstbehörde erster Instanz für eine solche Maßnahme gegeben war.

Die belangte Behörde hat gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers, deren Einbringung jedenfalls die Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides verhinderte, über die anhängige Rechtssache in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu entscheiden. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage mußte daher die belangte Behörde die bescheidmäßig ausgesprochene Kündigung aufheben. Die Frage, ob die Berufung als unzulässig zurückzuweisen war, kann dahingestellt bleiben, weil dem vorliegendenfalls kein entscheidender Einfluß auf die Rechtsposition des Beschwerdeführers zukommt. Zutreffend weist die belangte Behörde darauf hin, daß die Behörde erster Instanz auf Grund des Widerrufes der Austrittserklärung durch den Beschwerdeführer allenfalls einen Feststellungsbescheid über das Wirksamwerden der Austrittserklärung mit Ablauf des hätte erlassen können.

Der Beschwerdeführer verkennt mit seinem Vorbringen das Wesen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, wenn er die Wirkungen der Austrittserklärung, des Widerrufes und der Kündigung im Sinne von Vertragsverhältnissen interpretiert.

Da bereits auf Grund dieser Überlegungen erkennbar ist, daß der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid, der die erstinstanzliche bescheidmäßige Kündigung des Beschwerdeführers aufgehoben und seine Berufung zurückgewiesen hat, nicht in subjektiven Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer gemäß § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 35 VwGG ohne Vorverfahren abzuweisen.