VwGH vom 15.09.1999, 99/13/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Christian Haas, Rechtsanwalt in Wien I, Rosengasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom , Zlen. 11-95/2036/07, 11-95/2129/07 und 11-96/2215/07, betreffend Körperschaftsteuer 1989 bis 1995 und Gewerbesteuer 1989 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides kann Folgendes entnommen werden:
Die Beschwerdeführerin betreibt den Handel mit Europaletten, Aufsatzrahmen und Gitterboxen. Im Zuge einer Betriebsprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin kam hervor, dass diese die verkauften Paletten in den Streitjahren zu einem beträchtlichen Teil auch von privaten Personen ohne Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzuges angekauft hatte. Von den Prüfungsorganen wurde festgestellt, dass für den Ankauf solcher Paletten von privaten Personen von den die Paletten übernehmenden Lagerarbeitern Kassaausgangsbelege ausgestellt worden seien, welche u.a. die Anzahl der Paletten und den Stückpreis, den Gesamtbetrag, den Verkäufer und dessen Anschrift sowie eine Eigentumsbestätigung des Verkäufers und dessen Unterschrift ebenso wie das Belegdatum enthalten hätten. Die Richtigkeit der auf diesen Belegen angeführten Angaben sei vom Geschäftsführer des Unternehmens nicht überprüft worden. Die Belege des jeweiligen Tages würden vom Lagerarbeiter in der Handkassa, aus welcher er die Auszahlungen vornehme, gesammelt und am Abend an die Geschäftsleitung übergeben, welche die so aufgezeichneten Beträge in der Buchhaltung gesondert über ein Konto "Paletten (ohne Vorsteuer)" ausgewiesen und als Betriebsausgaben in Anspruch genommen habe. Nachdem bei stichprobenartiger Durchsicht dieser Kassabelege festgestellt worden sei, dass die auf den Belegen angegebenen Adressen der privaten Palettenverkäufer innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne unverhältnismäßig oft gewechselt hätten, seien von den Organen der Betriebsprüfung Erhebungen über die Richtigkeit der Angaben auf den Kassabelegen sowie über die Existenz der namhaft gemachten Personen vorgenommen worden. Solche Erhebungen seien unabhängig davon im Jahre 1990 schon durch die Sicherheitsbehörde unternommen worden. Ergebnis dieser durch Sicherheitsbehörde und Abgabenbehörde angestellten Ermittlungen sei gewesen, dass keine einzige der auf den Kassabelegen angegebenen Personen habe eruiert werden können. Nach Vorhalt dieses Sachverhaltes an den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am habe bis zur Schlussbesprechung am in keinem einzigen Fall der Empfänger der abgesetzten Beträge konkret benannt werden können.
Das Finanzamt erließ daraufhin nach Wiederaufnahme der betroffenen Abgabenverfahren für die Jahre 1989 bis 1992
Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für diese Jahre ebenso wie
Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1993 und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1994 und 1995, in welchen die Aufwendungen an Wareneinsatz für Palettenankäufe von Privatpersonen aus dem Grunde des § 162 Abs. 1 BAO als Betriebsausgaben nicht anerkannt wurden.
Die von der Beschwerdeführerin gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird von der belangten Behörde auf die Bestimmung des § 162 BAO verwiesen, welche Vorschrift vornehmlich dem Ziel diene, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Abgabepflichtigen steuermindernd auswirken, beim Empfänger steuerlich zu erfassen. Geschäftliche Rücksichtnahmen auf den Empfänger enthöben den Abgabepflichtigen nicht von der Namhaftmachungspflicht, wobei die Nennung einer beliebigen Person zur Anerkennung nicht ausreiche. Wenn die Beschwerdeführerin die Auffassung vertrete, dass der Wareneinsatz im vorliegenden Fall hätte geschätzt werden müssen, sei ihr entgegenzuhalten, dass die Rechtsfolge des § 162 BAO einen schätzungsweisen Ansatz der betroffenen Ausgaben beim Abgabepflichtigen nicht erlaube. Zudem sei auf Aussagen im Zuge aufgenommener Niederschriften durch die Sicherheitsdirektion zu verweisen, denen zufolge Palettenverkäufer angegeben hätten, von der Beschwerdeführerin Zahlungsbelege überhaupt nicht erhalten zu haben. Dies erhärte die Annahme der Prüfungsorgane, dass es sich bei den vorgefundenen Kassabelegen um fingierte Belege gehandelt habe. Da trotz umfangreicher Nachforschungen durch die Prüfungsorgane die auf den Privateinkäufe betreffenden Belegen aufscheinenden Zahlungsempfänger nicht in einem einzigen Fall hätten ausfindig gemacht werden können, sei die Annahme der Prüfungsorgane als berechtigt anzusehen, dass es sich bei sämtlichen auf diesen Belegen angeführten Personen um fingierte Zahlungsempfänger handle. Dem Berufungseinwand der Beschwerdeführerin, sie sei nicht berechtigt gewesen, die privaten Palettenverkäufer zu einer Ausweisleistung zu veranlassen, um die auf den Belegen gemachten Angaben zu überprüfen, weshalb das Verlangen der Prüfungsorgane auf Einsetzung des richtigen Namens und der richtigen Adresse des Verkäufers auf den Belegen sich als ein unzumutbarer Auftrag darstelle, müsse erwidert werden, dass von einer Unzumutbarkeit der Benennung des richtigen Empfängers nur dann gesprochen werden könne, wenn auf Seiten der Beschwerdeführerin eine unverschuldete tatsächliche Unmöglichkeit gegeben gewesen wäre, die Zahlungsempfänger namhaft zu machen. Nach Auffassung der belangten Behörde wäre es der Beschwerdeführerin durchaus möglich gewesen, die privaten Verkäufer zur Ausweisleistung zu veranlassen und im Falle der Verweigerung einer Ausweisleistung vom Paletteneinkauf von dieser Person Abstand zu nehmen. Der Umstand, dass bei sämtlichen betroffenen Belegen nicht ein einziger Zahlungsempfänger habe identifiziert werden können, indiziere, dass hinter diesen Privatverkäufen tatsächlich nur eine geringe Zahl von Zahlungsempfängern (etwa Chauffeure von Spediteuren) stehe, bei denen die Besteuerung der von der Beschwerdeführerin bezahlten Beträge durch die gewählte Vorgangsweise vermieden werden sollte. Hiefür spreche auch der Umstand, dass die von den Sicherheitsbehörden einvernommenen Privatverkäufer der Beschwerdeführerin niederschriftlich angegeben hätten, im Jahre 1990 Paletten verkauft, darüber selbst jedoch keinen Beleg unterschrieben oder erhalten zu haben. Die Vermutung der Beschwerdeführerin, es habe sich dabei um Kleinkäufe gehandelt, mit welchen die Veranlagungsgrenzen des Einkommensteuergesetzes vermutlich nur selten überschritten worden seien, gehe deshalb ins Leere.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluss vom , B 2158/97, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Dieser hat über die Beschwerde erwogen:
Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde gemäß § 162 Abs. 1 BAO verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangte, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof in dieser Hinsicht die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind.
Mangelhaft soll das behördliche Verfahren nach dem Beschwerdevorbringen deswegen geblieben sein, weil die belangte Behörde eine von der Beschwerdeführerin vorgelegte, willkürlich drei Tage herausgreifende Aufstellung über ihren Einkauf und weitere vorgelegte Buchhaltungsbelege nicht gewürdigt und auch ihrem Beweisantrag nicht entsprochen habe, ihren Geschäftsablauf zu überprüfen.
Die Relevanz dieses geltend gemachten Verfahrensmangels wird von der Beschwerdeführerin allerdings nicht einsichtig dargestellt. Inwiefern die Vorlage von Buchhaltungsunterlagen der Beschwerdeführerin einen Beitrag dazu hätte leisten können, die samt und sonders unauffindbar gebliebenen Zahlungsempfänger auffindbar zu machen, lässt die Beschwerdeführerin unerklärt und ist auch nicht vorstellbar. Für die Beobachtung des Geschäftsablaufes kann nichts anderes gelten. Wären unter Beobachtung durch Organe der belangten Behörde vom Lagerarbeiter Ausweise von den Palettenverkäufern verlangt worden, dann hätte dies zu Geschäftsvorfällen führen können, für welche die Zahlungsempfänger identifizierbar geworden wären. Hätte der Lagerarbeiter auch unter Beobachtung durch Organe der belangten Behörde keine Ausweise von den Verkäufern verlangt, dann hätten sich die Geschäftsvorfälle in der bisher gepflogenen Weise mit dem Ergebnis abgespielt, dass die Beschwerdeführerin dem Risiko unrichtiger Angaben der Verkäufer ausgesetzt blieb.
Dieses von der Beschwerdeführerin durch Unterlassen einer Ausweisleistung von ihren privaten Verkäufern eingegangene Risiko aber ging im Grunde der Bestimmung des § 162 BAO steuerlich zu ihren Lasten. Hat sie sich in Geschäftsbeziehungen eingelassen, nach deren Gestaltung ihr die Identität der Zahlungsempfänger mit den auf Zahlungsbelegen angegebenen Namen nicht verlässlich bekannt werden konnte, dann hat sie die daraus resultierenden steuerlichen Folgen selbst zu tragen. Weshalb das Begehren auf Ausweisleistung den Palettenverkäufern gegenüber unzumutbar gewesen sein sollte, ist nicht zu erkennen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, ist mit der Nennung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, der Aufforderung nach § 162 BAO dann nicht entsprochen, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger sind (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0230, vom , 93/14/0073, 0099, und vom , 96/13/0017). Wie der Gerichtshof u.a. auch im letztgenannten Erkenntnis unter Anführung weiterer Vorjudikatur ausgesprochen hat, schließt der Umstand, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der behaupteten Zahlungen sind, eine Absetzung der geltend gemachten Zahlungen als Betriebsausgaben selbst dann aus, wenn vom tatsächlichen Vorliegen - an unbenannt gebliebene Empfänger - geleisteter Zahlungen auszugehen ist. Auch für eine Schätzung der Aufwendungen nach § 184 BAO bleibt diesfalls kein Raum, weil durch eine solche Vorgangsweise das in der Erreichbarkeit einer Versteuerung geleisteter Beträge beim Zahlungsempfänger bestehende Ziel des § 162 BAO nicht erreicht würde (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , 94/13/0230).
Auf der Basis des von der belangten Behörde der Begründung des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegten Sachverhaltes, gegen welchen die Beschwerdeführerin weder eine relevante Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens noch einen das Kalkül einer Rechtswidrigkeit der Sachgrundlagenermittlung erreichenden Beweiswürdigungsfehler vorzutragen weiß, haftet der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides kein Fehler an.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am