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VwGH vom 19.10.2006, 2003/14/0098

VwGH vom 19.10.2006, 2003/14/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des MM in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Wirtschaftsprüfer in 1090 Wien, Berggasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0643-W/03, betreffend Abgabennachsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug den Antrag des Beschwerdeführers auf Abgabennachsicht im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Der Beschwerdeführer sei (außerehelicher) Sohn des Peter B, der im Alter von 39 Jahren durch einen Unfall plötzlich verstorben sei. Peter B habe wenige Jahre vorher ein Unternehmen eröffnet. Der Beschwerdeführer habe eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Die Aktiven hätten EUR 47.773,52, die Passiven EUR 38.873,25 betragen, worin Finanzschulden von EUR 27.914,76 enthalten seien. Abzüglich der Massekosten und Gebühren sei ein "Erbbetrag" von EUR 4.586,05 verblieben und auf ein Mündelgeldkonto überwiesen worden. Der übrige Nachlass sei von der Mutter übernommen worden, welche sich verpflichtet habe, die gesamten Passiven und Massekosten aus den Realisaten unter vollkommener Klag- und Schadloshaltung des minderjährigen Beschwerdeführers zu bezahlen. Somit fänden die Passiven in den der Mutter des Beschwerdeführers übertragenen Aktiven jedenfalls Deckung. Der aus der Kündigung einer Genossenschaftswohnung erzielte Finanzierungsbeitrag stelle einen "liquiditätswirksamen Betrag" dar. Somit seien die im Erbweg übernommenen Steuerschulden zusammen mit den übrigen Verbindlichkeiten in den Aktiven des Nachlasses bei weitem durch liquide Mittel gedeckt.

Das Nachsichtsansuchen sei mit der Begründung eingebracht worden, dem Beschwerdeführer einen finanziellen Rückhalt für seine Ausbildung zu schaffen. Mit diesem Vorbringen könne allerdings keine Unbilligkeit im Sinn des § 236 Abs. 1 BAO aufgezeigt werden, weil es nicht Aufgabe des Abgabengläubigers sei, einen finanziellen Rückhalt für eine Ausbildung zu schaffen und damit das wirtschaftliche Fortkommen des Beschwerdeführers durch einen Verzicht auf fällige Abgaben zu fördern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer verweist wie bereits im Verwaltungsverfahren darauf, dass sein (außerehelicher) Vater durch einen tragischen Unfall plötzlich verstorben sei und das Einkommen der Mutter lediglich S 17.000,-- pro Monat betrage, mit dem sie ihren eigenen und den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers decken müsse. Die Nachsicht sei beantragt worden, um für die zukünftige Ausbildung des Beschwerdeführers einen finanziellen Rückhalt zu haben. Die belangte Behörde gehe mit keinem Wort darauf ein, dass das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers nur durchschnittlich sei und er außer der Waisenrente und der Familienbeihilfe zu seinem Lebensunterhalt nichts weiter beitragen könne, weil er erst zehn Jahre alt sei. Die Abstattung der Abgabenschulden sei mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden, die außergewöhnlich und in den wirtschaftlichen Folgen atypisch und schwer seien. Damit sei geradezu die Lebensfähigkeit des Beschwerdeführers gefährdet. Der angefochtene Bescheid lasse jegliche Darlegungen vermissen, warum die Entrichtung der Abgabenschuld keinerlei Gefährdung seiner zukünftigen Existenz bewirke. Nach der wirtschaftlichen Entwicklung der Tätigkeit seines Vaters hätte erwartet werden können, dass der Beschwerdeführer unter besonders günstigen finanziellen Verhältnissen aufwachse.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass wegen der Kündigung der Genossenschaftswohnung der Finanzierungsbeitrag, der zur Abdeckung der Passiva dienen kann, liquid geworden sei, wird nicht mehr bekämpft.

Eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinn des § 236 BAO setzt voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen steht, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/15/0015, und vom , 94/13/0009). Wie in dem dem letztgenannten Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall sind auch hier die im Erbweg übernommenen Steuerschulden zusammen mit den übrigen Verbindlichkeiten in den Aktiven des Nachlasses gedeckt. Demnach führt der Übergang der Steuerschulden an sich nicht zu einem unverhältnismäßigen Nachteil für den Beschwerdeführer. Warum ungeachtet des Einkommens der Mutter einschließlich der Familienbeihilfe und der Waisenrente des Beschwerdeführers seine zukünftige Existenz gefährdet sein soll, wird auch in der Beschwerde nicht dargelegt. Im Ergebnis möchte der Beschwerdeführer - wie dies in der Beschwerde auch so formuliert wird - den "Unterhaltsverlust" abgegolten haben, der daraus resultiert, dass wegen des Todes seines Vaters das Familieneinkommen erheblich gesunken ist. Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass es nicht Aufgabe der Abgabennachsicht sein kann, einem Minderjährigen einen "Unterhaltsverlust" zu ersetzen. Der sozialen Absicherung von Waisen bzw. Halbwaisen dient die vom Beschwerdeführer ohnehin bezogene Waisenrente, nicht jedoch das Instrument der Abgabennachsicht. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für eine Abgabennachsicht nicht gegeben seien, kann somit in keiner Weise als rechtswidrig gesehen werden.

Daran vermögen die in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnisse vom , 90/15/0015, und vom , 92/14/0083, nichts zu ändern. Der diesen Erkenntnissen zu Grunde liegende Sachverhalt ist nicht vergleichbar und es liegt kein im letztgenannten Erkenntnis zitierter "atypischer Vermögenseingriff" vor.

Im Rahmen der Verfahrensrüge bekämpft der Beschwerdeführer zwar die Unterlassung der Vertagung der Berufungsverhandlung, legt jedoch mit dem bloßen Vorbringen, er hätte die besonderen Umstände des Falles in der Berufungsverhandlung erläutern können, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am