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VwGH vom 21.10.2003, 2003/14/0076

VwGH vom 21.10.2003, 2003/14/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der M GmbH in G, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner und Mag. Thomas Laherstorfer, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1214-L/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH war in den Streitjahren zu 100 % an dieser Gesellschaft beteiligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Jahre 1997 bis 1999 Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 Abs 1 FLAG) sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wird u. a. ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass die Vergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid sei eingewandt worden, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei weisungsfrei gewesen und sei nicht an betriebliche Ordnungsvorschriften, wie Arbeitsort und Arbeitszeit, gebunden gewesen. Es habe weder arbeits- noch sozialversicherungsrechtlich ein Dienstverhältnis bestanden. Der Geschäftsführer übe seine Funktion teilweise in seiner Wohnung aus. Für seine Außendiensttätigkeit seien ihm keine Kosten ersetzt worden. Er verwende seinen eigenen Pkw. Er habe ein Substitutionsrecht und müsse, wenn er krankheitsbedingt verhindert sei, auf eigene Kosten für eine entsprechende Ersatzarbeitskraft sorgen.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde habe der Gesellschafter-Geschäftsführer Bezüge in folgender Höhe erhalten:

1997: 612.797 S 1998: 953.502 S 1999: 2,057.500 S. Die Auszahlung sei meistens vierteljährlich erfolgt. Gemäß § 1014 ABGB sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, dem Geschäftsführer Barauslagen zu ersetzen. Der Geschäftsführer habe in seiner Einkommensteuererklärung Betriebsausgaben nur pauschal mit 6% der Einnahmen angesetzt. Aus der Beantwortung eines Fragebogens (durch den Geschäftsführer) ergebe sich, dass dieser Kosten für seinen Außendienst ersetzt erhalten habe. Beispielsweise seien im Jahr 1998 124.969 S an Kilometergeld und 28.004 S an Diäten ausbezahlt worden. Im Jahr 1997 hätten die Kilometergelder 35.153 S und die Diäten 50.340 S betragen. Nach Ansicht der belangten Behörde treffe den Geschäftsführer kein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko. Es sei nicht behauptet worden, dass die Höhe der Bezüge des Geschäftsführers vom wirtschaftlichen Erfolg der Beschwerdeführerin abhänge. Vom Gesellschafter-Geschäftsführer frei verfügte Änderungen der Höhe seiner Bezüge hätten mit dem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich sei, nichts gemein. Aus der Fragebogenbeantwortung ergebe sich, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer Kosten für eine Vertretung nicht erwachsen seien. Die Geschäftsführervergütungen seien jährlich abgerechnet und zumeist vierteljährlich ausbezahlt worden. Somit liege eine laufende Entlohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers vor. Es sei nicht entscheidend, welchem zivilrechtlichen Vertragstypus das Anstellungsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführes zuzuordnen sei. Daher sei das Vorliegen eines Werkvertrages (vom ) nicht von Bedeutung. Aus den vom Gesellschafter-Geschäftsführer zu erfüllenden Aufgaben könne dessen Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin abgeleitet werden. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spreche für eine solche Eingliederung. Die Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers weise sohin - bei Außerachtlassung der im Beschwerdefall nicht gegebenen Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass seine Einkünfte solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 seien und deshalb in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Im Erkenntnis vom , G 109/00, Slg. 16.098, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu in Auslegung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052 und 2001/14/0054).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl das oben zitierte Erkenntnis 2001/14/0052).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser zu § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Das für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Tätigwerden ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Gleiches gilt für die laufende Entlohnung. Auch wenn, wie in der Beschwerde für das Jahr 1999 aufgezeigt wird, der Gesellschafter-Geschäftsführer sein Honorar für dieses Jahr in fünf Beträgen bezogen hat, ist darin eine laufende (zumindest jährliche) Entlohnung zu erblicken.

Im Hinblick auf die Schwankungen der Bezüge des Geschäftsführers tritt die Beschwerde den Feststellungen der belangten Behörde, wonach der Geschäftsführer frei die Änderung der Bezugshöhe verfügt habe, nicht entgegen. In der Beschwerde wird ausgeführt, der Geschäftsführer habe seine Bezüge den wirtschaftlichen Ergebnissen der Beschwerdeführerin "angepasst"; dieses Vorbringen spricht nicht dagegen, dass diese "Anpassung" jeweils aus freien Stücken erfolgt ist. Im Übrigen bestand die "Anpassung" etwa darin, auch in einem Jahr, in welchem die Beschwerdeführerin einen Verlust erlitten hat, einen Geschäftsführerbezug von über 600.000 S auszuzahlen.

In der Beschwerde wird auch vorgebracht, der Gesellschafter-Geschäftsführer hafte als Bürge für die Bankschulden der Beschwerdeführerin. Hiezu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Risiko, welches der Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, der Gesellschaftersphäre zuzuordnen ist und damit kein Indiz für ein Unternehmerwagnis im Bereich der Geschäftsführungstätigkeit darstellt (vgl das hg Erkenntnis vom , 2003/14/0023).

Wenn die Beschwerde auf die Haftungen, die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften treffen können, verweist (wie Haftung nach § 9 BAO), übersieht sie, dass auch (Fremd)Geschäftsführer, welche in einem zivilrechtlichen Dienstverhältnis zur Kapitalgesellschaft stehen, von der Haftung betroffen sein können. Der aufgezeigte Umstand spricht daher nicht für ein Risiko, wie es für Unternehmer typisch ist (vgl das hg Erkenntnis vom , 2001/15/0078).

Der belangten Behörde kann sohin nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen eines relevanten Unternehmerrisikos des Gesellschafter-Geschäftsführers verneint hat.

Mit dem Vorbringen, der Gesellschafter-Geschäftsführer habe die Möglichkeit, jederzeit Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, wie Unternehmensgegenstand, Gesellschaftssitz, Firma, etc, zu ändern oder die Auflösung des Betriebes bzw der Beschwerdeführerin selbst zu beschließen, er sei unbeschränkter Machthaber und könne auch eine verschmelzende Umwandlung auf ihn als den Alleingesellschafter vornehmen, zeigt die Beschwerde ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die angeführten Umstände sind Ausfluss der (hohen) Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschwerdeführerin (im Beschwerdefall ist der Geschäftsführer Alleingesellschafter). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt aber im Rahmen der Norm des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 der Frage, in welchem Ausmaß die Beteiligung die Grenze von 25% übersteigt, keine Bedeutung zu. Die Höhe der Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers hat Bedeutung ausschließlich für die Frage, ob dieser in seinem Handeln einem fremden Willen unterworfen ist, und ist daher allein für die Frage der Weisungsunterworfenheit maßgebend, welche aber in der Beurteilung der Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG keine Rolle spielt (vgl das hg Erkenntnis vom , 2001/13/0063).

Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte "analog der Rechtsprechung der Zivilgerichte keine Dienstnehmereigenschaft" des Gesellschafter-Geschäftsführers unterstellen dürfen, geht an den Ausführungen des angefochtenen Bescheides vorbei. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid in keiner Weise von der Dienstnehmereigenschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers aus, sondern stellt vielmehr fest, dass ihm die - für die Dienstnehmereigenschaft unverzichtbare - Weisungsgebundenheit fehle. Dieser Umstand steht allerdings einer Subsumtion unter § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht entgegen.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am