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VwGH vom 16.10.1997, 97/06/0137

VwGH vom 16.10.1997, 97/06/0137

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Karl Maier, Rechtsanwalt in Knittelfeld, Kirchengasse 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 G 63 - 97/9, betreffend einen Unterlassungsauftrag in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Großlobming, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Rinderstalles erteilt; mit weiterem Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer die entsprechende Benützungsbewilligung erteilt. Im Zuge einer amtlichen Erhebung des Schweinebestandes am wurde in diesem Stall ein Schweinebestand von 40 gedeckten Muttersauen festgestellt. Der Stall befindet sich auf einer Grundfläche, die als "Freiland" gewidmet ist.

Mit Bescheid vom erteilte die Baubehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 4 des Steiermärkischen Baugesetzes (BauG) den Auftrag, die vorschriftswidrige Nutzung des mit Bescheides vom genehmigten Rinderstalles als Schweinestall zu unterlassen. Begründet wurde dies damit, daß dem Beschwerdeführer mit dem genannten Bescheid vom die Benützungsbewilligung für einen Rinderstall erteilt worden sei, im ersten Halbjahr 1996 sei jedoch, ohne ein Bewilligungsverfahren abzuwarten, die Nutzung von Rinderhaltung auf Schweinehaltung umgestellt worden. Dadurch "fühlten sich die Anrainer geruchs- und lärmbelästigt". Am sei in dem für die Rinderhaltung genehmigten Stall ein Bestand von 40 gedeckten Muttersauen festgestellt worden. Nach Hinweis auf § 19 Abs. 2 BauG führte die Behörde weiter aus, eine Baubewilligung liege nicht vor, weshalb gemäß § 41 Abs. 4 BauG die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen gewesen sei, weil eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen ohne Bewilligung vorgenommen worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, daß die betroffenen Grundstücke exakt bezeichnet wurden und dem Beschwerdeführer eine Leistungsfrist von vier Wochen erteilt wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zusammenfassend führte die Berufungsbehörde begründend aus, der Beschwerdeführer bringe in seiner Berufung vor, er habe eine Änderung der Nutzung des Stalles deshalb nicht vorgenommen, weil er schon seit einigen Jahren einen gemischten Betrieb - Milchkuhhaltung und Schweinezucht - führe. Das fragliche Stallgebäude sei im Anschluß an ein bereits bestehendes Stallgebäude errichtet und es sei lediglich der neue Gebäudeteil für die Rinderhaltung vorgesehen worden. Bereits zum Zeitpunkt der Errichtung seien im bestehenden Stall Schweine gezüchtet worden, weshalb die nunmehrige Nutzung nicht als Nutzungsänderung im Sinne des § 19 Z. 2 BauG betrachtet werden könne.

Nach Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 19 Z. 2 und 41 Abs. 4 BauG führte die Behörde aus, dem Berufungsvorbringen sei entgegenzuhalten, daß der Untersagungsauftrag zu Recht ergangen sei, weil der Auftrag den mit Benützungsbewilligung vom für die Rinderhaltung genehmigten, nachweislich aber (nunmehr) als Schweinestall vorschriftswidrig genutzten Laufstall, nicht aber den bereits bestehenden Stall (gemeint: das bereits zuvor bestandene Stallgebäude) betreffe. Der Beschwerdeführer gehe daher fehl in der Annahme, die Schweinehaltung im bereits bestehenden Stall, der nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei, berechtige ihn "auch zur Ausdehnung derselben" auf den für die Rinderhaltung genehmigten Laufstall. Inwieweit der Beschwerdeführer schon seit einigen Jahren einen gemischten Betrieb führe, sei vorliegendenfalls belanglos. Der Berufung sei daher nur teilweise Folge zu geben gewesen, nämlich insoweit, als der erstinstanzliche Bescheid keine angemessene Leistungsfrist bestimmt habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem nun angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtslage aus, die Bewilligungspflicht von Nutzungsänderungen sei schon dann zu bejahen, wenn die Nutzungsänderung von Einfluß auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Hygiene, die Sicherheit von baulichen Anlagen oder deren Teilen sein könne, diese Interessen also bloß berührt würden, möge auch in weiterer Folge eine Prüfung ergeben, daß sie diesbezüglich nicht von Einfluß sei. Es sei also die Frage der Bewilligungsfähigkeit einer baulichen Anlage nicht mit der Frage der Bewilligungspflicht zu verwechseln. Die Bewilligungspflicht sei nämlich schon dann gegeben, wenn die genannten öffentlichen Interessen auch nur berührt werden könnten, die Frage ihrer möglichen Beeinträchtigung sei erst im Baubewilligungsverfahren zu prüfen.

Dem Beschwerdeführer sei dahingehend beizupflichten, daß Nachbarn gegenüber einem im Freiland gelegenen landwirtschaftlichen Betrieb keinen Immissionsschutz besäßen. Das Steiermärkische Baugesetz enthalte nämlich kein allgemeines Immissionsverbot, sodaß eine Beschränkung der Immissionen nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung gesehen und geltend gemacht werden könne. Aus der Flächenwidmung "Freiland" sei nicht ableitbar, welche Vorschriften dem Nachbarn einen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf Beschränkung von Immissionen geben sollten. Der Beschwerdeführer übersehe aber, daß die Abstandsregelung des § 13 Abs. 12 BauG einen von der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung unabhängigen Immissionsschutz biete und § 26 Abs. 1 Z. 2 BauG ein diesbezügliches Nachbarrecht normiere.

Eine Nutzungsänderung "von Schweine- auf Rinderstall" (nach dem Zusammenhang gemeint: von Rinder- auf Schweinestall) sei schon unter Zugrundelegung der tierspezifischen Geruchsfaktoren als bewilligungspflichtig anzusehen. Diese Geruchsfaktoren seien bei Schweinen, insbesondere bei Muttersauen, um einiges höher als bei Rindern anzusetzen (Hinweis auf die "vorläufige Richtlinien zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen", verfaßt von der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Immissionen aus der Nutztierhaltung", herausgegeben vom Bundesministerium für Umwelt im Dezember 1995). Daraus ergebe sich, daß durch die vorliegende Nutzungsänderung die Möglichkeit einer Berührung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden könne, woraus sich die Bewilligungspflicht einer solchen Maßnahme ergebe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995 (in der Folge kurz: BauG), LGBl. Nr. 59, anzuwenden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid infolge unrichtiger Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 2 BauG (gemeint offenbar: § 13 Abs. 12 BauG) sowie des § 26 Abs. 1 Z. 2 BauG in seinem Recht auf Nutzung seiner Gebäude im Rahmen der landwirtschaftlichen Tierhaltung verletzt, dies ebenfalls "durch unrichtige Interpretation der Bewilligungspflicht im Sinne des § 19 Abs. 2 leg. cit.".

Unbestritten ist, daß der streitgegenständliche Stall auf Grundstücken errichtet ist, die die Flächenwidmung "Freiland" aufweisen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß diese Widmungskategorie dem Nachbarn keinen Immissionsschutz gewähre, weshalb durch die streitgegenständliche Nutzungsänderung begriffsnotwendig Nachbarrechte nicht berührt werden könnten.

Aus diesem Vorbringen ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen: Zutreffend hat sich nämlich die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 13 Abs. 12 BauG gestützt, wonach die Baubehörde größere Abstände (als sonst im § 13 normiert) vorzuschreiben hat, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten läßt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur diesbezüglich im wesentlichen vergleichbaren Bestimmung des § 4 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 ausgesprochen, daß diese einen Immissionsschutz zugunsten der Nachbarn gewähre, der unabhängig von der Flächenwidmung gegeben sei (siehe das Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0025). Nichts anderes hat in bezug auf § 13 Abs. 12 BauG zu gelten. Zutreffend hat auch die belangte Behörde darauf verwiesen, daß von einem Schweinestall andere Immissionen zu erwarten sind, als von einem Rinderstall, und somit die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Nachbarrechten (dem Nachbar kommt gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 BauG ein Mitspracherecht hinsichtlich der Abstandsbestimmungen, damit auch der Bestimmung des § 13 Abs. 12 BauG, zu) vorweg nicht ausgeschlossen werden kann. Die diesbezüglich ganz allgemein gehaltenen Ausführungen in der Beschwerde, den Verwaltungsakten seien keine Beweisergebnisse entnehmbar, die die Möglichkeit der Berührung von Nachbarrechten als gegeben erscheinen ließen, wobei der Umstand, daß in einem einstmals gemischt als Schweine- und Rinderstall genutzten Gebäude nunmehr mehr Schweine gehalten würden, auch nicht die Wahrscheinlichkeit einer Berührung von Nachbarrechten als gegeben erscheinen ließe, zeigen keine konkreten Umstände auf, weshalb eine solche Möglichkeit vorweg auszuschließen wäre (darauf kommt es an), dies abgesehen davon, daß das verfahrensgegenständliche Gebäude nur als Rinderstall (und nicht auch als Schweinestall) konsentiert ist.

Davon ausgehend, kann darin, daß die Behörden das Vorliegen einer gemäß § 19 Z. 2 BauG bewilligungspflichtigen Nutzungsänderung angenommen haben, nichts Rechtswidriges erblickt werden; ob durch die Nutzungsänderung tatsächlich Nachbarrechte beeinträchtigt werden, ist, wie die Behörden zutreffend erkannt haben, im Baubewilligungsverfahren zu prüfen, aber für die Bewilligungspflicht der Nutzungsänderung ohne Belang.

Daß davon ausgehend der Unterlassungsauftrag gemäß § 41 Abs. 4 BauG zu Unrecht ergangen wäre, wird vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet und ist auch sonst nicht erkennbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.