VwGH vom 14.12.2006, 2003/14/0022
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des GR in G, vertreten durch die Dr. Mayer GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 43, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , RV 1082/1-6/2001 und RV 1304/1-6/2002, betreffend Einkommensteuer 1999 und 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 nur teilweise, der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 zur Gänze nicht Folge.
Streitgegenständlich ist zum einen die verweigerte Anerkennung der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 und zum anderen die Versagung von Diäten für beruflich veranlasste Reisen als Werbungskosten nach § 16 EStG 1988.
Zu den geltend gemachten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer ab dem Jahr 1995 eine Gasthauseinrichtung an die D GmbH bis zur Aufhebung des Konkurses über das Vermögen dieser Gesellschaft im Jahr 1998 vermietet gehabt habe und auf Grund der Zahlungsunfähigkeit der Mieterin Mietzahlungen ausgeblieben seien. Ab der Aufhebung des Konkurses habe der Beschwerdeführer die Gasthauseinrichtung an das Ehepaar C vermietet. Insoweit könne ab 1999 eine Änderung der Bewirtschaftungsart unterstellt werden, welche nicht mehr auf die Erzielung eines Gesamtüberschusses gerichtet gewesen sei. Unter der Annahme, dass die vereinbarte Miete von jährlich S 240.000,-- bis zur Beendigung des Konkurses erzielt worden wäre und der Mietvertrag mit dem Ehepaar C vom vereinbarungsgemäß über die Laufzeit von sechs Jahren durchgeführt worden wäre und auch diese Miete eingegangen wäre, ergäbe sich ein Gesamtverlust von S 202.553,82. Dieser erhöhe sich auf S 607.496,--, wenn 56,4 % der bisher als nachträgliche Betriebsausgaben angesetzten Zinsen tatsächlich der Vermietung und Verpachtung der Gasthauseinrichtung als Werbungskosten zuzurechnen seien. Bei dieser Betrachtung seien ab 2001 nur die Einnahmen und die AfA, jedoch keine sonstigen Werbungskosten berücksichtigt worden. Diese Zahlen sprächen für die Annahme von Liebhaberei. Der Beschwerdeführer selbst habe bis zum Jahr 2000 einen Gesamtverlust von S 872.187,-- erklärt.
Im Jahr 1995 seien erstmalig Einnahmen angefallen, der Anlaufzeitraum habe daher die Jahre 1995 bis 1997 umfasst. Im Mietvertrag mit dem Ehepaar C sei ein jährlicher Mietzins von S 87.000,-- vereinbart worden. Die Vereinbarung eines Mietzinses in einer solchen Höhe, die von vornherein einen Verlust erwarten lasse, könne nicht als marktgerechtes Verhalten qualifiziert werden und spreche somit für das Vorliegen von Liebhaberei. Es seien keine Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen ersichtlich. Insbesondere der bisher erzielte Totalverlust von S 872.187,-- würde in allen überprüften Kriterien für das Vorliegen von Liebhaberei sprechen. Bei der ab 1999 geänderten Art und Weise der Bewirtschaftung der Wirtschaftsgüter könne für die Jahre 1999 und 2000 nicht vom Vorliegen einer Einkunftsquelle ausgegangen werden; der Verlust in diesen Jahren könne daher nicht mit anderen (positiven) Einkünften ausgeglichen werden.
Hinsichtlich der Reisekosten nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 führte die belangte Behörde aus, dass Aufwendungen für Gasthausverpflegung grundsätzlich zu den Kosten der Lebensführung zählten; die die Einkünfte mindernde Berücksichtigung von Verpflegungsaufwendungen finde ihre Begründung darin, dass einem Steuerpflichtigen die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen - vom Wohnort in größerer Entfernung gelegenen - Aufenthaltsort in der Regel nicht bekannt seien. Halte sich jedoch ein Steuerpflichtiger länger an einem Ort auf, seien ihm die örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten ausreichend bekannt, weshalb Verpflegungsmehraufwendungen im Weg von Tagesgeldern nicht mehr steuerlich zu berücksichtigen seien. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall gegeben, weil die Reisen immer wieder in die gleichen Orte bzw. Bezirke geführt hätten. Allein schon aus diesem Grund seien Verpflegungsmehraufwendungen für die vom Beschwerdeführer durchgeführten Reisen ("zu den genauen Daten und Reisezielen ist auf das Fahrtenbuch zu verweisen") nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Zudem sei unstrittig, dass bei keiner der beruflich veranlassten Reisen eine Nächtigung erforderlich gewesen wäre, weshalb unter Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0156, und vom , 95/14/0013, die Tagesgelder keinesfalls als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993, liegen Einkünfte bei einer Betätigung vor, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und nicht unter Abs. 2 fällt.
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass keine Betätigung ausgeübt wurde, die der Liebhabereivermutung nach § 1 Abs. 2 der genannten Verordnung unterliegt. Demnach ist das Vorliegen der in Abs. 1 beschriebenen Absicht für die in Rede stehenden Vermietungseinkünfte nach § 28 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 nach einem Zeitraum von drei Jahren ab Beginn der Betätigung unter Berücksichtigung der Verhältnisse innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse an Hand der in § 2 Abs. 1 LVO beispielhaft genannten Umstände zu beurteilen und so die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Verfolgung dieser Absicht ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Erfolg zu prüfen (Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG 1988, § 2 Tz. 14.1, unter Zitierung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , V 53/91 u.a.).
Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass unvorhersehbar eingetretene Ereignisse nicht gegen die Einkunftsquelleneigenschaft sprechen (Hofstätter/Reichel, a.a.O., § 2 Tz. 14.2). Wird eine Betätigung aufgenommen, bei welcher die objektive Ertragsfähigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen ist, und stellt sich sodann die Gewinnsituation auf Grund der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners nicht ein, so ist Liebhaberei dann nicht anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige sein Streben nach Gewinnerzielung durch eine nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen orientierte rasche Reaktion dokumentiert (vgl. Hofstätter/Reichel, a.a.O.).
Die belangte Behörde übersieht, dass der von vornherein bestehende Gesamtplan zu berücksichtigen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0191). Indem sie nicht auf einen solchen Gesamtplan der Vermietung abgestellt hat, hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Zu prüfen ist nämlich, ob der Beschwerdeführer bei Aufnahme der Tätigkeit damit rechnen konnte, den (hohen) Mietzins über einen absehbaren Zeitraum zu erzielen, sodass insgesamt ein Einkünfteüberschuss innerhalb eines absehbaren Zeitraums (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0171) zu erwarten gewesen wäre. Hätte ihm jedoch bewusst sein müssen, dass dieser Mietzins nach einigen Jahren nicht mehr erzielbar sein werde, so wäre die Gewinnerzielungsabsicht in Ansehung eines Gesamtplanes zu verneinen. Für die letztere Annahme spricht im Übrigen das Vorbringen in der Beschwerde, dass der im Jahr 1999 vereinbarte Mietzins den "maximalen ... auf dem bestehenden Markt erzielbaren" Mietzins darstelle, weil die Gasthauseinrichtung im Jahr 1999 bereits mehrere Jahre gebraucht gewesen sei und "zu diesem Zeitpunkt kein höherer Mietzins mehr lukriert" hätte werden können. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde aber auf den im neuen Mietvertrag vereinbarten, beträchtlich geminderten Mietzins abgestellt, ohne festzustellen, ob diese Mietzinsentwicklung vorhersehbar gewesen war und welche Bestimmungen über den Mietzins sowie über eine Kündigungsmöglichkeit im ersten Mietvertrag vereinbart waren. Sollte die Mietzinsentwicklung nicht vorhersehbar gewesen sein, wäre in weiterer Folge zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer getroffene Maßnahme (Abschluss des neuen Mietvertrages) eine nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen orientierte und rasche Reaktion gewesen ist.
Schon deswegen war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben und ein Eingehen auf die übrigen Beschwerdeargumente entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am