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VwGH vom 24.09.2003, 99/13/0011

VwGH vom 24.09.2003, 99/13/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Mag. Thomas in der Maur, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 8-2088/96, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die beantragte Anerkennung von mindestens achtjährig gebundenen Beträgen zur Schaffung von Wohnraum als Sonderausgaben, weil es sich bei der Gesellschaft, an welche die Beiträge gezahlt worden waren, weder um eine gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung (oder eine Gebietskörperschaft) noch um ein Unternehmen gehandelt habe, dessen Betriebsgegenstand nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum gewesen sei, die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 daher nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1115/98, ablehnte und sie mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid insbesondere in seinem in § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a und d EStG 1988 gewährleisteten Recht auf Anerkennung seiner Aufwendungen zur Wohnraumschaffung als Sonderausgaben verletzt.

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1995 mit der W GmbH einen Mietvertrag betreffend eine Wohnung, die diese mit Hilfe von Förderungsmitteln nach § 15 Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG 1989) errichtet hatte, abgeschlossen. Die Vermietung sei ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken des Mieters und seiner Mitbewohner auf unbestimmte Zeit erfolgt. Der Vermieterin komme ein Kündigungsrecht nur aus den im MRG genannten wichtigen Gründen sowie aus dem Grund der Nichteinhaltung von Bestimmungen des WWFSG 1989 zu. In dem Mietvertrag habe sich der Beschwerdeführer auch verpflichtet, einen insbesondere nach § 69 WWFSG 1989 ermittelten Finanzierungsbeitrag in Höhe von rund S 450.000,-- zu bezahlen. Die Berechnung des laufend zu entrichtenden Mietzinses habe nach §§ 62 f WWFSG 1989 zu erfolgen. Nach Ablauf der 20- jährigen Förderungsdauer sei die Vermieterin zur Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß § 18 MRG berechtigt. Den Finanzierungsbeitrag habe der Beschwerdeführer durch Eigenmittel bzw. näher angeführte Darlehen aufgebracht. Im Beschwerdefall sei die Frage wesentlich, ob die W GmbH als gemeinnütziger Bauträger im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 anzusehen sei. Dies sei nach Ansicht des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen zu bejahen: § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a und d leg. cit. sähen keine Begünstigung für den Bauträger vor, sondern stellten eine Begünstigungsvorschrift für den "eigennützigen" Wohnungswerber dar. § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 wolle verhindern, dass ein Bauträger aus der dem Wohnungswerber durch diese einkommensteuerliche Begünstigung gewährte indirekte Förderung eigenwirtschaftliche Vorteile ziehen könne. Da die §§ 34 ff BAO als materielles Recht einen Bestandteil der entsprechenden Begünstigungsbestimmungen für Körperschaften bildeten, seien alle Umstände und Tätigkeitsfelder des die Begünstigung beanspruchenden Abgabensubjekts zu berücksichtigen. Dies entspreche auch den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots. Denn unsachlich wäre es, bei der Prüfung des Vorliegens von abgabenrechtlichen Begünstigungen andere als die das zu begünstigende Ziel berührenden Aspekte mitzubetrachten. Im Fall des § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sei dieses Ziel zum einen die Berücksichtigung des dem Einkommensteuerrecht zu Grunde liegenden Prinzips der individuellen Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen bei der Abgabenbemessung auch für diese aus der privaten Lebensführung stammenden Ausgaben. Zum anderen solle verhindert werden, dass durch diese einkommensteuerrechtlich indirekte Förderung des Wohnungswerbers ein Dritter sich eigenwirtschaftliche Vorteile (Einkommen) verschaffe. Auf die Eigenschaft des Bauträgers als gemeinnützig könne es daher in § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 nur im Verhältnis zum Wohnungswerber ankommen. Sei der Bauträger bei isolierter Betrachtung des den zu fördernden Wohnungswerber betreffenden Bauvorhabens gemeinnützig, dann seien die Aufwendungen des Wohnungswerbers als Sonderausgaben abzugsfähig. Dies bedeute, dass der Begriff der Gemeinnützigkeit nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG im Verhältnis zu den §§ 34 ff BAO autonom auszulegen sei. Die besonderen Voraussetzungen des § 34 BAO für das Vorliegen der Gemeinnützigkeit müssten daher nicht erfüllt sein. Dies betreffe aus den oben genannten Gründen insbesondere die Voraussetzung der Ausschließlichkeit der Förderung gemeinnütziger Zwecke durch die Körperschaft. Im Beschwerdefall habe die W GmbH als Bauträger der gegenständlichen Mietwohnanlage Förderungsmittel nach § 15 WWFSG 1989 in Anspruch genommen. Damit habe sich die W GmbH den Regelungen des WWFSG 1989 unterworfen. Dieses Gesetz beseitige auf Förderungsdauer (im Beschwerdefall 20 Jahre) die Gewinnorientierung "vollständig". Denn gemäß den §§ 62 f WWFSG sei die Mietzinsbildung engen Grenzen unterworfen. So sei der Hauptmietzins mit S 43 pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat begrenzt. Damit lägen die im geförderten Wohnbau erzielbaren Mieteinnahmen beträchtlich unter jenen nicht dem WWFSG unterworfenen. Unbestreitbar sei, dass das WWFSG 1989 ein öffentliches Interesse, nämlich jenes an der Förderung des Wohnbaues zur Bereitstellung ausreichenden Wohnraums für die Bevölkerung, verfolge. Grundsätzlich liege in jeder Wohnbautätigkeit auch die Förderung des Gemeinwohls. Dies gelte auch für die beschwerdegegenständliche Wohnhausanlagenerrichtung durch die W GmbH nach Förderung gemäß WWFSG. Damit sei jedenfalls die objektive Voraussetzung für das Vorliegen von Gemeinnützigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 gegeben. Auf Förderungsdauer liege auch das erforderliche subjektive Element vor. Denn in diesem Zeitraum verfolge der dem Wohnungsregime des WWFSG 1989 unterworfene Bauträger in seiner Mittelverwendung keine eigenwirtschaftlichen Zwecke. Dies verhindere schon die Bindung des nach § 15 WWFSG geförderten Bauträgers an die Einhaltung der Förderungsvoraussetzungen des WWFSG (insbesondere an die Regelung der Mietzinsbildung). In diesem Zeitraum handle der Bauträger selbstlos im Sinne des § 35 BAO. Handle er nicht selbstlos, würde er die Förderungen verlieren. Dies bedeute, dass die W GmbH sowohl die objektive als auch die subjektive Voraussetzung für die Qualifikation als gemeinnützig erfülle. Sie sei daher im Beschwerdefall als gemeinnütziger Bauträger im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 anzusehen. Für die Richtigkeit der Rechtsansicht des Beschwerdeführers sprächen auch die in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof dargelegten verfassungsrechtlichen Argumente. Eine von den angeführten Argumenten abweichende Auslegung würde § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellen, da die Differenzierung zwischen gemeinnützigen Bauträgern (im Sinne der §§ 34 ff BAO) und in Einzelfällen gemeinnützig agierenden gewerblichen Bauträgern unsachlich wäre. Eine Differenzierung sei nur so lange sachlich gewesen, als die indirekte Wohnbauförderung des EStG eine "komplementäre Regelung" zur direkten Förderung nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984) gewesen sei. Das WFG 1984 fördere kurz gesagt den Bauträger, das EStG 1988 jedoch den Wohnungswerber.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 sind mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Bauträger sind - soweit dies im Beschwerdefall strittig ist - gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen. Der Beschwerdeführer stellt grundsätzlich nicht in Abrede, dass der W GmbH vor dem Hintergrund der §§ 34 ff BAO Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, nicht zukommen, weil sie die dafür normierten Voraussetzungen - insbesondere die Ausschließlichkeit der Förderung gemeinnütziger Zwecke - nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer vertritt allerdings die Ansicht, dass diese Voraussetzungen im Beschwerdefall gar nicht erfüllt sein müssten, weil § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 keine Begünstigung der betreffenden Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung, sondern eine solche für den Wohnungswerber darstelle. Auf die "Eigenschaft des Bauträgers als gemeinnützig" könne es daher in § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 nur im "Verhältnis zum Wohnungswerber" ankommen. Mit anderen Worten agiere die Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung in dem Teilbereich, in welchem sich ihre Tätigkeit auf den Wohnungswerber beziehe, "gemeinnützig", so sei die Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit entsprechend gebundener Beträge des Wohnungswerbers als Sonderausgaben erfüllt. Ein solches "gemeinnütziges" Handeln sei aber vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen des WWFSG anzunehmen, weil dieses Gesetz "auf Förderungsdauer die Gewinnorientierung" der die Förderungen dieses Gesetzes in Anspruch nehmenden Gesellschaft beseitige.

Eine solche Auslegung findet aber schon im Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 keine Deckung. Diese gesetzliche Bestimmung fordert ausdrücklich die Leistung von bestimmten Beträgen an "gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen". Als "gemeinnützig" können entsprechende Vereinigungen aber nur beurteilt werden, wenn sie insgesamt die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO erfüllen, nicht aber, wenn sie lediglich in gewissen Teilbereichen allenfalls gemeinnützig handeln und überdies nur zeitlich beschränkt auf eine "Gewinnorientierung" verzichten.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 in erster Linie eine Begünstigung für den Wohnungswerber darstellen soll. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Leistung achtjährig gebundener Beiträge eine grundsätzlich allgemeine Förderung der Wohnraumschaffung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 1576/79 zur Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 unter Berufung auf das hg Erkenntnis vom , 1304/63, Slg. Nr. 3248/F). Die Beschaffung von Wohnraum im Einzelfall wird hingegen durch die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 begünstigt, worin eine vergleichbare Beschränkung auf gemeinnützige Bauträger nicht vorgesehen ist. Die angeführte grundsätzlich allgemeine Förderung der Wohnraumschaffung soll allerdings auf gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen beschränkt bleiben. Vor diesem Hintergrund erweist sich aber die durch den Beschwerdeführer erfolgte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, wonach es auf die Eigenschaft des Bauträgers als gemeinnützig nur "im Verhältnis zum Wohnungswerber" ankommen könne, als verfehlt.

Es trifft daher auch nicht zu, dass unter den aufgezeigten Umständen eine Differenzierung zwischen gemeinnützigen Bauträgern und "in Einzelfällen" - genauer: in Teilbereichen und zeitlich beschränkt - gemeinnützig agierenden gewerblichen Bauträgern unsachlich wäre. Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf die vom Beschwerdeführer aufgezeigten - vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom im Übrigen nicht geteilten - verfassungsrechtlichen Bedenken.

Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.

Wien, am