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VwGH vom 24.01.2007, 2003/13/0138

VwGH vom 24.01.2007, 2003/13/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der N GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Kahlig und Mag. Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Siebensterngasse 42, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0157-W/02, RV/158-W/02, RV/2551-W/02, RV/1402-W/03, betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1991 bis 1996, Gewerbesteuer für 1991 bis 1993, Alkoholabgabe für 1991 und 1992 und Kapitalertragsteuer für 1991 bis 1996, zu Recht erkannt.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) wurde im Jahr 1991 gegründet und betrieb in den Streitjahren an zwei verschiedenen Standorten in Wien ab 1991 eine Bar mit Separees (R.-Bar) und ab 1992 ein Cafe (Cafe B.)

Im Zuge eines gerichtlichen Finanzstrafverfahrens gegen N.S., den im Jahr 2001 verstorbenen, in den Streitjahren aber als Geschäftsführer tätigen Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin, wurden bei Hausdurchsuchungen im November 1994 u. a. an den Betriebsstandorten der R.-Bar und des Cafe B. Unterlagen gefunden und beschlagnahmt, zu denen u.a. "Standlisten" aus dem Jahr 1994 und Kontroll- und Lieferscheinbücher eines Textilreinigungsunternehmens betreffend die für die Beschwerdeführerin gereinigte Wäsche zählten.

Eine im September 1995 begonnene und im September 1996 abgeschlossene abgabenbehördliche Prüfung bei der Beschwerdeführerin gelangte zum Ergebnis, dass die Grundaufzeichnungen, die nach Aussagen des N.S. als Tagesaufzeichnungen mittels "Standlisten" je "Schicht" sowie als Abrechnungen durch den Kellner und die Barfrau geführt worden seien, nach der Kontrolle im Unternehmen weggeworfen worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug die Umsatz- und Körperschaftsteuer für 1991 bis 1996, die Gewerbesteuer für 1991 bis 1993 und die Alkoholabgabe für 1991 und 1992 fest und zog die Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer für 1991 bis 1996 heran.

Aus dem Fehlen der erwähnten Grundaufzeichnungen für den gesamten Streitzeitraum leitete die belangte Behörde die Berechtigung zur Schätzung ab. Die von der belangten Behörde vorgenommenen Umsatzzuschätzungen gliedern sich in drei Bereiche:

Den Bar- und Getränkeumsatz in der R.-Bar, den "Separee-Umsatz" in der R.-Bar und Umsätze im Cafe B.

Zuschätzung Bar- und Getränkeumsatz in der R.-Bar:

Die belangte Behörde übernahm die von der Betriebsprüfung an Hand der aus dem Jahr 1994 stammenden Unterlagen für dieses Jahr angestellten Kalkulationen und Verprobungen, welche Abweichungen zu den erklärten Umsätzen von etwa 40 % ergaben. Diese sich für das Jahr 1994 ergebenden Abweichungen und Differenzen zu den erklärten Umsätzen könnten auf die Jahre 1991 bis 1993 mangels konkreter Hinweise und belegmäßiger Nachweise für diese Jahre nicht in gleicher Höhe übertragen werden. Da die Beschwerdeführerin für die Jahre 1991 bis 1993 jedoch ebenfalls sämtliche Grundaufzeichnungen vernichtet habe und die Geschäftsgepflogenheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit gleich geblieben seien, sei auch hinsichtlich der Umsätze der Jahre 1991 bis 1993 im Barbereich der R.-Bar von einer Umsatzverkürzung auszugehen und seien die tatsächlichen Erlöse mit einem Sicherheitszuschlag in der Höhe von 5 % zu schätzen. Für die nach dem Prüfungszeitraum gelegenen Jahre 1995 und 1996 ging die belangte Behörde von den während des Verwaltungsverfahrens auszugsweise vorgelegten "Konten aus den Buchhaltungen" sowie der "GuV-Rechnung 1996" aus.

Zuschätzung "Separee-Umsatz":

N.S. habe im Zuge seiner Aussage vom angegeben, dass für einen Gast nach "Einigung mit dem Mädchen" mit dem Kauf einer ganzen oder halben Flasche Sekt die Möglichkeit der Separee-Benutzung für eine ganze oder halbe Stunde gegeben gewesen sei. Vom näher angeführten Brutto-Entgelt hätte der Anteil "für die Mädchen" etwas mehr als die Hälfte betragen. Die Umsatzzuschätzung errechnete die belangte Behörde wie schon seinerzeit die Betriebsprüfung auf Grundlage der vorgefundenen Lieferscheinbüchern des Textilreinigungsunternehmens und der Aussage eines Angestellten dieser Wäscherei, wonach über Veranlassung durch N.S. lediglich etwa ein Sechstel bis ein Fünftel der tatsächlich gereinigten Leintücher mit Beleg verrechnet worden sei. Die tatsächlichen Beträge für die gesamte gereinigte Wäsche seien "bar" bezahlt worden. Unter der Annahme, dass ein gereinigtes Leintuch einer Separee-Benützung entspreche, gelangte die belangte Behörde zu entsprechenden Zuschätzungen für die Streitjahre 1991 bis 1994 bei den "Separee-Umsätzen" und schätzte den Durchschnitt dieser Beträge den Umsätzen für 1995 und 1996 hinzu. Dem von der Beschwerdeführerin in der Berufung vorgetragenen Einwand, es handle sich um eine selbständige Tätigkeit "der Mädchen", halte die belangte Behörde entgegen, dass einerseits sich kein "Aushang" über die Aufteilung der Leistungen in der R.-Bar befunden habe und dass andererseits das einheitliche Entgelt vom Gast im Regelfall an die Barfrau als "Organ" der Beschwerdeführerin geleistet worden sei und der Gast somit einen Vertrag allein mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen habe.

Zuschätzung Cafe B.:

Ähnlich den Bar- und Getränkeumsätzen in der R.-Bar gelangte die belangte Behörde aus den bei den Hausdurchsuchungen vorgefundenen Unterlagen im Wege einer Nachkalkulation zu einer Zuschätzung von 40 % auf die verbuchten Erlöse im Jahr 1994. Auf die Jahre 1992 und 1993 könne sie dieses Ergebnis jedoch nicht übertragen. Da aber auch die Grundaufzeichnungen dieser Jahre vernichtet worden seien, schätze die belangte Behörde die Erlöse mit einem Sicherheitszuschlag von 5 % auf die verbuchten Erlöse. Für 1995 und 1996 gehe die belangte Behörde wie bei den Bar- und Getränkeumsätzen bei der R.-Bar von den nachträglich vorgelegten Unterlagen aus.

Diese Umsatzzuschätzungen aus den drei genannten Bereichen legte die belangte Behörde der Festsetzung der Umsatzsteuer und der Alkoholabgabe zu Grunde. Bei der Festsetzung der Körperschaft- und der Gewerbesteuer berücksichtigte die belangte Behörde dazu noch einen sich bei der Zuschätzung aus der Kalkulation ergebenden höheren Wareneinsatz und höhere Anteile "der Mädchen" als zusätzliche Betriebsausgaben. Für die Jahre 1995 und 1996 berücksichtigte die belangte Behörde zusätzliche Betriebsausgaben pauschal in Höhe von 50 % der Bruttoumsatz-Zuschätzung, was annähernd dem Durchschnitt für die Jahre 1992 bis 1994 entspreche.

Die ermittelten "Umsatzkürzungen", vermindert um die jeweils zusätzlich berücksichtigten Betriebsausgaben, sah die belangte Behörde als verdeckte Ausschüttung an und bemaß danach die Kapitalertragsteuer, zu welcher sie die Beschwerdeführerin im Instanzenzug zur Haftung heranzog.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln kann, zu schätzen. Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 3 leg. cit. u.a., wenn der Abgabenpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Schätzungsberechtigung der belangten Behörde auf Grund der vorliegenden Aufzeichnungsmängel wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Die Beschwerdeführerin wendet sich jedoch dagegen, dass die Ergebnisse der Schätzung "nach oben exzessiv ausgefallen" seien. Unter Verweis auf die "Beilage 1 von 5 der Berufungsvorentscheidung" (gemeint wohl: der Berufungsentscheidung, des angefochtenen Bescheides) falle auf, dass das Jahr 1994 "eklatant" abweiche. So würden die "Umsatzschätzungen" für Barumsätze 25.700 S 1991), 90.000 S 1992), 145.000 S 1993) betragen, jedoch für das Jahr 1994 1,360.000 S ausmachen. Beim Cafe B. würden die "Umsatzschätzungen" 50.700 S 1991), 99.200 S 1992) betragen, für 1993 jedoch 585.600 S ausmachen.

Abgesehen davon, dass es sich um Umsatzzuschätzungen handelt und die Beschwerdeführerin übersieht, dass die beim Cafe B. angeführten Zahlen für die Jahre 1992 bis 1994 und nicht für die Jahre 1991 bis 1993 im angefochtenen Bescheid aufscheinen, übersieht die Beschwerdeführerin ferner, dass sich die unterschiedlichen Umsatzzuschätzungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides schlüssig dadurch ergeben, dass die höhere Umsatzzuschätzung für das Jahr 1994 aus einer erfolgten Nachkalkulation an Hand für dieses Jahr vorgefundener Unterlagen resultierte, während die belangte Behörde für die Jahre davor mangels für diese Jahre vorgefundener Unterlagen keine Nachkalkulation anstellen konnte, sondern sich mit einem Sicherheitszuschlag von 5 % auf die erklärten Umsätze begnügte. Dass die für das Jahr 1994 erfolgte Nachkalkulation unrichtig wäre, legt die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen nicht dar. Der von ihr ins Treffen geführte Gesichtspunkt einer "Kontinuität der Vorjahre" würde demnach dazu führen, dass die belangte Behörde für die Vorjahre 1991 bis 1993 einen zu geringen Sicherheitszuschlag angewandt hat, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend aufzeigt.

Zu den Umsatzzuschätzungen im Separee-Bereich trägt die Beschwerdeführerin vor, die "Aussagekraft" der "bei den Gerichtsakten erliegenden Lieferscheine" des Textilreinigungsunternehmens sei eine "überaus schwache und durch verschiedene Umstände bedingte". Mit diesen allgemeinen Formulierungen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass die aus den vorgefundenen Lieferscheinen von der belangten Behörde gezogenen Schlüsse lebensfremd wären oder gegen die Denkgesetze verstoßen würden.

Schließlich führt die Beschwerdeführerin an, bei den Separee-Umsätzen habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass "beim Verkauf in Verbindung mit Separee-Diensten" Umsätze in fremdem Namen und auf fremde Rechnung enthalten seien. Die Animierdamen hätten "entsprechend den Usancen in der Branche" die Separee-Dienste im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht, weshalb die Zurechnung zur Beschwerdeführerin zu Unrecht erfolgt sei. Solcherart macht die Beschwerdeführerin geltend, in den von der belangten Behörde den Umsätzen hinzugeschätzten Beträgen seien durchlaufende Posten (§ 4 Abs. 3 UStG 1972 und UStG 1994) enthalten.

Dazu genügt es, die Beschwerdeführerin auf die hg. Erkenntnisse vom , 2002/13/0104, vom , 2003/14/0002, und vom , 2003/15/0147, hinzuweisen, in denen der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees die Leistung des Barbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee-Besuch besteht. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die Wünsche der Gäste zu erfüllen. Bei einer solchen Fallkonstellation durfte die belangte Behörde daher unbedenklich davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich sämtlicher in der R.-Bar erbrachten Leistungen, wirtschaftlich deren Erbringerin ist und dass sie das Entgelt für sämtliche in der R.-Bar angebotenen Leistungen vereinnahmt hat. Aufwendungen, welche die Beschwerdeführerin durch "Entlohnung" der Mädchen getroffen habe, hat die belangte Behörde bei der Festsetzung der Körperschaft- und der Gewerbesteuer als zusätzliche Betriebsausgaben ohnehin berücksichtigt, wobei es dabei nicht darauf ankommt, ob "die Mädchen" ihre Leistungen der Beschwerdeführerin gegenüber als Dienstnehmerinnen oder als selbständig Tätige erbracht haben.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin unter Anführung verschiedener Daten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens geltend, es erscheine wahrscheinlich, dass sie im Zuge eines "strafferen" Berufungsverfahrens leichter und besser auf die "relevanten Informationen" hätte zurückgreifen können. "Nota bene" sei auch der Tod des N.S. letztlich der Beschwerdeführerin zur Last gefallen, weil mit ihm alle höchstpersönlichen Informationen endgültig verloren gegangen seien. Damit allein vermag die Beschwerdeführerin aber noch keinen zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensfehler aufzuzeigen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am