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VwGH vom 29.05.1995, 91/10/0227

VwGH vom 29.05.1995, 91/10/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der H-GmbH in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. Ro-367/6/1991, betreffend Versagung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom ersuchte die beschwerdeführende Partei um die naturschutzrechtliche Genehmigung der Steinbruchanlage "Werk X" auf näher bezeichneten Grundstücken der KG N, Gemeinde T.

Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) gab diesem Antrag mit Bescheid vom unter Berufung auf § 4 lit. b in Verbindung mit § 69 Abs. 10 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (NSchG), sowie § 3 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 11 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51 (GemeindeplanungsG 1982), keine Folge. Nach der Begründung wiesen die Grundstücke nicht die erforderliche Widmung "Grünland-Steinbruch" auf.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung, in der sie vorbrachte, daß eine Umwidmung der betreffenden Grundstücke angestrebt werde.

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei, das Berufungsverfahren bis zur Erledigung des Umwidmungsantrages zu unterbrechen. Mit einem weiteren Schreiben vom teilte sie mit, daß es sich nach Mitteilung der Berghauptmannschaft Klagenfurt bei dem in ihrem Betrieb abgebauten Material um einen grundeigenen mineralischen Rohstoff gemäß § 5 des Berggesetzes 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355 (BergG), nämlich um Kalkstein, handle. Die bergrechtliche Gewinnungsbewilligung gelte mit Inkrafttreten der Bergesetznovelle 1990 ex lege als erteilt; die Gewinnungsbewilligung sei an eine Flächenwidmung nicht gebunden. Das noch bekanntzugebende Abbaufeld gelte gemäß § 176 BergG als Bergbaugebiet und sei als solches im Flächenwidmungsplan auszuweisen.

Die Berghauptmannschaft Klagenfurt bestätigte mit Schreiben vom , daß die bergrechtliche Gewinnungsbewilligung mit dem Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1990 ex lege als erteilt gelte. Das der Gewinnungsbewilligung zugehörige Abbaufeld werde nach Vorlage der vorgeschriebenen Lagerungspläne der Gemeinde T zwecks Eintragung im Flächenwidmungsplan als Bergbaugebiet gemäß § 176 Abs. 1 BergG bekanntgegeben werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt. In der Begründung wurde zunächst darauf verwiesen, daß die Steinbruchanlage der beschwerdeführenden Partei nach den Bestimmungen des Landschaftsschutzgesetzes 1981 nicht bewilligt worden sei. Aufgrund der Übergangsregelungen im geltenden Naturschutzgesetz (gemeint: § 69 Abs. 10 NSchG) habe die beschwerdeführende Partei deshalb bei der BH einen Genehmigungsantrag eingebracht. Dabei sei zunächst zu prüfen, ob der Flächenwidmungsplan der Gemeinde die für die vorgesehene Nutzungsart spezifische Widmung "Grünland-Steinbruch" aufweise. Dies sei nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht der Fall. Die Gemeinde habe zwar ein Umwidmungsverfahren eingeleitet, das im gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht abgeschlossen sei. Im Hinblick auf die in § 73 AVG normierte Entscheidungspflicht habe die belangte Behörde von der derzeit gegebenen Sach- und Rechtslage auszugehen. Auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, daß das "noch bekanntzugebende" Abbaufeld gemäß § 176 BergG als Bergbaugebiet gelte und als solches im Flächenwidmungsplan auszuweisen wäre, sei zu erwidern, daß Grundstücke erst dann als Bergbaugebiete gelten würden, wenn sie als solche nach § 177 Abs. 2 leg. cit. bescheidmäßig bezeichnet worden seien. Die belangte Behörde habe somit ausschließlich auf den geltenden Flächenwidmungsplan abzustellen. Danach fehle es an der im Beschwerdefall erforderlichen spezifischen Widmung der Grundstücke.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß Maßnahmen, die der Bundeskompetenz "Bergwesen" unterliegen, unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Landschaftsschutzes einer landesrechtlichen Regelung unterworfen werden können. Der Umstand, daß ein Steinbruch dem BergG 1975 unterliegt, schließt eine naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht und damit die Zuständigkeit der Naturschutzbehörden für die Erteilung einer Bewilligung nicht aus (vgl. das zum Oberösterreichischen Naturschutzgesetz ergangene Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0437, mit weiteren Hinweisen).

Im Beschwerdefall ist zunächst von folgenden relevanten gesetzlichen Bestimmungen auszugehen:

Nach § 4 lit. b NSchG bedarf im gesamten Landesgebiet unter anderem die Anlage von Steinbrüchen einer Bewilligung.

Gemäß § 11 GemeindeplanungsG 1982 dürfen in Landesgesetzen (also etwa dem Kärntner Naturschutzgesetz) vorgesehene Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen nur erteilt werden, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Entgegen diesen Bestimmungen erlassene Bescheide sind gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. mit Nichtigkeit bedroht.

Nach § 3 Abs. 2 lit. a GemeindeplanungsG sind - von im Beschwerdefall nicht zur Anwendung kommenden Ausnahmen abgesehen - im Grünland alle Flächen gesondert festzulegen, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind, wie etwa Flächen für Steinbrüche.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß die streitgegenständlichen Grundstücke nach dem geltenden Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünland-Steinbruch" nicht aufweisen. In der Beschwerde wird allerdings die Auffassung vertreten, daß dies für das gegenständliche Verfahren keine Bedeutung habe, da die Flächen bereits ex lege als Bergbaugebiet gelten würden. Im Steinbruch der beschwerdeführenden Partei werde ein grundeigener mineralischer Rohstoff gemäß § 5 BergG in der Fassung der BergG-Novelle 1990, nämlich Kalkstein, abgebaut. Gemäß § 238 Abs. 1 BergG gelte die Gewinnungsbewilligung ex lege als erteilt. Gemäß § 238 Abs. 4 leg. cit. habe der Inhaber der Gewinnungsbewilligung der Berghauptmannschaft binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes die genaue Lage des Abbaufeldes bekanntzugeben. (Für die nach der BergG-Novelle 1990 ab dem zu den grundeigenen Mineralien zählenden Rohstoffen sei die Bekanntgabe nach § 238 Abs. 5 BergG bis vorzunehmen). Gemäß § 176 Abs. 1 BergG würden Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb der Begrenzungen von Grubenmaßen, Überscharen, Gewinnungs-, Speicher- und Abbaufeldern als Bergbaugebiete gelten. Aus diesen Bestimmungen sei somit abzuleiten, daß unabhängig davon, welche Widmung im Flächenwidmungsplan noch vorgesehen sei, bereits aufgrund der Bestimmungen des Berggesetzes die Grundstücke als Bergbaugebiete gelten würden. Die im Flächenwidmungsplan eingetragene Widmung sei daher für das gegenständliche Verfahren ohne Belang. Im übrigen habe die belangte Behörde übersehen, daß die von ihr angenommene bescheidmäßige Festlegung der betroffenen Grundstücke als Bergbaugebiete nach § 177 BergG nur für Grundstücke und Grundstücksteile AUßERHALB der Begrenzungen von Grubenmaßen, Überscharen, Gewinnungs-, Speicher- und Abbaufeldern vorgesehen sei. Eine bescheidmäßige Festlegung für die innerhalb des Abbaufeldes gelegenen Grundstücke sei daher im Beschwerdefall nicht erforderlich.

An diesem Vorbringen erweist sich - was auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift einräumt - als zutreffend, daß § 177 BergG lediglich für Grundstücke und Grundstücksteile außerhalb der Begrenzungen von Abbaufeldern Geltung hat. Nur in diesem Fall sind von der Berghauptmannschaft die Grundstücke und Grundstücksteile durch Bescheid zu bezeichnen, die als Bergbaugebiet in Betracht kommen. Für die - im Beschwerdefall - innerhalb eines Abbaufeldes gelegenen Grundstückes sind hingegen die folgenden bergrechtlichen Bestimmungen von Bedeutung:

§ 238 Abs. 1, 4 und 5 BergG idF der BergG-Novelle 1990 lautet:

"§ 238 (1) Die Gewinnungsbewilligung (§ 94 Abs. 1) gilt bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes als einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechtes für einen bestimmten nach der Tiefe nicht beschränkten, im Amtsbezirk der Berghauptmannschaft gelegenen Raum (Abbaufeld) erteilt, wenn

1. sich in diesem Raum ein erschlossenes natürliches Vorkommen grundeigener mineralischer Rohstoffe oder eine solche enthaltende erschlossene verlassene Halde oder ein erschlossener Teil davon befindet und

2. die natürliche oder juristische Person Eigentümer der Grundstücke im Abbaufeld ist oder Abbaurechte für grundeigene mineralische Rohstoffe im Abbaufeld besitzt.

...

(4) Der Inhaber der Gewinnungsbewilligung hat der Berghauptmannschaft binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes die Lage der Eckpunkte der Schnittfigur des Abbaufeldes im Projektionsniveau des Systems der Landesvermessung (§ 18 Abs. 2) in Koordinaten dieses Systems in Metern ohne Dezimalstellen unter Anschluß einer geologisch-lagerstättenkundlichen Beschreibung des erschlossenen Vorkommens, der erschlossenen Halde oder des erschlossenen Teiles davon, etwaiger Untersuchungsbefunde und Gutachten, einer von einem Ingenieurkonsulenten für Markscheidewesen oder einem verantwortlichen Markscheider (§ 160) angefertigten Lagerungskarte in dreifacher Ausfertigung - für sie gilt der § 37 sinngemäß -, eines den letzten Stand wiedergegebenen Grundbuchsauszuges, wenn der Inhaber der Gewinnungsbewilligung im Handelsregister eingetragen ist, eines den letzten Stand wiedergebenden Handelsregisterauszuges sowie bei Bestehen von Abbaurechten auch von Unterlagen hierüber bei sonstigem Erlöschen der Gewinnungsbewilligung bekanntzugeben. Sind die Erfordernisse des Abs. 1 nicht erfüllt, so hat dies die Berghauptmannschaft durch Bescheid festzustellen. Andernfalls hat die Berghauptmannschaft den Inhaber der Gewinnungsbewilligung schriftlich von deren Vormerkung (§ 208) zu verständigen.

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten für Vorkommen von mineralischen Rohstoffen, die ab dem zu den grundeigenen zählen oder schon vorher grundeigen waren, dies jedoch nicht erkannt worden ist, mit der Maßgabe sinngemäß, daß die Gewinnungsbewilligung als am erteilt gilt und die Bekanntgabe nach Abs. 4 bis zum Ablauf des vorzunehmen ist."

§ 176 Abs. 1 BergG bestimmt:

"§ 176. (1) Als Bergbaugebiet gelten Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb der Begrenzungen von Grubenmaßen, Überscharen, Gewinnungs-, Speicher und Abbaufeldern, ferner Grundstücke und Grundstücksteile außerhalb davon, wenn sie nach § 177 Abs. 2 als Bergbaugebiete bezeichnet worden sind."

Aus den wiedergegebenen Bestimmungen ergibt sich, daß als Bergbaugebiete Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb der Begrenzungen von Abbaufeldern gelten. Unabhängig von der Frage, welche Folge diese von Gesetzes wegen eintretende Geltung für den Bereich des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 hat (nach § 6 Z. 2 GemeindeplanungsG 1982 sind im Flächenwidmungsplan Flächen, für die Nutzungsbeschränkungen bestehen, wie etwa Bergbaugebiete, ersichtlich zu machen) und unabhängig von der Frage, inwiefern die nach dem Berggesetz bestehenden Berechtigungen im Rahmen des Kärntner Naturschutzgesetzes zu berücksichtigen sind, (ausdrückliche Regelungen fehlen - im Gegensatz zu anderen Naturschutzgesetzen (vgl. etwa § 2 Abs. 1 Z. 2 des NÖ NSchG) - im Tiroler NSchG; vgl. zum Berücksichtigungsprinzip ferner VfSlg. 3163, 7138 und 8831), muß jedenfalls vorerst schon im Hinblick auf die Regelung des § 176 Abs. 1 in Verbindung mit § 238 Abs. 4 BergG eine genaue Begrenzung des Abbaufeldes vorliegen. An einer solchen fehlt es jedoch im Beschwerdefall. Die beschwerdeführende Partei hat der belangten Behörde selbst mit Schreiben vom mitgeteilt, daß das Abbaufeld noch bekanntgegeben werden müßte. Vor der im Berggesetz vorgesehenen präzisen Festlegung des Abbaufeldes kann die Geltung eines Grundstückes als Bergbaugebiet im Sinne des § 176 Abs. 1 BergG jedoch nicht eintreten. Die belangte Behörde hatte daher von der im geltenden Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung der Grundstücke auszugehen.

Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß ein Recht der beschwerdeführenden Partei auf Verfahrensunterbrechung nicht besteht. Im Hinblick darauf, daß der Umwidmungsantrag die Behörde zu einer Aussetzung des naturschutzrechtlichen Verfahrens gemäß § 38 AVG nicht berechtigte, handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie über den Antrag der beschwerdeführenden Partei aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage entschieden und den Ausgang des Umwidmungsverfahrens nicht abgewartet hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Zur Klärung der im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen war die in der Beschwerde - ohne nähere Begründung - beantragte mündliche Verhandlung entbehrlich, weshalb von dieser gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen wurde.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.