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VwGH 02.12.1997, 97/05/0263

VwGH 02.12.1997, 97/05/0263

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §13 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
RS 1
Fehlt die Zustimmung des Grundeigentümers als Beleg des Bauansuchens, so hat die Baubehörde mit der Erlassung eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs 3 AVG vorzugehen (Hinweis E , 86/05/0064).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1993/06/29 93/05/0127 1
Normen
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1992/034;
BauRallg;
RS 2
Dann, wenn die gem § 63 Abs 1 lit c Wr BauO dem Ansuchen um Baubewilligung unter bestimmten Voraussetzungen anzuschließende Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens überhaupt nicht vorgelegen hat oder später weggefallen ist, wird die Zustimmung des Miteigentümers zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens, die auch im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gegeben sein muß (Hinweis Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 288).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1995/09/19 93/05/0105 1 (hier betreffend § 63 Abs 1 lit c Wr BauO idF LGBl 1992/34)
Normen
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
RS 3
Der Grund, weshalb fast alle Bauordnungen der Länder als Formerfordernis eines Bauantrages die Zustimmung des Bauwerbers fordern, liegt offenkundig einerseits darin, daß dadurch ein aufwendiges Verwaltungsverfahren bezüglich eines Vorhabens vermieden wird, das letztlich mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht realisiert werden kann. Andererseits können verschiedene Verpflichtungen, die sich an eine Baubewilligung knüpfen (zB die Verpflichtung zur Grundabtretung oder zur späteren Gehsteigherstellung), nur vom Grundeigentümer erfüllt werden (Hinweis E , und E ).
Normen
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1992/034;
BauRallg;
VwRallg;
RS 4
Aus welchen Gründen Miteigentümer ihre Zustimmung verweigern, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken (Hinweis E , 89/05/0160).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1994/08/30 92/05/0110 3 (hier betreffend § 63 Abs 1 lit c Wr BauO idF LGBl 1992/34)
Normen
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauO Wr §70 Abs1;
BauRallg;
RS 5
Die Zustimmung des Grundeigentümers iSd § 63 Abs 1 lit c Wr BauO muß, liquid nachgewiesen werden. Liquid ist ein Nachweis dann, wenn ein entsprechender Beleg vorgelegt wird, aufgrund dessen es keinesfalls fraglich sein kann, ob die Zustimmung erteilt wurde (Hinweis E , 151, 152/58, VwSlg 4894 A/1959, und E , 900/75, VwSlg 8995 A/1976). Die Nichterhebung von Einwendungen in einer mündlichen Bauverhandlung durch einen Miteigentümer kann nicht als ein solcher liquider Nachweis der Zustimmung des Miteigentümers angesehen werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1996/02/27 95/05/0052 3 (hier ohne letzten Satz)
Normen
ABGB §833;
ABGB §835;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
B-VG Art10 Abs1 Z6;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
RS 6
Das Anbringen einer Leuchtreklame an einem Haus gehört deshalb nicht zur ordentlichen Verwaltung, weil Gegenstand der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstammes iSd § 833 ABGB nur die Erhaltung der Substanz selbst und gewisse kleine Veränderungen, die der Instandsetzung der Substanz dienen, sind (Hinweis E , 1723/70, VwSlg 8094 A/1971). Mehrheitsbeschlüsse der außerordentlichen Verwaltung, welche von den überstimmten Miteigentümern gem § 835 ABGB im Gerichtswege bekämpft werden können, vermögen keinesfalls das im § 63 Abs 1 lit c Wr BauO geforderte Zustimmungserfordernis zu ersetzen. In diesem Sinne bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 63 Abs 1 lit c Wr BauO.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Reder & Handschuh Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien XVI, Thaliastraße 100, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B VIII - 9/96, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Urkunden ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Ansuchen vom , beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt am , beantragte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Anbringung einer Lichtreklame am Haus Wien 8, Hernalser Gürtel 2. Das Bauansuchen sowie der beigeschlossene Einreichplan waren nur von der Grundstücksmiteigentümerin Immotech Immobilientreuhand- und Bauträger Gesellschaft mbH unterfertigt. Die Baubehörde erster Instanz forderte hierauf die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin mit Verfahrensanordnung vom auf, den Nachweis der Zustimmung der Eigentümer der Liegenschaft Wien 8, Hernalser Gürtel 2, durch Unterfertigung der rückgemittelten drei Einreichskizzen innerhalb einer Frist von 14 Tagen nachzureichen, widrigenfalls das Bauansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin hat in der Folge die rückgemittelten Einreichpläne mit dem Hinweis, die Mehrheitseigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft Immotech Immobilientreuhand- und Bauträger Gesellschaft mbH habe das Bauansuchen unterfertigt, wieder vorgelegt, jedoch weder innerhalb der festgesetzten Frist noch bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides den geforderten Nachweis der Zustimmung der übrigen Miteigentümer erbracht. Mit Bescheid vom wurde daher das Ansuchen um Baubewilligung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde die dagegen erhobene Berufung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO genüge die bloße Zustimmung des Mehrheitseigentümers für eine positive Erledigung des Ansuchens um Baubewilligung nicht, vielmehr sei die Zustimmung aller Miteigentümer zur beantragten Bauführung erforderlich. Die Frage, ob diese Zustimmung aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden könne, sei keine Vorfrage des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/05/0169).

Mit Beschluß vom , B 2216/96-10, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und sodann die Beschwerde aufgrund des Abtretungsantrages der Beschwerdeführerin vom mit Beschluß vom , B 2216/96-13, an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin ihrem Vorbringen im Verbesserungsauftrag vom zufolge "in ihrem Recht auf Erhalt einer Baubewilligung für eine Lichtreklame bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und insbesondere auf Erhalt einer meritorischen Entscheidung gemäß § 70 Abs. 2 der Bauordnung für Wien verletzt. Darüber hinaus erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf verfassungskonforme Anwendung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen verletzt".

Die Beschwerdeführerin trägt im wesentlichen vor, Zweck der Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien sei kein anderer als der zivilrechtliche Zweck über die Verwaltung einer Liegenschaft, sodaß bei verfassungskonformer Auslegung bereits die Zustimmung der Mehrheit der Liegenschaftseigentümer für ein Bauansuchen hinreichend sei. Der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, weil der vorzitierten Bestimmung ein verfassungswidriger Inhalt beigemessen worden sei. Die Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien und insbesondere die darin enthaltene Wortfolge "(aller Miteigentümer)" sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß dadurch lediglich eine verwaltungsrechtliche Frage im Kompetenzbereich des Wiener Landesgesetzgebers zu klären sei, dieser aber nicht in den zivilrechtlichen Kompetenzbereich (Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG) eingreifen könne. Für den verwaltungsrechtlichen Zweck genüge aber ein Zustimmungserfordernis der Mehrheit der Miteigentümer.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (BO) hat der Bauwerber für das Baubewilligungsverfahren u.a. die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist, vorzulegen.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Das Fehlen des Nachweises der Zustimmung des Grundeigentümers ist gemäß § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen behebbar. Ein solcher Verbesserungsauftrag ist nur dann nicht zu erlassen, wenn ein Miteigentümer, dessen Zustimmung als Beleg des Bauansuchens vorzulegen wäre, sich gegen das Bauvorhaben ausgesprochen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/06/0043, u.a.).

§ 63 Abs. 1 lit. c BO verlangt ausdrücklich die Zustimmung aller Miteigentümer zur beantragten Bauführung, wenn der Bauwerber nicht selbst (Mit-)Eigentümer der Liegenschaft ist. Der Nachweis der Zustimmung des Grundeigentümers bzw. der Miteigentümer stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im allgemeinen nur einen Beleg des Bauansuchens dar. Wenn die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens überhaupt nicht vorgelegen hat oder später weggefallen ist, wird die Zustimmung des (Mit-)Eigentümers der Liegenschaft zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens, die auch im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gegeben sein muß (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 93/05/0105 und 93/05/0162).

Der Grund, weshalb fast alle Bauordnungen der Länder als Formerfordernis eines Bauantrages die Zustimmung des Bauwerbers fordern, liegt offenkundig einerseits darin, daß dadurch ein aufwendiges Verwaltungsverfahren bezüglich eines Vorhabens vermieden wird, das letztlich mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht realisiert werden kann. Andererseits können verschiedene Verpflichtungen, die sich an eine Baubewilligung knüpfen (wie z.B. die Verpflichtung zur Grundabtretung oder zur späteren Gehsteigherstellung), nur vom Grundeigentümer erfüllt werden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 3509/96, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0202).

Nach dem klaren Wortlaut des § 63 Abs. 1 lit. c BO wird die Zustimmung aller Miteigentümer zu einem bestimmten Bauvorhaben ohne Rücksicht auf die zivilrechtlichen Befugnisse der einzelnen Miteigentümer gefordert (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/05/0319, BauSlg. Nr. 277/1994, sowie vom , Zl. 93/05/0098). Aus welchen Gründen Miteigentümer ihre Zustimmung verweigern, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0110, BauSlg. Nr. 170/1994). Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keine nach dem Zweck und/oder dem Sinnzusammenhang des Gesetzes zu weit gefaßte Regelung hinsichtlich des Zustimmungserfordernisses "aller Miteigentümer" im § 63 Abs. 1 lit. c BO zu erblicken. Eine wie von der Beschwerdeführerin geforderte teleologische Reduktion dieser Norm dahingehend, daß die Zustimmung der Mehrheit der Liegenschaftseigentümer ausreichend sei, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil aus dem vorgenannten Zweck das Zustimmungserfordernis nach § 63 Abs. 1 lit. c BO liquid nachgewiesen werden muß, also keinesfalls mehr fraglich sein darf, ob die Zustimmung erteilt wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0052), und die Begründetheit der Verweigerung der Zustimmung der Miteigentümer keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern im Gerichtsverfahren zu klären ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0110, BauSlg. Nr. 170/1994). Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken werden - wie dies auch bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß über die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde vom , B 2216/96-10, dargelegt hat - nicht geteilt. Im hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 8.094/A, hat der Verwaltungsgerichtshof das Anbringen einer Lichtreklame der hier zu beurteilenden Art an einem Haus deshalb als nicht zur ordentlichen Verwaltung gehörig beurteilt, weil Gegenstand der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstammes im Sinne des § 833 ABGB nur die Erhaltung der Substanz selbst und gewisse kleine Veränderungen, die der Instandsetzung der Substanz dienen, sind. Mehrheitsbeschlüsse der außerordentlichen Verwaltung, welche von den überstimmten Miteigentümern gemäß § 835 ABGB im Gerichtswege bekämpft werden können, vermögen keinesfalls das im § 63 Abs. 1 lit. c BO geforderte Zustimmungserfordernis zu ersetzen.

Welche Verfahrensvorschriften von der belangten Behörde verletzt worden sein sollen, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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Normen
ABGB §833;
ABGB §835;
AVG §13 Abs3;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1992/034;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauO Wr §70 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z6;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6
Formgebrechen behebbare Baurecht
Formgebrechen behebbare Beilagen
Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den
Zivilrechtsweg VwRallg5/1
Verbesserungsauftrag Bejahung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050263.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-59725