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VwGH vom 10.10.1995, 94/11/0178

VwGH vom 10.10.1995, 94/11/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des W in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. Ib-277-96/93, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B für die Dauer von insgesamt 8 Monaten entzogen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am die Untersuchung der Atemluft auf Alkohol verweigert, indem er viermal den Alkotest zu früh abgebrochen habe ("Blaszeit zu kurz"). Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom sei ihm die Lenkerberechtigung für die Dauer von vier Wochen, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am , sohin bis zum entzogen worden.

Während des Berufungsverfahrens gegen diesen Entziehungsbescheid habe der Beschwerdeführer am neuerlich die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, indem er wiederum vier ungültige Blasversuche durchgeführt habe. Der Beschwerdeführer habe somit am 3. Juni und am Übertretungen nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen. Es lägen daher bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vor. Im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. vorzunehmenden Wertung sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1985 wegen einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden sei und daß sich in der wiederholten Begehung von Alkoholdelikten eine Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung derartiger Delikte manifestiere. Dabei falle ins Gewicht, daß er die Übertretung vom während des anhängigen Berufungsverfahrens begangen habe.

Auf Grund der beiden bestimmten Tatsachen, ihrer Wertung und des sich daraus ergebenden Rückschlusses auf die Sinnesart des Beschwerdeführers sei dessen Verkehrszuverlässigkeit zu verneinen und anzunehmen, daß er die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von acht Monaten wieder erlangen werde. Dabei sei die Zeit, in der die Lenkerberechtigung bereits vorläufig entzogen gewesen sei (3. Juni bis ), zu berücksichtigen und die weitere Entziehung von sieben Monaten ab der neuerlichen vorläufigen Abnahme des Führerscheines am zu berechnen, sodaß die Entziehungszeit am ende.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die Frist des § 75 Abs. 5 KFG 1967 mißachtet und sei erst dadurch zur Berücksichtigung des Faktums vom gelangt, ist zu entgegnen, daß der Ablauf der Entscheidungsfrist den Grund für die Stellung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 2 AVG bilden kann, für sich allein aber nicht zur Rechtswidrigkeit des nach Ablauf der Entscheidungsfrist erlassenen Bescheides führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/11/0066).

2. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe den Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens gesprengt, indem sie einen Vorfall einbezogen habe, der sich erst nach der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ereignet habe.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach in einem Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung die Berufungsbehörde alle bis zur Erlassung des Berufungsbescheides verwirklichten Sachverhaltselemente zur berücksichtigen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/11/0047). Sie kann auf Grund des von ihr zu beurteilenden Sachverhaltes die Art der Entziehungsmaßnahme zum Nachteil des Betroffenen ändern (siehe Erkenntnis vom , Zl. 90/11/0181, mwN), den Grund für die Entziehung auswechseln und den von der Erstbehörde angenommenen Entziehungsgrund (z.B. Verkehrsunzuverlässigkeit) mit anderen Tatsachen begründen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/11/0171). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung, von der abzugehen das Beschwerdevorbringen keinen Anlaß bietet, war es der belangten Behörde nicht verwehrt, auch die am begangene Übertretung als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 heranzuziehen.

3. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe bei der Erörterung des Vorfalls vom aktenwidrig angenommen, daß er gesundheitliche Gründe nicht geltend gemacht habe. Er habe in seiner Stellungnahme vom ausgeführt, daß er am die gesamte ihm zur Verfügung stehende Luft hineingeblasen habe. Die belangte Behörde hätte daher bei Beurteilung der Frage, ob er die ihm vorgeworfene Übertretung begangen habe, durch eine entsprechende medizinische Untersuchung abklären müssen, ob er tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Luft habe hineinblasen können.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer auf Grund des Vorfalles vom mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wegen der Übertetung des § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 bestraft wurde. Der Beschwerdeführer räumt in der Beschwerde selbst ein, daß dieses Straferkenntnis rechtskräftig geworden ist, sodaß bindend feststeht, daß er diese Übertretung begangen hat. Im übrigen ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich mangels Kenntnis von der Rechtskraft der Bestrafung nicht auf die bindende Wirkung des Straferkenntnisses gestützt hat, nicht unschlüssig. Da der Beschwerdeführer einen konkreten Leidenszustand, auf Grund dessen er zur Durchführung der Atemluftuntersuchung nicht in der Lage gewesen sei, nicht geltend gemacht hat, bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, ihn auf zur Zeit der Amtshandlung bestandene gesundheitliche Beeinträchtigungen untersuchen zu lassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/02/0091, und vom , Zl. 91/02/0154 und Zl. 92/02/0149).

Dasselbe gilt für die am begangene Übertretung, hinsichtlich welcher die Beschwerde kein konkretes Vorbringen enthält. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß die Rechtskraft der diesbezüglichen Bestrafung nach der Aktenlage erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nämlich mit der Erlassung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom keine Folge gegeben wurde - eingetreten ist.

4. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, daß die Dauer der Entziehungszeit von der belangten Behörde überhöht festgesetzt worden sei. Mit einer Entziehungszeit von drei Monaten hätte das Auslangen gefunden werden können.

Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Angesichts der Begehung von zwei Übertretungen gemäß § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 innerhalb von fünf Monaten und der Tatsache, daß nicht einmal das anhängige Verwaltungsstrafverfahren und das anhängige Entziehungsverfahren den Beschwerdeführer von der Begehung einer weiteren Übertretung abhalten konnten, wird der Beschwerdeführer durch die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungszeit in seinen Rechten nicht verletzt.

5. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Fundstelle(n):
IAAAE-59722