VwGH vom 24.01.2007, 2003/13/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch Mag. Gerhard Pichler, Wirtschaftsprüfer in 1210 Wien, Holzmeistergasse 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0959-W/02 und RV/0958-W/02, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1995, 1996 und 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug Umsatzsteuer der Jahre 1995, 1996 und 1998 festgesetzt und wurden dabei die von der beschwerdeführenden GmbH geltend gemachten Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Anmietung von Personenkraftwagen nicht zum Abzug zugelassen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die mit der Produktion einer Fernsehserie beauftragte Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass die angemieteten Personenkraftwagen nicht im öffentlichen Verkehr genutzt, sondern lediglich als Filmrequisite eingesetzt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe für einzelne Filmszenen "Spielautos" angemietet, die lediglich über ein "Spielkennzeichen" verfügt hätten und dazu die Ansicht vertreten, dass die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nur den öffentlichen Verkehr besteuern wolle und auch keine andere Bestimmung des Umsatzsteuergesetzes dem Vorsteuerabzug für Filmrequisiten entgegenstünde.
Dieser Ansicht sei nicht zu folgen. § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 ordne an, dass Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten. Die Fiktion, dass Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit unternehmerisch genutzten Personenkraftwagen als nicht für das Unternehmen ausgeführt gelten, bewirke den Vorsteuerausschluss gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994. Aus der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers "Personenkraftwagen als Gegenstände" von der Regelung betroffen sein sollten.
Der Begriff "Personenkraftwagen" sei aus der Terminologie des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) entnommen. In § 2 Abs. 1 Z. 5 KFG werde der Begriff "Personenkraftwagen" als Kraftwagen definiert, der nach Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 die Terminologie des KFG verwende, ergebe sich zweifelsfrei, dass es bei der Beurteilung von Kraftfahrzeugen nicht auf den Verwendungszweck im Einzelfall, sondern auf den Zweck ankomme, dem das Kraftfahrzeug nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und im Allgemeinen zu dienen bestimmt sei. Solcherart bleibe kein Raum für eine Gesetzesauslegung, nach der der Vorsteuerausschluss nur für jene Personenkraftwagen eintrete, die zur Teilnahme am Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen seien. Der Vorsteuerausschluss bestehe generell und unabhängig von der Verwendung der Personenkraftwagen im Unternehmen. Unter die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 falle damit jedes unternehmerisch genutzte Fahrzeug, das nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart dem Begriff "Personenkraftwagen" im Sinne des KFG entspreche und auf das nicht eine der Ausnahmebestimmungen zutreffe.
In der Beschwerde wird vorgebracht, Personenkraftwagen seien nur dann angemietet worden, wenn das Drehbuch entsprechende Szenen vorgesehen habe. Zum Teil habe es sich auch um "Spezialfahrzeuge (z.B. Oldtimer)" gehandelt. Die Fahrzeuge seien nur im Rahmen der Dreharbeiten auf den vorgesehenen Drehplätzen eingesetzt worden. Die Benützung öffentlicher Straßen sei nicht erfolgt und sei mangels amtlichen Kennzeichens auch gar nicht möglich gewesen. Damit liege keine Anmietung von Personenkraftwagen im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt.
§ 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 sieht demnach für bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten Kraftfahrzeugen einen Ausschluss des Vorsteuerabzuges vor. Die genannte Gesetzesbestimmung wurde unverändert aus der bis zum Beitritt Österreichs zur EU (am ) geltenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 (in der Fassung BGBl. Nr. 410/1988) übernommen.
Nicht unter den Vorsteuerausschluss fallen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
Auch die Beschwerde behauptet nicht, dass im gegenständlichen Fall einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände erfüllt wäre. Die Beschwerdeführerin vertritt vielmehr die Ansicht, dass die von ihr angemieteten Fahrzeuge nicht als Personenkraftwagen anzusehen seien, weil sie lediglich als Filmrequisiten verwendet und nicht auf Straßen mit öffentlichen Verkehr eingesetzt worden seien. Im Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , 20 1711/7-IV/9/97, werde erläutert, dass ein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Personenkraftwagen zustehe, wenn das Fahrzeug Betriebsmittel sei, aus dessen Einsatz unmittelbar Umsätze erzielt würden. Beim Einsatz als Filmrequisite treffe dies zu.
Dieses Vorbringen lässt außer Acht, dass es nach ständiger - auf die Verkehrsauffassung abstellender - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf den Verwendungszweck des Kraftfahrzeuges im Einzelfall, sondern auf den Zweck ankommt, dem das Kraftfahrzeug nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein zu dienen bestimmt ist (vgl. zusammenfassend Ruppe, UStG3, Tz. 130 und 131 zu § 12). Erlässe stellen - abgesehen davon, dass der von der Beschwerdeführerin zitierte Erlass einen anderen Sachverhalt betrifft - keine für den Verwaltungsgerichtshof bindende Rechtsquelle dar. Dass die von der Beschwerdeführerin angemieteten Kraftfahrzeuge auf Grund ihrer Beschaffenheit und Bauart nicht zur Personenbeförderung bestimmt gewesen wären, wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Auch mit dem Beschwerdehinweis, teilweise seien "Spezialfahrzeuge (z.B. Oldtimer)" angemietet worden, wird ein solcher Umstand nicht aufgezeigt. Die fehlende Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen steht dem gegenständlichen Vorsteuerausschluss gleichfalls nicht entgegen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2004/15/0072, das Motorräder betrifft, die von einem Zeitschriftenverlag lediglich zu Testzwecken angeschafft wurden).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelingt es der Rüge, die belangte Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht festgestellt, weil sie vom Rechnungstext "Leihgebühren für Personenkraftwagen" ausgegangen sei und den genauen Leistungsinhalt bzw. die Verwendung der eingesetzten Fahrzeuge nicht näher geprüft habe, nicht, die für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof erforderliche Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels darzulegen.
Soweit die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Vorsteuerausschluss einen Verstoß gegen die
6. Mehrwertsteuerrichtlinie sieht und die Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH anregt, genügt es darauf hinzuweisen, dass die genannte Richtlinie den Mitgliedstaaten gemäß Art. 17 Abs. 6 das Recht einräumt, Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug beizubehalten, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Richtlinie - das ist für Österreich der Zeitpunkt des EG-Beitritts - bereits bestanden. Das gilt auch für unternehmerisch genutzte Kraftfahrzeuge, selbst wenn sie unentbehrliche Arbeitsgeräte ("Betriebsmittel") sind und eine private Nutzung nicht in Betracht kommt (vgl. , Slg I-6671).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am