VwGH 03.09.2008, 2003/13/0069
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die Beschwerdeführerin war seit Organträger u.a. einer Organgesellschaft, der am von einer nicht im Organverbund stehenden Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin eine (in der Folge aufgestockte) "Barvorlage" gewährt wurde. Am trat an die Stelle der bisherigen Gläubigerin eine Organgesellschaft der Beschwerdeführerin als neue Gläubigerin. Eine "nennenswerte Reduktion" der Schuld erfolgte bis zum Jahresende 1993 nicht. Nach dem Erkenntnis vom , 94/14/0128, hat die Ertragsermittlung für Organträger und Organ gesondert (getrennt) zu erfolgen, dies nur mit der Besonderheit, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen diesen beiden als innerbetriebliche Vorgänge gelten und daher außer Betracht bleiben, eine doppelte Erfassung desselben Betrages sowohl bei der Unter- als bei der Obergesellschaft also auszuschließen ist. Gelten die Geschäftsbeziehungen zwischen den durch die Organschaft verbundenen Unternehmen - hier: zwischen zwei Organgesellschaften - als "innerbetriebliche Vorgänge", was keine Bejahung der "Filialtheorie" bedeutet (Hinweis E , 94/14/0128), so kommt die Annahme eines "einheitlichen Dauerschuldverhältnisses" unter Einschluss eines solchen zwischen zwei Organgesellschaften nicht in Frage. Die erwähnte "Besonderheit" - die sich unmittelbar aus der im Gesetz verankerten Fiktion ableitet - hat für den vorliegenden Fall zur Folge, dass unter dem Gesichtspunkt des § 7 Z 1 GewStG nur das Schuldverhältnis bis zum in Betracht zu ziehen ist. Auf die Beurteilung der Aufeinanderfolge eines Schuldverhältnisses und eines innerbetrieblichen Vorganges sind die Kriterien für die Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Schuldverhältnisse im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, auf die sich die belangte Behörde u.a. berufen hat, nicht übertragbar. Für den Standpunkt der belangten Behörde ist daher auch aus dem von ihr dazu zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/13/0231, nichts zu gewinnen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der O in W, vertreten durch Dkfm. Dr. Wilfried Schlick, Wirtschaftsprüfer in 1170 Wien, Oberwiedenstraße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1069-W/2002, betreffend Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1991 und 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit Organträger u. a. einer Organgesellschaft, der am von einer nicht im Organverbund stehenden Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin eine (in der Folge aufgestockte) "Barvorlage" gewährt wurde. Am trat an die Stelle der bisherigen Gläubigerin eine Organgesellschaft der Beschwerdeführerin als neue Gläubigerin. Eine "nennenswerte Reduktion" der Schuld erfolgte bis zum Jahresende 1993 nicht.
Der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für die Jahre 1991 und 1992 legte das Finanzamt mit (endgültigen) Bescheiden vom durch Verweisung auf die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung - d.h. im Wesentlichen auf Tz 23 der in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom enthaltenen Prüfungsfeststellungen - die Rechtsansicht zugrunde, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die "Qualifizierung als Dauerschuld losgelöst von der Frage der Eingebundenheit in das Organschaftsverhältnis ab zu beurteilen". Für den Zeitraum vom bis zum seien daher - ungeachtet des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstandes, dass dieser Zeitraum weniger als ein Jahr betragen habe - gemäß § 7 Z 1 GewStG Dauerschuldzinsen hinzuzurechnen.
In ihrer Berufung gegen diese Bescheide wandte sich die Beschwerdeführerin (unter Verweisung auf eine Berufung gegen vorläufige Bescheide vom ) gegen die Ansicht, der Fortbestand der Schuld nach dem - nunmehr aber gegenüber einer anderen Organgesellschaft, sodass weitere Zinsen auch nach Meinung des Finanzamtes nicht hinzuzurechnen seien - verleihe dem bis dahin bestandenen Schuldverhältnis den Charakter einer Dauerschuld.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie begründete dies - zusammengefasst - damit, dass für das innerorganschaftliche Schuldverhältnis selbst zwar keine Zinsenhinzurechnung erfolge, das Vorliegen der gewerbesteuerlichen Organschaft aber einer "wirtschaftlichen Betrachtungsweise in dem Sinne, dass für die Prüfung, ob insgesamt gesehen eine Dauerschuld gegeben ist, das innerorganschaftliche Schuldverhältnis mit einem vororganschaftlichen Schuldverhältnis zusammengerechnet wird", nicht entgegenstehe. Lediglich zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen unterblieben "rechnerisch Hinzurechnungen von Dauerschuldzinsen auf Ebene der schuldnerischen Organgesellschaft". Insoweit die Berufung mit einer "wirtschaftlichen Einheit" des Organkreises argumentiere, liege ihr die von der Judikatur abgelehnte "Filialtheorie" zugrunde:
"Die Ansicht der Bw., ein innerorganschaftlicher Kredit an eine Organgesellschaft verstärke aufgrund einer 'wirtschaftlichen Einheit' von Organ und Organträger das Betriebskapital des Organträgers, sodass eine gewerbesteuerlich relevante Dauerschuld gar nicht entstehen kann, erweist sich somit ebenfalls als unzutreffend.
Vielmehr bleibt - ungeachtet des Vorliegens einer Organschaft - einer Organgesellschaft durch die Gewährung eines Darlehens (hier: einer Barvorlage) seitens einer Organschwestergesellschaft eine anderweitige Kreditaufnahme erspart, sodass das organschaftliche Darlehen (hier: die Barvorlage) unmittelbar das Betriebskapital der schuldnerischen Organgesellschaft verstärkt. Hingegen widerspräche es der kaufmännischen Erfahrung, anzunehmen, dass anstelle des Betriebskapitales des Organs das Betriebskapital gerade derjenigen Gesellschaft, welche sich Teilen des eigenen Betriebskapitals begibt, verstärkt würde.
Die gegenständliche Barvorlage der OG 2 (als neue Gläubigerin in das Schuldverhältnis eingetretenen Organgesellschaft) an die OG 1 (die Barvorlage in Anspruch nehmende Organgesellschaft) stellte somit in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zusammen (zu ergänzen: mit) der Barvorlage der A-GmbH (nicht im Organverbund stehende Tochtergesellschaft) ein einheitliches Dauerschuldverhältnis dar, sodass die aus letzterer Barvorlage resultierenden Zinsen bei der OG 1 mit den von der Betriebsprüfung ermittelten Beträgen gemäß § 7 Z 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen waren."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Gewerbesteuergesetz 1953 (GewStG) in der hier maßgeblichen Letztfassung vor dem werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb u.a. Zinsen für Dauerschulden, worunter Schulden zu verstehen sind, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitales dienen, nach Maßgabe im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommender Einschränkungen hinzugerechnet.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 leg. cit. gilt als Gewerbebetrieb u. a. die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften. Ist ein solches Unternehmen dem Willen eines anderen inländischen Unternehmens derart untergeordnet, dass es keinen eigenen Willen hat, "so gilt es als Betriebsstätte dieses Unternehmens". Das Vorliegen eines solchen Organschaftsverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und sowohl der die "Barvorlage" in Anspruch nehmenden als auch der als neue Gläubigerin in das Schuldverhältnis eingetretenen Kapitalgesellschaft andererseits ist im vorliegenden Fall nicht strittig.
In dem Erkenntnis vom , Zl. 94/14/0128, auf das sich sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführerin berufen, hat der Verwaltungsgerichtshof u. a. ausgeführt:
"Der Verwaltungsgerichtshof ist bereits mehrfach davon ausgegangen, daß die Organgesellschaft im Rahmen der Gewerbesteuer ihre Eigenschaft als Steuersubjekt nicht verliert (vgl. Erkenntnis vom , 89/14/0021, ÖStZB 1993, 217, Erkenntnis vom , 91/13/0228, ÖStZB 1994, 184). Die sogenannte Filialtheorie (vgl. hiezu Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz 1953, Tz 236 f zu § 1 Abs 2 Organschaft) wird vom Verwaltungsgerichtshof daher nicht vertreten. Lediglich die Vorschreibung der Gewerbesteuer erfolgt gegenüber dem Organträger, dieser ist also Steuerschuldner.
Die Ertragsermittlung hat für Organträger und Organ gesondert (getrennt) zu erfolgen, dies nur mit der Besonderheit, daß die Geschäftsbeziehungen zwischen diesen beiden als innerbetriebliche Vorgänge gelten und daher außer Betracht bleiben, eine doppelte Erfassung desselben Betrages sowohl bei der Unter- als bei der Obergesellschaft also auszuschließen ist."
Gelten die Geschäftsbeziehungen zwischen den durch die Organschaft verbundenen Unternehmen - hier: zwischen zwei Organgesellschaften - als "innerbetriebliche Vorgänge", was nach den zitierten Ausführungen keine Bejahung der "Filialtheorie" bedeutet, so kommt die Annahme eines "einheitlichen Dauerschuldverhältnisses" unter Einschluss eines solchen zwischen zwei Organgesellschaften nicht in Frage. Die erwähnte "Besonderheit" - die sich unmittelbar aus der im Gesetz verankerten Fiktion ableitet - hat für den vorliegenden Fall zur Folge, dass unter dem Gesichtspunkt des § 7 Abs. 1 Z 1 GewStG nur das Schuldverhältnis bis zum in Betracht zu ziehen ist. Auf die Beurteilung der Aufeinanderfolge eines Schuldverhältnisses und eines innerbetrieblichen Vorganges sind die Kriterien für die Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Schuldverhältnisse im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, auf die sich die belangte Behörde u.a. berufen hat, nicht übertragbar. Für den Standpunkt der belangten Behörde ist daher auch aus dem von ihr dazu zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/13/0231, nichts zu gewinnen.
Gründe dafür, weshalb auch ohne Zusammenrechnung mit dem Schuldverhältnis zwischen den Organgesellschaften von einer Dauerschuld auszugehen sei, führt die belangte Behörde nicht an.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2008:2003130069.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-59684