VwGH vom 15.12.2004, 2003/13/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der "W Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2240- W/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für das Jahr 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Den Gegenstand des Beschwerdefalles bildet die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Vergütungen, die dem zu 70 % an der beschwerdeführenden Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer für das Jahr 1998 gewährt wurden. Strittig ist die Frage, ob die vom Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Tätigkeit bezogenen Vergütungen rechtlich als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu qualifizieren sind.
Sachverhaltsbezogen ist dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, der Gesellschafter-Geschäftsführer habe in den Jahren 1996 bis 2000 jeweils jährliche Vergütungen in Höhe von 1,680.000 S erhalten. Nach dem Anstellungsvertrag vom sei er für die Lenkung und Überwachung des Unternehmens voll verantwortlich gewesen. Der Geschäftsführer habe die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Beschwerdeführerin zu besorgen und insbesondere strategische Entscheidungen zu treffen gehabt. Solcherart stehe die Erbringung der persönlichen Arbeitsleistung und nicht das Erbringen eines bestimmten Arbeitserfolges im Vordergrund seiner Tätigkeit. Die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin ergebe sich schon daraus, dass eine juristische Person nur durch das Tätigwerden des Geschäftsführers selbst handlungsfähig sei. Daran könne auch eine weitgehende Delegierung der Befugnisse nichts ändern. Den Alleingeschäftsführer treffe angesichts der über Jahre gleichmäßigen Entlohnung auch kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko. Ein ins Gewicht fallendes ausgabenseitiges Unternehmerrisiko sei gleichfalls nicht hervorgekommen.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus seiner Geschäftsführertätigkeit somit Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es entspreche dem GmbHG, dass eine GmbH (nur) einen Geschäftsführer habe. Dies bedeute aber keineswegs, dass der einzige Geschäftsführer einer GmbH nahezu notwendigerweise in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert sein müsse. Dies zeige auch das Beispiel des Notgeschäftsführers gemäß § 15a Abs. 1 GmbHG. Werde beispielsweise ein "aktiver Rechtsanwalt" als Notgeschäftsführer bestellt und betreibe er die Geschäftsführung von seiner Anwaltskanzlei aus, könne von einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der GmbH wohl nicht ernstlich gesprochen werden. Im Beschwerdefall sei eine weitgehende Delegierung der Aufgaben im operativen Bereich erfolgt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer beschränke sich auf die Fällung strategischer Entscheidungen. Er müsse seine Tätigkeit nicht an einem von der Beschwerdeführerin festgelegten Ort verrichten und habe ohne rechtliche Sanktion jederzeit die Möglichkeit, "seine Tätigkeit zurückzulegen". Auch gehe der Geschäftsführer einer "großen Anzahl anderer Beschäftigungen" nach.
Die rechtlichen Voraussetzungen der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, klargestellt. Nach den Entscheidungsgründen des genannten Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, kommt bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zu, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Erkenntnis unter Hinweis auf seine Vorjudikatur weiter ausgeführt hat, wird von einer Eingliederung jedoch in aller Regel auszugehen sein, weil dieses Merkmal bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt wird, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird. Unerheblich ist dabei, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist.
Vor dem Hintergrund des funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist den im Beschwerdefall ins Treffen geführten Sachverhaltskomponenten, wie etwa der nicht erforderlichen Anwesenheit des Gesellschafters in den Betriebsräumlichkeiten der Gesellschaft, dem Fehlen eines festen Arbeitsplatzes oder einer festen Arbeitszeit keine Bedeutung zuzubilligen. Auch steht es der Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht entgegen, wenn der Geschäftsführer die Tätigkeit für das Unternehmen nicht in Räumlichkeiten der Gesellschaft verrichtet und auch für andere Kapitalgesellschaften tätig wird.
Von der Tätigkeit eines Notgeschäftsführers unterscheidet sich der vorliegende Fall bereits dadurch, dass die gegenständliche Tätigkeit auf Dauer angelegt ist, während die gerichtliche Bestellung eines Geschäftsführers gemäß § 15a Abs. 1 GmbHG dazu dient, in dringenden Fällen die Handlungsfähigkeit der GmbH so lange wieder herzustellen, bis die Gesellschaft selbst für die erforderliche Geschäftsführerbestellung Sorge trägt.
Dass die zur Erhebung der Kommunalsteuer berufene Abgabenbehörde zu einer abweichenden Rechtsansicht gelangt war, ist ohne Bedeutung, weil gemeindebehördliche Kommunalsteuerbescheide für die Beurteilung der Dienstgeberbeitragspflicht gewährter Vergütungen durch die Abgabenbehörden des Bundes keine Bindungswirkung entfalten, was umgekehrt in gleicher Weise zutrifft.
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Rechtslage kommt auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe keine ausreichenden Feststellungen über die "Intensität" der Tätigkeit der Geschäftsführers und deren Bedeutung für das betriebliche Geschehen getroffen, keine Berechtigung zu.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am