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VwGH vom 22.03.1993, 91/10/0094

VwGH vom 22.03.1993, 91/10/0094

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-12.157/3, betreffend Übertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Straferkenntnis des Stadtmagistrates Innsbruck vom wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der A-Gesellschaft mbH (im folgenden: GmbH) zur Last gelegt, er habe es unterlassen, für die Errichtung einer Mischgut- und Bitumenaufbereitungsanlage die hiefür notwendige naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zu erwirken. Wegen Übertretung nach § 38 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom wies die Tiroler Landesregierung diese Berufung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides gehe aus einer im Berufungsverfahren vorgelegten Erklärung des Ing. F hervor, dieser sei von der GmbH für das Bauvorhaben A 13 Brennerautobahn, Herstellung eines lärmmindernden Drainasphaltes auf der A 13 von km 0,0 bis 5,0 sowie 17,5 bis 22,7 auf beiden Richtungsfahrbahnen zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden und es sei ihm als verantwortlichen Beauftragten oblegen, dafür zu sorgen, die bei der Ausführung des Bauvorhabens und der Herstellung der Baustelleneinrichtung zu beachtenden Verwaltungsvorschriften einzuhalten. Diese Erklärung sei mit datiert und in Salzburg ausgestellt worden. Die dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei in der Zeit zwischen 15. März und im Gemeindegebiet von Innsbruck begangen worden. In der Erklärung komme wohl zum Ausdruck, daß Ing. F schon vor dem als Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, jedoch fehle hiefür jeglicher Beweis in Form einer Urkunde. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten sei aber nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Übertretung, somit hier vor dem , stammender - Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten einlange. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis könne aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden gewesen sei (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage usw.).

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach der Beschwerdebegründung sei dem § 9 Abs. 4 VStG lediglich zu entnehmen, daß die Person, die zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden solle, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt habe. "Nachweislich" könne nur bedeuten, daß die Zustimmung in einer Form erfolge, die nachgewiesen werden könne. In den EB zur RV betreffend die VStG-Novelle BGBl. Nr. 176/1983 (1074 BlgNR 14. GP, 11) heiße es, § 9 Abs. 4 VStG solle sicherstellen, daß der verantwortliche Beauftragte seiner Bestellung zugestimmt haben müsse. Der Gesetzgeber habe daher lediglich eine Beweislastzuweisung, nicht aber etwa eine Einschränkung der Beweismittel auf solche, die bereits vor einem bestimmten Zeitpunkt (dem Tatzeitpunkt) vorgelegen seien, beabsichtigt. Im Verwaltungsstrafrecht gelte der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Es sei der belangten Behörde zuzugeben, daß zur Frage des Zeitpunktes der Zustimmung zur Übernahme der Verantwortung ein Beweismittel aus der Zeit vor Begehung der Verwaltungsübertretung möglicherweise eine höhere Beweiskraft habe als eine im Nachhinein angefertigte Urkunde oder eine erst im Zuge des Strafverfahrens abgelegte Zeugenaussage. Eine solche erst im Nachhinein angefertigte Urkunde oder abgelegte Zeugenaussage jedoch als Beweismittel überhaupt nicht zu beachten, bedeute nichts anderes als eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung. Dies widerspreche auch dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel.

Die belangte Behörde hätte daher die in der Berufung angebotenen Beweismittel (vorgelegte schriftliche Bestätigung des Ing. F, Einvernahme des Ing. F als Zeuge und Einsichtnahme in den Akt des Stadtsmagistrates Innsbruck Zl. I-5630/1990) aufnehmen und auf Grund der erzielten Beweisergebnisse entscheiden müssen, ob die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wirksam vor Begehung der Tat erfolgt sei. Die belangte Behörde habe dies, gestützt auf eine unzutreffende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zu Unrecht unterlassen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 9 Abs. 2 und 4 VStG lautet auszugsweise:

"(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt ..., aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse eines verstärkten Senates vom , Zlen. 86/18/0073 und 86/18/0077, Slg. N.F. Nr. 12375/A) wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zwar erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird, und tritt erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen; der als Beschuldigter verfolgte, zur Vertretung nach außen Berufene kann sich aber dann auf einen an seiner Stelle verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem ausführlich begründeten Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0084, dargetan hat, bedeutet "nachweislich" im § 9 Abs. 4 VStG nicht "nachweisbar" (im Sinne von "einem Beweis zugänglich"), sondern "durch Nachweis bestätigt, belegt"; im Zusammenhang mit dem Zustimmungserfordernis des verantwortlichen Beauftragten komme dadurch zum Ausdruck, daß die Zustimmung zur Bestellung schon vor der Tat belegbar (d.h. durch ein präsentes Beweismittel) erteilt und nicht bloß im nachhinein bewiesen werden müsse. Auch hat der Gerichtshof in diesem Erkenntnis weiters ausgeführt, § 46 AVG stehe der Aufstellung von Beweisregeln durch die Behörde, nicht aber etwa der Aufstellung einer gesetzlichen Beweisregel entgegen, was jedenfalls für die Aufstellung einer solchen Regel im Verwaltungsstrafgesetz zutrifft (vgl. aus jüngster Zeit zB auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0467).

2.2.2. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt es zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht, wenn sich der - diesbezüglich beweispflichtige (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/10/0115 = ZfVB 1985/3/1135) - Beschuldigte etwa auf die erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten oder seine Parteienvernehmung beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/08/0306 = ZfVB 1989/2/580, und vom , Zl. 86/17/0055).

Die diesbezügliche Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ist daher nicht zielführend. Ins Leere geht nach dem bisher Ausgeführten auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die (unbestritten in der Zeit nach Begehung der Straftat abgegebene) schriftliche Erklärung des Ing. F als taugliches Beweismittel für die Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf den verantwortlichen Beauftragten behandeln und würdigen müssen.

Dem Beschwerdevorwurf schließlich, die belangte Behörde habe entgegen dem in der Berufung gestellten Beweisantrag nicht in den Akt des Stadtmagistrates Innsbruck zu Zl. I-5630/1990 Einsicht genommen, könnte dann Berechtigung zukommen, wenn das Beweisanbot so zu verstehen gewesen wäre, daß sich in diesem Verwaltungsakt ein aus der Zeit vor Begehung der Straftat zustande gekommenes Beweismittel über die Bestellung des Ing. F zum verantwortlichen Beauftragten befinde. Eine solche Behauptung hat der Beschwerdeführer freilich nicht aufgestellt. Tatsächlich enthält der vom Verwaltungsgerichtshof vorsorglich beigeschaffte Verwaltungsakt zur genannten Zahl auch kein Beweismittel dieser Art. Der geltend gemachten Verfahrensrechtsverletzung mangelt daher jedenfalls die Relevanz.

2.3. Insofern in der Beschwerde Mängel des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens (behauptete Nichtbehandlung des Fristerstreckungsantrages zur Abgabe einer Rechtfertigung) geltend gemacht werden, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß er in der Berufung Gelegenheit zur Stellungnahme hatte und davon auch Gebrauch gemacht hat. Im Hinblick auf die damit eingetretene Sanierung dieser behaupteten erstinstanzlichen Verfahrensmängel erweist sich auch diese Beschwerdeeinwendung als nicht berechtigt (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0010, Punkt 9).

2.4. Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.