VwGH vom 29.09.1999, 99/12/0136
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der Personalkommission der Geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Salzburg, vertreten durch Dr. Dietmar Jahnel, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom , Zl. 34.150/3-I/B/4/99, betreffend die Aufhebung des Beschlusses der beschwerdeführenden Partei vom iA eines Besetzungsvorschlages, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Universität Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschluss der Beschwerdeführerin vom zur Besetzung der Stelle "eines/einer Universitätsassistenten/in" am Institut für Germanistik der Universität Salzburg gemäß § 5 Abs. 4 und 5 lit. c UOG, in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Frauenförderungsplanes im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, BGBl. Nr. 22/1995" (richtig wohl: 229/1995), aufgehoben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Ausschreibung der verfahrensgegenständlichen Planstelle sei am mit folgendem Text erfolgt:
"Am Institut für Germanistik ist ab die Planstelle eines Universitätsassistenten mit einem/einer Universitätsassistenten/in zu besetzen. Anstellungsvoraussetzung ist das abgeschlossene Studium der Germanistik. Erwünscht wird eine Diplomarbeit bzw. Dissertation aus dem Fachgebiet 'Ältere deutsche Literatur'. Die Dienstpflichten umfassen Forschung, Lehre und Verwaltung. Erwartet wird die Mitwirkung an editionswissenschaftlichen Forschungsprojekten des Wirkungsbereiches. Wissenschaftliches Interesse oder Erfahrung auf dem Gebiet der Vergleichenden Literaturwissenschaft (Mittelalter) ist erwünscht."
Nach Ablauf der Bewerbungsfrist seien fünf Bewerbungen eingelangt.
In der Sitzung der Institutskonferenz des Instituts für Germanistik am sei folgender Besetzungsvorschlag beschlossen worden:
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1. | Mag. Dr. Manfred Kern (Anmerkung: ein 1968 geborener Mann; dieser wird in der Folge als "Erstgereihter" bezeichnet). | |||||||||
2. | Dr. Margarete Springeth (eine am geborene Frau; diese wird in der Folge als "Zweitgereihte" bezeichnet) | |||||||||
3. | Dr. Maria Dorninger (eine 1959 geborene Frau). |
Mit Schreiben vom habe der Institutsvorstand diesen Besetzungsvorschlag an den Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät übermittelt.
Gegen den am gefassten Beschluss der Beschwerdeführerin, diese Assistentenstelle mit dem Erstgereihten zu besetzen (gemeint: einen entsprechenden Besetzungsvorschlag zu erstatten), sei vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen dieser Universität Einspruch erhoben worden.
Gegen den Beharrungsbeschluss der beschwerdeführenden Kommission vom (Anmerkung: dieser wurde mit dem angefochtenen Bescheid behoben) sei vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen mit Schriftsatz vom fristgerecht Aufsichtsbeschwerde gemäß § 106a UOG erhoben worden.
Nach Darstellung des Verfahrens vor der belangten Behörde (Schriftverkehr) wird weiters ausgeführt, gemäß § 5 Abs. 4 und 5 lit. c UOG habe die belangte Behörde Beschlüsse der Organe der Universitäten, die ihrer Genehmigung nicht bedürften, aufzuheben oder deren Durchführung zu untersagen, wenn ein solcher Beschluss im Widerspruch zu geltenden Gesetzen und Verordnungen stehe, insbesondere auch wegen einer damit erfolgten Diskriminierung auf Grund des Geschlechts.
Gemäß § 3 Abs. 2 des Frauenförderungsplanes im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst seien Bewerberinnen, die für die angestrebte Planstelle nicht geringer geeignet seien als der bestgeeignete Mitbewerber, solange bevorzugt aufzunehmen, bis der Anteil der Frauen in der betreffenden Verwendungsgruppe im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde gemäß § 1 Abs. 2 und 3 mindestens 40 % der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten betrage.
Gemäß § 87 Abs. 18 UOG 1993 seien anhängige Verfahren von den bisher zuständigen Organen nach den Bestimmungen des UOG (1975) zu Ende zu führen. Ungeachtet der inzwischen an der Universität Salzburg eingetretenen vollen Wirksamkeit des UOG 1993 sei daher das anhängige aufsichtsbehördliche Verfahren gegenüber der nach UOG (1975) eingerichteten beschwerdeführenden Kommission und nach den Bestimmungen des UOG (1975) weiterzuführen.
Die Frauenquote der Universitätsassistenten an der Universität Salzburg betrage 22 %.
In der Folge befasste sich die belangte Behörde mit der Qualifikation des Erstgereihten und der Zweitgereihten und kam zusammengefasst zum Ergebnis, es sei von einer fachlichen Gleichwertigkeit auszugehen. Bei fachlicher Gleichwertigkeit und der derzeit bei Universitätsassistenten an dieser Universität gegebenen Relation zwischen den Geschlechtern sei jedoch gemäß § 3 Abs. 2 des genannten Frauenförderungsplanes einer Bewerberin vor einem Bewerber der Vorrang einzuräumen. Die Entscheidung der Personalkommission zugunsten des Erstgereihten und zu Lasten der Zweitgereihten sei deshalb rechtswidrig. Der Beschluss sei somit aufzuheben gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführerin hat unaufgefordert eine Replik zur Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 UOG, BGBl. Nr. 258/1975, trifft nähere Bestimmungen zum Aufsichtsrecht des Bundes bzw. des zuständigen Bundesministers.
§ 40 UOG trifft Bestimmungen zur Rechtsstellung der Universitätsassistenten, darunter auch zur Erstattung von Besetzungsvorschlägen.
§ 106a UOG trifft nähere Bestimmungen zum Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen.
Nach Abs. 7 dieser Bestimmung kann der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen (in der Folge kurz: Arbeitskreis) dann, wenn er Grund zur Annahme hat, dass ein Beschluss eines Kollegialorganes (der Universität) eine Diskriminierung von Personen auf Grund ihres Geschlechts darstellt, innerhalb von drei Wochen beim Vorsitzenden dieses Kollegialorganes einen schriftlichen und begründeten Einspruch gegen den Beschluss erheben.
Nach Abs. 8 hat das Kollegialorgan im Fall der Abgabe eines solchen Einspruches in der nächsten Sitzung unter Berücksichtigung dieses Einspruches die Beratung und Beschlussfassung in der diesem Beschluss zugrunde liegenden Personalangelegenheit neuerlich durchzuführen.
Nach Abs. 9 ist im Falle eines Beharrungsbeschlusses der Arbeitskreis berechtigt, den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung um Ausübung seines Aufsichtsrechtes anzurufen (dieser Absatz bestimmt hiezu Näheres).
Nach § 4 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 ist allgemeines Ernennungserfordernis (u.a.) ein Lebensalter von mindestens 18 Jahren und von höchstens 40 Jahren beim Eintritt in den Bundesdienst.
Nach Abs. 4 dieses Paragraphen kann, soweit hier erheblich, das Überschreiten der oberen Altersgrenze des Abs. 1 Z. 4 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen aus dienstlichen Gründen nachgesehen werden, wenn ein gleich geeigneter Bewerber, der allen Erfordernissen entspricht, nicht vorhanden ist und nicht in den besonderen Vorschriften oder in der Anlage 1 die Nachsicht ausgeschlossen ist.
§ 4 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GBG), BGBl. Nr. 100/1993, bestimmt eine Reihe von Kriterien, die bei Auswahlentscheidungen zwischen Bewerberinnen und Bewerbern nicht diskriminierend herangezogen werden dürfen, wie ua (Z. 3) das Lebensalter und den Familienstand.
Nach § 42 B-GBG (diese Bestimmung ist mit "bevorzugte Aufnahme in den Bundesdienst" überschrieben), sind Bewerberinnen, die für die angestrebte Planstelle nicht geringer geeignet sind als der bestgeeignete Mitbewerber, entsprechend den Vorgaben des Frauenförderungsplanes so lange bevorzugt aufzunehmen, bis der Anteil der Frauen in der betreffenden Verwendungsgruppe im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde mindestens 40 % der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten beträgt. Steht einer Verwendungsgruppe eine entsprechende Entlohnungsgruppe gegenüber, ist diese in den Vergleich miteinzubeziehen. Verwendungen gemäß § 1 Abs. 2 (dieses Gesetzes) sind dabei nicht zu berücksichtigen.
Ein solcher Frauenförderungsplan wurde mit BGBl. Nr. 229/1995 kundgemacht. § 7 Abs. 4 dieser Verordnung bestimmt:
"Für Frauen, die wegen der Wahrnehmung von Familienpflichten einen Berufseintritt bzw. einen Wiedereintritt ins Berufsleben erst im fortgeschrittenen Lebensalter anstreben, ist in Bezug auf das Überschreiten der Altersgrenze des § 4 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 bevorzugt um Nachsicht anzusuchen."
Die Beschwerdeführerin macht unter anderem mit näheren Ausführungen geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht darauf Bedacht genommen, dass die Zweitgereihte das 40. Lebensjahr bereits überschritten habe und die belangte Behörde selbst nicht davon ausgehe, dass diese besser geeignet sei als der Erstgereihte. Auch ein "eventueller Hinweis" auf § 7 Abs. 4 des Frauenförderungsplanes (BGBl. Nr. 229/1995) würde fehlgehen, weil die Zweitgereihte ihrem Lebenslauf zufolge unverheiratet und kinderlos sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin jedenfalls im Ergebnis im Recht:
Ein Alter von mehr als 40 Jahren ist zwar nach § 4 BDG 1979 kein absolutes, aber doch ein relatives Ernennungshindernis. Nach dem Wortlaut des Abs. 4 dieser Bestimmung ist, soweit hier erheblich, Voraussetzung für eine entsprechende Nachsicht, dass ein gleichgeeigneter Bewerber, der allen Erfordernissen entspricht, nicht vorhanden ist (entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung ergibt sich für den Beschwerdefall aus § 51 Abs. 3 Z. 3 VBG 1948 nichts Abweichendes, weil diese Bestimmung hier unanwendbar ist). Dieser Wortlaut ist aber im Beschwerdefall vor dem Hintergrund der §§ 4 und 42 B-GBG dahin auszulegen, dass eine gleiche Eignung des Erstgereihten und der Zweitgereihten dann ausreicht, wenn hinsichtlich der Zweitgereihten (verzögernde) Umstände im Sinne des § 7 Abs. 4 des genannten Frauenförderungsplanes oder allenfalls gleichwertige (verzögernde) Umstände vorliegen und dienstliche Gründe für die Nachsichtserteilung sprechen. Ersteres hat aber die belangte Behörde, von einer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgehend, nicht festgestellt.
Damit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen aufzuheben war. Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren weiterhin von einer Gleichwertigkeit des Erst- und der Zweitgereihten ausgehen und nicht dennoch nach dem Vorgesagten die Zweitgereihte zu ernennen sein, wäre dies gegebenenfalls in Auseinandersetzung mit der Argumentation der Beschwerdeführerin eingehender zu begründen (zur Begründungspflicht nach § 58 Abs. 2 AVG siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 96/12/0251, ua, mwN).
Abschließend ist zu bemerken, daß die Zweitgereihte nicht als mitbeteiligte Partei in diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzusehen ist, weil ihre Rechtsposition durch den angefochtenen Bescheid nicht verändert wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am