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VwGH vom 09.09.1996, 94/10/0165

VwGH vom 09.09.1996, 94/10/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N-103500/Mö-1994, betreffend Wiederherstellungsauftrag nach dem Oberösterreichischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 OÖ NSchG 1982 auf, die auf seinem Grundstück Nr. 35/1, KG M., errichtete Holzhütte (Gerätehütte) im Ausmaß von 4 m x 4 m zu entfernen und den früheren Zustand (Wiese in Angleichung an das umgebende Gelände) wiederherzustellen. Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Sachverhaltes und der Rechtslage im wesentlichen aus, die gegenständliche Gerätehütte stelle zweifelsfrei und unwidersprochen ein nach dem NSchG bewilligungspflichtiges Bauvorhaben dar. Eine naturschutzbehördliche Bewilligung liege nicht vor bzw. sei auch nicht beantragt worden. Alleinige Voraussetzung für eine administrative Verfügung im Sinne des § 39 OÖ NSchG 1982 sei die Tatsache, daß bewilligungspflichtige Vorhaben bzw. feststellungspflichtige Eingriffe konsenslos durchgeführt worden seien. Die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebrachten Argumente, die Hütte sei an der einzigen Stelle seines Grundstückes errichtet, die nicht in den Bereich der Hochwassergefährdung falle, es sei aus diesem Grund nicht möglich, das Objekt an einer anderen Stelle zu plazieren, die Hütte liege nur 12 m vom Wohnhaus entfernt, es dürfte keine Schwierigkeit sein, dieses Stück Grund in Bauland umzuwidmen und es existierten viele derartige widerrechtlich errichtete Gerätehütten, würden an der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes nichts zu ändern vermögen. Die verfahrensgegenständliche Grundfläche sei nicht als Bauland gewidmet und die Errichtung der Gerätehütte widerspreche daher dem Flächenwidmungsplan.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Oberösterreichisches

Naturschutzgesetz 1982, LGBl. Nr. 80/1982 (NSchG) bedürfen unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - sofern nicht die §§ 5, 6 oder 9 anzuwenden sind - Bauvorhaben im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a bis d der OÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde, es sei denn, daß sie in einer geschlossenen Ortschaft oder in einem Gebiet ausgeführt werden sollen, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 19 OÖ Raumordnungsgesetz) vorhanden ist.

Nach § 39 Abs. 1 leg. cit. kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen.

Die Beschwerde bringt zunächst vor, das Vorhaben sei gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 NSchG nicht bewilligungspflichtig. Die Hütte sei lediglich 12 m vom Wohnhaus des Beschwerdeführers entfernt. Sie liege somit in einer geschlossenen Ortschaft und sei daher nicht genehmigungspflichtig.

Damit verstößt der Beschwerdeführer gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot. Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Verfahren vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer einen Sachverhalt behauptet, der eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht des § 4 Abs. 1 Z. 1 NSchG begründet hätte. Nach der Aktenlage, insbesondere den angeschlossenen Lageplänen, bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, im Bereich der gegenständlichen Liegenschaft vom Bestehen einer geschlossenen Ortschaft im Sinne des Gesetzes auszugehen. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf das Berufungsvorbringen, die Hütte liege nur 12 m vom Wohnhaus entfernt, die Auffassung vertreten sollte, eine geschlossene Ortschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. sei schon im Hinblick auf diese Entfernungsverhältnisse anzunehmen, genügt es, unter Bedachtnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Begriff zu verweisen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 86/10/0176 und das Erkenntnis vom , Zl. 91/10/0080).

Die Beschwerde rügt weiters, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, daß die Hütte am einzigen Platz des Anwesens errichtet worden sei, der nicht durch Hochwasser gefährdet sei und an dem sich vorher ein Futterstadel in gleicher Größe befunden habe. Die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob die gegenständliche Gerätehütte für landwirtschaftliche Zwecke notwendig sei. Es sei auch nicht festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer die Umwidmung des Grundstückes in gemischtes Bauland beantragt habe.

Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß Tatbestandsvoraussetzung für die behördliche Anordnung einer Maßnahme nach § 39 Abs. 1 leg. cit. allein das Zuwiderhandeln gegen dieses Gesetz oder gegen aufgrund dieses Gesetzes erlassene Verordnungen oder Bescheide ist. Bei bewilligungspflichtigen Vorhaben ist die Ausführung ohne Bewilligung ein Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des NSchG (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/10/0020). Fragen der Bewilligungsfähigkeit eines konsenslos ausgeführten Bauvorhabens sind für einen Entfernungsauftrag nach § 39 Abs. 1 leg. cit. unerheblich (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0126). Selbst ein künftiges oder bereits anhängiges Verfahren über einen (nachträglich gestellten) Antrag auf Bewilligung der konsenslos errichteten Baulichkeit steht der Anordnung einer Maßnahme nach § 39 Abs. 1 leg. cit. nicht entgegen. Erst die nachträgliche Bewilligung stünde der Vollstreckung eines Wiederherstellungsauftrages entgegen (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 87/10/0195).

Mit den oben wiedergegebenen, auf Fragen der Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens bezogenen Darlegungen wird somit keine Rechtswidrigkeit des erlassenen Entfernungsauftrages aufgezeigt; denn damit wird weder auf einen Sachverhalt verwiesen, der der Annahme der Bewilligungspflicht entgegenstünde, noch das Vorliegen einer Bewilligung behauptet.

Ebensowenig zielführend ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte ihn anleiten müssen, allenfalls eine Bewilligung für die gegenständliche Baulichkeit einzuholen, weil selbst die Anhängigkeit eines Bewilligungsverfahrens für das vorliegende Verfahren ohne Relevanz wäre. Im übrigen war die Behörde im Rahmen ihrer gemäß § 13a AVG auf die Vornahme von Verfahrenshandlungen im anhängigen (Entfernungs-)Verfahren bezogenen Anleitungspflicht nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer zur Einbringung eines Bewilligungsantrages anzuleiten.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 MRK verletzt, weil durch Aufträge nach § 39 Abs. 1 NSchG in zivilrechtliche Ansprüche eingegriffen werde und die zur Entscheidung über solche Eingriffe berufenen Verwaltungsbehörden keine Tribunale im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK seien. Der Beschwerdeführer regt daher an, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen des NSchG zu stellen.

Naturschutzbehördliche Wiederherstellungsaufträge betreffen niemals unmittelbar ein "civil right" (vgl. das Erkenntnis vom , Zlen. 92/10/0395, 0450 zu § 12

VbG LSchG 1982). Für Maßnahmen, die den Kernbereich der civil rights nur in ihren Auswirkungen betreffen, reicht die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. die Erkentnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 11.500/1987, vom , VfSlg 11.591/1987, VfSlg 12.384/1990 und vom ). Es bestehen beim Verwaltungsgerichtshof daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 39 NSchG im Hinblick auf Art. 6 MRK.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, § 39 NSchG stelle einen Eingriff in die der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich garantierte örtliche Baupolizei dar.

Die Beschwerde begründet diese Auffassung nicht näher. Es genügt daher der Hinweis, daß hier kein Sachverhalt vorliegt, der der örtlichen Baupolizei zuzurechnen wäre (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6186/1970, 8150/1977 und 8944/1980).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ist auch unter dem Aspekt des Art 6 MRK nicht geboten, weil die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente unbestritten feststehen und die Rechtsfrage einfach und keiner Erörterung bedürftig ist ( vgl. das Urteil des EGMR vom , Zl. 52/1993/447/526, ÖJZ 1995, 633, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/10/0134). Im Beschwerdefall konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.