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VwGH vom 22.12.2004, 2003/12/0174

VwGH vom 22.12.2004, 2003/12/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 62, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. K4- L-1334, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1949 geborene Beschwerdeführer steht seit seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des als Hauptschuloberlehrer in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Niederösterreich.

Mit rechtskräftigen Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich (LSR) vom wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom gemäß § 12 Abs. 1 und Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 (LDG 1984), in den Ruhestand versetzt. Gemäß den §§ 3 bis 7, 9 sowie 62b und j des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340/1965 (PG 1965), wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer ab ein monatlicher Ruhegenuss in der Höhe von brutto S 24.711,30 gebühre.

Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass nach den zitierten Bestimmungen des PG 1965 im Falle des Beschwerdeführers, welcher 123 Monate vor Ablauf des Monats, in dem er sein 738. Lebensmonat vollende, in den Ruhestand versetzt werde, eine Kürzung von 59,50 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges eintreten müsste; nach § 4 Abs. 5 PG 1965 betrage die Ruhegenussbemessungsgrundlage diesfalls aber 62 %.

Diesem Bescheid war ein - im vorgelegten Verwaltungsakt nicht vollständig dokumentiertes - Ermittlungsverfahren zum Vorliegen der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers vorangegangen. Unter anderem war ein "Befund" des Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom eingeholt worden, wonach beim Beschwerdeführer, der in seiner Behandlung stehe, neurologisch ein essentieller Tremor gradis levis, funktionell überlagert und tageweise wechselnd, vorliege. Das psychische Zustandsbild sei weiterhin durch einen depressiven Verstimmungszustand gekennzeichnet. Arbeitsfähigkeit sei nicht gegeben, Krankenstand weiterhin angezeigt. Medikamentöse Therapie (mit einem näher bezeichneten Medikament) werde weiterhin empfohlen.

Vom Beschwerdeführer war ein Gutachten des Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom eingeholt und der Behörde übermittelt worden, welches sich jedoch nicht im vorgelegten Verwaltungsakt befindet. Aus der Zusammenfassung dieses Gutachtens in dem später eingeholten Ergänzungsgutachten dieses Facharztes vom ergibt sich als eine der Aussagen des Gutachtens vom , dass die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers als Lehrer weiterhin als nicht gegeben erscheine. Auf Grund des episodischen Verlaufes und der Ausprägung der depressiven Erkrankung sowie dem subjektiven Erklärungsmodell des Beschwerdeführers, wonach für diese Erkrankung die Situation am Arbeitsplatz verantwortlich zeichnete, sei "die Frage" der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als gering einzuschätzen. Die Versetzung des Beschwerdeführers in den vorzeitigen Ruhestand würde aus nervenfachärztlicher Sicht sicherlich zu einer Entlastung des Untersuchten, nicht jedoch zu einem Verschwinden der depressiven Symptomatik beitragen.

Der Amtsarzt Dr. F. hatte in seinem Gutachten vom hinsichtlich der Leistungseinschränkungen in der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ausgeführt, dass laut Facharztbefund vom (Dris. H.) die Arbeitsfähigkeit weiterhin nicht gegeben sei. Da der körperliche Zustand des Untersuchten außer einem Grenzwertblutdruck unauffällig sei, müsse zur Abklärung seines Leidens ein Facharzt für Psychiatrie herangezogen werden, der das Vertrauen des Dienstgebers besitze. Als Allgemeinmediziner sehe er sich außer Stande, ein Gutachten abzugeben. Die ausdrücklich an ihn gestellten Fragen, ob Dienstfähigkeit gegeben, ob mit der Erlangung der Dienstfähigkeit zu rechnen, ob der Beamte zu einem zumutbaren Erwerb fähig und ob er dauernd erwerbsunfähig sei, wurden nach dem Inhalt des Gutachtens Dris. F. vom nicht beantwortet.

Im März 2002 gab der LSR ein berufskundliches Sachverständigengutachten "nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965" in Auftrag und ersuchte in Bezug auf den Beschwerdeführer um Beantwortung der Frage, ob der Genannte auf Grund der sich aus dem ärztlichen Untersuchungsbefund/Gutachten ergebenden Einschränkungen dauernd außer Stande sei, einem Erwerb nachzugehen, in Auftrag.

Als Befund des Gutachtens vom führte der berufskundliche Sachverständige Regierungsrat Th. aus, dass die vorliegende Beurteilung ohne Berücksichtigung der Berufszumutbarkeit der Fragestellung folge, ob der Beschwerdeführer nach seinem medizinischen Leistungskalkül im Stande wäre, eine auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt honorierte Tätigkeit noch sinnvoll auszuüben. Unter Hinweis auf das berufskundliche Erfahrungswissen und das Anweisungsblatt der österreichischen Berufskartei erläutert der Sachverständige vorerst das "Berufsbild der körperlichen Arbeitserfordernisse."

Unter der Überschrift "Medizinisches Leistungskalkül" führt der berufskundliche Sachverständige daran anschließend aus, nach dem ärztlichen Untersuchungsbefund/Gutachten Dris. F. vom sei die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers als Lehrer weiterhin nicht gegeben und die Wiedererlangung dieser als gering einzuschätzen. Der Befund des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. beschreibe einen funktionell überlagerten, essentiellen Tremor gradis levis, tageweise wechselnd und einen depressiven Verstimmungszustand.

Bei Gegenüberstellung des Anforderungsprofils der Berufsaufgaben von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zum medizinischen Leistungskalkül des Genannten erschienen Erwerbstätigkeiten zumutbar, die mit lediglich geringer bis mittlerer muskulärer Beanspruchung, ohne besonderen Zeitdruck, oder Stressbelastung und geringer bis kurzzeitig mittlerer Konzentration zu bewältigen seien. Beispielhaft würden als ausführbare Tätigkeiten die eines Tankwartes in einer Selbstbedienungstankstelle, eines Portiers und eines Wächters im Standpostendienst genannt.

In der weiteren Folge des Gutachtens werden diese drei ausführbaren Berufsbilder hinsichtlich ihrer Qualifikation, ihrer Tätigkeiten und ihres Anforderungsprofiles umschrieben. Daraus schließt der Sachverständige hinsichtlich der Fragestellung des Auftrages, dass der Beschwerdeführer nach seinem medizinischen Leistungskalkül im Stande wäre, diese Tätigkeiten auszuführen und somit einem Erwerb nachzugehen.

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom wandte sich der Beschwerdeführer an den LSR und führte unter Hinweis auf den Bescheid vom aus, § 62j Abs. 2 zweiter Satz PG 1965 in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001 sehe vor, dass auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG (§ 12 LDG) vor dem eingeleitet worden sei, § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am geltenden Fassung weiter anzuwenden sei. Sein Antrag auf Ruhestandsversetzung vom sei vor dem gelegen, sein Ruhestandsversetzungsverfahren sei auch vor diesem Datum eingeleitet worden. Er beantrage daher, die Landesregierung möge die Regelung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am geltenden Fassung betreffend die dauernde Erwerbsunfähigkeit auf seine Ruhebezugshöhe anwenden und darüber bescheidmäßig absprechen.

Der Beschwerdeführer richtete, nunmehr anwaltlich vertreten, einen weiteren Antrag vom an den LSR, verwies neuerlich auf die Übergangsbestimmung des § 62j PG 1965 in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86/2001, und führte aus, den Bescheiden vom und (mit diesem Bescheid war dem Beschwerdeführer eine Nebengebührenzulage zugesprochen worden, wobei auch diese im Verhältnis 62:80 gekürzt wurde) sei ein psychiatrisch neurologisches Gutachten des Sachverständigen Dr. M. zu Grunde gelegen, wonach im Zeitpunkt der Untersuchung Dienstfähigkeit nicht gegeben sei.

Da die nunmehrige Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht bekannt gewesen sei, sei die Beurteilung des Gutachtens im Hinblick auf Dienstunfähigkeit in Unkenntnis dieser Rechtssituation erfolgt und es sei deshalb keine Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit getroffen worden. Allerdings finde sich im vorletzten Satz des Gutachtens eine Ausführung, die seines Erachtens dahingehend zu verstehen sei, dass man auf Grund der Aktenlage zur Auffassung komme, dass Erwerbsunfähigkeit vorliege. Der Sachverständige habe insbesondere dargelegt, dass "die Frage" der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit (= Erwerbsunfähigkeit) als gering einzuschätzen sei. Das bedeute, dass bereits auf Grund des derzeit vorliegenden Gutachtens Erwerbsunfähigkeit vorliege, was in weiterer Folge dazu führe, dass es zu keiner Kürzung des Ruhegenusses komme. Er stelle aus diesen Gründen den Antrag bescheidmäßig solcherart abzusprechen, dass ihm infolge Erwerbsunfähigkeit ein Ruhegenuss in der Höhe von 80 v.H. der Ruhegenussbemessungsgrundlage, sowie eine ungekürzte Nebengebührenzulage zuerkannt werde. In eventu stelle er den Antrag auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. M. zur Klärung der Frage, ob sein Leidensbild einer dauernden Erwerbsunfähigkeit entspreche, ihm in weiterer Folge Parteiengehör zu gewähren und über seinen Antrag bescheidmäßig abzusprechen.

Mit Bescheid des LSR vom - im Akt erliegen zwei unterschiedliche, schwer lesbare Konzepte dieses Bescheides, aber keine Ausfertigung - wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 im Zusammenhang mit dem Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86/2001, abgewiesen.

Nach Ausführungen dazu, dass im Fall des Beschwerdeführers auf Grund des Pensionsreformgesetzes 2001 § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am geltenden Fassung anzuwenden sei und nach Wiedergabe dieser Bestimmung führte die Behörde erster Instanz aus, dass ein gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Berufskunde damit beauftragt worden sei, ein berufskundliches Sachverständigengutachten auf Grund der ärztlichen Sachverständigenbeweise vom (gemeint wohl: ), des ärztlichen Untersuchungsbefundes vom und des Gutachtens vom zu erstellen.

Nach Wiedergabe des Inhaltes des Sachverständigengutachtens fuhr die Behörde erster Instanz fort, aus diesem ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung nicht erwerbsunfähig und somit auf Grund des medizinischen Leistungskalküls im Stande gewesen sei, einem Erwerb nachzugehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er geltend machte, das Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden. Bei der Beurteilung der Fähigkeit, einen Erwerb auf Dauer nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 ausüben zu können, seien auch medizinische Aspekte maßgebend, die für die Beurteilung der Dienstfähigkeit nicht entscheidend gewesen seien und für deren Geltendmachung sohin im Ruhestandsversetzungsverfahren gar keine Veranlassung bestanden habe. Im Ruhestandsversetzungsverfahren sei das Gutachten des Sachverständigen Dr. M. vom eingeholt worden, wobei die Kernaussagen dieses Gutachtens darin lägen, dass der Beschwerdeführer arbeitsunfähig gewesen sei, situativ abhängig Panikattacken aufträten, Hinweise auf ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie deutlich vegetative Zeichen in Form von Schwitzen in beiden Handflächen gegeben gewesen seien und dass auf Grund des episodischen Verlaufes und der Ausprägung der depressiven Erkrankung "die Frage" der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als gering eingeschätzt worden sei. Die Frage, ob angesichts dieses psychischen Leidensbildes eine dauernde Erwerbsunfähigkeit gegeben sei, sei nicht nur eine Frage, die der berufskundliche Sachverständige, sondern eine solche, die vor allem ein medizinischer Sachverständiger zu beurteilen habe.

Der Beschwerdeführer legte im Zuge des Berufungsverfahrens das vorhin bereits erwähnte Ergänzungsgutachten Dris. M. vom vor, das am Beginn einen Teil des psychiatrischneurologischen Gutachtens dieses Sachverständigen vom wiederholt, dann Feststellungen zur aktuellen Situation des Beschwerdeführers trifft und anschließend dessen psychopathologischen Status sowie neurologischen Status wiedergibt. Als Diagnosen dem Gutachten sind rezidivierende depressive Störung, mittelgradige bis schwere Episode mit somatischen Symptomen, schädlicher Gebrauch von Alkohol und essentieller Tremor manus beidseits zu entnehmen. Der Sachverständige führte weiter aus, wie bereits im Erstgutachten vom dargetan, liege beim Beschwerdeführer eine seit Jahren bestehende psychiatrische Erkrankung in Form einer rezidivierenden depressiven Erkrankung vor. Im Verlauf der Erkrankung sei es mehrfach zu akuten Episoden gekommen. Trotz Übertritts in den Ruhestand bestehe weiterhin eine ängstlichdepressive Verstimmung mit Neigung zu Panikattacken und der Aggravierung durch somatische Beschwerden. Biorhythmusstörungen im Sinne von Ein- und Durchschlafstörungen, einem frühmorgendlichen Erwachen und Pessimum seien weiterhin erhebbar. Von neurologischer Seite sei weiterhin ein hirnorganisches Psychosyndrom vorhanden.

Wie bereits in seinem Erstgutachten angeführt, sei "die Frage" der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als gering einzuschätzen. Auf Grund der zum damaligen Zeitpunkt beschriebenen und auch der zum Zeitpunkt der aktuellen Untersuchung dargestellten psychiatrischen Erkrankung sei beim Beschwerdeführer nicht nur von einer Arbeitsunfähigkeit, sondern auch von einer Erwerbsunfähigkeit (auch zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung) auszugehen bzw. auszugehen gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 62j Abs. 2 zweiter Satz PG 1965 ab. Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 4 Abs. 4 PG 1965 in der am geltenden Fassung, eines Hinweises auf den Bescheid des LSR vom und der dort erfolgten Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage erschöpft sich die Begründung des angefochtenen Bescheides in folgenden Ausführungen:

"Das aufgrund Ihres Antrages im gegenständlichen Verfahren eingeholte Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für Berufskunde Regierungsrat Th. vom , hat ergeben, dass dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vorliegt.

Es ist daher die Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 4 Abs. 3 PG 1965 aufrechtzuerhalten.

Aufgrund des Nichtvorliegens einer dauernden Erwerbsunfähigkeit war die Abänderung des Pensionsberechnungsbescheides nicht vorzunehmen und Ihr Antrag abzuweisen.

Ob Erwerbsunfähigkeit bzw. das Vorliegen von Verweisungsberufen gegeben sind, hat die Behörde durch die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Berufskunde festzustellen. Dies hat die Behörde erster Instanz berücksichtigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte (Teile der) Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 LDG 1984 ist dieses Bundesgesetz auf die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Ländern stehenden Lehrer (Landeslehrer) u.a. für Hauptschulen sowie auf die Personen, die einen Anspruch auf Ruhe(Versorgungs-)Bezug aus einem solchen Dienstverhältnis haben (Art. 14 Abs. 2 B-VG), anzuwenden.

Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 47/2001, gilt für das Besoldungs- und Pensionsrecht der Landeslehrer unter Bedachtnahme auf Abs. 2 (u.a.) das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, soweit nicht in den nachstehenden Bestimmungen anderes bestimmt wird.

Gemäß § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 hat im Fall des Beschwerdeführers an Stelle der Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979 jene nach § 12 Abs. 1 LDG 1984 zu treten.

Die im Beschwerdefall relevante Übergangsbestimmung des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, - eingefügt als § 62j durch das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86, die Paragrafenbezeichnung in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002 - sieht eine Regelung vor, wonach auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 vor dem eingeleitet worden ist, § 4 Abs. 4 Z. 3, Abs. 7 und Abs. 8 in der am geltenden Fassung weiter anzuwenden sei.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass das Verfahren zur Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand gemäß § 12 LDG 1984 vor dem eingeleitet wurde und auf den Beschwerdeführer daher die Bestimmungen des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG 1965 in der Fassung des anzuwenden waren. Die Rechtskraft des Bemessungsbescheides des LSR vom stand der Durchführung eines Neubemessungsverfahrens wegen der nach seiner Erlassung erfolgten Änderung der Rechtslage nicht entgegen.

§ 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 leg. cit. in der Fassung des hat folgenden Wortlaut:

"Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt


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1.
...
2.
...
3.
wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist."

(7) Als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 gilt ein Beamter nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen."

Vorauszuschicken ist, dass es auch im Dienstrechtsverfahren Aufgabe der Behörde ist, den für die Erledigung maßgebenden Sachverhalt unter Wahrung der Parteienrechte festzustellen. Nach § 67 in Verbindung mit § 60 AVG hat auch die Rechtsmittelbehörde in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom , 90/08/0153).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen nicht gerecht. So fehlen nachvollziehbare Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung ebenso wie eine Darlegung der Überlegungen zur Beweiswürdigung. Dies wäre insbesondere deshalb notwendig gewesen, weil sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht erschließt, ob die belangte Behörde überhaupt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten vornahm.

Zu diesen Mängeln in der Bescheidbegründung treten aber noch weitere Verstöße gegen die Verfahrensvorschriften:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichteshofes ist die im Ruhestandsversetzungsverfahren in der Regel auf Grundlage ärztlicher Gutachten (siehe § 14 Abs. 4 BDG 1979 bzw. § 12 Abs. 1 LDG 1984) von der Aktivdienstbehörde zu beurteilende Rechtsfrage der Dienstfähigkeit mit der bei der Ruhegenussbemessung von der Pensionsbehörde zu beurteilenden Rechtsfrage der regelmäßigen Erwerbsfähigkeit nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 nicht ident. Erwerbsfähigkeit bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Fähigkeit ist nach der Rechtsprechung zwar abstrakt zu beurteilen (d.h., es ist nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten gerade am Arbeitsmarkt verfügbar sind oder nicht, es muss sich aber um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist), es kommt aber sehr wohl darauf an, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Einsatzfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten (Berufsbilder) vorliegen.

Hierbei ist weiters zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben ist (siehe die diesbezüglich vergleichbare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs. 1 PG 1965, insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , 96/12/0214, oder vom , 96/12/0340). Die Erwerbsfähigkeit setzt jedenfalls eine im Arbeitsleben grundsätzlich notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit des Beamten voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/12/0353). In dieser Hinsicht besteht zum Erwerbsunfähigkeitsbegriff im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 (anders als in Bezug auf die Zumutbarkeit eines Verweisungsberufes, der nur durch § 9 Abs. 1 PG 1965 zu prüfen wäre) kein Unterschied (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/12/0236, mit weiteren Nachweisen).

Die Unterschiedlichkeit des Begriffsinhaltes "Dienstfähigkeit" im Sinne des § 12 Abs. 1 LDG 1984 und "Erwerbsfähigkeit" nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 schließt nun nicht aus, dass medizinische Gutachten, die im Ruhestandsversetzungsverfahren herangezogen werden, auch im Ruhegenussbemessungsverfahren zu berücksichtigen und die dort festgestellten Leidenszustände (sofern sie medizinisch hinreichend fundiert sind) bei der Beurteilung der für die Ruhegenussbemessung maßgebenden Frage der Erwerbsunfähigkeit mit einzubeziehen. Für die Beurteilung durch den ärztlichen Sachverständigen ist sowohl hinsichtlich der Dienstfähigkeit als auch der Erwerbsfähigkeit der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung des Beamten maßgebend (vgl. neuerlich das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, der zur Entscheidung berufenen Behörde bei der Festlegung des Sachverhaltes die fachkundigen Grundlagen zu liefern, die eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Leidenszustand im Hinblick auf die abstrakte Eingliederungsmöglichkeit in den Arbeitsprozess ermöglichen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Es ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass sich die belangte Behörde bzw. der berufskundliche Sachverständige auf eine solcherart aufbereitete medizinische Grundlage bei den von ihnen zu beurteilenden Fragen stützen konnten.

Das Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen vom bezieht sich nämlich seinerseits hinsichtlich des medizinischen Leistungskalküls des Beschwerdeführers auf den ärztlichen Untersuchungsbefund Dris. F. vom und den "Befund" des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H.

Dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist ein ärztlicher Untersuchungsbefund Dris. F. vom nicht zu entnehmen. Dr. F. erklärte - zumindest in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Gutachten vom April und August 2000 - jeweils ausdrücklich, eine endgültige Beurteilung des Zustandes des Beschwerdeführers hinsichtlich Dienst- und Erwerbsunfähigkeit mangels Fachkenntnis nicht treffen zu können. Der "Befund" des Facharztes Dris. H. vom stellt eine derart kurze und knappe Beschreibung des Zustandsbildes des Beschwerdeführers dar, dass weder von einer Darstellung des gesamten Leidenszustandes des Beschwerdeführers noch eines medizinisch abgeklärten Leistungsprofils des Beschwerdeführers ausgegangen werden kann. Im Übrigen spricht Dr. H. ausdrücklich davon, dass die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers "weiterhin nicht" gegeben sei.

Dazu kommt aber, dass eine ausführlichere Darstellung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers im entscheidungswesentlichen Zeitpunkt existiert. Eine solche enthält offenbar das ebenfalls nicht im Akt erliegende (erste) Gutachten Univ. Doz. Dris. M. vom ; demnach sei - mit näherer Begründung und nach einer differenzierteren Darstellung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers - die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers weiterhin nicht gegeben und die Wiedererlangung dieser als gering einzuschätzen. Dieses Gutachten wurde dem berufskundlichen Sachverständigen aber nicht zur Verfügung gestellt.

Von daher betrachtet erweisen sich bereits die medizinischen Grundlagen, auf denen das berufskundliche Gutachten basiert, als unvollständig und mangelhaft. Den darauf aufbauenden Schlussfolgerungen des berufskundlichen Sachverständigen fehlt es daher an einer tragfähigen Grundlage, sodass insgesamt das Gutachten des Berufskundlers einer Schlüssigkeitskontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht standhält. Ohne eine solche sachverständige Untermauerung durch ein taugliches Gutachten des berufskundlichen Amtssachverständigen erweist sich aber die von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schlussfolgerung, beim Beschwerdeführer liege keine Erwerbsunfähigkeit vor, als rechtswidrig.

Dazu kommt, dass zwar die Verletzung des Parteiengehörs durch Nichtbekanntgabe des Gutachtens des Berufskundlers gegenüber dem Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz dadurch geheilt wurde, dass dieses vollinhaltlich im Bescheid erster Instanz wiedergegeben wurde und sich der Beschwerdeführer in der Berufung und im Berufungsverfahren dagegen werden konnte.

Die belangte Behörde verletzte aber im Berufungsverfahren ihrerseits Verfahrensrechte des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer brachte der belangten Behörde mit Schriftsatz vom das Ergänzungsgutachten Dris. M. vom zur Kenntnis und beantragte, aufbauend auf den dortigen Aussagen zum Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit, der Berufung Folge zu geben. Die belangte Behörde erwähnt dieses Gutachten und seinen Inhalt im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort.

Dass dieses Gutachten von vornherein ungeeignet gewesen wäre, eine Aussage zur Fähigkeit des Beschwerdeführers, im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung einem Erwerb nachzugehen, zu treffen, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil, der Sachverständige stellt zwar auch den Zustand des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Untersuchung vom dar, stellt aber stets einen Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung her und meint, eine Veränderung dieses Zustandes habe, wenn überhaupt, nur in Form einer Verschlechterung stattgefunden. Dem im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten ist jedenfalls mehrfach zu entnehmen, dass die "Wieder"erlangung der Arbeitsfähigkeit als gering einzuschätzen sei und auf Grund der zum damaligen Zeitpunkt beschriebenen psychiatrischen Erkrankung des Beschwerdeführers nicht nur von einer Arbeits(Dienst)unfähigkeit, sondern auch von einer Erwerbsunfähigkeit auszugehen gewesen sei.

Die belangte Behörde hätte sich mit diesem Gutachten befassen und entweder begründen müssen, aus welchem Grund sie es als unschlüssig bewerte oder aber dem zu ergänzenden berufskundlichen Gutachten zu Grunde legen müssen. Dies ist nicht geschehen. Auch aus diesem Grund liegt ein Verfahrensmangel vor, der zu einer Rechtsverletzung des Beschwerdeführers führt, weil nicht auszuschließen ist, dass die Behörde bei seiner Vermeidung zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre.

Nach den aufgezeigten Gründen war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am