VwGH vom 27.01.1997, 94/10/0019
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des Mag. pharm. W in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Disziplinarberufungsentscheidung des Disziplinarberufungssenates der Österreichischen Apothekerkammer beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. D 18/1989, betreffend die Verhängung einer Disziplinarstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Österreichischen Apothekerkammer vom wurde der Beschwerdeführer des Disziplinarvergehens nach § 18 Abs. 1 Z. 2 Apothekerkammergesetz (ApKG) schuldig erkannt, weil er im November 1989 der Anna S. entgegen der Vorschrift des § 1 Rezeptpflichtgesetz eine Packung (10 Stück) des Medikamentes Mogadon ohne Vorlage eines ärztlichen Rezeptes ausgefolgt und dadurch Berufspflichten gröblich verletzt habe, deren Einhaltung nach den Vorschriften über den Arzneimittelverkehr geboten ist. Es wurde die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises nach § 23 Abs. 1 lit. a ApKG verhängt.
Mit der angefochtenen Disziplinarberufungsentscheidung wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer sei verantwortlicher Leiter der T-Apotheke in X. Kunden der M-Apotheke hätten deren Leiterin, Mag. pharm. Elisabeth F, erklärt, in der T-Apotheke werde Mogadon ohne ärztliches Rezept ausgefolgt. Mag. pharm. F habe zunächst den Beschwerdeführer in einem Telefongespräch auf die Rezeptpflicht hingewiesen. Sie habe sodann die bei ihr als Apothekenhelferin angestellte Anna S. im November 1989 beauftragt, in der T-Apotheke Mogadon ohne Rezept zu verlangen. Anna S sei in der T-Apotheke als Kundin aufgetreten, habe die Ausfolgung einer Packung Mogadon verlangt und erwähnt, daß sie kein Rezept vorlegen könne. Der Beschwerdeführer habe sie befragt, für wen das Medikament bestimmt sei, was Anna S mit der erfundenen Behauptung beantwortet habe, daß es für ihre um vieles ältere Tante gekauft werde. Der Beschwerdeführer habe sie aufmerksam gemacht, daß von diesem Medikament zuviel genommen werde und Anna S dafür zu jung sei; ausnahmsweise folge er das Medikament aus, wenn es für die Tante bestimmt sei. Ein weiterer Versuch, in der T-Apotheke Mogadon oder Rohypnol ohne Rezept zu erhalten, sei fehlgeschlagen. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, es müsse weder ein Gutachten noch eine Auskunft des Herstellers eingeholt werden, um festzustellen, wie Mogadon zusammengesetzt sei. Dafür genüge ein Blick in den Beipackzettel bzw. in den Austria Codex, wo die (im einzelnen angegebene) Zusammensetzung vollständig beschrieben sei. Danach sei völlig unzweifelhaft, daß Mogadon zur Gruppe der Benzodiazepine gehöre. Auch in der Frage der Rezeptpflicht sei weder ein Gutachten einzuholen, noch eine Anfrage an den Hersteller zu richten, weil die Rezeptpflicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhe. Im Austria Codex sei Mogadon nicht nur als rezeptpflichtig angeführt, sondern sogar als solches Medikament, dessen wiederholte Abgabe aufgrund eines Rezeptes verboten sei, es sei denn, daß diese vom verschreibenden Arzt ausdrücklich angeordnet wurde. In Ansehung der Rezeptpflicht vertrete der Beschwerdeführer die nicht haltbare Auffassung, daß die Überwachung der Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten durch einen Arzt nichts bringe, weil die von einem Medikament ausgehende Gefahr von den darin enthaltenen Giftstoffen und nicht von einer ärztlichen Überwachung abhänge. Immerhin habe der Beschwerdeführer die noch in erster Instanz vertretene Auffassung aufgegeben, daß unter "ärztlicher Überwachung" die Einnahme des in Betracht kommenden Medikamentes in körperlicher Gegenwart des Arztes zu verstehen sei. Diese Überwachung bestehe in Wahrheit darin, daß der Arzt die Risken, die mit der Verabreichung des Medikamentes verbunden seien, anhand des ihm zufolge seiner Untersuchungen bekanntgewordenen Allgemeinzustandes des Patienten und seiner besonderen krankhaften Mängel abschätze. Die Giftigkeit eines Medikamentes sei kein absoluter Faktor, sondern auf die körperliche und seelische Konstitution des Patienten bezogen, dem es verabreicht werden. Die Gefährlichkeit von Medikamenten bestehe zum Teil in der Wiederholung der Anwendung, wodurch sogar eine Sucht ausgelöst werden könne. Das Medikament Mogadon betreffend finde sich im Austria Codex die Warnung, daß bei Anwendung bei älteren Patienten mit chronischen obstruktiven Atemwegserkrankungen und respiratorischer Insuffizienz Vorsicht geboten sei. Weiters werde davor gewarnt, daß Ventilationsstörungen durch den muskelrelaxierenden Effekt des Medikamentes entstehen könnten. Es werde auf die Gefahr von Medikamentenabhängigkeit bei längerer Einnahme hingewiesen und eine Kontrolle von Blutbild, Leber- und Nierenfunktion bei einer Langzeittherapie gefordert. Damit würden aber durchwegs Umstände angesprochen, die jenem Apotheker nicht bekannt sein könnten, der das Medikament ohne Verschreibung für einen Patienten abgebe, dessen Gesundheitszustand er nicht kenne. Auch der Auffassung des Beschwerdeführers, es sei ein besonderer Notfall im Sinne des § 4 Abs. 5 Rezeptpflichtgesetz vorgelegen, sei nicht zu folgen. Die Argumentation, in Wien herrsche eine gravierende ärztliche Unterversorgung, sei jedenfalls in bezug auf praktische Ärzte nicht nachvollziehbar. Wenn der Beschwerdeführer auf die Immobilität alter Menschen hinweise, sei er daran zu erinnern, daß er eine mögliche Immobilität der "erfundenen Tante" nicht erfragt habe. Auch wenn man der Behauptung des Beschwerdeführers folge, daß von Apothekern häufig gegen die Rezeptpflicht verstoßen werden, lasse sich daraus keinesfalls ableiten, daß die die Rezeptpflicht anordnenden Vorschriften unbeachtlich wären. Vielmehr sei daraus abzuleiten, daß die Rechtsgeltung durch konsequente Bestrafung von Verstößen zu stützen wäre. In der Frage, ob ein gröblicher Verstoß gegen Berufspflichten vorliege, dürfe nicht übersehen werden, daß der Beschwerdeführer bloß wegen eines einzigen Verstoßes verurteilt werde. Dennoch erscheine der Verstoß als gröblich, weil es dabei auf die Wichtigkeit der übertretenen Vorschrift und auf die Art und Weise der Zuwiderhandlung ankäme. Die Rezeptpflicht sei im Rahmen des ausgewogenen österreichischen Gesundheitssystems eine wichtige Vorschrift; die Übertretung dieser Vorschrift habe im vorliegenden Fall ein Medikament betroffen, das wegen seiner bereits dargestellten möglichen Nebenwirkungen selbst aufgrund einer Verschreibung nicht wiederholt abgegeben werden dürfe. Der Verstoß gegen § 1 Rezeptpflichtgesetz sei daher als gröblich zu werten. Daß die Grenze der Tatbildlichkeit zwar überschritten, aber dessen ungeachtet kein schweres Unrecht gesetzt worden sei, werde zutreffend dadurch zum Ausdruck gebracht, daß die geringste der zur Auswahl stehenden Disziplinarstrafen in Form eines schriftlichen Verweises verhängt werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 18 Abs. 1 Apothekenkammergesetz BGBl. Nr. 152/1947 idF
BGBl. Nr. 54/1989 lautet:
"Ein Mitglied der Apothekerkammer begeht ein Disziplinarvergehen, wenn es
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1. | durch sein Verhalten gegenüber Kunden, Kollegen oder in der Öffentlichkeit das Ansehen der Apothekerschaft herabsetzt, oder | |||||||||
2. | Berufspflichten gröblich verletzt, deren Einhaltung nach den Vorschriften über den Apothekenbetrieb oder Arzneimittelverkehr geboten ist." |
Nach § 1 Abs. 1 des Rezeptpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 413/1972 idF BGBl. Nr. 363/1990, dürfen Arzneimittel, die auch bei bestimmungsmäßigem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen in Apotheken nur aufgrund ärztlicher Verschreibung (Rezept eines Arztes oder Tierarztes) abgegeben werden.
Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. hat der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft durch Verordnung zu bestimmen, welche Arzneimittel auch bei bestimmungsmäßigem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche Überwachung angewendet werden, und in welchem Umfang sie der Abgabebeschränkung nach § 1 unterliegen.
Nach § 4 Abs. 2 zweiter Satz RezeptpflichtG ist die wiederholte Abgabe eines Arzneimittels verboten, wenn das Arzneimittel aufgrund der gemäß § 2 erlassenen Verordnung einer solchen Abgabebeschränkung (Wiederholungsverbot) unterworfen ist und der Verschreibende auf dem Rezept nicht ausdrücklich die wiederholte Abgabe angeordnet hat.
Nach § 1 Abs. 1 erster Satz der Rezeptpflichtverordnung vom , BGBl. Nr. 475 idF BGBl. Nr. 706/1988, unterliegen - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - die in der Anlage angeführten Arzneimittel und deren Zubereitung einer Abgabebeschränkung gemäß § 1 des Rezeptpflichtgesetzes. Nach Z 1 lit. d der Anlage zur Rezeptpflichtverordnung sind Wiederholungsverbote durch NR (ne repetatur) vermerkt.
In der Anlage der RezeptpflichtVO (Stammfassung) sind "Benzodiazepine" angeführt. Mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 706, wurde die RezeptpflichtVO u.a. dahin geändert (Z. 2 lit. c), daß bei "Benzodiazepine" "NR davon ausgenommen Flumazenil Pirenzepin und seine Salze" zusätzlich angeführt werde. Die letztgenannte Verordnung ist mit in Kraft getreten.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die Einholung eines pharmazeutischen Gutachtens bzw. einer Auskunft des Herstellers beantragt, um beweisen zu können, daß Mogadon "vor allem in der geringen Dosierung wie ich sie verkauft habe" weder das Leben noch die Gesundheit von Menschen gefährden könne. Weiters wird - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften - geltend gemacht, die belangte Behörde habe es unterlassen, festzustellen, aufgrund welcher gesetzlichen Vorschrift Mogadon unter die Rezeptpflicht falle. Es sei zwar richtig, daß nach dem Inhalt des Beipackzettels Mogadon "zur Medikamentengruppe der Benzodiazepine gehört"; die Angaben des Beipackzettels betreffend den Wirkstoffgehalt je Tablette stimmten jedoch mit den Angaben im Austria Codex nicht überein. Die weitere Angabe im Austria Codex, wonach die wiederholte Abgabe verboten sei, stehe im Widerspruch zur RezeptpflichtVO, die kein Wiederholungsverbot enthalte. Im Zusammenhang damit wird im Rahmen der Rechtsrüge geltend gemacht, die Benzodiazepine würden zwar "in der RezeptpflichtVO BGBl. Nr. 475/1973 auf Seite 2377 des Bundesgesetzblattes in der letzten Zeile erwähnt", doch sei "in keiner Weise vermerkt, daß ein Wiederholungsverbot gegeben ist".
Die Beschwerde wendet sich nicht konkret gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Feststellung, wonach "Mogadon zur Gruppe der Benzodiazepine gehört". Das Gebot der Abgabe von Benzodiazepinen und ihrer Zubereitungen nur aufgrund ärztlicher Verschreibung folgt aus § 1 Abs. 1 RezeptpflichtG iVm § 1 Abs. 1 der und der Anlage 1 zur RezeptpflichtVO, BGBl. Nr. 475/1973. Bei dieser Rechtslage erübrigte sich eine Feststellung, wonach das ohne ärztliche Verschreibung ausgefolgte Arzneimittel im konkreten Fall geeignet wäre, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu gefährden; es liegt daher kein relevanter Verfahrensmangel darin, daß die belangte Behörde die zum erwähnten Thema beantragten Beweise nicht durchführte.
Soweit die Beschwerde die Anordnung des Wiederholungsverbotes (NR) bei den Benzodiazepinen nicht aufzufinden vermag, ist auf BGBl. Nr. 706/1988 zu verweisen.
Auf die Behauptungen der Beschwerde, die den "Wirkstoffgehalt je Tablette" betreffen, war nicht einzugehen, da die Anordnung der Rezeptpflicht für die vorliegende Substanz nicht an den Wirkstoffgehalt je Tablette anknüpft.
Ohne weitere Begründung vertritt die Beschwerde die Auffassung, die "Verordnung aus dem Jahr 1973 entspricht nicht mehr dem Stand der Wissenschaft"; § 2 Abs. 1 (gemeint offenbar: des RezeptpflichtG) verpflichte den Bundesminister, Verordnungen "unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft" zu erlassen. Gerade die "jüngsten Erkenntnisse" hätten "bei vielen Medikamenten und Wirkstoffen ergeben, daß es nicht allein auf die chemische Zusammensetzung, sondern auf die Menge ankommt". Die Verordnung hätte daher "neben der Anordnung der Rezeptpflicht auch den Umfang bei Mogadon oder den Benzodiazepinen anführen müssen". Bei vielen Medikamenten werde "durch die Anlage 1 die mengenmäßige Beschränkung angegeben bzw. die Gefährlichkeit aufgrund der verwendeten Menge dargestellt". Sohin werde "dem Auftrag des Gesetzgebers, in welchem Umfang die Abgabebeschränkung nach § 1 gegeben ist, nicht Rechnung getragen". Es widerspreche "die willkürliche Aufnahme sämtlicher Benzodiazepine und auch des Medikamentes Mogadon, weil darin geringste Teile von Benzodiazepinen enthalten sind", dem Auftrag des Gesetzgebers. Es werde daher beantragt, "eine Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten".
Diese Darlegungen sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der RezeptpflichtVO im hier präjudiziellen Umfang zu erzeugen. Die Beschwerde scheint ihre nicht näher begründete Auffassung, wonach die RezeptpflichtVO nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, aus ihrer Annahme abzuleiten, die Verordnung stehe seit dem Jahr 1973 unverändert in Geltung. Dabei wird übersehen, daß die Verordnung in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Stammfassung (1973) und dem Tatzeitpunkt (1989) vierzehnmal umfangreichen Änderungen unterzogen wurde. Aus den von der Beschwerde angedeuteten zeitlichen Abläufen läßt sich somit nicht ableiten, daß der Verordnungsgeber dem Gebot des § 2 Abs. 1 RezeptpflichtG nicht nachgekommen wäre.
Der Hinweis der Beschwerde, es werde "bei vielen Medikamenten durch die Anlage 1 die mengenmäßige Beschränkung angegeben bzw. die Gefährlichkeit aufgrund der verwendeten Menge dargestellt" ist nur insoweit nachvollziehbar, als die Anlage 1 zur RezeptpflichtVO (in Verbindung mit ihrem Anhang 1) in vielen Fällen Ausnahmen von der Rezeptpflicht für den Fall der Unterschreitung im einzelnen angeordneter Mindestdosierungen normiert. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, daß die Anordnung der (mengenbezogen) ausnahmslosen Rezeptpflicht für bestimmte Arzneimittel von der Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 1 RezeptpflichtG nicht getragen würde. Auf welche Regelung der Verordnung die Beschwerde mit ihrem Hinweis Bezug nimmt, es werde "bei vielen Medikamenten die Gefährlichkeit aufgrund der verwendeten Menge dargestellt", ist nicht nachvollziehbar. Es bedürfen daher auch die - offenbar nicht auf fachkundiger Basis beruhenden - Darlegungen der Beschwerde, die sich mit dem Umstand auseinandersetzen, daß es - "jüngsten Erkenntnissen" zufolge - "nicht allein auf die chemische Zusammensetzung, sondern auf die Menge ankommt", keiner Kommentierung.
Die Beschwerde macht weiteres geltend, § 1 Abs. 1 des RezeptpflichtG sei verfassungswidrig, weil "die Verwendung des Arzneimittels von der Anwesenheit des Arztes abhängig gemacht" werde. Folge man dem Wortsinn des Gesetzes, seien alle Arzneimittel, wenn sie nicht im Beisein eines Arztes Anwendung fänden, rezeptpflichtig. Dies sei aber nicht der Sinn des Gesetzes. Der Gesetzgeber habe vielmehr solche Medikamente der Rezeptpflicht unterstellen wollen, die nicht im Beisein des Arztes eingenommen würden.
Diese Darlegungen sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschrift zu erzeugen. Sie entfernen sich so weit von einem sinnvollen Verständnis des Gesetzestextes, daß das von der Beschwerde gewonnene Auslegungsergebnis bei einer Prüfung der Vorschrift auf ihre Verfassungsmäßigkeit nicht in Betracht zu ziehen wäre.
Schließlich wendet sich die Beschwerde gegen die Auffassung der belangten Behörde, es liege eine "gröbliche" Verletzung von Berufspflichten im Sinne des § 18 Abs. 1 ApKG vor. Es sei unbestritten, daß es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe und die kleinste Verpackungseinheit verkauft worden sei. Darüber hinaus habe die belangte Behörde nicht gewürdigt, daß der Beschwerdeführer "einem Schauspieler aufgesessen" sei, der "einen Notfall im weitesten Sinn fingiert" habe. Die Testkäuferin, selbst eine "Dame höheren Alters", habe "für ihre alte, also beträchtlich ältere Tante", das Medikament erworben. Dem Beschwerdeführers sei "die Möglichkeit genommen worden, einen persönlichen Eindruck der Tante zu erwerben". Die Erfahrung zeige, daß ältere Personen des Schlafmittels bedürften. Die Schlafstörungen der älteren Menschen seien allgemein bekannt. Es gebe Untersuchungen von - namentlich genannten - amerikanischen Psychiatern, die zeigten, daß der Nutzen der Schlafmittel die Risken bei weitem überwiege.
Nach § 18 Abs. 1 Z. 2 ApKG liegt ein Disziplinarvergehen (nur dann) vor, wenn die in Rede stehende Verletzung von Berufspflichten "gröblich" ist. Das Gesetz knüpft somit nicht an jede Verletzung von Berufspflichten, sondern nur an solche an, die die Schwelle zur disziplinarrechtlichen Erheblichkeit überschreiten. Ob dies der Fall ist, ist anhand des Gewichtes der übertretenen Vorschrift, der Schuld des Betreffenden und der Folgen der Tat zu beurteilen.
Der von der Beschwerde hervorgehobene Umstand, daß der Bestrafung eine vereinzelt gebliebene Übertretung der Rezeptvorschriften zugrundeliegt, ist bei der Beurteilung des Schuldgehaltes der Übertretung von Berufspflichten zugunsten des Beschwerdeführers zu gewichten. Auf diesen Umstand hat die belangte Behörde, wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, auch Bedacht genommen. Hingegen fällt der Umstand, daß die Tat durch einen "agent provocateur" veranlaßt wurde, im vorliegenden Zusammenhang nicht ins Gewicht, weil nicht ersichtlich ist, daß die "Testkäuferin" anders vorgegangen wäre als "gewöhnliche" Apothekenkunden, insbesondere, daß sie unerlaubte oder verwerfliche Mittel angewendet hätte, um den Beschwerdeführer zum Verstoß gegen Rezeptvorschriften zu verleiten. Insbesondere kann nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht davon die Rede sein, daß die "Testkäuferin" einen Sachverhalt vorgetäuscht hätte, der als "besonderer Notfall" im Sinne des § 4 Abs. 5 RezeptpflichtG hätte angesehen werden können.
In Ansehung des Gewichtes der übertretenen Vorschrift ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Einhaltung der Vorschriften über die Rezeptpflicht von besonderer Bedeutung für die Volksgesundheit ist (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, § 6, 390 BlgNR XIII GP). Schließlich hat die belangte Behörde auch zu Recht darauf Bedacht genommen, daß in Ansehung des ohne Rezept ausgefolgten Arzneimittels eine erhöhte Gefahr im Sinne des § 1 Abs. 1 RezeptpflichtG durch die Anordnung des Wiederholungsverbotes in Anlage 1 der RezeptpflichtVO (vgl. BGBl. Nr. 706/1988) dokumentiert ist.
Es war somit nicht rechtswidrig, unter Bedachtnahme auf die Umstände des Beschwerdefalles die Verletzung von Berufsvorschriften als "gröblich" anzusehen. Die Darlegungen der Beschwerde über die Schlafstörungen älterer Menschen und den Nutzen von Schlafmitteln lassen einen Zusammenhang mit den im Beschwerdefall zu lösenden Fragen nicht erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.