VwGH 24.03.1998, 97/05/0054
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauO Wr §134 Abs3; BauO Wr §134a; BauO Wr §70; |
RS 1 | Kein RS. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Dkfm. Susanne Sulke-Wiesenthal in Wien,
2. der Magda Schweger in St. Gilgen, 3. des Patrick Graf Douglas und 4. der Wiesenthal & Co GmbH, die letzteren beiden in Wien, alle vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XXII - 23/96, betreffend Parteistellung im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Alas Beton- und Kieswerke GesmbH in Wien XI, Wildpretstraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung gemäß § 71 Bauordnung für Wien zur Errichtung einer Transportbetonmischanlage samt Silo, Eisenbahnentladung und Nebenanlagen auf dem in Wien 22, Gotramgasse 2, gelegenen Grundstück, das im Eigentum der Österreichischen Bundesbahnen steht und mit der Widmung "Verkehrsband" versehen ist, erteilt. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke EZ 1135, 776 und 1170, KG. Stadlau, die entlang der Gotramgasse dem Baugrundstück gegenüberliegen. Aus dem im Akt einliegenden Plan ergibt sich, daß die Bauten des angeführten Bauverfahrens zu den dem Baugrundstück näher gelegenen Grundstücken der Erst- bis Drittbeschwerdeführer EZ 1170 bzw. 1135 ca. 30 m bzw. ca. 36 m entfernt liegen. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer sind Gesellschafter der Viertbeschwerdeführerin, die auf den den Erst- bis Drittbeschwerdeführern gehörenden Anrainerliegenschaften eine Betriebsstätte für Kraftfahrzeughandel, Service und Reparatur betreibt. Mit Schriftsatz vom beantragten die Beschwerdeführer die Zuerkennung der Parteistellung in dem Bauverfahren der Mitbeteiligten. In diesem Antrag werden auch Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dieser Antrag abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Abänderung bestätigt, daß in der zweiten Zeile die Grundstücke der Beschwerdeführer statt mit "EZ 944 der Kat.-Gem. Leopoldstadt" mit "EZ 1135, EZ 776 und EZ 1170 der Kat.-Gem. Stadlau" anzugeben sind. Die Beschwerdeführer hätten zu Recht ins Treffen geführt, daß sie nicht Eigentümer der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführten EZ 944 KG Leopoldstadt seien. Es handle sich dabei um einen leicht erkennbaren, offenbar auf einem Versehen beruhenden Irrtum, der durch die Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG jederzeit von Amts wegen berichtigt werden könne. Es sei daher der Spruch zu berichtigen gewesen. Gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien seien in Widmungsgebieten, die nicht Bauland seien, sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Gebäude oder der geplanten baulichen Anlage lägen. Den Beschwerdeführern sei Recht zu geben, daß aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher Unterlagen die Baubehörde erster Instanz festgestellt habe, die Liegenschaften der Beschwerdeführer seien mehr als 20 m entfernt. Es sei daher zur Sanierung dieses Mangels dem Vertreter der Beschwerdeführer Akteneinsicht geboten worden. Diese sei am erfolgt. Eine weitere Stellungnahme oder Ergänzung der Berufung sei nach Akteneinsicht nicht abgegeben worden. In einer dem Akt einliegenden Kopie des Lageplanes sei der Abstand von den betroffenen Grundstücken kotiert eingezeichnet worden. Aus diesem Lageplan ergebe sich einwandfrei, daß die Bauführung in der Widmung Verkehrsband mehr als 20 m von den Grundstücken der Beschwerdeführer entfernt erfolge. Dementsprechend sei gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien keine Parteistellung gegeben.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 i. d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 34/1992, sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder nur durch Fahnen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Gebäude oder der geplanten baulichen Anlage liegen. Gemäß § 134a Bauordnung für Wien werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch näher bezeichnete Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet. Es werden u.a. Bestimmungen angeführt, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben.
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß ihre Grundstücke mehr als 20 m von der beabsichtigten Bauführung entfernt liegen. Sie weisen aber darauf hin, daß gemäß § 71 Bauordnung für Wien die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nur dann möglich sei, wenn entweder keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte berührt würden oder aber die Nachbarn ausdrücklich ihre Zustimmung zur Bauausführung erteilten. Wäre die Bauliegenschaft als "Bauland" gewidmet, so stünden den Beschwerdeführern subjektiv-öffentliche Rechte zu, die durch die Bauführung beeinträchtigt bzw. verletzt wären und die aufgrund ihrer Nachbarstellung dazu berechtigen würden, im Bauverfahren Einwendungen zu erheben. Gehe "man
- realitätsnahe - davon aus, daß die projektierte Industrieanlage nach Ablauf der Widerrufszeit fortbestehen" werde, werde "dies nur dann zulässig sein, wenn bis dahin eine entsprechende Umwidmung der Bauliegenschaften in "Bauland" erfolgt" sei. Es sei den Beschwerdeführern daher bereits im vorliegenden Baubewilligungsverfahren eine "vorweggenommene" Nachbar- und damit auch Parteistellung einzuräumen, weil sie im Fall der Baulandwidmung Nachbarn im Sinne des § 134 Bauordnung für Wien wären und dies vorerst nur deshalb nicht seien, weil derzeit noch eine Widmung als "Verkehrsband" vorliege.
Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Zutreffend verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf, daß nach dem geltenden Baurecht eine Bewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien erst nach einem neuerlichen Ansuchen und nach Durchführung eines Verfahrens erteilt werden kann. Die Frage der Parteistellung der Beschwerdeführer wird in diesem Verfahren neu zu prüfen und im Falle der Umwidmung des Baugrundstückes in "Bauland" § 134 Abs. 3 fünfter Satz leg. cit. heranzuziehen sein. Aus einer allfalls möglichen Erteilung einer unbefristeten Baubewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien in der Zukunft kann für die Frage der Rechtmäßigkeit des vorliegenden angefochtenen Bescheides nichts gewonnen werden.
Es ist zwar zutreffend, daß die belangte Behörde auf diese auch in der Berufung ins Treffen geführten Überlegungen nicht eingegangen ist, diese mangelnde Begründung stellt aber keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, da - wie dargelegt - daraus für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nichts gewonnen werden kann.
Für die Viertbeschwerdeführerin, die auf den den Erst- bis Drittbeschwerdeführern gehörenden Liegenschaften die angeführte Betriebsstätte betreibt, ergab sich im übrigen die Abweisung des vorliegenden Antrages schon deshalb zu Recht, weil sie nicht Eigentümerin der angeführten benachbarten Liegenschaften ist. Gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien kommt nur Eigentümern (Miteigentümern) benachbarter Liegenschaften in dem näher beschriebenen Sinn überhaupt Nachbarstellung zu.
Die Beschwerde erweist sich daher als nicht berechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zusatzinformationen
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Normen | BauO Wr §134 Abs3; BauO Wr §134a; BauO Wr §70; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1998:1997050054.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-59193