VwGH vom 22.01.2002, 99/11/0294
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der E GmbH in B, vertreten durch Dr. Franz Kreibich, Dr. Alois Bixner, Dr. Wolfgang Kleibel und Dr. Christine Bitschnau, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Erzabt Klotz-Straße 4/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-6/10.025/28-1999, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Thermalwasserregulativ der Marktgemeinde Bad Hofgastein, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg die von der Beschwerdeführerin erhobene Maßnahmenbeschwerde wegen Austausches eines Thermalwasserzählers durch Organe der Marktgemeinde Bad Hofgastein am gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 iVm § 67c AVG als unzulässig zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe ihren Sitz in der Marktgemeinde Bad Hofgastein und betreibe dort das Hotel A. Ihre handelsrechtlichen Geschäftsführer seien Ernst C jun., Gesellschafter seien Ernst C jun., Ernst C sen. und Adolfine C. In der Anlage des Hotels A befänden sich zwei Räumlichkeiten mit Wasserzählern, eine davon im Bädertrakt und die andere im Maschinenraum des Hallenbades. Die Wassermeister S und O seien Bedienstete der Marktgemeinde Bad Hofgastein. Beide seien seit Jahren mit der Ablesung sowohl der Thermalwasserzähler als auch der Trinkwasserzähler in der Gemeinde Bad Hofgastein betraut, die Ablesung im Hotel A erfolge dergestalt, dass die Wassermeister S und O entweder alleine oder zusammen für die monatliche Ablesung des Thermalwasserzählers einfach den Bädertrakt, so Badebetrieb herrsche und dieser dadurch frei zugänglich sei, betreten und die Ablesung vornehmen. Für den Fall, dass kein Badebetrieb herrsche, erbitte man an der Rezeption den Schlüssel und begebe sich zum Ablesen dorthin entweder alleine oder in Begleitung des Hausmeisters J. Hinsichtlich der jährlichen Ablesung des Trinkwassers im Maschinenraum des Hallenbades habe man, da dieser verschlossen sei, bis dato an der Rezeption immer den Schlüssel erbeten und sei man dorthin immer alleine, also ohne Begleitung des Hausmeisters, gegangen. Zur Vorgeschichte sei festzustellen, dass die Wassermeister S und O im Zusammenhang mit einer Zählerablesung bemerkt hätten, dass Thermalwasser eingelassen worden sei, jedoch die beiden Thermalwasserzähler im Bädertrakt dabei nicht gelaufen seien, und in weiterer Folge mit Unterstützung des Hausmeisters J den verfahrensgegenständlichen Thermalwasserzähler im Maschinenraum des Hallenbades entdeckt hätten. Die Wassermeister S und O hätten von dieser Entdeckung Ing. P, der von Beruf Geschäftsführer des Reinhalteverbandes G, Geschäftsführer des Trinkwasserverbandes G und Bediensteter der Marktgemeinde Bad Hofgastein sei und die Thermalwasseranlage Bad Hofgastein als Konsulent betreue, verständigt. Dieser habe sich ins Hotel A begeben, habe dort den Schlüssel zum Maschinenraum erhalten und habe in Begleitung des Hausmeisters J den Zähler angeschaut, ausprobiert und den Zählerstand notiert. In weiterer Folge habe - noch vor dem späteren Zähleraustausch - eine Besprechung u.a. zwischen Ernst C sen. und dem Amtsleiter der Gemeinde Bad Hofgastein am Gemeindeamt stattgefunden, anlässlich welcher Besprechung Ernst C sen. dem Amtsleiter erklärt habe, dass der von Ing. P aufgenommene Zählerstand nicht stimme. Dies habe Ing. P veranlasst vorzuschlagen, man müsse den Zähler überprüfen. Wegen dieser Vermutung, dass der Zähler nicht funktioniere, habe Ing. P im Einvernehmen bzw. in Absprache mit dem Amtsleiter der Gemeinde Bad Hofgastein den Auftrag an die Wassermeister S und O erteilt, den Zähler aus- und einen neuen einzubauen. Am hätten sich die Wassermeister S und O zum Hotel A begeben, Ernst C sen. über den beabsichtigten Zähleraustausch informiert und von diesem in der Folge den Schlüssel zum Maschinenraum erhalten. Der Hausmeister J habe sie über Veranlassung von Ernst C sen. begleitet und sei beim Zähleraustausch dabei gewesen. Die Wassermeister S und O hätten in der Folge den alten Thermalwasserzähler ausgebaut, einen neuen Zähler eingebaut, den Zählerstand notiert und diese Daten an der Rezeption hinterlassen. Den ausgebauten Zähler, der im Eigentum der Marktgemeinde Bad Hofgastein stehe, hätten sie mitgenommen. In rechtlicher Hinsicht führte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg im Wesentlichen aus, seine Zuständigkeit sei gegeben, die Zulässigkeit der Maßnahmenbeschwerde sei jedoch zu verneinen, weil den beiden Organen der Marktgemeinde Bad Hofgastein die Möglichkeit eingeräumt worden sei, den Maschinenraum zum Austausch des Wasserzählers zu betreten. Demzufolge könne von einer unter Befehls- oder Zwangsgewalt erfolgten Maßnahme "keine Rede sein". Die Maßnahmenbeschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird unter anderem die Feststellung der belangten Behörde bestritten, Ernst C sen. habe den einschreitenden Wassermeistern den Schlüssel zum Maschinenraum ausgefolgt. Eingeräumt wird hingegen, dass der Schlüssel an der Rezeption des Hotels freiwillig herausgegeben worden sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen lauten (auszugsweise):
1. § 67g Abs. 2 Z 2 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998
"...
(2) die Verkündung entfällt, wenn
...
2. der Bescheid nicht zugleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen werden kann und jedermann die Einsichtnahme in den Bescheid gewährleistet ist.
..."
2. § 7 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes 1997 idF LGBl. Nr. 101/1997
"(1) Die Gemeinde Bad Gastein und die Marktgemeinde Bad Hofgastein sind ermächtigt, die Verwertung ihrer Thermalwasserbezugsrechte durch Verordnung zu regeln. Die Verordnung hat zu regeln:
1. die Verleihung des Thermalwasserbezugsrechtes an Personen, die Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigte einer bestimmten Liegenschaft sind, ...; die Kostentragung der Herstellung und Erhaltung der notwendigen Anschlüsse von der Entnahmestelle bis zur Liegenschaft, die Kontrollrechte der Gemeinde betreffend diese Anlagen; ...
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2. | die Verwendung des Thermalwassers für Heilzwecke; ... | |||||||||
3. | die Gründe für ein Erlöschen des Thermalwasserbezugsrechtes ...; | |||||||||
4. die Qualität des Thermalwassers und die Schadenersatzpflichten bei Störungen des Thermalwasserbezugsrechtes; | ||||||||||
... | ||||||||||
6. die privatrechtlichen Entgelte für den Thermalwasserbezug. |
(2) Die Erlassung, Änderung und Aufhebung der Verordnung sowie die Vollziehung der Verordnung mit Ausnahme der Z 6 fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde."
3. § 12 Abs. 3 des Thermalwasser-Regulativs 1996 der Marktgemeinde Bad Hofgastein in der Fassung vom
"...
(3) Der Bürgermeister ist berechtigt, durch Organe der Gemeinde sich jederzeit vom guten Zustand der Badeeinrichtungen, der Leitungen, des Wassermessers usw. zu überzeugen und den jeweiligen Wasserverbrauch zu überwachen. ...
..."
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil der angefochtene Bescheid nicht mündlich verkündet worden sei und die Parteien des Verfahrens auch nicht auf eine mündliche Verkündung des Bescheides verzichtet hätten.
Im Beschwerdefall wurde zwar eine Verhandlung durchgeführt, doch ist die Verkündung des angefochtenen Bescheides unterblieben. Die belangte Behörde brachte dazu in der Gegenschrift vor, dass die Verkündung des Berufungsbescheides nicht sofort möglich gewesen sei, "da der gegenständlich durchaus umfangreich zu verfassende Bescheid zumindest einer kürzeren Überlegungsphase bedurfte". Dieses Vorbringen ist nach der Lage des Falles nicht von der Hand zu weisen. Es bestehen somit keine Bedenken, im Beschwerdefall die Voraussetzungen nach § 67g Abs. 2 Z. 2 AVG für den Entfall der Verkündung des angefochtenen Bescheides als erfüllt zu betrachten.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es habe gar keine Notwendigkeit für die Gemeinde bestanden, die Demontage des Zählers "unverzüglich" und "ohne Information" der Beschwerdeführerin vorzunehmen, wodurch sie die Rechte der Beschwerdeführerin verletzt habe. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil es im Beschwerdefall ausschließlich darum geht, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines Aktes verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verneint hat.
Dies ist im Ergebnis aus folgenden Gründen der Fall:
Gemäß § 12 Abs. 3 des auf Grund § 7 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes erlassenen Thermalwasserregulativs 1996 der Marktgemeinde Bad Hofgastein ist der Bürgermeister berechtigt, sich durch Organe der Gemeinde jederzeit vom guten Zustand der Badeeinrichtungen, der Leitungen, des Wassermessers usw. zu überzeugen und den jeweiligen Wasserverbrauch zu überwachen. Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, dass im Beschwerdefall der in Rede stehende Austausch des Thermalwasserzählers zum Zwecke der Überprüfung seiner Funktionsfähigkeit erfolgt ist. Die sowohl von der belangten Behörde als auch von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, die beiden Wassermeister seien im Rahmen der Hoheitsverwaltung der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich tätig geworden, kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt aber nach der Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Im Allgemeinen kommt es darauf an, ob von einem Verwaltungsorgan physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0163). Als Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt wurden in diesem Sinne ua. das Aufsperren verschlossener Räume (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/05/0172) oder das gewaltsame Eindringen in ein ehemaliges Geschäftslokal bzw. in eine Wohnung (vgl. zB. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 12056, bzw. vom , VfSlg Nr. 11266) qualifiziert.
Dass es im Beschwerdefall zur Ausübung physischen Zwanges gekommen wäre, wird nicht einmal von der Beschwerdeführerin behauptet. Das bloße Fehlen physischen Zwanges reicht freilich nicht aus, ein im Rahmen der Hoheitsverwaltung gesetztes Verhalten eines Verwaltungsorganes nicht als Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt zu werten, weil auch eine bloße Anordnung allein genügt, wenn der Adressat einer solchen Anordnung bei ihrer Nichtbefolgung mit deren zwangsweisen Realisierung zu rechnen hat (vgl. zB. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg Nr. 10020).
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Schlüssel zum Maschinenraum an der Rezeption des Hotels freiwillig an die beiden Wassermeister herausgegeben wurde und diese vom Hausmeister der Beschwerdeführerin in den Maschinenraum begleitet wurden. In der Beschwerde bleiben auch die Feststellungen der belangten Behörde über die seit Jahren geübte Praxis der beiden Wassermeister unbestritten, anlässlich der jährlichen Ablesung des Trinkwassers im Maschinenraum des Hallenbades an der Rezeption den Schlüssel zu erbitten. Dass am abweichend von dieser Praxis eine Androhung von Zwang stattgefunden hätte, wird somit auch in der Beschwerde nicht behauptet. Es kann im Folgenden dahingestellt bleiben, ob die Feststellungen der belangten Behörde zutreffen, wonach die beiden Wassermeister den Schlüssel von Ernst C sen. erhielten. Auch wenn ihnen nämlich der Schlüssel, wie in der Beschwerde behauptet, an der Rezeption ausgefolgt worden sein sollte, wäre zu verneinen, dass sich die beiden Wassermeister, die im Übrigen unstrittig vom Hausmeister begleitet wurden, den Zutritt zum Maschinenraum durch Zwang oder unter Androhung von Zwang verschafft hätten.
Die Beschwerdeführerin lässt schließlich unbestritten, dass der verfahrensgegenständliche Thermalwasserzähler im Eigentum der Marktgemeinde Bad Hofgastein stand. Die beiden Organe der Marktgemeinde Bad Hofgastein haben somit in einem Raum, dessen Betreten ihnen freiwillig gestattet worden war, einen im Eigentum der Gemeinde stehenden Gegenstand ausgebaut. Dass sie dabei einen auf die Verhinderung des Zählerausbaus gerichteten Widerstand von Seiten der Beschwerdeführerin überwunden hätten, wird in der Beschwerde ebenfalls nicht behauptet. Dieser Ausbau eines im Eigentum der Gemeinde stehenden Wasserzählers kann vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber der Beschwerdeführerin qualifiziert werden. Die Zurückweisung der dagegen gerichteten Maßnahmenbeschwerde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg kann daher auch nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die Verfahrensrügen der Beschwerdeführerin, insbesondere auf die von ihr behaupteten Mängel der Beweiswürdigung, einzugehen, weil angesichts des eigenen Vorbringens der Beschwerdeführerin zur freiwilligen Herausgabe des Schlüssels zum Maschinenraum und mangels Bestreitung der oben wiedergegebenen Bescheidfeststellungen nicht ersichtlich ist, wie die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von einer Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am