VwGH vom 19.03.1992, 91/09/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers
Mag. Fritz, über die Beschwerde des GE in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom , Zl. OB. 113-480.592-008, betreffend Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er ausspricht, daß ab kein Anspruch auf Beschädigtenrente mehr besteht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahre 1967 geborene Beschwerdeführer leistet ab dem als Zeitsoldat Dienst beim Österreichischen Bundesheer. Als voraussichtlicher Entlassungstag ist der vorgesehen. Am stürzte der Beschwerdeführer bei einer Kletterübung auf dem Peilstein ab, wobei er schwere Verletzungen erlitt (Gehirnerschütterung, Schädelfraktur, Bruch des linken Innenknöchels). Wegen dieses Unfalles stellte der Beschwerdeführer am beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) den formularmäßigen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG).
Das LIA führte daraufhin ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durch, in dem es unter anderem die Krankengeschichte über den Krankenhausaufenthalt des Beschwerdeführers im Landeskrankenhaus Mödling einholte, in dem dessen Innenknöchelbruch links operativ behandelt worden war. Auch forderte das LIA vom Militärkommando Niederösterreich die komplette Gesundheitskarte des Beschwerdeführers mit allen vorhandenen Unterlagen an. Das LIA holte weiters noch ärztliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Nervenkrankheiten Dr. Z sowie des Facharztes für Chirurgie Dr. H ein.
Schließlich führte das LIA noch eine berufskundliche Beurteilung nach § 22 HVG durch.
Mit Bescheid des LIA vom wurde ausgesprochen:
"Auf Ihren Antrag, eingelangt am (richtig: ), werden gemäß §§ 1 und 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG), BGBl. Nr. 27/1964, in der jeweils geltenden Fassung, nachstehend angeführte Gesundheitsschädigung(en) als Dienstbeschädigung(en) anerkannt:
Bezeichnung der Dienstbeschädigung: Kausalanteil:
"...
...
...
IV AB
a) "Abgeheilte Commotio cerebri" 1/1
b) "Geheilter Bruch des linken Stirnbeines
mit leichter Knochendelle" 1/1
c) "Blande Narbe linke Stirn" 1/1
d) "Zustand nach operativ versorgtem Bruch
des linken inneren Knöchels und Cuboids" 1/1
Gemäß §§ 21 bis 24, 25, 55 und 70 HVG, in der jeweils geltenden Fassung, wird Ihnen ab eine Beschädigtenrente zuerkannt. Diese beträgt entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 bzw. 90 v.H. mtl. S 10.411,--, ab entsprechend einer MdE von 70 v.H. mtl. S 7.288,-- und ab entsprechend einer MdE von 30 v.H. mtl. S 2.603,--."
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage führte die Versorgungsbehörde erster Instanz zur Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, nach dem ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. H vom , das für schlüssig befunden und in freier Beweiswürdigung diesem Bescheid zugrundegelegt worden sei, ergebe sich folgende Einschätzung nach den Richtsätzen zu § 21 HVG:
"...
...
...
IV AB
a) Abgeheilte Commotio cerebri RS-Pos. IV/v/569 MdE 0 %
b) Geheilter Bruch des linken
Stirnbeines mit leichter
Knochendelle RS-Pos. I/a/2 MdE 10 %
c) Blande Narbe linke Stirn RS-Pos. IX/c/702
Tab. 1, re+NS MdE 10 %
d) Zustand nach operativ
versorgtem Bruch des linken
inneren Knöchels und Cuboids RS-Pos. g.Z.
I/d/136 MdE 30 %"
Für die Beurteilung innerhalb der Rahmensätze sei maßgebend gewesen: ...
ZU IVb): unterer Rahmensatzwert, der geringen Delle und der Beschwerdefreiheit entsprechend.
ZU IVc): unterer Rahmensatzwert, weil kosmetisch nicht störend zuzüglich 10 %, weil im Gesicht.
ZU IVd): eine Stufe unter dem obersten Rahmensatzwert, der Bewegungseinschränkung und den glaubhaften Schmerzen und der Gangbehinderung entsprechend.
Die durch das schädigende Ereignis bzw. durch die der Dienstleistung eigentümliche Verhältnisse verursachte gesamte MdE sei im Sinne des § 3 der Verordnung vom , BGBl. Nr. 151, ab mit 90 v.H., ab mit 70 v.H. und ab mit 30 v.H. festgestellt worden. Maßgebend für die Einschätzung der Gesamt-MdE ab mit 30 % sei gewesen, daß die MdE der Dienstbeschädigung 4 durch die MdE der übrigen Leiden nicht weiter erhöht werde.
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides setzt sich das LIA weiters noch mit der Prüfung nach § 22 HVG sowie mit der Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Festsetzung der Höhe der Beschädigtenrente auseinander.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen (als "Einspruch") bezeichneten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei am im Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler nochmals operiert worden und habe ab diesem Zeitpunkt ca. einen Monat mit Stützkrücken gehen müssen; für diesen Zeitraum habe daher sicherlich eine größere Invalidität als 30 % bestanden. Der Berufung war eine Behandlungsbestätigung des Unfallkrankenhauses Lorenz Böhler vom angeschlossen.
Die belangte Behörde führte daraufhin ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, in dem sie zunächst die Krankengeschichte des Beschwerdeführers vom Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler, in dem er sich vom bis in stationärer und ambulanter Behandlung befunden hatte, anforderte. Die belangte Behörde holte weiters im Berufungsverfahren einen Röntgenbefund von Dr. N vom sowie ein ärztliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. D vom ein. Dr. D nahm nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers zunächst eine stufenweise Einschätzung der MdE ab vor, wobei er zu einer Einschätzung der Gesamt-MdE ab mit insgesamt 20 v.H. gelangte. Weiters führte er in seinem Gutachten aus, dem "Einspruch" sei zu folgen gewesen, weil nach dem Eingriff am - Metallentfernung, arthroskopische Untersuchung des Sprunggelenkes und Bridendurchtrennung - eine Entlastung des linken Beines ärztlich vorgeschrieben gewesen sei. Eine Nachuntersuchung sei nicht erforderlich, weil nach all den getroffenen Maßnahmen und der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit eine Besserung des Bewegungsbefundes nicht zu erwarten und ein Dauerzustand eingetreten sei.
Die belangte Behörde führte auch eine neuerliche berufskundliche Beurteilung nach § 22 HVG durch.
Der Beschwerdeführer erhielt im Rahmen des Parteiengehörs vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Kenntnis. Er brachte in seiner Stellungnahme vom hiezu im wesentlichen vor, die Untersuchung durch Dr. D habe nach seinen Aufzeichnungen am und nicht am , wie dies in dessen Gutachten vermerkt sei, stattgefunden. Bei seiner Untersuchung habe er Dr. D auf seine orthopädischen Schuhe aufmerksam gemacht, die er zu diesem Zeitpunkt ständig getragen habe; Dr. D schreibe in seinem Gutachten auf Seite 3 "... normales Schuhwerk". Augenfällig erscheine es ihm auch, daß die Angaben betreffend seine Kopfschmerzen nicht weiter untersucht worden seien. Dieser Stellungnahme legte der Beschwerdeführer unter anderem einen Befund des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. W vom , einen Befundbericht des Militärarztes vom sowie ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. K vom bei. Nach Befunderhebung kam Dr. K dabei zu folgendem Ergebnis:
"Nach Gehirnerschütterung, Schädelbasisbruch und Zerrung der Halswirbelsäule sowie diversen Rißwunden bestehen keine Beschwerden mehr. Nach Bruch am linken Innenknöchel und Würfelbein, sowie sekundärer Arthrose im linken oberen und unteren Sprunggelenk, besteht eine beträchtliche Bewegungseinschränkung im linken oberen und unteren Sprunggelenk, eine Muskelverschmächtigung am linken Bein und geringe Schwellung am linken Unterschenkel, es besteht eine leichte Gangstörung und Belastungsschmerzen, orthopädische Schuhe müssen getragen werden. Die M.d.G. des linken Fußes kann mit 30 % angenommen werden. Eine wesentliche Besserung ist nicht mehr zu erwarten."
In diesem Gutachten wurde in der vorletzten Zeile das Wort "Fußes" gestrichen, wobei die dabei vorgenommene Berichtigung unleserlich ist.
Die belangte Behörde holte daraufhin zu den Berufungseinwendungen und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden eine Stellungnahme des Sachverständigen Dr. D vom ein, der darauf hinwies, der Beschwerdeführer übersehe, daß der Zeitpunkt einer Untersuchung nicht mit dem Zeitpunkt der Erstellung eines Gutachtens übereinstimmen müsse. Bezüglich der erwähnten Kopfschmerzen verweise er auf die Schmerzcharakterisierung durch den Beschwerdeführer in seinem Gutachten vom sowie auf die neurologische Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren. Sollten nunmehr verstärkte Beschwerden bestehen, so wäre ein entsprechender Antrag zu stellen und gegebenenfalls eine neuerliche neurologische und psychologische Begutachtung erforderlich. Die vom Beschwerdeführer erwähnten orthopädischen Schuhe seien keine den langläufigen Vorstellungen entsprechenden. Es handle sich vielmehr um einen Adimed-Sportschuh, der wegen einer plötzlich aufgetretenen Achillessehnenreizung im August 1989 verordnet worden sei. In dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten vom sei eine MdE von 30 % zugesprochen, jedoch auch eine Nachuntersuchung für September 1989 vorgesehen worden. In der Zwischenzeit seien auch weitere therapeutische Maßnahmen zur Verbesserung des Bewegungsumfanges getroffen worden.
Der Beschwerdeführer erhielt auch von dieser Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs Kenntnis. In seiner Stellungnahme vom brachte er hiezu im wesentlichen vor, der Schuh sei nicht nur wegen der Achillessehnenreizung verordnet worden und müsse von ihm ständig getragen werden, wobei diesbezüglich auch jederzeit bei seinem Hausarzt rückgefragt werden könne. Er stehe auch wegen ständiger Kopfschmerzen bei seinem Arzt Dr. Ni in Behandlung; er ersuche die belangte Behörde um Einholung der Behandlungsunterlagen. Bei zahllosen Röntgenaufnahmen im Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler habe an seinem linken Sprunggelenk keinerlei Veränderung festgestellt werden können. Erst als er auf einem Tisch stehend nochmals geröntgt worden sei, seien die Ärzte zu einer Diagnose gelangt. Bei der Röntgenuntersuchung beim LIA sei nur liegend eine Röntgenaufnahme gemacht worden, die daher ebenfalls zu keinem Ergebnis habe führen können. Er ersuche die belangte Behörde, bei der Entscheidung sämtliche Gutachten - auch die von ihm vorgelegten - zu berücksichtigen, weil er der Ansicht sei, daß die jeweiligen Untersuchungsergebnisse oft auch von der Tagesverfassung zum Zeitpunkt der Untersuchung abhängig seien.
Über Anfrage teilte der praktische Arzt Dr. Ni mit, daß Befunde nicht vorlägen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 82 Abs. 1 HVG mit der Maßgabe bestätigt, daß ab eine Beschädigtenrente nach einer MdE von 100 v.H. von monatlich S 10.411,--, ab nach einer MdE von 70 v.H. von monatlich S 7.288,-- und ab nach einer MdE von 40 v.H. von monatlich S 3.470,-- gewährt werde; unter einem wurde ausgesprochen, daß mit Wirkung ab kein Anspruch auf Beschädigtenrente mehr bestehe. Die Dienstbeschädigung (§ 2 HVG) werde wie folgt bezeichnet:
"...
...
...
AB (richtig wohl: 1988):
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1) | Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenkes nach operativ versorgtem Innenknöchelbruch und Bruch des Würfelbeines, Metallentfernung und Bridendurchtrennung | |||||||||
2) | Narbe im Stirn-Scheitelbereich links." |
Zur Begründung dieses Bescheides wies die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes auf das von ihr zur Prüfung der Berufungseinwendungen eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. D sowie dessen ergänzende Stellungnahme hin, woraus sich folgende medizinische Beurteilung ergebe:
"Den Berufungseinwendungen war zu folgen, weil nach dem Eingriff am nach Metallentfernung, arthroskopischer Untersuchung des Sprunggelenkes und Bridendurchtrennung eine Entlastung des linken Beines ärztlich verordnet war.
In den vorgelegten Befunden finden sich drei verschiedene Bewegungsbefunde des linken Sprunggelenkes. In die allgemein übliche Beschreibung eines Bewegungsumfanges übertragen lauten diese Befunde wie folgt:
S 0-15, S 0-0-10, S 15-0-35.
Der persönlich erhobene Befund betrug S 5-0-30 und entspricht damit dem im Lorenz-Böhler-Krankenhaus erhobenen Befund. Dieser Befund stellt eine Bewegungseinschränkung dar, die in der Dorsalflexion des oberen Sprunggelenkes besteht, während die Plantarflexion weitgehend frei durchführbar ist.
Nicht unterwähnt soll hierbei bleiben, daß im Befund des Lorenz-Böhler-Krankenhauses vom festgehalten wurde, daß der Patient bereits Skifahren gewesen und der Gang nahezu unbehindert sei.
Auch bei der klinischen Untersuchung zum Zwecke der Gutachtenerstellung wurde ein flotter und sicherer Gang beobachtet, alle Gangqualitäten waren frei durchführbar. Für die Einschätzung ab war die Position 136 heranzuziehen, die einen Rahmen von einer MdE von 10 v.H. bis 40 v.H. aufweist. Entsprechend dem Wortlaut der Position ist der obere Rahmensatz der Versteifung eines Sprunggelenkes vorbehalten und daher nicht heranzuziehen. Der mittlere obere Rahmensatz muß daher einer weitgehenden Einschränkung zugeordnet werden. Da beim BW die Bewegungseinschränkung vornehmlich in der Dorsalflexion zu finden ist, ist daher der untere mittlere Rahmensatz anzuwenden.
Zu den vom BW erwähnten orthopädischen Schuhen ist festzustellen, daß diese nicht den Vorstellungen eines echten orthopädischen Schuhwerks entsprechen.
Es handelt sich vielmehr um einen Adimed-Sportschuh, der wegen einer plötzlich aufgetretenen Achillessehnenreizung im August 1989 verordnet wurde."
Auf Grund dieser medizinischen Beurteilung ergebe sich nachfolgende (abgestufte) Richtsatzeinschätzung:
"...
...
...
AB :
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1) | Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenkes nach operativ versorgtem Innenknöchelbruch und Bruch des Würfelbeines, Metallentfernung und Bridendurchtrennung RS-Pos. |
I/d/136 MdE 20 %
2) Narbe im Stirn-Scheitelbereich links RS-Pos.
IX/c/702
T. 1.Z.re. MdE 10 %"
Die Einreihung der unter Punkt 1. angeführten
Dienstbeschädigung innerhalb des Rahmensatzes der Positon 136
erfolge in der Erwägung, daß die Bewegungseinschränkung im
wesentlichen nur in der Dorsalflexion des Sprunggelenkes
bestehe. Die Gesamt-MdE sei im Sinne des § 3 der Verordnung des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom ,
BGBl. Nr. 151/1965, (zuletzt) ab mit 20 v.H.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
festgestellt worden, wobei hiefür maßgebend gewesen sei, daß die führende MdE durch das weitere DB-Leiden keinerlei Erhöhung mehr erfahre. Die MdE betrage daher gemäß § 21 HVG ab 100 v.H., ab 70 v.H., ab 40 v.H. und ab 20 v.H. Das Gutachten des Sachverständigen sei als schlüssig erkannt und daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrundegelegt worden. |
Nach Wiedergabe der berufskundlichen Beurteilung gemäß § 22 HVG, in der die Feststellung enthalten ist, daß keine beruflichen Sonderverhältnisse im Sinne des § 22 HVG vorlägen und somit eine Einschätzung der MdE nach dieser Gesetzesstelle nicht habe vorgenommen werden können, wird weiters ausgeführt, daß das Ergebnis der Beweisaufnahme dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden sei. Die vorgebrachten Einwendungen seien jedoch nicht geeignet gewesen, das auf ärztliches Fachwissen gegründete Sachverständigengutachten zu entkräften. Insbesondere sei festzuhalten, daß beim behandelnden Arzt des Beschwerdeführers keine weiteren Befunde aufgelegen seien. Zu den im Berufungsverfahren geltend gemachten Kopfschmerzen sei festzustellen, daß diese nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein könnten, weil darüber noch keine erstinstanzliche Entscheidung vorliege. Ein entsprechender Antrag könne jedoch jederzeit beim LIA eingebracht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich, soweit er ausspricht, daß dem Beschwerdeführer ab kein Anspruch auf Beschädigtenrente mehr zustehe, die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Seinem Vorbringen nach erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zuspruch einer Beschädigtenrente nach dem HVG auch nach dem verletzt; seine MdE sei ab diesem Zeitpunkt höher einzuschätzen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde begnüge sich damit, bloß das Gutachten Dris. D bzw. sein Ergebnis darzustellen und ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung oder Befassung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie gelange solcherart zu einer MdE für den Zeitraum ab von bloß 20 %. Die Behörde habe damit aber die ihr obliegende Überprüfung und Beweiswürdigung der Verfahrensergebnisse nicht gehörig vorgenommen. Es sei lediglich ohne Begründung festgestellt worden, daß die vorgebrachten Einwendungen nicht geeignet wären, das auf ärztliches Fachwissen gegründete Sachverständigengutachten zu entkräften. Nicht einmal Erwähnung habe gefunden, daß ein dem Gutachten des Amtssachverständigen widersprechendes Gutachten vorgelegt worden sei, mit dem der Amtssachverständige sich nicht auseinandergesetzt habe. Tatsächlich stehe ihm auch ab dem eine Beschädigtenrente, zumindest ausgehend von einer MdE von 30 %, zu. Das Gutachten Dris. D vom gebe nicht an, wann die zugrundeliegende Befundaufnahme stattgefunden habe; es sei somit nicht klar, zu welchem Stichtag die tatsächlichen Grundlagen für die Gutachtenserstellung erhoben worden seien. Schon dies allein begründe einen überprüfungsbedürftigen Mangel bzw. erschwere im höchstem Maße eine Überprüfung der Schlüssigkeit des Gutachtens. Die - wenigstens nachträgliche - Angabe des Untersuchungszeitpunktes wäre zwecks Auseinandersetzung mit dem von ihm vorgelegten Privatgutachten des - fachlich anerkannten und geschätzten - Sachverständigen Dr. K vom (welches mit dem Befundaufnahme- bzw. Untersuchungsdatum ausgefertigt worden sei) unbedingt notwendig gewesen.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß § 21 Abs. 1 HVG hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung über drei Monate nach dem Eintritt der Gesundheitsschädigung (§ 2) hinaus um mindestens 25 v.H. vermindert ist; die Beschädigtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v.H. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Richtsätzen einzuschätzen, die den wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen.
Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 iVm § 67 AVG sind in der Begründung eines Berufungsbescheides u.a. auch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen. Ein Bescheid, der diesen Erfordernissen nicht entspricht, bedarf hinsichtlich des Sachverhaltes der Ergänzung und ist daher, sofern durch diesen Mangel die Parteien in der Verfolgung ihrer Rechte beeinträchtigt sind, mit einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG behaftet.
Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (sogenannter Grundsatz der freien Beweiswürdigung), bedeutet nicht, daß dieser in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die in Rede stehende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes hat nur zur Folge, daß, sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese Regelung schließt auch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind aber solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/09/0046).
Auf dem Boden dieser Rechtsprechung hält die Begründung des angefochtenen Bescheides einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß allein dem Fehlen des Untersuchungszeitpunktes im Gutachten Dris. D (auch nachträglich hat das Datum der Befunderhebung von dem genannten Sachverständigen NICHT angegeben werden können) in der Frage der Schlüssigkeit dieses Gutachtens die von der Beschwerde angenommene entscheidungswesentliche Bedeutung nicht zukommt, zumal der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom selbst darauf hinweist, daß nach seinen Aufzeichnungen die Untersuchung durch Dr. D am erfolgt sei. In ihrer Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, daß aus der Tatsache, daß am im LIA ein Röntgenbefund des linken Sprunggelenkes mit Seitenvergleich angefertigt worden sei, zu schließen sei, daß die persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers durch Dr. D an diesem Tage stattgefunden habe. Jedenfalls kann somit angenommen werden, daß die Untersuchung durch Dr. D ungefähr zur gleichen Zeit erfolgt ist, wie die Untersuchung durch Dr. K (), sodaß keines der beiden Gutachten in einer (für den Beschwerdefall möglicherweise wesentlichen) größeren zeitlichen Nahebeziehung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde steht. Der Verwaltungsgerichtshof teilt im übrigen die vom Sachverständigen Dr. D in seiner Stellungnahme vom vertretenen Auffassung, daß der Zeitpunkt der Untersuchung grundsätzlich nicht mit dem Zeitpunkt der Erstellung eines Gutachtens übereinstimmen muß.
Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung (in der im Beschwerdefall maßgebenden Frage der Einschätzung der MdE ab und damit auch in der Frage des Bestehens eines Anspruches auf Beschädigtenrente ab diesem Zeitpunkt) auf das von ihr eingeholte und als schlüssig erkannte Gutachten des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. D sowie auf dessen (in Auseinandersetzung mit den Berufungsausführungen des Beschwerdeführers und der von diesem vorgelegten Befunde ergangene) Stellungnahme vom . Der Beschwerdeführer hat im Zuge des Berufungsverfahrens ein von privater Seite (Dr. K) erstattetes Gutachten vorgelegt, in dem die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30 % festgestellt worden ist. Für die Einschätzung der MdE des Beschwerdeführers, die im Beschwerdefall (ab ) gerade in den Randbereich der Zuerkennung bzw. der Ablehnung eines Rentenanspruches (25 % MdE) fällt, sind der belangten Behörde somit zwei einander widersprechende Gutachten vorgelegen.
In der Frage der Beurteilung der einander widersprechenden Gutachten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß nicht schon die amtliche Eigenschaft des einen Sachverständigen den Ausschlag geben darf. Der unterschiedliche Wert solcher Gutachten liegt vielmehr im Grad des erkennbaren inneren Wahrheitswertes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 76/51, VwSlg. 2453/A). Bei einander widersprechenden Gutachten ist es der Behörde gestattet, sich dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen. Sie hat aber in der Begründung ihres Bescheides die Gedankengänge darzulegen, die dafür maßgebend waren, daß sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat. Bei Widersprüchen zwischen dem Gutachten eines privaten und eines amtlichen Sachverständigen kann nicht schon die amtliche Eigenschaft des einen Sachverständigen, sondern nur der innere Wahrheitswert des Gutachtens den Ausschlag geben. Dies folgt schon aus dem auch für das Verwaltungsverfahren tragenden Grundsatz der materiellen Wahrheit (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/09/0047, 0108, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der angefochtene Bescheid läßt jedenfalls nicht erkennen, welche sachlichen Erwägungen für die belangte Behörde maßgebend waren, dem Gutachten und der Stellungnahme Dris. D gegenüber dem vom Beschwerdeführer vorgelegten, in der entscheidenden Frage (hinsichtlich der Einschätzung der MdE ab ) widersprechenden Privatgutachten den Vorzug zu geben.
Im angefochtenen Bescheid fehlt auch jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom , wonach die jeweiligen Untersuchungsergebnisse oft auch von der Tagesverfassung zum Zeitpunkt der Untersuchung abhängig seien. Ungeklärt ist auch geblieben, ob die Lage des Fußes - wie dies vom Beschwerdeführer behauptet worden ist - bei der Röntgenaufnahme (für deren Ergebnis) von entscheidender Bedeutung sein kann. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs (in Verbindung mit dem von ihm vorgelegten Gutachten Dris. K) kann bei der gegebenen Sachlage nicht mit der formelhaften Feststellung abgetan werden, es sei nicht geeignet, das auf ärztliches Fachwissen gegründete Sachverständigengutachen zu entkräften.
Wenn die belangte Behörde nunmehr den Versuch unternimmt, Begründungsteile in der Gegenschrift nachzubringen, so ist sie auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/18/0161).
Wenn der Beschwerdeführer abschließend in seinem Beschwerdeschriftsatz die berufskundliche Beurteilung nach § 22 HVG bekämpft, so verstößt er damit gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 VwGG geltende Neuerungsverbot. Im Verwaltungsverfahren hat es der Beschwerdeführer nämlich verabsäumt (sachlich fundierte) Einwendungen gegen die berufskundliche Beurteilung vorzubringen, die die belangte Behörde allenfalls dazu veranlaßt hätten, das Ermittlungsverfahren in dieser Richtung zu ergänzen.
Aus den oben wiedergegebenen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.
Der angefochtene Bescheid mußte daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachten Stempelgebühren, die im Hinblick auf den auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden § 68 Abs. 2 HVG nicht zu entrichten war.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Fundstelle(n):
FAAAE-58900