VwGH vom 28.10.1997, 97/04/0104
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
97/04/0255 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Ing. G in S, vertreten durch E & Partner, Rechtsanwaltssozietät in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 4/33-3/1996, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der St. Baugesellschaft m.b.H. zu verantworten zu haben, daß zirka zwischen dem und dem auf der Baustelle "R" durch den Betrieb einer Betonmischanlage, wobei der Beton an verschiedene (im angefochtenen Bescheid beispielsweise namentlich genannte) Abnehmer bzw. Drittkunden geliefert worden sei, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei, obwohl die Betriebsweise der Betonmischanlage geeignet gewesen sei, die Nachbarn durch Lärm, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen und das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 370 Abs. 2 in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Z. 1 und 2 GewO 1994 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzarreststrafe 12 Tage) verhängt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides ging der Landeshauptmann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, die St. Baugesellschaft m.b.H. habe im Zuge des Bauvorhabens die Errichtung des überregionalen Klärwerkes H eine Betonmischanlage der Type Molimat MO60 auf einer näher bezeichneten Grundparzelle aufgestellte, wobei in weiterer Folge der dort erzeugte Beton nicht nur für dieses Bauvorhaben verwendet, sondern im Zeitraum vom bis zum auch an dritte Personen geliefert worden sei. Bei den belieferten Baustellen handle es sich unbestrittenermaßen nicht um Baustellen der St. Baugesellschaft m.b.H. In rechtlicher Hinsicht vertrat der Landeshauptmann unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 74 Abs. 1 und 2 GewO 1994 die Ansicht, eine wenn auch mobile Betonmischanlage sei als örtliche Einrichtung zu verstehen, wenn der Zweck dieser Einrichtung der Entfaltung einer regelmäßigen gewerblichen Tätigkeit diene. Im gegenständlichen Fall könne die Entfaltung einer regelmäßigen (nicht einer einmaligen auf eine Baustelle bezogenen) gewerblichen Tätigkeit bejaht werden, da von der mobilen Betonmischanlage aus nicht nur der Beton für die Errichtung des Bauvorhabens Klärwerk H verwendet worden sei, sondern aus dieser Betonmischanlage auch dritte Personen, die mit dem Bauvorhaben überhaupt nichts zu tun hätten und deren Baustellen keine solche der St. Baugesellschaft m.b.H. gewesen seien, beliefert worden seien. Durch diese Vorgangsweise habe der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 zweiter Satz GewO 1994 zu vertreten. Es liege auf der Hand, daß das Betreiben einer Betonmischanlage geeignet sei, die Nachbarn durch Lärm, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen oder das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden. Nur dann, wenn die mobile Betonmischanlage ausschließlich für die Baustelle des Klärwerkes H benützt worden wäre, könnte man von einer Baustelleneinrichtung sprechen. Dies sei jedoch nicht der Fall. In diesem Zusammenhang sei es auch unerheblich, ob diese mobile Betonmischanlage nur während eines bestimmten Zeitraumes aufgestellt worden sei; es komme vielmehr allein auf die Art des Betriebes an. Dadurch, daß diese mobile Betonmischanlage in der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatzeit nicht für die Errichtung des regionalen Klärwerkes verwendet worden sei, hätte die Notwendigkeit bestanden, für diesen Betrieb um eine Bewilligung bei der Gewerbebehörde anzusuchen. Dies sei unterlassen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Betrieb einer Baustelleneinrichtung ohne Vorliegen einer gewerberechtlichen "Betriebsstättengenehmigung" nach § 74 GewO 1994 verletzt. Aus dem gesamten Beschwerdevorbringen läßt sich ableiten, daß er sich darüber hinaus in dem Recht verletzt erachtet, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er vor, zu klären sei die Rechtsfrage, ob überschüssiger Beton aus einer Baustelleneinrichtung auch an andere eigene, aber auch fremde Baustellen geliefert werden dürfe. Unstrittig sei, daß die in Rede stehende Betonmischanlage zeitlich befristet, nämlich für die Dauer bis zur Fertigstellung der Baustelle in H, errichtet worden sei. Nach Fertigstellung dieser Baustelle (voraussichtlich bereits im Herbst dieses Jahres, sicherlich aber noch im heurigen Jahr) werde die Betonmischanlage entfernt. Nach der (in der Beschwerde zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei maßgeblich für die Frage, ob eine Baustelleneinrichtung vorliege, ausschließlich ob und inwieweit die Aufstellung der Betonmischanlage mit einer konkreten Baustelle im zeitlichen Zusammenhang stehe. Eine Baustelleneinrichtung sei solange eine solche, als sichergestellt sei, daß sie mit Beendigung dieser konkreten Baustelle wieder abgebaut werde. Wenn hingegen dies nicht sichergestellt sei, wenn also die Betonmischanlage auf unbestimmte Zeit aufgestellt und betrieben werde, liege eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage vor. Wohin überschüssiger Beton aus dieser Betonmischanlage noch geliefert werde, sei unerheblich. Sichergestellt müsse lediglich sein, daß die Baustelleneinrichtung zu einer bestimmten Zeit (Beendigung der Bauarbeiten auf der "Baustelleneinrichtungsbaustelle") wieder beseitigt oder zumindest stillgelegt werde. Auf die Anzahl der Bauführungen komme es dabei insofern nicht an, als sich diese Zahl bei auf bestimmte Zeit aufgestellten Baustelleneinrichtungen automatisch begrenze. Es liege sohin immer dann eine bestimmte Anzahl von Bauführungen vor, wenn eine bestimmte Baumaschine auf bestimmte Zeit aufgestellt sei und immer dann eine unbestimmte Anzahl von Bauführungen, wenn eine Baumaschine auf unbestimmte Zeit aufgestellt oder betrieben werde. Was hingegen mit dem überschüssigen Beton aus der Baustelleneinrichtung geschehe, sei irrelevant. Sollte der Verwaltungsgerichtshof von dieser bisher vertretenen Rechtsansicht abgehen und die Rechtsansicht vertreten, der von einer als Baustelleneinrichtung bewilligten Betonmischanlage erzeugte Beton dürfe ausschließlich für die Baustelle verwendet werden, auf welcher sich die Baustelleneinrichtung befinde, so fehle es dem Beschwerdeführer am Verschulden.
Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
Nach § 84 leg. cit. hat die Behörde, wenn gewerbliche Arbeiten außerhalb der Betriebsanlage (§ 74 Abs. 1) ausgeführt werden, erforderlichenfalls von Amts wegen dem Gewerbetreibenden die für die Ausführung dieser Arbeiten notwendigen Vorkehrungen zur Vorbeugung gegen oder zur Abstellung von Gefährdungen von Menschen oder unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn mit Bescheid aufzutragen.
Nach der im § 74 Abs. 1 GewO 1994 gegebenen Definition setzt eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne dieser Gesetzesstelle das Vorliegen einer "örtlich gebundenen Einrichtung" voraus. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, sind als solche auch bewegliche Einrichtungen, die nach der Absicht des Gewerbetreibenden für längere Zeit in einem bestimmten Standort der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollen, anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 11.771/A). Handelt es sich um eine Baustelleneinrichtung, so ergibt sich im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 84 GewO 1994, daß eine solche Einrichtung jedenfalls solange nicht als zu einem Betrieb "für längere Zeit" im Sinne der obigen Definition bestimmt anzusehen ist, als sie im Zusammenhang mit einer konkreten und sohin auf eine bestimmte Zeit beschränkten Bauführung aufgestellt wird, sodaß sie nach Beendigung der Bauarbeiten wieder beseitigt wird. Nur dann, wenn eine Baumaschine für eine von vornherein nicht bestimmte Anzahl von Bauführungen, sohin auf unbestimmte Zeit, aufgestellt und betrieben wird, liegt eine - bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 genehmigungspflichtige - Betriebsanlage vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 5681/A).
Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wurde die in Rede stehende Betonmischanlage nicht nur für die Zwecke der genannten Baustelle betrieben, sondern auch, um darin erzeugten Beton an andere Abnehmer abzugeben. Wurde aber solcherart diese Anlage nicht ausschließlich für die Zwecke der genannten Baustelle betrieben, so handelte es sich damit nicht mehr um eine in den Regelungsbereich des § 84 GewO 1994 fallende Baustelleneinrichtung, sondern um eine Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 regelmäßig zu dienen bestimmt war. Entsprechend der oben dargelegten Rechtslage kommt dieser Einrichtung auch das Attribut einer örtlich gebundenen Einrichtung zu, weil sie zweifellos in der Absicht, auf diesem Standort längere Zeit der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen, errichtet wurde, teilte doch der Beschwerdeführer selbst dem Verwaltungsgerichtshof mit, die Betonerzeugung mit der in Rede stehenden Anlage sei erst am beendet worden.
Da das Vorliegen der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 in der Beschwerde nicht bestritten wird und auch für den Verwaltungsgerichtshof keine entgegenstehenden Anhaltspunkte erkennbar sind, erweist sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis als frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.