VwGH vom 29.09.1999, 99/11/0109

VwGH vom 29.09.1999, 99/11/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom (Beschlussdatum ), Zl. MA 15-II-H/1/104/98, betreffend Erweiterung einer krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Institut für Computertomographie Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Mag. Wolfgang Kräutler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei betreibt an einem näher genannten Standort im 1. Wiener Gemeindebezirk ein selbstständiges Ambulatorium für bildgebende Diagnostik mittels computertomographischer Untersuchungen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ihr die Bewilligung zur Erweiterung des Anstaltszweckes um die Durchführung nuklearmedizinischer Untersuchungen erteilt.

In ihrer auf § 4 Abs. 6 des Wiener Krankenanstaltengesetzes (Wr. KAG 1987) in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 darf eine Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt u.a. nur erteilt werden, wenn nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgegebenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen ........ein Bedarf gegeben ist.

Die beschwerdeführende Partei bemängelt die von der belangten Behörde vorgenommene Bedarfsprüfung. Im Hinblick auf drei im

1. Wiener Gemeindebezirk niedergelassene Fachärzte für Nuklearmedizin wäre der Bedarf an der verfahrensgegenständlichen Erweiterung des Leistungsangebotes der von der mitbeteiligten Partei in der Rechtsform eines selbstständigen Ambulatoriums betriebenen Krankenanstalt zu verneinen gewesen.

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung in der hier allein maßgeblichen Bedarfsfrage auf ein Gutachten ihres ärztlichen Amtssachverständigen, der wiederum die zur Bedarfsfrage im Ermittlungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen der in § 4 Abs. 6 Wr. KAG 1987 genannten Stellen verwertete. Er bejahte trotz der - mit einer Ausnahme (Wirtschaftskammer Wien) - negativen Stellungnahmen (der beschwerdeführenden Partei und einer Reihe von Sozialversicherungsträgern) das Bestehen eines Bedarfes. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei führte er aus, ein Teil des Leistungsangebotes (Szintigraphien) würde von einem der drei genannten Fachärzte überhaupt nicht durchgeführt, ein anderer habe keine Kassenverträge und der dritte nur Verträge mit den "kleinen Kassen". Zur Stellungnahme der Wiener Gebietskrankenkasse, die auf das Angebot der Ambulanzen öffentlicher Krankenanstalten und zweier von ihr betriebener Einrichtungen verweist, führt er aus, dass ersteres bei der Bedarfsprüfung außer Betracht zu bleiben hat und es bei den kasseneigenen Einrichtungen zu unzumutbar langen Wartezeiten komme. Das (und lange Wartezeiten bei den Anstaltsambulatorien) zeige dazu, dass speziell für Versicherte der Wiener Gebietskrankenkasse das bestehende zu berücksichtigende Leistungsangebot nicht ausreiche; durch die geplante Erweiterung würde eine wesentliche Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit medizinischen Leistungen bewirkt.

Vorauszuschicken ist, dass es der Rechtslage im Lichte der übereinstimmenden Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts entspricht, bei der Prüfung des Bedarfes an (zusätzlichem) Angebot ärztlicher Leistungen durch private erwerbswirtschaftlich geführte Ambulatorien das Angebot von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten außer Betracht zu lassen (vgl. jüngst das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 64,65/98, und die darin zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dies schließt es freilich nicht aus, lange Wartezeiten bei Anstaltsambulatorien als Indiz für das Vorliegen eines bestehenden Bedarfes zu werten.

Die Beschwerde bemängelt an der Vorgangsweise des Sachverständigen, dass nicht erkennbar sei, auf Grund welcher Erhebungen er zu seinen Aussagen (gemeint sind offenbar in erster Linie diejenigen Aussagen, die die Wartezeiten bei den von ihm genannten Einrichtungen der Wiener Gebietskrankenkasse und bei den Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten betreffen) gekommen ist. Wenngleich sie die Richtigkeit dieser Feststellungen des Sachverständigen nicht ausdrücklich bestreitet, liegt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - jedenfalls in Verbindung mit der Rüge der Verletzung des Parteiengehörs (das Gutachten ist ihr vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Kenntnis gebracht worden) - eine derartige Bestreitung vor. Ob die (von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift als allgemein- und amtsbekannt bezeichneten) Annahmen des Sachverständigen oder die Bestreitung deren Richtigkeit durch die beschwerdeführende Partei zutreffen, kann vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Aktenlage nicht geprüft werden. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes kann im gegebenen Zusammenhang von notorischen Tatsachen nicht die Rede sein.

Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne dass es eines Eingehens auf die Frage bedurfte, ob der Sachverständige (und die belangte Behörde) das Nuklearmedizinische Institut des Gesundheitszentrums Hanusch-Krankenhaus in 1140 Wien (dessen Träger die Wiener Gebietskrankenkasse ist) zu Recht als kasseneigene Einrichtung, deren Angebot zu berücksichtigen ist, gewertet haben oder ob dies nicht als Ambulatorium eines öffentlichen Krankenhauses bei der Bedarfsprüfung außer Betracht zu bleiben hätte.

Der Kostenspruch gründet sich auf § 47 Abs. 4 VwGG.

Wien, am