VwGH vom 25.01.1994, 91/08/0173

VwGH vom 25.01.1994, 91/08/0173

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Suloyk als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 14-M 17/91, betreffend Festsetzung der vorläufigen Beitragsgrundlage (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, daß die Beschwerdeführerin vom bis auf weiteres gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG in der Pensionsversicherung pflichtversichert sei; Beitragspflicht bestehe gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2, 5 und 7 GSVG vom bis auf weiteres. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die Höhe der vorläufigen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung gemäß § 25a Abs. 1 leg. cit. für 1990 monatlich S 12.651,-- und für 1991 monatlich S 13.195,-- betrage.

Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin seit im Besitz einer Gewerbeberechtigung für Güterbeförderung mit KFZ. Weiters sei sie aufgrund ihres Dienstverhältnisses zur Technischen Universität Wien seit nach dem ASVG pflichtversichert. Der Bestand einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG bewirke keine Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG. Im gegenständlichen Fall lägen für die Kalenderjahre 1990 und 1991 noch keine endgültig festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus nichtselbständiger Arbeit vor. Die vorläufig bekanntgegebenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 1990 würden laut Bestätigung des Dienstgebers monatlich S 6.221,50 zuzüglich zweier Monatsbezüge als Sonderzahlungen betragen. Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse sei die Beitragsgrundlage bei Beginn der Versicherung gemäß § 25a Abs. 1 GSVG mit den im Spruch genannten Beträgen festzusetzen gewesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch, wobei sie lediglich die Feststellung der vorläufigen Beitragsgrundlage gemäß § 25a Abs. 1 GSVG bekämpfte. Sie vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, daß die Anwendung dieser Bestimmung aufgrund der §§ 26 Abs. 3 und 127a GSVG bei Vorliegen einer Mehrfachversicherung nach ASVG und GSVG ausgeschlossen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt. Ihre Entscheidung begründete sie - nach Darstellung des von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsstandpunktes und Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen - im wesentlichen damit, daß zwischen der vorläufigen und der abschließenden Beitragsgrundlagenfeststellung zu unterscheiden sei. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Bestimmungen des § 127a sowie des § 26 Abs. 3 GSVG bezögen sich ausschließlich auf die abschließende Beitragsgrundlagenfeststellung in Mehrversicherungsfällen. Im Beschwerdefall sei hingegen die Beitragsgrundlage bei Beginn der Versicherung festzusetzen gewesen, die in § 25a GSVG geregelt sei. Diese Bestimmung sei daher zu Recht angewendet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten, wovon die eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, die andere die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG begründet, bei Beginn der Versicherung nach dem GSVG die vorläufige Beitragsgrundlage nach § 25a Abs. 1 GSVG festzusetzen ist.

Der mit der 12. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 158/1987 eingeführte § 25a GSVG lautet auszugsweise:

"§ 25a. (1) Soweit bei Beginn der Versicherung und in den folgenden zwei Kalenderjahren eine Beitragsgrundlage gemäß § 25 nicht festgestellt werden kann, gilt als vorläufige monatliche Beitragsgrundlage der Betrag von 11.667 S. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab , der unter Bedachtnahme auf § 51 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 47) vervielfachte Betrag.

(2) Die vorläufige Beitragsgrundlage nach Abs. 1 ist auf Antrag des Versicherten, soweit dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gerechtfertigt erscheint, herabzusetzen, jedoch nicht unter den Betrag der Mindestbeitragsgrundlage (§ 25 Abs. 5). Die Herabsetzung gilt bei Zutreffen der Voraussetzungen nach jährlicher Prüfung jeweils für den Zeitraum, für den der Antrag gestellt wurde.

(3) An die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage nach Abs. 1 bzw. Abs. 2 tritt die endgültige Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen. Für die Ermittlung dieser Beitragsgrundlage sind, abweichend von den Bestimmungen des § 25 Abs. 1, die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat (§ 25 Abs. 10) fällt, heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen."

Die vorläufige monatliche Beitragsgrundlage nach § 25a

Abs. 1 GSVG beträgt für 1990 S 12.651,-- und für 1991

S 13.195,--.

Abs. 3 und 4 des die "Beitragsgrundlage in der

Pensionsversicherung in besonderen Fällen" regelnden § 26 GSVG

lauten auszugsweise:

"(3) Übt ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Pensionsversicherung Pflichtversicherter auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten aus, die

1. die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ... begründen, so sind bei Ermittlung der Beitragsgrundlage nach diesem Bundesgesetz die Vorschriften des § 25 Abs. 5 bzw. des § 236 lit. a nicht anzuwenden.

(4) Erreicht in den Fällen des Abs. 3 Z. 1 die Summe aus der durchschnittlichen monatlichen Beitragsgrundlage im Sinne des § 242 Abs. 2 und 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und aus der Beitragsgrundlage nach § 25 Abs. 1 bis 3 nicht den Betrag nach § 25 Abs. 5 bzw. nach § 236 lit. a, so ist Beitragsgrundlage nach diesem Bundesgesetz der Unterschiedsbetrag zwischen der durchschnittlichen monatlichen Beitragsgrundlage nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und dem Betrag nach § 25 Abs. 5 bzw. nach § 236 lit. a."

Der im zweiten Teil ("Leistungen"), Abschnitt III ("Leistungen der Pensionsversicherung") enthaltene § 127a GSVG regelt die Berücksichtigung der Beitragsgrundlagen in der Bemessungsgrundlage bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeiten (Beschäftigungen).

In der Beschwerde wird im wesentlichen - ohne nähere Begründung - die Auffassung vertreten, aufgrund einer "Zusammenschau" der Bestimmungen in § 26 Abs. 3, § 25 Abs. 5 und § 236 lit. a GSVG sei die Anwendung des § 25a leg. cit. im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Im Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführerin ihre Auffassung damit begründet, daß § 26 Abs. 3 GSVG die Anwendung der Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs. 5 leg. cit. ausschließe, woraus sich der Größenschluß herleiten lasse, daß die Anwendung der Neuzugangsansätze erst recht ausgeschlossen sei. Im Falle einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach ASVG und GSVG sei die Beitragsgrundlage bei Beginn der Versicherung nach dem GSVG nach § 127a leg. cit. zu ermitteln.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Die Beitragsgrundlage bei Beginn der Versicherung war ursprünglich in der Stammfassung des GSVG in § 25 Abs. 5 Z. 1 geregelt. Sie bestand schon damals aus einem fixen Betrag, der allerdings unter der Mindestbeitragsgrundlage lag. Durch die 12. Novelle wurde sie - nunmehr in § 25a GSVG - übernommen und erfuhr hier eine völlige Neuregelung und beträchtliche Erhöhung. Nach den Materialien sollte durch diese Regelung u.a. erreicht werden, daß in Neuzugangsfällen die Beiträge letztlich entsprechend den tatsächlich erzielten Erwerbseinkünften bemessen werden, sofern im drittvorangegangenen Kalenderjahr eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt wurde, womit dem Grundsatz der Versicherungsgerechtigkeit folgend eine Gleichbehandlung aller Versicherten bewirkt werden wird. Dieses Ziel solle dadurch erreicht werden, daß für die betroffenen Versicherten zunächst eine vorläufige monatliche Beitragsgrundlage eingeführt werden soll, deren Ausmaß jährlichen Einkünften von S 140.000,-- (vorläufige monatliche Beitragsgrundlage ein Zwölftel dieses Betrages - S 11.667,--) entspricht. Die Höhe dieser Beitragsgrundlage, die ungefähr dem Durchschnitt aller Beitragsgrundlagen entspricht, mache nicht einmal die Hälfte des Betrages der Höchstbeitragsgrundlage aus und habe zur Folge, daß von dem betroffenen Personenkreis die ärztliche Hilfe noch als Sachleistung in Anspruch genommen werden kann. Mache der Versicherte glaubhaft, daß seine Einkünfte unter diesem Betrag liegen, so soll die Möglichkeit einer Herabsetzung dieser vorläufigen Beitragsgrundlage durch den Versicherungsträger vorgesehen werden, "soweit dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten" gerechtfertigt erscheint (vgl. die Erläuterungen zur 12. Novelle 42 BlgNR 17. GP, Seite 5f.). Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend erkannt hat, ist im Bereich des GSVG bei Festsetzung der Beitragsgrundlagen zwischen der VORLÄUFIGEN und ANSCHLIEßENDEN Beitragsgrundlagenfeststellung zu unterscheiden. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bestimmung des § 127a GSVG bezieht sich ausschließlich auf eine abschließende LEISTUNGSRECHTLICHE Beitragsgrundlagenfeststellung in Mehrfachversicherungsfällen. Im Beschwerdefall, in dem eine versicherungspflichtige Tätigkeit nach dem GSVG erst begonnen worden ist, und eine Beitragsgrundlage nach § 25 nicht festgestellt werden kann, ist die Beitragsgrundlage - vorläufig - nach § 25a GSVG zu bestimmen. Die vorläufige Beitragsgrundlage nach Abs. 1 der genannten Bestimmung kann auf Antrag des Versicherten, soweit dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gerechtfertigt erscheint, bis auf den Betrag der Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs. 5 GSVG herabgesetzt werden. An die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage nach Abs. 1 bzw. Abs. 2 tritt gemäß Abs. 3 die endgültige Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen.

Eine Ermittlung der Beitragsgrundlage nach § 26 Abs. 3 Z. 1 iVm Abs. 4 GSVG kommt im Beschwerdefall schon deshalb nicht in Frage, da Abs. 4 ausdrücklich auf die Beitragsgrundlage nach "§ 25 Abs. 1 bis 3", somit auf die abschließende Beitragsgrundlage, abstellt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.