VwGH vom 27.05.1999, 99/11/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des I S in S, vertreten durch Dr. Erwin Bajc und Dr. Peter Zach, Rechtsanwälte in 8600 Bruck an der Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 11-39-566/99-1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen B, C, E, F und G gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG für die Dauer von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft der Entziehung entzogen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat zu dieser Gegenschrift eine Gegenäußerung eingebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer am auf der A 9 Pyhrn-Autobahn ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Sattelzugfahrzeug in Verbindung mit einem ebenfalls dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelanhänger gelenkt hat; bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurde festgestellt, dass beim Sattelzugfahrzeug die Verlangsameranlage nahezu wirkungslos war sowie beim Sattelanhänger ein Reifen mehrere Stellen ohne messbares Profil aufwies und eine Plattfeder einer Achse abgebrochen war. Wegen dieser Mängel wurde der Beschwerdeführer mit Strafverfügung der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur, vom dreier Übertretungen nach § 102 Abs. 1 KFG 1967, jeweils in Verbindung mit anderen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen, schuldig erkannt. Die Behörden des Entziehungsverfahrens erblickten darin eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG, welche den Schluss auf die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers zulasse.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei wegen der in Rede stehenden Übertretung mehrfach bestraft worden. Dabei übersieht er, dass eine echte Doppelbestrafung zwar rechtswidrig wäre, aber nicht die Rechtswidrigkeit der Entziehung der Lenkerberechtigung auf Grund der betreffenden strafbaren Handlungen nach sich zöge. Abgesehen davon stellt die Entziehung der Lenkerberechtigung für sich keine Verwaltungsstrafe dar.
Dass der Beschwerdeführer irrtümlich keinen Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom erhoben habe, berührt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht. Die Übertretungen nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 standen aber für die Behörden des Entziehungsverfahrens mit der Rechtskraft dieser Strafverfügung bindend fest. Ob darin auch eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG erblickt werden kann, war jedoch von den Behörden des Entziehungsverfahrens selbständig zu beurteilen.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG hat als bestimmte Tatsache zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug lenkt, dessen technischer Zustand und weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen.
Dass die festgestellten Mängel keine Gefährdung der Verkehrssicherheit nach sich gezogen hätten, wird vom Beschwerdeführer - aus guten Gründen - nicht behauptet.
Es trifft ferner nicht zu, dass Mängel der festgestellten Art nur Kraftfahrzeuge der Klassen C, E, F und G betreffen könnten, sodass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klasse B hätte belassen werden müssen. Alle Kraftfahrzeuge aller Klassen müssen funktionsfähige Bremsanlagen aufweisen, zu welchen gemäß § 6 Abs. 6 KFG 1967 die Verlangsameranlagen zählen. Kein Kraftfahrzeug darf mit Reifen ohne messbare Profiltiefe oder mit gebrochenen Federn benützt werden. Momente der Gefährdung der beruflichen Zukunft des Beschwerdeführers haben bei der im Interesse der Sicherung der Verkehrssicherheit erfolgenden Entziehung der Lenkberechtigung außer Betracht zu bleiben.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, die Behörden hätten sich nicht ausreichend mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Mängel nicht erst im Zuge der gegenständlichen Fahrt aufgetreten sein könnten, muss der Beschwerde ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. In der vom Beschwerdeführer selbst ins Treffen geführten gutächtlichen Äußerung eines Bediensteten der Abteilung Maschinenbau und Elektrotechnik des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom wird klar und schlüssig ausgeführt, dass jedenfalls die an der Verlangsameranlage und dem Reifen festgestellten Mängel (an einigen Stellen der Lauffläche des Reifens war bereits das Reifendrahtgewebe sichtbar) schon vor Antritt der Fahrt vorgelegen sein und dem Beschwerdeführer auch hätten auffallen müssen.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 99/11/0015 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am