VwGH vom 24.03.1992, 91/08/0155
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 125.699/1-7/90, betreffend Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern fest, daß der Beschwerdeführer ab dem nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG pensionsversichert sei.
Dem dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von
Tirol mit Bescheid vom keine Folge.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Bundesminister für Arbeit und Soziales der Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes.
Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer im wesentlichen bestätigt, daß er als Betriebsführer ab dem nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliege, da der Einheitswert seines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes S 33.000,-- übersteige. Er unterliege jedoch als Landesbeamter bereits der Pflichtversicherung nach dem Pensionsgesetz und bezahle seine Pensionsbeiträge genauso wie die nach dem ASVG und GSVG Beitragspflichtigen. Ebenso überschreite er die Höchstbeitragsgrundlage nach § 33a BSVG. Diese Bestimmung finde aber keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Bedienstete, sondern nur auf ASVG- und GSVG-Versicherte.
Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde - nach Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen - entgegen, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung der Bauern nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG erfülle. Seine Versicherung nach dem Pensionsgesetz befreie ihn davon genausowenig wie es eine Versicherung nach dem ASVG oder GSVG könne, da im Pensionsversicherungsrecht das sogenannte Prinzip der Mehrfachversicherung verwirklicht sei, nach dem mehrere Erwerbstätigkeiten - wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt seien - mehrere Pensionsversicherungen begründeten.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom , B 509/91-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.3. In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Pensionsversicherung Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.
Nach § 2 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BSVG besteht die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung für die genannten Personen nur dann, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der jeweils geltenden Fassung festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von S 33.000,-- übersteigt. Gemäß § 2 Abs. 2 BSVG ist § 23 Abs. 3 und 5 entsprechend anzuwenden.
Gemäß § 23 Abs. 3 dritter Satz BSVG in der Fassung der 11. Novelle, BGBl. Nr. 611/1987, ist dem Pächter - abweichend von lit. d und e der volle Ertragswert der gepachteten Flächen (des gepachteten Betriebes) anzurechnen, wenn ein Ehegatte vom anderen Ehegatten oder wenn Kinder (§ 2 Abs. 1 Z. 2) und Eltern (Großeltern, Wahleltern, Stiefeltern, Schwiegereltern) voneinander land(forst)wirtschaftliche Flächen (Miteigentumsanteile) bzw. land(forst)wirtschaftliche Betriebe gepachtet haben.
2.2.1. Der Beschwerdeführer, ein Landesbeamter, der nach dem Beschwerdevorbringen mit schriftlichem Pachtvertrag die Liegenschaft EZl. 9006 KG B von seinem Vater am zur Bewirtschaftung übernommen hat, bestreitet nicht die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne der im Punkt 2.1. zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Seiner Ansicht nach sei jedoch die Erlassung eines Bescheides auf Feststellung der Pflichtversicherung nicht zulässig, da in der demonstrativen Aufzählung des § 410 ASVG die bescheidmäßige Feststellung, daß eine Person in einer bestimmten Versicherung pflichtversichert sei, nicht angeführt sei.
Feststellungsbescheide seien auch dann nicht zu erlassen, wenn - wie im Beschwerdefall - Leistungsbescheide möglich seien. Die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG trete nämlich schon kraft Gesetzes ein. Gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG könne der Versicherungsträger einen Bescheid erlassen, wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlange. Ein entsprechender Antrag sei von ihm jedoch nicht gestellt worden.
2.2.2. Gemäß § 410 Abs. 1 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist.
Der Versicherungsträger ist daher zur amtswegigen Feststellung der sich aus dem BSVG ergebenden Rechte und Pflichten gemäß § 410 Abs. 1 erster Satz ASVG in Verbindung mit § 182 BSVG berechtigt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 84/08/0107, und vom , Zl. 86/08/0239). Die Feststellung der Versicherungspflicht fällt dabei unter diese Berechtigung. Eines entsprechenden Antrages bedarf es dazu nicht.
2.3. Sofern der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit darauf verweist, daß er und seine Angehörigen einen Pensionsanspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nach dem Pensionsgesetz hätten, ist ihm zu erwidern, daß der Gesetzgeber durch Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle, BGBl. Nr. 611/1987, das Prinzip der Subsidiarität der Pensionsversicherung nach dem BSVG aufgegeben und den Grundsatz der Mehrfachversicherung verwirklicht hat, gegen den keine verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 9.753, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/08/0012). Die bloß geringe Wahrscheinlichkeit, eine Leistung von der Versicherungsgemeinschaft zu erhalten, macht die Einbeziehung in die Riskengemeinschaft nicht verfassungswidrig, sofern es nur mögliche Leistungsfälle gibt. In diesem Zusammenhang ist etwa darauf zu verweisen, daß die in § 111 BSVG normierte Wartezeit für eine Leistung aus dem Versicherungsfall der dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 111 Abs. 2 BSVG entfällt, wenn der Versicherungsfall z.B. die Folge eines Arbeitsunfalles im gegenständlichen Betrieb ist (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0118).
Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß der Gesetzgeber (durch § 5 Abs. 3 BSVG in der Fassung des Art. I Z. 3 lit. a der 2. BSVG-Novelle) die Subsidiarität der Pensionsversicherung nach dem BSVG für Personen, die der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Notariatsversicherungsgesetz 1972 unterliegen, beibehalten hat, für öffentlich-rechtliche Bedienstete hingegen nicht, hat den Verfassungsgerichtshof nicht zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle veranlaßt. Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht im Hinblick auf die verschiedenartigen Risken und Chancen der erwähnten Gruppen von Versicherten, aber auch wegen des weitgehend andersgearteten Beitrags- und Leistungsrechtes der Notarversicherung (vgl. EB zur RV 94 BlgNR. 15. GP, 9) auch unter Heranziehung von § 5 Abs. 3 BSVG in der geltenden Fassung als Vergleichsmaßstab keinen Anlaß zu Bedenken gegen Art. III Abs. 1 der 11. BSVG-Novelle unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes. Der Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen (vgl. das bereits genannte Erkenntnis vom ).
2.4. Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, daß im Beschwerdefall im Sinne einer teleologischen Interpretation die Bestimmung des § 33a BSVG anzuwenden sei.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 33a Abs. 1 BSVG ist diese Bestimmung nicht auch auf öffentlich-rechtliche Bedienstete anzuwenden, da dort ausschließlich von einer Erwerbstätigkeit die Rede ist, die die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und (oder) nach dem GSVG begründet. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen, auch der Beschwerdefall keinen Anlaß bietet, ist die unterschiedliche Regelung für öffentlich-rechtliche Bedienstete im Beitragsrecht nicht verfassungswidrig (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 83/08/0337). Im übrigen setzte die Anwendung des § 33a BSVG die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG voraus.
2.5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.