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VwGH 24.03.1992, 91/08/0141

VwGH 24.03.1992, 91/08/0141

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 1
Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0934/73 B VS VwSlg 9458 A/1977 RS 1
Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. (Die Frage, ob eine Erledigung ungeachtet ihres Inhaltes, zufolge der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid zu werten ist, bleibt dahinzustellen.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0934/73 B VS VwSlg 9458 A/1977 RS 2
Normen
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1;
VwRallg;
RS 3
Ein im Sinne des § 62 Abs 1 AVG (hier: durch Zustellung an wenigstens eine von mehreren Parteien) erlassener Bescheid kann von Amts wegen - abgesehen von den Voraussetzungen des § 68 AVG oder 69 AVG, nicht mehr widerrufen, dh aufgehoben, abgeändert oder für nichtig erklärt werden (Hinweis Walter-Mayer, Verwaltungsverfahren 5, Randziffer 458).
Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
VwRallg;
RS 4
Soweit mit einem Bescheid Rechtswirkungen für eine übergangene Partei verbunden sind, die sie belasten, kann dieselbe die Zustellung des Bescheides begehren oder - auch ohne solche - ein Rechtsmittel erheben.
Normen
AVG §63 Abs1;
VwRallg;
RS 5
Die Berufung einer Partei gegen den ihr zwar nicht zugestellten, ihr jedoch seinem ganzen Inhalt nach zur Kenntnis gelangten und durch Zustellung an eine andere Partei erlassenen Bescheid der Unterbehörde ist zulässig (Hinweis E , 0128/50, VwSlg 2728 A/1952, , 1002/52, , 2075/60, VwSlg 5522 A/1961, , 0200/65, , 0309/73).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0322/80 E RS 1
Normen
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
RS 6
Maßgebend für die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden überhaupt bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (Hinweis E , 1585/77, VwSlg 9751 A/1979).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 89/03/0319 E RS 2
Normen
ASVG §314;
AVG §59 Abs1;
RS 7
Der Überweisungsbetrag nach § 314 ASVG knüpft zwar an Zeiträume an, ist aber nicht zeitraumbezogen iS einer Teilbarkeit des Abspruches.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Benediktinerabtei XY, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 14-B 28/91, betreffend Vorschreibung eines Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. J, M, 2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am langte bei der zweitmitbeteiligten Partei ein Antrag des Erstmitbeteiligten vom ein, worin dieser für die Dauer seiner Ordenszugehörigkeit zu der beschwerdeführenden Benediktinerabtei vom bis die Einleitung des Verfahrens gemäß § 314 ASVG auf Leistung eines Überweisungsbetrages beantragte.

Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, u.a. unter Einbeziehung eines italienischen Versicherungsträgers, und nach zahlreichen Urgenzen des Erstmitbeteiligten erging seitens der zweitmitbeteiligten Partei folgende mit datierte Erledigung:

"An die

Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften

Österreichs .......

Betr.: ..... (Name des Erstmitbeteiligten) ....

ÜBERWEISUNGSBETRAG GEMÄß § 314 ASVG

Der Obgenannte hat in der Zeit vom SIEHE RÜCKSEITE bis ....

= .... Monate

angehört.

Gemäß § 314 ASVG ist auf Grund des letzten Monatsbezuges von S 5.461,02 ein Überweisungsbetrag von je 7 % für jeden Monat, das sind je S 382,27,

S 107.035.60

zu leisten.

Dieser Betrag wolle mit beiliegendem Erlagschein überwiesen werden.

Nach Einlangen des Überweisungsbetrages werden die angeführten Zeiten als Versicherungsmonate im Sinne des ASVG vorgemerkt werden können.

Hochachtungsvoll

Der Generaldirektor:

i.A.

(Unterschrift)"

Die verwiesene Aufstellung von Versicherungszeiten auf der Rückseite dieser Erledigung lautet wie folgt:

"vom bis Beitragsmonate

10.50 3

7.51 9.53 27

2.54 1

7.54 9.54 3

2.55 1

7.55 9.55 3

2.56 1

7.56 9.56 3

2.57 1

7.57 237

280"

Der Betrag von S 107.035,60 wurde in der Folge seitens der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreich an die zweitmitbeteiligte Partei überwiesen.

Mit Schreiben vom teilte die zweitmitbeteiligte Partei der Superiorenkonferenz mit, daß auf Grund des eingelangten Überweisungsbetrages für den Erstmitbeteiligten für die in der Erledigung vom genannten Zeiträume Beitragszeiten vorgemerkt worden seien. Davon wurde der Erstmitbeteiligte (nach einem diesbezüglichen Vermerk auf diesem Schreiben) "durchschriftlich verständigt".

Am (und zwar - wie aus verschiedenen Aktenvermerken ersichtlich ist - im Zusammenhang mit der Einschränkung der beitragsfreien Anrechnung von Schul- und Studienzeiten im Sinne des § 227 Abs. 1 ASVG durch dessen Neufassung des Art. IV Z. 2 der 44. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 609/1987) erließ die zweitmitbeteiligte Partei einen an die Superiorenkonferenz und den Erstmitbeteiligten adressierten "Ergänzungsbescheid" über die Leistung eines weiteren Überweisungsbetrages von S 21.279,91. Aus einem Beiblatt dieses Bescheides ergibt sich, daß nunmehr auch Schul- und Studienzeiten des Erstmitbeteiligten im Ausmaß von insgesamt 40 Versicherungsmonaten, insgesamt daher

320 Versicherungsmonate, berücksichtigt wurden. Von den die gegenüber der früheren Erledigung zusätzlichen

40 Versicherungsmonaten betrafen 11 Versicherungsmonate "bereits leistungswirksame" Schul- und Studienzeiten vor dem , die von der Beitragspflicht im Sinne des § 228 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 ASVG in der Fassung des Art. IV Z. 2 und 3 der 44. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 609/1987 gemäß der Übergangsbestimmung des Art. VI Abs. 7 und 8 dieser Novelle nicht betroffen waren; die Vorschreibung erfolgte - nach dem Spruch dieses Bescheides - für die "abzüglich der bereits vorliegenden Beitragsmonate und leistungswirksamen Ersatzmonate" verbleibenden

29 Versicherungsmonate.

Gegen diesen Bescheid erhob die Superiorenkonferenz Einspruch mit der Begründung, die Rechtskraft des früher ergangenen Bescheides (womit offensichtlich die Erledigung vom gemeint ist) stehe dieser Vorschreibung entgegen und es liege auch kein Wiederaufnahmsgrund vor.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde diesem Einspruch stattgegeben, wobei die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/08/0090, die Auffassung vertreten hat, daß der Überweisungsbetrag nicht der Superiorenkonferenz, sondern dem Orden vorzuschreiben sei.

Daraufhin wiederholte die zweitmitbeteiligte Partei ihren Bescheid in Form eines nunmehr an die Beschwerdeführerin und (neuerlich) an den Erstmitbeteiligten adressierten "Ergänzungsbescheides" vom .

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch, worin sie sich zunächst (irrtümlich) auf die Rechtskraft des mittlerweile aufgehobenen Bescheides vom , der Sache nach jedoch (wie aus einer noch während der Einspruchsfrist eingebrachten Berichtigung ersichtlich ist) auf die Erledigung vom sowie darauf berufen hat, daß der Überweisungsbetrag nur einmal zu berechnen sei.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin abgewiesen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, daß der "Bescheid

vom .... einer dem Gesetz nach gar nicht zahlungspflichtigen Institution, nämlich der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften in Österreich" und nicht der Beschwerdeführerin auferlegt worden sei, weshalb "eine Identität der Zahlungspflichtigen nicht gegeben und daher eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht erforderlich" sei. Überdies seien die für den Überweisungsbetrag herangezogenen Zeiten nicht Gegenstand des Erstverfahrens gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des (zahlungspflichtigen) Ordens, worin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheid geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Ordensgemeinschaft beruft sich - wie schon im Verwaltungsverfahren - darauf, daß mit Bescheid vom seitens der Zweitmitbeteiligten ein Überweisungsbetrag für den Erstmitbeteiligten vorgeschrieben worden und dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Der neuerliche Abspruch verstoße gegen die Rechtskraft dieses Bescheides. Dagegen argumentieren die belangte Behörde und die zweitmitbeteiligte Partei in ihren Gegenschriften unterschiedlich: Die belangte Behörde bejaht die Zulässigkeit des neuen Abspruchs mit der Begründung, der Bescheid vom sei an eine andere (nicht zahlungspflichtige) Institution gerichtet gewesen. Die zweitmitbeteiligte Partei weist hingegen darauf hin, daß für die zusätzlich berücksichtigten Versicherungsmonate im Bescheid vom ein Überweisungsbetrag gar nicht vorgeschrieben worden sei; schon deshalb stehe dem erneuten Abspruch (unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 83/08/0155, 0156) die Rechtskraft dieses Bescheides nicht entgegen.

Alle Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß die - eingangs wörtlich wiedergegebene - Erledigung vom ein Bescheid ist. Da - ungeachtet der Begründung des angefochtenen Bescheides - dieser jedenfalls schon dann nicht rechtswidrig wäre, wenn diese Auffassung nicht zuträfe und der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nur unter der Voraussetzung seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben hätte (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG; vgl. auch das Erkenntis vom , Slg. Nr. 127/F), war zunächst die Frage zu untersuchen, ob die Erledigung vom ein Bescheid ist, zumal ihr weder diese Bezeichnung, noch eine (ausdrücklich bezeichnete) Gliederung in Spruch und Begründung, noch eine Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A, grundlegend mit der Frage befaßt, unter welchen Voraussetzungen in einem solchen Fall dennoch die Bescheidqualität einer behördlichen Erledigung anzunehmen ist, und dazu folgendes ausgeführt:

"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Gehalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG 1950 gewertet werden."

Wendet man diese Grundsätze auf die Erledigung vom

an, welche die Bezeichnung der zweitmitbeteiligten

Partei als den Bescheid erlassender Versicherungsträger, aber

auch einen zweifelsfrei normativen Abspruch ("Gemäß § 314 ASVG

ist .... ein Überweisungsbetrag .... zu leisten.") enthält und

dessen Intention, rechtsverbindlich zu sein, nicht zuletzt auch

aus der sich daran anschließenden Zahlungsaufforderung ("Dieser

Betrag wolle .... überwiesen werden.") hervorgeht, so zeigt

sich, daß alle (Mindest-)Voraussetzungen im Sinne des zitierten Beschlusses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes für die Annahme eines Bescheides erfüllt sind. Andere Umstände, die dennoch zu Zweifeln Anlaß geben könnten (und im Falle von deren Vorliegen nach der weiteren Begründung dieses Beschlusses vom , Slg. Nr. 9458/A, dennoch die Bezeichnung der Erledigung als Bescheid essentiell sein könnte - vgl. Seite 492f der Amtlichen Sammlung), sind nicht ersichtlich. Die zweitmitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt war gemäß § 410 Abs. 1, Einleitungssatz und Z. 7 ASVG zur Erlassung eines derartigen Bescheides auch verpflichtet und gemäß § 314 Abs. 1 letzter Satz ASVG in der Fassung der 29. Novelle, BGBl. Nr. 31/1973, dafür - nach der Aktenlage - auch zuständig. Der Verwaltungsgerichtshof hat im übrigen auch in seiner früheren Rechtsprechung die Bescheidqualität ähnlich formulierter Erledigungen im Zusammenhang mit der Berechnung von Überweisungsbeträgen gemäß § 308 ASVG im allgemeinen bejaht (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 1007/69 - teilweise, nicht jedoch im hier maßgebenden Teil seiner Begründung veröffentlicht in Slg. Nr. 7667/A - und vom , Zl. 651/69). Die Erledigung vom wurde daher - ungeachtet des Fehlens dieser Bezeichnung - zutreffend als Bescheid beurteilt.

Dieser Bescheid ist auch erlassen im Sinne des § 62 Abs. 1 AVG (und daher rechtlich existent), weil er (zwar nicht der Beschwerdeführerin, aber doch) zumindest dem Erstmitbeteiligten zugestellt worden ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7667/A). Damit kann er von Amts wegen von der Behörde (abgesehen von den Voraussetzungen der §§ 68 oder 69 AVG) nicht mehr widerrufen, d. h. aufgehoben, abgeändert oder für nichtig erklärt werden (vgl. WALTER-MAYER, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes5, Rdz 458 f), und zwar unabhängig davon, ob er gegenüber der Beschwerdeführerin auch verbindlich geworden ist oder ob er gegenüber einer anderen Partei, an die er rechtens hätte nicht gerichtet sein dürfen, bereits Rechtswirkungen erzeugt hat. Soweit mit der Erlassung des Bescheides vom Rechtswirkungen für die Beschwerdeführerin verbunden gewesen sein sollten, die für sie belastend sind (ob dies zutrifft, kann im Beschwerdefall unerörtert bleiben), stünde es ihr als übergangener Partei zu, die Zustellung dieses Bescheides zu begehren oder - auch ohne daß ihr dieser Bescheid zugestellt worden wäre - dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen. Gemäß § 314 Abs. 1 ASVG ist nämlich der Orden (die Kongregation) hinsichtlich des von der zweitmitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt festgesetzten Überweisungsbetrages leistungspflichtig. Mit dem Bescheid vom , mit welchem dieser Überweisungsbetrag festgesetzt wurde, wurde daher (mag auch mangels Zustellung dieses Bescheides dessen Verbindlichkeit gegenüber der Beschwerdeführerin noch nicht entstanden sein) über eine Angelegenheit abgesprochen, welche die Rechtsposition der Beschwerdeführerin betroffen hat. Damit ist sie Partei des Verfahrens im Sinne des § 8 AVG, weil die Sachentscheidung in ihre Rechtssphäre bestimmend eingreift und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9751/A).

Es bleibt daher nur noch zu untersuchen, ob die Angelegenheit des angefochtenen Bescheides jener des Bescheides vom entspricht. Die zweitmitbeteiligte Partei macht geltend, daß nunmehr ein Überweisungsbetrag für "andere Zeiträume" als im Bescheid vom festgesetzt worden sei. Dies setzte nach dem von der zweitmitbeteiligten Partei zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 83/08/0155, 0156, jedoch voraus, daß die Entscheidung über den Überweisungsbetrag ein zeitraumbezogener Abspruch wäre, der (daher) in zeitlicher Hinsicht trennbar und somit auch in mehreren, jeweils auf andere Zeiträume bezogenen (Teil)Bescheiden getroffen werden könnte.

Dies ist jedoch nicht der Fall: Ob ein zeitraumbezogener Abspruch vorliegt, hängt zunächst von der Rechtsnatur der Sache ab, über die abzusprechen ist. Gemäß § 314 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 29. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 31/1973, ist im Falle des Ausscheidens eines Geistlichen der katholischen Kirche aus dem geistlichen Stand bzw. eines Angehörigen eines Ordens oder einer Kongregation der Katholischen Kirche aus dem Orden bzw. der Kongregation vom Orden bzw. der Diözese dem zuständigen Pensionsversicherungsträger "ein Überweisungsbetrag zu leisten". Damit ist die Angelegenheit, über die im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung vom Pensionsversicherungsträger zu entscheiden ist, umschrieben. Die Angelegenheit, die Gegenstand des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ist (und über die nach der dargelegten Rechtslage nicht neuerlich entschieden werde darf), ist somit der "aus Anlaß des Ausscheidens aus dem Orden zu leistende Überweisungsbetrag". Es handelt sich daher um einen einheitlichen Abspruch, der in zeitlicher Hinsicht nicht teilbar ist. Damit nicht verwechselt werden darf die Berechnungsmethode des Überweisungsbetrages, wie sie im § 314 Abs. 4 ASVG normiert ist, und u.a. an der Anzahl der Monate, die im geistlichen Stand bzw. als Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation zugebracht wurden, anknüpft. Diese Berechnungsmethode des Überweisungsbetrages macht jedoch den Abspruch noch nicht zu einem zeitraumbezogenen. Ebensowenig kann die im Spruch des Bescheides in der betreffenden Verwaltungssache angeordnete oder verfügte RECHTSFOLGE (hier: Höhe des Überweisungsbetrages) mit der Sache, über die die Behörde zu entscheiden hatte, gleichgesetzt werden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11237/A). Selbst wenn daher die Anzahl und Lagerung der dem Überweisungsbetrag zugrundegelegten Versicherungsmonate in den Spruch des Bescheides vom aufgenommen worden ist, so folgt aus dieser - an sich der Begründung zugehörigen - Darlegung der Berechnungsgrundlagen noch nicht die Teilbarkeit der betreffenden Verwaltungsangelegenheit. Es ist seither aber auch keine Änderung der Rechtslage eingetreten, weil § 314 Abs. 4 ASVG schon in der Stammfassung der 29. Novelle zum ASVG zwischen Beschäftigungszeiten (für die gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG die Ausnahme von der Pflichtversicherung besteht) und Schulzeiten bzw. Studienzeiten nicht unterscheidet, sondern vielmehr ausschließlich an der Dauer der Ordensangehörigkeit anknüpft. Ob Zeiträume, die - ungeachtet dessen, daß sie in die Zugehörigkeitsdauer zum Orden fallen - bei der Berechnung des Überweisungsbetrages nicht berücksichtigt wurden, nicht ohnehin als Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind, wenn in ihnen Schul- oder Studienzeiten gemäß § 227 iVm § 228 ASVG liegen (und denen nunmehr Beitragszeiten im Sinne des § 225 Abs. 1 Z. 4 bzw. § 226 Abs. 2 lit. a ASVG zufolge Leistung des Überweisungsbetrages nachfolgen) bedarf in diesem Verfahren keiner näheren Erörterung; darüber haben vielmehr

- gegebenenfalls - im Leistungsstreitverfahren die Sozialgerichte zu entscheiden.

Da die belangte Behörde nicht erkannt hat, daß die zweitmitbeteiligte Partei den erstinstanzlichen Bescheid wegen ihrer Bindung an den Bescheid vom nicht hätte erlassen dürfen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §314;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff
Einhaltung der Formvorschriften
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht
Anfechtungsrecht VwRallg9/2
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des
Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung
des Abspruches und der Rechtskraft
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter
Bescheidbegriff Allgemein
Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen
Rechtspersönlichkeit
Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung
Rechtswidrigkeit von Bescheiden
Trennbarkeit gesonderter Abspruch
Verfahrensrecht AVG
Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person
des Berufungswerbers
Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der
bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1992:1991080141.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-58707