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VwGH vom 17.02.1999, 97/03/0332

VwGH vom 17.02.1999, 97/03/0332

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des A B in Wien, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölkerbastei 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63-B 323/97, betreffend Zurücknahme des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der qualifizierten Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 (erster Fall) StGB und der unbefugten Weitergabe von Waffen nach § 36 Abs. 1 Z. 5 des Waffengesetzes zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , wurde der am ausgestellte Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 idF BGBl. Nr. 1028/1994 - BO 1994, auf die Dauer von 15 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides, ohne Einrechnung von Haftzeiten, zurückgenommen. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde über die Berufung des Beschwerdeführers der genannte Bescheid der Erstbehörde in seinem Spruch dahin abgeändert, daß anstelle der Wortfolge "auf die Dauer von 15 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides, ohne Einrechnung von Haftzeiten" die Wortfolge "bis " zu treten habe.

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides von der der eingangs genannten Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftat und weiters davon aus, daß der Beschwerdeführer nach der Aktenlage insgesamt sechsmal strafgerichtlich verurteilt worden sei, und zwar im Jahr 1982 wegen schwerer Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, im Jahr 1986 wegen qualifizierter Veruntreuung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe, im Jahr 1988 in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Fälschung technischer Aufzeichnungen und Urkundenunterdrückung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen, im Jahr 1993 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen sowie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida und des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe. Ferner wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers bereits zuvor, und zwar mit Bescheid der Erstbehörde vom auf die Dauer von 18 Monaten ab dem zurückgenommen worden war. Dem sei zugrundegelegen, daß der Beschwerdeführer am eine Körperverletzung begangen habe, weshalb er mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom bestraft worden sei. Der Taxilenkerausweis sei in der Folge dem Beschwerdeführer am wieder ausgefolgt worden. Dem eingangs erwähnten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom sei zugrundegelegen, daß der Beschwerdeführer vom Jänner 1996 bis Dezember 1996 in wiederholten Angriffen ihm als Obmann eines Sparvereines übergebene Spareinlagen in der Höhe von rund S 400.000,-- mit Bereicherungsvorsatz veruntreut habe und unbefugt zwei Revolver und zwei Pistolen einer anderen Person übergeben hatte. Aufgrund dieser Straftat und des im Ermittlungsverfahren gewonnenen Bildes über das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig im Sinne der BO 1994 sei. Zur Dauer der Zurücknahme des Taxilenkerausweises des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, daß diese genau festzusetzen sei, weshalb diesbezüglich der Spruch des Bescheides der Erstbehörde abzuändern sei. Im übrigen erscheine der belangten Behörde die von der Erstbehörde festgesetzte Dauer von 15 Monaten angesichts der Eigenart und Schwere des dem Strafurteil vom zugrundeliegenden Vergehens, der seit diesem Strafurteil verstrichenen kurzen Zeit und des Umstandes, daß der Beschwerdeführer bereits früher strafbare Handlungen gegen Vermögenswerte begangen habe, die Dritte am Vermögen schädigten, nicht ausreichend, sondern es erscheine im Interesse des Schutzes der Kunden und allfälliger Arbeitgeber ein Zeitraum von zwei Jahren ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides geboten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom , B 2001/97-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Der Verfassungsgerichtshof führte in seinem Beschluß u.a. aus:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Gesetzwidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Verordnungsbestimmungen behauptet wird, läßt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Der Standpunkt, daß der in Rede stehenden Maßnahme Strafcharakter zukäme, ist ebenso verfehlt wie der Vorwurf ihrer mangelnden Deckung durch die Verordnungsermächtigung (legitime Regelung von Rechtsfolgen für den Fall der Nichterfüllung der - im öffentlichen Interesse - erforderlichen Eigenschaften). Zur ausreichenden Determiniertheit des in der Verordnung verwendeten Begriffes s. z. B. VfSlg. 10.130/1984 und die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. - Bedenken gegen § 5 des Gesetzes kommt schon allein in Anbetracht der mangelnden Präjudizialität dieser Norm keine Relevanz zu."

In seiner Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Taxilenkerausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der im § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 nennt als eine der Voraussetzungen die Vertrauenswürdigkeit.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. uva. das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0294, mwH), soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist aufgrund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schließen läßt, das mit jenen Interessen im Gleichklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt.

Insoweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß die gegenständliche Verurteilung in keinem Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes als Taxilenker gestanden sei und die "Entfremdung der verfahrensgegenständlichen Gelder ausschließlich zur Überbrückung von finanziellen Engpässen des Betriebes der Lebensgefährtin" geschehen sei, ist ihm zu entgegnen, daß der Schutzzweck der Betriebsordnung nicht auf den Straßenverkehr allein beschränkt ist, sondern darauf gerichtet ist, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers kann somit auch dann erschüttert sein, wenn das strafbare Verhalten nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Taxilenker ausgeführt worden ist (vgl. erneut das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0294). Abgesehen davon, daß es unrichtig ist, daß die belangte Behörde ausschließlich das der Strafverurteilung zugrundeliegende Vermögensdelikt herangezogen hat, sondern ihrer Entscheidung - zu Recht - auch das gegen das Waffengesetz begangene Delikt zugrundegelegt hat, bedarf es keiner weiteren Erwähnung, daß einem Taxilenker auch in Ansehung fremder Vermögenswerte Vertrauenswürdigkeit zukommen muß.

Es kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie das im Ermittlungsverfahren gewonnene Gesamtverhalten des Beschwerdeführers und damit auch die schon länger zurückliegenden Delikte des Beschwerdeführers gewertet und ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat, da nur so insgesamt das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers betrachtet werden kann. Bei der Beurteilung der Frage, wie schwer der Einzelfall im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde wiegt, ist von der belangten Behörde auch die seit der Tat verstrichene Zeit - im vorliegenden Fall deren Kürze - berücksichtigt worden, wobei ein allfälliges Wohlverhalten während dieser Zeit sich auch im Hinblick auf das anhängig gewesene Strafverfahren noch nicht entscheidend zu Gunsten des Standpunktes des Beschwerdeführers auswirken konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/11/0189).

Im Hinblick auf die Schwere der hier zu beurteilenden strafbaren Taten, wobei der Beschwerdeführer, was die Veruntreuung anlangt, auch nicht der Umstand zu entschuldigen vermag, daß er das Geld für seine Lebensgefährtin verwendete, und des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers, mit dem er aufgezeigt hat, daß er wiederholt nicht in der Lage war, von der Rechtsordnung anerkannte, grundlegende Rechtsgüter anderer Personen zu respektierten, begegnet es keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die Dauer der Zurücknahme des Taxilenkerausweises mit zwei Jahren festsetzte. Abgesehen davon, daß sich dieser Zeitraum rechnerisch aus dem von der Erstbehörde für die Zurücknahme festgesetzten Zeitraum unter Hinzufügung des vom Strafgericht festgesetzten Strafausmaßes bildet, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die Berufungsbehörde im Administrativverfahren berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Nach § 66 Abs. 4 AVG besteht im Administrativverfahren kein Verbot der reformatio in peius (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu § 66 AVG auf Seite 578 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Schließlich ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß auch der vom Strafgericht gewährte Strafaufschub bis sich nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers im gegenständlichen Administrativverfahren auswirken konnte, weil hier die belangte Behörde die Frage der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers selbständig zu prüfen hatte. Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen, daß das Strafgericht die Taten nicht für so schwer erachtet habe, "eine bedingt verhängte Strafe zu widerrufen".

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am