VwGH 12.04.1994, 91/08/0090
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | § 4 Abs 1 Z 1 GSVG ist analog auf geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH anzuwenden, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt haben (Hinweis E , 81/08/0029). |
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RS 2 | Aus dem Umstand, daß das Ruhen der Gewerbeausübung gem § 93 GewO 1973 BINNEN DREI WOCHEN zu melden ist, ist abzuleiten, daß eine über diese Frist hinausgehende rückwirkende Ruhendmeldung nicht zulässig ist. Dafür spricht auch der zweite Satz des § 93 GewO 1973, wonach die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft bei Gewerbeberechtigungen, die gem § 89 Abs 2 GewO 1973 wegen Nichtausübung seit mindestens einem Jahr zu entziehen sind, die Behörde von diesen Anzeigen in Kenntnis zu setzen hat. |
Normen | AVG §58 Abs2; VwGG §42 Abs2 Z1; |
RS 3 | Selbst wenn ein Bescheid auf "unrichtigen rechtlichen Erwägungen" beruht, sein Spruch aber trotzdem gesetzmäßig ist, kann der VwGH nicht mit der Aufhebung des - unrichtig begründeten - Bescheides vorgehen, weil er mit keiner Rechtswidrigkeit belastet ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH B 1992/03/26 90/16/0205 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Vd-3825/2 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom ), betreffend Formalversicherung in der Krankenversicherung nach § 14 GSVG (mitbeteiligte Partei: A in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt fest, daß der Mitbeteiligte vom bis gemäß § 14 GSVG in der Krankenversicherung formalversichert sei. Nach der Begründung sei der Mitbeteiligte gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG in der Krankenversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert gewesen. Diese Pflichtversicherung habe sich auf sein Gesellschaftsverhältnis als geschäftsführender Gesellschafter der der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol als Mitglied angehörenden Firma "Zur G-GmbH" gegründet. Da die Gewerbeberechtigung der genannten Gesellschaft, auf der die Kammermitgliedschaft beruhe, aber ab ruhend gemeldet worden sei, sei der Mitbeteiligte mit aus der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgeschieden. Dieser Umstand sei erst am dem Versicherungsträger bekannt geworden; dieser habe die Beiträge für drei Kalendermonate unbeanstandet entgegengenommen.
Der Mitbeteiligte erhob Einspruch, wobei er im wesentlichen die Auffassung vertrat, aus § 14 Abs. 1 GSVG sei zu entnehmen, daß Versicherungsbeiträge vom Versicherungsträger "unbeanstandet" entgegengenommen werden müßten. Daraus ergebe sich, daß der vermeintlich Pflichtversicherte freiwillige Zahlungen geleistet haben müsse. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall allerdings nicht gegeben. Der Mitbeteiligte habe nie freiwillig Zahlungen geleistet, diese seien vielmehr ständig vom Versicherungsträger auf der Grundlage des Österreichisch-deutschen Abkommens über Soziale Sicherheit durch die Allgemeine Ortskrankenkasse München eingetrieben worden. Die Voraussetzung der "unbeanstandeten Entgegennahme" der Beiträge liege daher nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch Folge gegeben und festgestellt, daß der Mitbeteiligte vom bis nicht gemäß § 14 GSVG in der Krankenversicherung formalversichert sei. Die belangte Behörde vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, daß im Beschwerdefall die Beiträge jeweils mittels vollstreckbarer Rückstandsausweise eingetrieben worden seien. Der Rückstandsausweis sei ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung. Würden Beiträge im Exekutionswege eingetrieben, könne von einer "Annahme" keine Rede sein. Das Vorliegen einer Formalversicherung für den im Spruch genannten Zeitraum sei daher zu verneinen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Mitbeteiligte seit geschäftsführender Gesellschafter der der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol als Mitglied angehörenden G-GmbH war.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG sind die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. u.a. in der Krankenversicherung versichert, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliegen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 GSVG beginnt die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei den im § 2 Abs. 1 Z. 3 genannten Gesellschaftern mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung durch die Gesellschaft, bei Bestellung des Gesellschafters einer Gesellschaft m.b.H. zum Geschäftsführer mit dem Tag der Antragstellung auf Eintragung des Geschäftsführers in das Handelsregister, bei Eintritt eines Geschäftsführers in die Gesellschaft mit dem Tag des Eintrittes.
Nach Lage der Verwaltungsakten hat der Mitbeteiligte der
beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt mit Schreiben
vom mitgeteilt, daß er das Gewerbe "rückwirkend
zum " bei der Handelskammer als ruhend gemeldet
habe. Mit Schreiben vom gleichen Tag hat der Mitbeteiligte bei
der Handelskammer Kitzbühel sein Gewerbe rückwirkend zum
ruhend gemeldet. In den Verwaltungsakten findet
sich ferner ein Schreiben der Kammer der gewerblichen
Wirtschaft für Tirol, Bezirksstelle Kitzbühel, vom
, wonach der Mitbeteiligte "heute ... das Ruhen
seines Gewerbebetriebes ... mit Wirkung vom
angezeigt" habe (vgl. OZl. 46 des Beitragsaktes). Eine Ruhendmeldung gegenüber der Handelskammer ist somit keinesfalls vor dem erfolgt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung Personen ausgenommen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, und zwar für die Dauer des Ruhens.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist u. a. § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG analog auf einen geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. anzuwenden, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt hat (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 81/08/0029).
Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung endet gemäß § 7 Abs. 1 Z. 7 GSVG bei Eintritt eines Ausnahmegrundes mit dem Letzten des Kalendermonates, in dem der Ausnahmegrund eintritt.
Gemäß § 93 der Gewerbeordnung 1973 muß der Gewerbetreibende das Ruhen der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen.
Aus dem Umstand, daß das Ruhen der Gewerbeausübung BINNEN DREI WOCHEN zu melden ist, muß nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes abgeleitet werden, daß eine über diese Frist hinausgehende rückwirkende Ruhendmeldung nicht zulässig ist. Dafür spricht auch der zweite Satz des § 93 der Gewerbeordnung, wonach die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft bei Gewerbeberechtigungen, die gemäß § 89 Abs. 2 wegen Nichtausübung seit mindestens einem Jahr zu entziehen sind, die Behörde von diesen Anzeigen in Kenntnis zu setzen hat. Für den Beschwerdefall folgt daraus, daß für den Mitbeteiligten aufgrund seiner Anzeige des Ruhens der Gewerbeausübung frühestens am bis keine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gegeben war.
Bis konnte Formalversicherung im Sinne des § 14 GSVG schon deshalb nicht eintreten, da es an der Voraussetzung der ununterbrochenen Annahme von Beiträgen für DREI MONATE fehlt.
§ 14 Abs. 1 GSVG sieht nämlich vor, daß eine Formalversicherung ab dem Kalendermonat, für den erstmals die Beiträge entrichtet worden sind, besteht, wenn der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegenden Person den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten
a) in der Krankenversicherung für drei Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen hat.
Der Ausspruch der belangten Behörde, daß für den Mitbeteiligten für die Zeit vom bis keine Formalversicherung besteht, erweist sich daher im Ergebnis als zutreffend. Der Begründung eines Bescheides kommt im allgemeinen keine normative Kraft zu; eine unrichtige Begründung kann daher einen Bescheid, dessen Spruch rechtmäßig ist, nicht rechtswidrig machen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 2087/A).
Aufgrund dieser Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 14027 A/1994 |
Schlagworte | Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1994:1991080090.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAE-58559