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VwGH vom 11.07.2001, 97/03/0147

VwGH vom 11.07.2001, 97/03/0147

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des P in Alland, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Churerstraße 1-3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.2-12/95-20, betreffend Sachverständigengebühren i.A. Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/03/0167, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren legte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (neuerlich) der beschwerdeführende Partei "gemäß § 52 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 76 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) in Verbindung mit § 24 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 die im Berufungsverfahren ... entstandenen Auslagen in Form von Sachverständigengebühren des ... in der Höhe von insgesamt S 6.965,--" zur Zahlung binnen zwei Wochen auf.

Nach der Begründung setzt sich dieser Betrag wie folgt zusammen:

"1. Schreibkosten gemäß § 31 Abs. 3 GebAG

ÖS 234,--

2. Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG ÖS 470,--


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3.
Gebühr für Mühewaltung (Befund und Gutachtenerstellung) gemäß § 43 Abs. 1 GebAG

ÖS 4.400,--


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4.
Teilnahme an der Verhandlung gemäß § 35 Abs. 1 GebAG ÖS 350,--
5.
Aktenstudium gemäß § 36 GebAG

ÖS 320,--


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Gebührensumme netto ÖS 5.804,--
6. nach § 31 Abs. 6 20 % MWST ÖS 1.160,80


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Gebührensumme brutto ÖS 6.964,80
7. aufgerundet auf volle Schilling nach § 39/2

ÖS 6.965,--"


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Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wirft der belangten Behörde zunächst vor, entgegen der Bestimmung des § 52 Abs. 1 AVG keinen amtlichen Sachverständigen beigezogen zu haben.

Die belangte Behörde hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Schreiben der Fachabteilung für das Gesundheitswesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom , und verwiesen, wonach es nicht möglich sei, dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark Amtsärzte für ärztliche Gutachten zur Verfügung zu stellen. Als Begründung sei die laufende personelle Engpasssituation angegeben worden, wobei nach dem Schreiben vom sich die Situation bei den medizinischen Amtssachverständigen in keiner Weise gebessert habe; es entstünden vielmehr immer mehr gesetzliche Aufgaben, die von den Amtsärzten zu erledigen seien, wobei die Zahl der Amtsärzte jedoch gleich bleibe.

Vor diesem Hintergrund begegnet es auf dem Boden der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/03/0167) keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass ihr kein Amtssachverständiger zur Verfügung stand. Insofern vermag auch kein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel darin erblickt zu werden, dass, wie die beschwerdeführende Partei weiters geltend macht, die belangte Behörde nicht dargelegt habe, ob überhaupt und wenn ja welche Bemühungen unternommen worden seien, um einen Amtssachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen.

Die beschwerdeführende Partei wendet sich weiters gegen die Heranziehung des Tarifansatzes nach § 43 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz 1975, weil eine körperliche Untersuchung nicht stattgefunden habe, sondern der Sachverständige sein Gutachten lediglich auf Grund des Akteninhaltes erstattet habe, weshalb dem Sachverständigen lediglich eine Gebühr gemäß § 34 Gebührenanspruchsgesetz 1975 zustehe.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, es setze "die Anwendung der Gebührenberechnung des § 43 Abs. 1 Ziff. 1 lit. e Gebührenanspruchsgesetz auch eine körperliche Untersuchung nicht unbedingt voraus, weil gemäß dem dritten Anwendungsfall eine besonders ausführliche wissenschaftliche Begründung beim vorliegenden Gutachten erbracht wurde". Der Einwand (der beschwerdeführenden Partei), dass eine körperliche Untersuchung nicht stattgefunden habe und daher die Voraussetzung für die Anwendung der Gebühr nicht vorliege, gehe somit ins Leere.

Die belangte Behörde verkannte damit die Rechtslage.

§ 53a Abs. 1 AVG in der hier anzuwendenden Fassung

BGBl. Nr. 471/1995 hatte folgenden Wortlaut:

"§ 53a. (1) Nichtamtliche Sachverständige und nichtamtliche Dolmetscher haben Anspruch auf Gebühren unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß wie Sachverständige und Dolmetscher im gerichtlichen Verfahren. Umfang und Höhe dieser Gebühren sind von der Behörde, die den Sachverständigen oder Dolmetscher in Anspruch genommen oder die Beweisaufnahme veranlasst hat, festzusetzen. Im Verfahren vor einer Kammer eines unabhängigen Verwaltungssenates obliegt diese Festsetzung dem nach den landesrechtlichen Vorschriften zuständigen Mitglied der Kammer. Die Auszahlung der Gebühren ist unentgeltlich."

§ 43 Abs. 1 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 in der Fassung BGBl. Nr. 623/1994 lautete auszugsweise:

(1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt

Z. 1. für die Untersuchung samt Befund und Gutachten

...

e) bei einer besonders zeitaufwendigen körperlichen Untersuchung oder bei einer neurologischen oder psychiatrischen Untersuchung, je mit besonders eingehender sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinander setzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens ............ 2.024,-- S.

..."

Sowohl aus der einleitenden Wortfolge der Z. 1 ("für die Untersuchung samt Befund und Gutachten") als auch aus der Formulierung der lit. e ("... körperliche Untersuchung oder ..., je mit ... Begründung des Gutachtens ...") ergibt sich klar, dass die Anwendung dieses Gebührentarifes eine körperliche Untersuchung zur Voraussetzung hat. Ein den mit ", je mit ..." beginnenden Satzteil begründendes Gutachten stellt keinen weiteren "Anwendungsfall" des § 43 Abs. 1 Z. 1 lit. e Gebührenanspruchsgesetz 1975 dar, wie dies die belangte Behörde meint, sondern ist ein für die Erfüllung dieses Tarifansatzes zusätzliches Tatbestandselement, das zu einer Untersuchung nach dem vorhergehenden Satzteil zu treten hat.

Die belangte Behörde verkannte damit die Rechtslage, wenn sie davon ausging, § 43 Abs. 1 Z. 1 lit. e Gebührenanspruchsgesetz 1975 könne schon dann herangezogen werden, wenn ein "besonders eingehender, sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinander setzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens" vorliegt.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am