VwGH vom 20.10.1992, 91/08/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in H, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-230 Sche 6/1-91, betreffend Zurückweisung eines Einspruches in Angelegenheit einer Beitragsgrundlage gemäß § 23 BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Wien III, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern als zuständiger Sozialversicherungsträger aus, daß für den Beschwerdeführer in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Betriebshilfeversicherung der Bauern folgende Beitragsgrundlage der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sei:
vom bis 31.12,1989 S 9.458,--
vom bis S 5.544,--
vom laufend S 5.024,--.
Als Rechtsgrundlage dieses Spruches wurde der § 23 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) in der jeweils geltenden Fassung angeführt. Der Bescheid enthält die Begründung, auf Grund der von der Finanzbehörde erstellten und vom Bundesrechenamt übermittelten Einheitswertbescheide hätten für die Beitragsgrundlage nachfolgend angeführte Einheitswerte herangezogen werden müssen:
Bis der Einheitswertbescheid zum 1.1.1979/80 vom , ab der Wertfortschreibungsbescheid zum vom und ab der Hauptfeststellungsbescheid zum vom . Zu diesen Bescheiden seien die entsprechenden Zupachtungen von J und C hinzugerechnet worden. Das für Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Flächenausmaß und der daraus resultierende Einheitswert im Sinn des § 23 BSVG betrage:
Ausmaß in ha Einheitswert in S
vom - bis Eigen- Pachtgrund Eigen- Pachtgrund
grund 3/3 2/3 grund 3/3 2/3
-
12,6529 2,4111 86.000,-- 17.300,--
-
7,9325 2,4111 44.000,-- 17.300,--
-
laufend 7,9325 1,7111 42.000,-- 11.300,--
Gegen diesen Bescheid, der dem Beschwerdeführer am zugestellt wurde, erhob er am , am beim Sozialversicherungsträger eingelangt, unter Angabe der Geschäftszahl Einspruch mit folgendem Wortlaut:
"Gegen den gegenständlichen Bescheid erhebe ich Einspruch und begründe dies damit, daß ich nie im Besitze von 12,6529 ha. Eigengrund war und bin. Das Ausmaß meines Eigengrundes beträgt 7,9325 ha.
Diesen Sachverhalt habe ich Ihnen bereits am schriftlich mitgeteilt."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers wegen Fehlens eines begründeten Entscheidungsantrages als unzulässig zurück.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch von der ihr freigestellten Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern
beteiligte sich am Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 182 BSVG ist auf den vorliegenden Fall der § 412 Abs. 1 zweiter Satz ASVG anzuwenden. Danach können Becheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen binnen einem Monat nach Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Der Einspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet und einen begründeten Entscheidungsantrag zu enthalten.
Im Hinblick auf die Gleichartigkeit der Regelung mit jener des § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung unter anderem einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, können für die Beurteilung der Frage, ob ein Einspruch einen begründeten Entscheidungsantrag enthält, die im Bereiche des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgesichtspunkte herangezogen werden. Danach muß aus dem Rechtsmittel zumindest erkennbar sein, aus welchen - auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird. Was § 63 Abs. 3 AVG (§ 412 Abs. 1 zweiter Satz ASVG) will, ist, daß die Rechtsmittelbehörde der Eingabe entnehmen können soll, was mit dem Verfahrensschriftsatz nach Absicht der Partei bezweckt wird. Die Partei hat einerseits darzutun, was sie anstrebt, andererseits, womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/08/0064).
Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom , auf welches im Rechtsmittel auch verwiesen wird, sowie im Schreiben vom darauf hingewiesen, daß das berücksichtigte Ausmaß des Eigengrundes unrichtig mit 12,6529 ha, daher der doppelten Flächengröße, angegeben und als Beitragsgrundlage herangezogen worden sei. Im Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer "die Vorschreibungen rückwirkend ab auf der Basis Einheitswert Eigenfläche von S 42.000,-- zu berichtigen". Daraus läßt sich der vom Beschwerdeführer auch in seinem Einspruch angestrebte Erfolg eindeutig ableiten, insbesondere deshalb, da sich seither in diesem Punkte keine Sachverhaltsveränderungen ergeben haben.
Da der angefochtene Bescheid im aufgezeigten Sinn an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit leidet, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung Nr. 104/1991 und in den Grenzen des nach ihrem Inkrafttreten gestellten Begehrens. Stempelgebühren konnten im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 44 BSVG nicht zuerkannt werden.
Fundstelle(n):
MAAAE-58539