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VwGH 29.05.1998, 97/02/0546

VwGH 29.05.1998, 97/02/0546

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Für den Beginn des Postenlaufes ist nur maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird (dh wann der Kasten tatsächlich ausgehoben wird). Es kommt daher allein darauf an, wann das in Frage stehende Telegramm von der Post "in Behandlung" genommen wurde; nicht aber ist es wesentlich, wann die Zumittlung des Telegrammes an die Behörde erfolgte, dh wann dieses bei der Behörde einlangte. Hängt doch die Rechtzeitigkeit einer Rechtsmittelerhebung nicht davon ab, ob und gegebenenfalls, wann die Einbringungsstelle von dem Rechtsmittel Kenntnis nimmt (Hinweis E , 715/62, VwSlg 6086 A/1963; E , 2499/76).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1994/03/25 92/17/0298 3
Norm
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088;
RS 2
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Abs 1 zweiter Satz VwGG gebührt nur dann die Zuerkennung von Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand, wenn der Bf auch tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Damit kommt die Zuerkennung von Schriftsatzaufwand und Verhandlungssaufwand auch dann nicht in Betracht, wenn ein Rechtsanwalt in eigener Sache einschreitet.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1997/09/05 97/02/0214 2 (hier: der Beschwerdeschriftsatz weist die Unterschrift eines Rechtsanwaltes ohne Berufung auf eine erteilte Vollmacht und unter ausdrücklichem Hinweis auf das Erfordernis des § 24 Abs 2 VwGG auf)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky, im Beisein des Schriftführers

Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des J in Gablitz, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-03/P/42/03208/97, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG im Ausmaß von S 2.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , mit dem der Einspruch des Beschwerdeführers vom gegen die Strafverfügung dieser Behörde vom gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß dem Beschwerdeführer die Strafverfügung vom am durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Dieser habe mit Poststempel vom ein Telegramm aufgegeben, in dem er gegen diese Strafverfügung Einspruch erhob. Im Hinblick auf die als rechtsgültige Zustellung zu wertende Hinterlegung der Strafverfügung am habe die zweiwöchige Einspruchsfrist - wie der Beschwerdeführer selbst vorgebracht habe - am geendet. Der Beschwerdeführer habe trotz gebotener Gelegenheit keine Beweismittel für die von ihm behauptete rechtzeitige Telegrammaufgabe beigebracht, weshalb von der verspäteten Einbringung des Einspruches auszugehen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0298, geltend, die belangte Behörde sei der ihr aufgegebenen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. So habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung das Datum der telefonischen Telegrammaufgabe mit unter Beifügung der Nummer des Anschlusses, von welchem aus die Aufgabe erfolgt sei, der Behörde bekannt gegeben, sodaß der belangten Behörde eine Nachprüfung dieser Angaben möglich gewesen wäre. Das Telegramm liege im Verwaltungsakt auf und weise die Ziffernfolge "1 21 22 56" auf, woraus ersichtlich sei, daß die Berufung (gemeint offenbar der Einspruch) am 21. (Oktober 1997) um 22,56 Uhr telefonisch aufgegeben worden sei. Der auf dem Telegramm aufgedruckte Poststempel sei für den rechtlich allein maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem das Telegramm von der Post in Behandlung genommen worden sei, ohne Bedeutung.

Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift aufgestellten Behauptung befindet sich in den Verwaltungsakten das den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom enthaltende Telegramm. Dieses weist in seinem Kopf den Passus "WIEN/TEL 1 21 2256" auf. Daraus ist, wie dies auch in dem vom Beschwerdeführer angeführten hg. Erkenntnis vom näher dargelegt wird, ersichtlich, daß das Telegramm am 21. (Oktober 1997) "tel" aufgegeben wurde. Daraus folgt, daß die Post das Telegramm zu diesem, noch innerhalb der zweiwöchigen Frist für die Erhebung eines Einspruches gegen die angeführte Strafverfügung liegenden Zeitpunkt in Behandlung genommen hat. Da gemäß dem zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 33 Abs. 3 AVG die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist eingerechnet werden, kommt der Frage, wann das Telegramm tatsächlich der Behörde zugekommen ist bzw. welchen Poststempel es aufweist, für die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels keine Bedeutung zu.

Die belangte Behörde hat, indem sie lediglich den - am Kuvert des Telegramms angebrachten - Poststempel für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Einspruches herangezogen, hingegen Ermittlungen zu dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren behaupteten Einbringungszeitpunkt dieses Rechtsmittels unterlassen hat, ihre Ermittlungspflicht verletzt. Da der Sachverhalt sohin in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und somit auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das den Schriftsatzaufwand betreffende Mehrbegehren war gemäß § 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 abzuweisen, weil der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (der Beschwerdeschriftsatz weist die Unterschrift eines Rechtsanwaltes ohne Berufung auf eine erteilte Vollmacht und unter ausdrücklichem Hinweis auf

das Erfordernis des § 24 Abs. 2 VwGG auf (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0214)).

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088;
VwRallg;
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1998:1997020546.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-58399