VwGH vom 29.05.2006, 2003/09/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. Christian Haas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosengasse 8, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Niederösterreich des Arbeitsmarktservice vom , Zl. LGS NÖ/ABV/13114/1 250 907/2002, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den mazedonischen Staatsbürger Z für die berufliche Tätigkeit eines Hufschmiedes.
Diesen Antrag wies die genannte Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom gemäß § 20 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG ab.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte in der Berufung und im weiteren Berufungsverfahren im Wesentlichen vor, dass er seit nunmehr 20 Jahren das Gewerbe eines Hufschmiedes betreibe. Das in diesem Zeitraum stark gestiegene und noch steigende Interesse am Reitsport in Österreich habe es mit sich gebracht, dass die im Lande tätigen Hufschmiede kaum in der Lage seien, der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, weil es an inländischen Interessenten für die Ausübung dieses Berufes mangle. Der Beschwerdeführer habe sich in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Kundenstock aufgebaut, den zu betreuen ihm - vor allem aus gesundheitlichen Gründen - nicht mehr möglich sein werde. Der beantragte Ausländer sei nicht nur geprüfter Hufschmied, sondern verfüge auch über eine überdurchschnittliche Fertigkeit und besondere Erfahrung im Umgang mit Pferden. Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben des österreichischen Hufschmiedeverbandes vor, in welchem die Mitteilung enthalten ist, es sei derzeit unmöglich, qualifizierte Fachkräfte für den Beruf des Hufschmiedes zu vermitteln. Die wenigen, gut ausgebildeten Hufschmiede machten sich sofort selbstständig.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für Z zwar die Übersetzung eines Diploms über die abgelegte Kontrollprüfung für Hufschmiede vom vorgelegt worden sei. Es sei aber nicht ersichtlich, dass es sich bei dieser Prüfung um (den Nachweis) einer der Facharbeiterprüfung entsprechenden Qualifikation handle. Vielmehr handle es sich um Kenntnisse, die als absolutes Grunderfordernis für die Ausübung des Berufes eines Hufschmiedes notwendig seien. Die belangte Behörde habe von der Durchführung der vom Beschwerdeführer angebotenen Demonstration der Fertigkeiten des Z zur Darlegung seiner überdurchschnittlichen Kenntnisse und Erfahrung im Umgang mit Pferden Abstand genommen. Inwiefern ein überdurchschnittliches Einfühlungsvermögen des Z im Umgang mit Pferden bestehe, sei nicht nachvollziehbar.
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente reichten für die Annahme eines gesamtwirtschaftlichen Interesses an der Beschäftigung des Z im Betrieb des Beschwerdeführers nicht aus. Ein solches gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung einer ausländischen Arbeitskraft könne nur dann bestätigt werden, wenn deren Beschäftigung über die einzelbetrieblichen (persönlichen) Interessen, wie z.B. die Befriedigung eines Arbeitskräftebedarfs, hinaus gingen. Mit dem bloßen Hinweis auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des Z und dem Facharbeitermangel im Beruf "Hufschmied" habe der Beschwerdeführer kein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Z darlegen können. Er habe nicht behauptet, dass sein Betrieb auf die gesamte Wirtschaft in der Region wesentlichen Einfluss habe. Das ins Treffen geführte gestiegene Interesse am Pferdesport könne für sich allein noch kein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Z im Betrieb des Beschwerdeführers beweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf die § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG gestützt.
Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 (AuslBG), ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.
Nach Abs. 2 Z. 1 leg. cit. darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind.
Gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall
anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 darf über
bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung
festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine
Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn
1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9
genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2
erfassten Ausländer eingebracht wird und
2. die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
3. a) der Regionalbeirat einhellig die
Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder
b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders
wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung
von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich
qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder
Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder
c) überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen
die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder
d) die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder
e) die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß
§ 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.
Liegt auch nur eine Voraussetzung der Z. 1 bis 3 leg. cit. nicht vor, so darf eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0164).
Z erfüllt unbestritten keines der in § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG angeführten Kriterien (in dieser Bestimmung sind Kategorien von in Österreich integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern angeführt), die Behörde hatte daher zu prüfen, ob der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung im vorliegenden Fall für einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wurde.
Für diese Beurteilung hat die belangte Behörde zutreffend die
auf Grund des § 12a Abs. 2 AuslBG erlassene
Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, BGBl. Nr. 278/1995,
i. d.F. BGBl. II Nr. 256/1997, herangezogen. Nach der im
vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 1
Z. 3 dieser auch als BHZÜV bezeichneten Verordnung (die übrigen
Bestimmungen nennen ebenfalls Kategorien von in Österreich
integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern, in welche Z
unbestritten nicht fällt) dürfen über die Gesamtzahl der
unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer
(Bundeshöchstzahl) hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt
werden für "Ausländer, an deren Beschäftigung
a) im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung,
speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder
b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung
verbundenen Transfer von Investitionskapital
gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen". Die belangte
Behörde hat nun die Auffassung vertreten, dass Z nicht über eine
besondere Ausbildung, spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten oder
besondere Erfahrung im Sinne des § 1 Z 3 lit. a BHZÜV verfüge,
sowie weiters, dass an seiner Beschäftigung keine
gesamtwirtschaftlichen Interessen bestünden.
Es kann nun im Beschwerdefall dahinstehen, ob die erstangeführte Annahme der belangten Behörde hinsichtlich des Fehlens der besonderen Qualifikation des Z zutrifft, weil die belangte Behörde das Vorliegen eines gesamtwirtschaftlichen Interesses an seiner Beschäftigung im Ergebnis zutreffend verneint hat.
Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 97/09/0312, und vom , Zl. 2000/09/0020).
Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Beschwerdeführer ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung bzw. Anwerbung für eine Beschäftigung letztlich nicht darzulegen vermochte. Sein in dieser Hinsicht erstattetes Vorbringen über die zunehmende Bedeutung des Reitsports und damit des Gewerbes eines Hufschmiedes führt nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht dargelegt - und es ist auch nicht ersichtlich -, weshalb die Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft nicht bloß eine Verbesserung der wirtschaftlichen Position seines Unternehmens im Wettbewerb mit anderen österreichischen Hufschmieden zur Folge hätte, sondern im gesamtwirtschaftlichen Interesse läge.
Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlagen und wenn sie daher die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung versagte, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am