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VwGH vom 18.12.2001, 99/09/0166

VwGH vom 18.12.2001, 99/09/0166

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des P K in D-90471 Nürnberg, vertreten durch Dr. Josef Peißl und Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte in 8580 Köflach, Judenburgerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/396/3-1999, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Straf- und Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer - unter Bedachtnahme auf die unverändert übernommenen Spruchteile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als Inlandsvertreter (als das zur Vertretung nach außen berufene Organ) der P K Gesellschaft mbH - ein ausländisches Unternehmen mit inländischer Zweigniederlassung in Salzburg - zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin einen näher bezeichneten jugoslawischen Staatsangehörigen in der Zeit vom bis in Innsbruck (Kaufhaus Q) ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) und ein auf S 2.500,-- herabgesetzter Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - insoweit diese für die Erledigung der Beschwerde von Belang ist - aus, auf Grund einer Hauptverbandsabfrage habe das Arbeitsmarktservice Innsbruck die unrechtmäßige Beschäftigung des Ausländers seit dem durch die P K Gesellschaft mbH zur Anzeige gebracht; für den Ausländer sei ein Befreiungsschein mit Geltungsdauer bis ausgestellt worden. Um Verlängerung seines Befreiungsscheines habe dieser Ausländer jedoch nicht angesucht. Der Beschwerdeführer sei dahingehend geständig, dass der Ausländer am 1. Juli und am jeweils 1,5 Stunden ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt worden sei. Dass der Ausländer nur über einen Befreiungsschein mit einer Geltungsdauer bis verfügte, sei dem Beschwerdeführer bekannt gewesen. Der Ausländer sei jedoch beschäftigt worden, obwohl schon beim Einstellungsgespräch bekannt gewesen sei, dass sein vorgewiesener Befreiungsschein abgelaufen war. Die Überprüfung der Papiere neu eingestellter ausländischer Arbeitnehmer gehöre zu den grundlegenden Pflichten eines Arbeitgebers, sodass dem Beschwerdeführer zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Auf ein im Betrieb eingerichtetes Kontrollsystem zur Verhinderung derartiger Übertretungen habe der Beschwerdeführer nicht hingewiesen. Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde ausdrücklich aus, über den Beschwerdeführer sei "sohin die gesetzliche Mindeststrafe" verhängt worden. Da dem Beschwerdeführer ein kürzerer Tatzeitraum anzulasten sei, sei die Strafe "auf das spruchgemäße Ausmaß herabzusetzen". Im Hinblick auf das Vorliegen grober Fahrlässigkeit sei nicht von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen, noch viel weniger seien bloß geringes Verschulden und nur unbedeutende Folgen der Tat vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür nicht bzw. nur unter Anwendung des § 21 VStG ohne Verhängung einer Strafe oder allenfalls nur mit der Mindeststrafe bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die mündliche Berufungsverhandlung am in seiner Abwesenheit bzw. in Abwesenheit seines Vertreters durchgeführt worden sei. Sein Vertreter habe sich "ca. fünf bis zehn Minuten verspätet", weil er durch "einen Verkehrsstau auf der Westautobahn und eine Baustelle im Bahnhofsbereich aufgehalten wurde". Der Vertreter habe aus dem Auto telefonisch das "Sekretariat bei der belangten Behörde" um Zuwarten ersucht; der "Vorsitzende" sei telefonisch nicht erreichbar gewesen.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (Strafverhandlungsschrift) begann die Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am um 10.00 Uhr und dauerte bis 10.06 Uhr. Um 10.11 Uhr stellte die Berichterstatterin den einstimmig angenommenen Antrag auf Entscheidung im Sinne des angefochtenen Bescheides. Der Vorsitzende der Kammer verkündete daraufhin mündlich das Berufungserkenntnis. Nach dieser Verkündung des Berufungserkenntnisses erschien - laut dem vom Vorsitzenden der Kammer festgehaltenen Aktenvermerk - um 10.15 Uhr Mag. Klaus Rieger, der Vertreter des Beschwerdeführers; Mag. Rieger wurde darüber informiert, dass die Verhandlung bereits geschlossen worden sei.

Dass er bzw. sein Vertreter zur mündlichen Berufungsverhandlung nicht ordnungsgemäß geladen worden sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Selbst nach dem Beschwerdevorbringen ist davon auszugehen, dass die Abwesenheit des Beschuldigtenvertreters ausschließlich von diesem selbst (und nicht etwa von der belangten Behörde) zu verantworten ist. Dass der ordnungsgemäß geladene Beschuldigtenvertreter - aus welchen Gründen auch immer - zum Termin der mündlichen Verhandlung, die mit dem Aufruf der Sache beginnt (vgl. § 51 f Abs. 1 VStG) und nach dem Schluss der Beweisaufnahme und den Schlussausführungen der Parteien geschlossen wird (vgl. § 51 h Abs. 4 VStG), nicht rechtzeitig erschienen ist, stellt keinen (der belangten Behörde anzulastenden) Verfahrensfehler dar. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies gemäß § 51 f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - zumal der Beschuldigtenvertreter ordnungsgemäß geladen war - nach § 51 f Abs. 2 VStG vorgegangen ist und die Verhandlung durchgeführt hat. Dass der Beschuldigtenvertreter von der mündlichen Berufungsverhandlung aus gerechtfertigten Gründen im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG abwesend gewesen sei, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen. Ein Verkehrsstau auf der Westautobahn und eine Baustelle (in Salzburg) sind keine völlig unvorgesehenen Hinderungsgründe. Dass der Beschuldigtenvertreter im Hinblick auf die dargelegten, allerdings erfahrungsgemäß regelmäßig und vorhersehbar auftretenden Verkehrsbehinderungen keine entsprechend rechtzeitigen Dispositionen (etwa Befahren von Ausweichrouten oder frühere Abreise) hätte treffen können, wird in der Beschwerde nicht behauptet (vgl. hiezu auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band II, 2. Auflage 2000, Seite 1049 f, E 12 ff und die a.a.O., Band I, 2. Auflage 1998, Seite 439 f, E 61 f wiedergegebene Judikatur).

Ob vorliegend gegen die Versäumung der mündlichen Berufungsverhandlung vom die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte bewilligt werden können, kann unbeantwortet bleiben, weil dieser Rechtsbehelf antragsbedürftig ist (vgl. § 71 Abs. 1 AVG), ein solcher Antrag (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten) nicht gestellt wurde und im Übrigen über einen solchen Antrag auch nicht im vorliegenden Verfahren bzw. nicht mit dem angefochtenen Bescheid zu entscheiden wäre.

Die belangte Behörde hat - ebenso wie die Behörde erster Instanz - die Strafe im Hinblick auf die rechtskräftigen Vorstrafen des Beschwerdeführers wegen Übertretung des AuslBG nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG (in der Fassung des Antimissbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995) verhängt. Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe von S 30.000,-- auf S 25.000,-- (die Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, zwölf Stunden auf drei Tage) herabgesetzt. Entgegen der Begründung es angefochtenen Bescheides wurde damit allerdings nicht "die gesetzliche Mindeststrafe" verhängt. Diese Mindeststrafe beträgt nämlich S 20.000,--.

Widersprüche zwischen Spruch und Begründung eines Bescheides (oder innerhalb der Begründung desselben) belasten diesen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. die bei Walter/Thienel, a. a.O., Band I, Seite 979, E 28, wiedergegebene hg. Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund im Umfang seines Strafausspruches und damit auch in dem darauf aufbauenden Ausspruch über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen (hinsichtlich des Schuldspruches) war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Unter Hinweis auf die fehlende Unbescholtenheit des Beschwerdeführers (vgl. dessen drei einschlägige Vorstrafen) und das Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystems bezüglich der Einhaltung des AuslBG kann von einem nur geringfügigem Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., Band II, Seite 389 f, E 13, 19, 20 und 43, wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am