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VwGH vom 17.03.2004, 2003/08/0236

VwGH vom 17.03.2004, 2003/08/0236

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in D, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/1218/2003-Mag.GR/S, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Am erklärte er niederschriftlich vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, dass sein Dienstverhältnis zum Landesschulrat für Steiermark am durch fristlose Entlassung geendet habe, wogegen er jedoch Klage erhoben habe. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und am einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer bezog vom bis und vom bis Arbeitslosengeld sowie vom bis Notstandshilfe.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes durch den Beschwerdeführer für die Zeiträume vom bis und vom bis gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt. Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG wurde der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in der Höhe des Gesamtbetrages von EUR 10.364,84 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Arbeitslosengeld zu Unrecht bezogen, da ein aufrechtes Dienstverhältnis zum Landesschulrat vorliege.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, der ebenfalls vom datiert, wurde der Bezug der Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer für den Zeitraum vom bis gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt. Gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG wurde der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe des Gesamtbetrages von EUR 4.034,80 verpflichtet. In der Begründung führte die Behörde erster Instanz aus, der Beschwerdeführer habe die Notstandshilfe zu Unrecht bezogen, da ein aufrechtes Dienstverhältnis zum Landesschulrat vorliege.

In seiner Berufung gegen diese Bescheide legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, dass am beim Bezirksgericht D. auf seinen Antrag ein Abschöpfungsverfahren eingeleitet worden sei. Gleichzeitig sei ein Treuhänder bestellt worden. Das Abschöpfungsverfahren sei noch nicht beendet. Seit dessen Einleitung gingen sämtliche pfändbaren Bezugsteile des Beschwerdeführers auf den Treuhänder über, sodass er lediglich über das Existenzminimum verfüge. Im gegenständlichen Bezugszeitraum vom April 2001 bis Oktober 2002 seien daher die Gläubiger des Beschwerdeführers von den nach dem AlVG ausbezahlten Bezügen befriedigt worden. Grundlage des Bezuges des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe sei die ungerechtfertigte Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Landesschulrat gewesen. Der Beschwerdeführer habe das Arbeitsmarktservice nie über die für den Leistungsbezug entscheidenden Tatsachen in Unkenntnis gelassen und daher die Leistungen stets gutgläubig bezogen. Auch habe der Beschwerdeführer im Hinblick auf das Abschöpfungsverfahren und die Tatsache, dass ihm lediglich der notwendigste Lebensunterhalt verblieben sei, die Leistungen zur Gänze gutgläubig verbraucht. Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Landesschulrat sei zwar für den gegenständlichen Bezugszeitraum im Nachhinein als bestehend festgestellt worden. Der größte Teil der daraus resultierenden Entgeltansprüche des Beschwerdeführers sei jedoch vom Landesschulrat nicht ausbezahlt worden. Der Grund für die Einbehaltung des Entgeltes sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Er versuche, die offen aushaftende Forderung außergerichtlich einzutreiben, was bisher jedoch erfolglos geblieben sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben und die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Landesschulrat sei am durch fristlose Entlassung gemäß § 34 Abs. 3 VBG beendet worden. Daraufhin seien dem Beschwerdeführer in den gegenständlichen Zeiträumen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausbezahlt worden. Durch eine Hauptverbandsüberlagerungsmeldung sei der Behörde bekannt geworden, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Landeschulrat im Nachhinein als bestehend festgestellt worden sei. Nach weiterer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde in der Begründung aus, da ein Gerichtsverfahren hinsichtlich der Entlassung im verfahrensrelevanten Zeitraum anhängig gewesen sei, sei der Leistungsbezug zu Recht erfolgt. Im Hinblick darauf, dass jedoch nunmehr gemäß § 12 Abs. 8 AlVG das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden sei, bestehe die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG, auch wenn das Arbeitsmarktservice in Kenntnis des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gewesen sei. Dabei spiele es keine Rolle, dass der Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe gutgläubig verwendet habe. Diese Leistungen hätten auch zur Existenzsicherung beitragen sollen. Da nun ein lückenloses Weiterbestehen des Dienstverhältnisses zum Landesschulrat festgestellt worden sei und daraus Entgeltrückzahlungen für den verfahrensrelevanten Zeitraum fällig würden, seien das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe zurückzuzahlen und zwar unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer bisher nur einen Teil seiner Forderungen erhalten habe. Diesbezüglich müsse er sich beim Dienstgeber schadlos halten. Auch der Umstand, dass der pfändbare Teil der Leistung wegen des Abschöpfungsverfahrens an den Treuhänder überwiesen worden sei, ändere nichts daran, dass die volle Leistung vom Beschwerdeführer zurückzufordern sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich umstritten, ob die Rückforderung des bezogenen Arbeitslosengeldes bzw. der bezogenen Notstandshilfe zu Recht erfolgt ist. § 25 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2000 enthält dazu folgende Regelung:

"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß der Empfänger nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. g war. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, daß die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten."

§ 12 Abs. 8 AlVG in den hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassungen BGBl. I Nr. 142/2000 und Nr. 103/2001 lautet:

"(8) Ebenso gilt als arbeitslos, wer auf Grund eines allenfalls auch ungerechtfertigten Ausspruches über die Lösung seines einen Kündigungs- oder Entlassungsschutz genießenden Dienstverhältnisses nicht beschäftigt wird, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem durch die zuständige Behörde das allfällige Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses rechtskräftig entschieden oder vor der zuständigen Behörde ein Vergleich geschlossen wurde."

§ 12 Abs. 8 AlVG enthält eine Sonderregelung für jenen Personenkreis, dessen Arbeitsverhältnisse einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz genießen. Die ordnungsgemäße Auflösung durch den Arbeitgeber bedarf in diesen Fällen einer Zustimmung (grundsätzlich durch eine Behörde bzw. das Arbeitsgericht - vgl. Dirschmied, Arbeitslosenversicherungsrecht3, Seite 142). Erst die Entscheidung des zuständigen Organs oder ein Vergleich vor diesem schafft endgültige Klarheit über den allfälligen Weiterbestand des Dienstverhältnisses. Wenn ein solches "geschütztes Dienstverhältnis" gelöst worden ist, kann das Verfahren nicht bis zur Klärung der Rechtslage ausgesetzt, sondern es muss das Vorliegen von Arbeitslosigkeit zunächst bejaht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0064, mit Nachweisen zu den Gesetzesmaterialien).

Nach den vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wurde das Dienstverhältnis gemäß § 34 Abs. 3 VBG beendet. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Dienstverhältnis dann, wenn ein strafgerichtliches Urteil gegen einen Vertragsbediensteten ergangen ist, das nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften den Verlust jedes öffentlichen Amtes unmittelbar zur Folge hat, mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteiles als aufgelöst und jeder Anspruch des Vertragsbediensteten aus dem Dienstvertrag als erloschen gilt.

Zwar ist nicht nachzuvollziehen, weshalb im vorliegenden Fall § 12 Abs. 8 AlVG zur Anwendung gelangen soll. Auch aus dem vom Beschwerdeführer zitierten, in seiner Arbeitsrechtssache ergangenen Zl. 9ObA 205/02s, geht nicht hervor, dass eine Zustimmung zur Auflösung seines Dienstverhältnisses im Sinne der obigen Ausführungen erforderlich gewesen wäre. Jedoch kann es aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben, ob § 12 Abs. 8 AlVG im vorliegenden Fall zum Tragen kommt:

Wie sich aus dem zitierten Urteil des OGH ergibt, vertrat das OLG als Berufungsgericht die Rechtsauffassung, dass das Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht sei, weil die Rechtsfolge des Amtsverlustes vom Strafgericht bedingt nachgesehen worden und eine Kündigungs- oder Entlassungserklärung von der beklagten Partei (Dienstgeber des Beschwerdeführers) nicht abgegeben worden sei. Der Oberste Gerichtshof bezeichnete diese Rechtsauffassung als zutreffend.

Im Hinblick darauf steht fest, dass das Dienstverhältnis als Vertragbediensteter nie beendet war und daher im gesamten Bezugszeitraum Arbeitslosigkeit (unabhängig von der Höhe des Entgeltes) nicht vorlag. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 zweiter Satz AlVG, soweit sie sich auf die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses während der verfahrensgegenständlichen Zeiträume beziehen, sind daher erfüllt. Dies wurde auch von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, die allerdings beide von der Anwendbarkeit des § 12 Abs. 8 AlVG ausgegangen sind, nicht bestritten.

Für die Rückforderung nach § 25 Abs. 1 zweiter Satz AlVG kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf an, dass der Bezug schuldhaft herbeigeführt worden ist oder dass der Arbeitslose hätte erkennen müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Voraussetzung für die Rückforderung nach dieser Gesetzesstelle ist lediglich, ob das Beschäftigungsverhältnis in der gegenständlichen Zeit nach der objektiven Rechtslage bestand oder nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0624).

Nicht von Bedeutung ist es auch, ob der Beschwerdeführer sämtliche Ansprüche aus seinem Dienstverhältnis bereits befriedigt erhalten hat. Selbst dann, wenn er Unentgeltlichkeit vereinbart hätte, würde dies nämlich nichts an der Zulässigkeit der Rückforderung ändern, da Arbeitslosigkeit nicht eingetreten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0037).

Angesichts dessen, dass nach dem Beschwerdevorbringen ein nachträgliches Entgelt aus dem Dienstverhältnis in Höhe von insgesamt EUR 65.801,-- brutto aushaftet und sich der Rückforderungsbetrag an Arbeitslosengeld und Notstandshilfe insgesamt auf EUR 14.399,60 beläuft, bestehen im vorliegenden Fall auch keine Bedenken, dass ein Überbezug, der nicht auf ein Verschulden des Leistungsempfängers zurückgeht, zu einer exzessiven Rückforderung führte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0026).

Auch das Beschwerdevorbringen, dass aus dem Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe die Gläubiger des Beschwerdeführers befriedigt worden seien, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Auf Grund der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen wurden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung an den Beschwerdeführer erbracht. Es kann nicht davon abhängen, für welche Zwecke diese im Ingerenzbereich des Beschwerdeführers verwendet wurden (etwa auch zur Rückzahlung von Schulden), ob eine Rückforderung zulässig ist oder nicht. Persönliche Verpflichtungen des Beschwerdeführers sind nicht auf die Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung überwälzbar.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am