VwGH vom 22.01.2002, 99/09/0116

VwGH vom 22.01.2002, 99/09/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. C in Krakau, vertreten durch die Rechtsanwälte John & John in 1010 Wien, Tuchlauben 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/25/00374/96, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 41 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer - unter Bedachtnahme auf die inhaltlich unverändert übernommenen Spruchteile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F Baugesellschaft mbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin vier namentlich näher bezeichnete polnische Staatsangehörige während der näher bezeichneten Tatzeiten an diversen Baustellen des Betriebes ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG vier Geldstrafen in der Höhe von je S 80.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je acht Tage) sowie ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von insgesamt S 32.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den aus den "§§ 21 AVG, 67d AVG, 31 VStG, 45 VStG, 37 AVG und 39 AVG" sich ergebenden Rechten verletzt. Er beantragt, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift abzusehen und stellte den Antrag, die Beschwerde unter Zuerkennung des verzeichneten Vorlageaufwandes als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, die von der belangten Behörde gemäß § 8 Abs. 2 ZustG vorgenommene Zustellung (gemeint unter der Anschrift Wien, A-Gasse 65/20) sei deshalb rechtswidrig, weil der belangten Behörde die Änderung der Abgabestelle mit Schriftsatz vom bekannt gegeben worden sei. Aber selbst wenn er seiner Verpflichtung gemäß § 8 Abs. 1 ZustG nicht nachgekommen wäre, also der genannte Schriftsatz der belangten Behörde nicht zugekommen wäre, hätte eine Hinterlegung gemäß § 8 Abs. 2 ZustG nur erfolgen dürfen, wenn die belangte Behörde eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten hätte feststellen können. Dem Verwaltungsstrafakt sei nicht entnehmbar, auf welche Weise die belangte Behörde feststellte, dass er Anfang 1998 eine Abgabestelle in Wien, A-Gasse 65/20 gehabt habe; an dieser Anschrift habe er seinen Wohnsitz nur vom

17. bis gehabt. Ab November 1997 habe er seinen Wohnsitz in Krakau (Polen) gehabt. Von dem (nach der mündlichen Verhandlung am mündlich verkündeten) angefochtenen Bescheid habe sein rechtsfreundlicher Vertreter am durch Akteneinsicht Kenntnis erlangt.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten erhob der Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Berufung; im Berufungsschriftsatz (vom ) wurde seine Abgabestelle mit dem Sitz der von ihm vertretenen Gesellschaft in Wien, R-Gasse 16, angegeben. Diese Abgabestelle findet sich des Weiteren in den Schriftsätzen seines rechtsfreundlichen Vertreters vom und vom .

Die belangte Behörde ließ den an den Beschwerdeführer gerichteten Ladungsbescheid vom (betreffend die mündliche Verhandlung am ) an den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zustellen; diese Zustellung erfolgte am .

Am langte bei der belangten Behörde ein mit datiertes Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters mit folgendem Inhalt ein:

"Unter Hinweis auf die Vollmachtskündigung vom retourniere ich Ihnen beiliegend den Ladungsbescheid vom ."

Die im genannten Schreiben erwähnte Vollmachtskündigung vom findet sich nicht in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsstrafakten.

Die belangte Behörde ließ den Ladungsbescheid vom (betreffend die Verhandlung vom ) neuerlich, aber an den Beschwerdeführer persönlich unter der aktenkundigen Anschrift Wien, R-Gasse 16, zustellen; der darüber ausgestellte Zustellnachweis trägt die Eingangsstampiglie eines Masseverwalters. Am (nach Durchführung der mündlichen Verhandlung) informierte dieser Masseverwalter die belangte Behörde dahingehend, dass er zur Vertretung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren (noch) nicht bevollmächtigt sei, und dass der Beschwerdeführer die Ladung (betreffend die Verhandlung vom ) erst am erhalten habe.

Die belangte Behörde ließ deshalb den Ladungsbescheid vom betreffend die (fortgesetzte) Verhandlung vom an den Beschwerdeführer unter seiner aktenkundigen Anschrift mit dem zusätzlichen Vermerk "trotz Konkurses persönlich zustellen" zustellen; dem bei der belangten Behörde eingelangten Bericht des Zustellers zufolge war die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft "verzogen, jedoch Masseverwalter Dr. ...".

Daraufhin stellte die belangte Behörde am eine Anfrage beim Zentralmeldeamt, die am folgende Auskunft erbrachte:

"Hr. C, Krakau/Polen geb., österreichischer Stbg., zuletzt whft. Wien, A-Gasse 65/20, am nach Deutschland unbekannt abgemeldet".

Die belangte Behörde vertagte die Verhandlung auf den und ließ den Ladungsbescheid zu dieser Verhandlung an den Beschwerdeführer unter der Anschrift Wien, A-Gasse 65/20, gemäß § 23 ZustG durch Hinterlegung ohne vorangehenden Zustellversuch zustellen; der Ladungsbescheid wurde beim Zustellpostamt ab hinterlegt, aber nicht behoben. Der angefochtene Berufungsbescheid wurde nach der mündlichen Verhandlung am mündlich verkündet.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er seine Abgabestelle während des Berufungsverfahrens änderte.

§ 8 Abs. 2 ZustG regelt die Folgen der Unterlassung der Mitteilung der Änderung der Abgabestelle in jenen Fällen, in denen die Behörde vor der zu veranlassenden Zustellung wohl von der Änderung weiß, die neue Abgabestelle aber nicht kennt. Diese Regelung ist von dem Gedanken getragen, dass die Unterlassung der Mitteilung dann zu Lasten der Partei geht, wenn die Behörde die geänderte Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten in Erfahrung bringen kann. Eine Partei, die der in § 8 Abs. 1 ZustG normierten Mitteilungspflicht nicht nachkommt, hat die Gefahr zu tragen, dass Zustellungen an ihrer früheren Abgabestelle ohne Zustellversuch erfolgen, weil ihre geänderte Abgabestelle für die Behörde nicht feststellbar war (vgl. hiezu auch den hg. Beschluss vom , Zl. 94/20/0139, und die darin angegebene Judikatur).

Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Beschwerde auf einen Schriftsatz vom , mit dem er die Lösung des Vollmachtsverhältnisses und die neue Anschrift in Polen gemeldet habe, der sich aber nicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten findet. Entgegen dieser Meldung ist einer mit der Beschwerde vorgelegten Erklärung des Beschwerdeführers vom zu entnehmen, dass er vom 17. Bis seinen Hauptwohnsitz in Wien, A-Gasse 65/20, hatte. Dass er auf andere Weise als durch den Schriftsatz vom seiner Mitteilungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 ZustG nachgekommen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht. In diesem Zusammenhang ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers mit der am bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe vom den Ladungsbescheid retournierte und darin auf die am erfolgte Vollmachtskündigung hinwies, der belangten Behörde jedoch mit diesem Schriftsatz eine geänderte Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht mitteilte; aus welchem Grund damals die geänderte Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht bekannt gegeben wurde, ist der Beschwerde nicht entnehmbar.

Die Meldung des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers in Wien wurde - wie aus seinem Vorbringen selbst ersichtlich - nicht einmal versucht. Der Schriftsatz vom 4. bzw. die Vollmachtskündigung vom , die sich in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten nicht finden, konnten der (belangten) Behörde keine Kenntnis einer geänderten Abgabestelle des Beschwerdeführers verschaffen. Des Weiteren ist zu diesem in der Beschwerde ins Treffen geführten Schriftsatz zu bemerken, dass die - auch mit dem Beschwerdevorbringen eingeräumten - danach im Oktober 1977, nach Wien, A-Gasse 65/20, und im November 1997, nach Polen, vom Beschwerdeführer vorgenommenen Änderungen seiner Abgabestelle in diesem Schriftsatz nicht berücksichtigt wurden und der Beschwerdeführer jedenfalls diese Änderungen nicht unverzüglich der Behörde mitgeteilt hat. Da der Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet gewesen wäre, die geänderte Abgabestelle der Behörde mitzuteilen, und dies unterlassen hat bzw. die Behörde tatsächlich keine Kenntnis von seiner geänderten Abgabestelle erhalten hat war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Mitteilungspflicht des § 8 Abs. 1 ZustG als durch den Beschwerdeführer verletzt ansah und von der Bestimmung nach § 8 Abs. 2 ZustG Gebrauch gemacht hat.

Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat die belangte Behörde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten im November bzw. Dezember 1997 eine Anfrage beim Zentralmeldeamt gestellt und derart taugliche und hinreichende Nachforschungen zur Feststellung einer (geänderten) Abgabestelle des Beschwerdeführers unternommen (vgl. in dieser Hinsicht etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 95/01/0033, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0487, und die darin angegebene Judikatur). Dass die belangte Behörde die in der Beschwerde ins Treffen geführte Anschrift in Polen bei dieser Sachlage hätte ausforschen müssen, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die angegebene Rechtswidrigkeit der Zustellung ist somit nicht vorgelegen. Davon ausgehend wurde der Berufungsbescheid am durch mündliche Verkündung wirksam erlassen. Die - auf der behaupteten Rechtswidrigkeit der Zustellung aufbauende - Einrede des Eintritts der Strafbarkeitsverjährung ist demnach unberechtigt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/09/0152, und vom , Zl. 96/09/0120).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am