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VwGH vom 28.09.2000, 99/09/0088

VwGH vom 28.09.2000, 99/09/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des C G in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , GZ. LGSW/Abt. 10/13115/880 703/1998, betreffend Verlängerung eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Bau-Holz Wien vom , mit dem der am gestellte Antrag des Beschwerdeführers, den ihm ausgestellten Befreiungsschein nach § 4c Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu verlängern, abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4c Abs. 2 AuslBG und Art 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz des ARB Nr. 1/80 keine Folge gegeben.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, der Beschwerdeführer habe seit dem keine ordnungsgemäße Beschäftigung mehr aufzuweisen, obwohl er seit Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG bzw. seit dem Beitritt Österreichs zur EU als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin bewilligungsfrei beschäftigt gewesen sei. Seine Ehe, die Ursache für die Möglichkeit seiner Beschäftigung gewesen sei, sei am für nichtig erklärt worden, was bedeute, dass sie nie existiert habe und demgemäß keine Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c AuslBG, sowie nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80", verletzt.

Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 3 VwGG gebildeten Senat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994 ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG, ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer mindestens fünf Jahre mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat.

Artikel 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80) hat folgenden Wortlaut:

"Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
-
nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
-
nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis."
Nach dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seiner am mit einer österreichischen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe mit Bescheid vom ein Befreiungsschein mit einer Geltungsdauer vom bis gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ausgestellt, was bedeutet, dass dieser sich allein auf den Tatbestand der aufrechten Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin gestützt hat.
Nach § 15a Abs 2 AuslBG ist der Befreiungsschein nach § 15 Abs. 1 Z 2 - und nur ein solcher lag im Beschwerdefall vor - zu verlängern, wenn der Ausländer mindestens fünf Jahre mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat.
Voraussetzung für die Bewilligung der beantragten Verlängerung des Befreiungsscheines ist u.a. das Vorliegen einer gültigen Ehe durch den im Gesetz genannten Zeitraum. Wie auch die belangte Behörde richtig ausführt, wurde die - tatbestandsmäßig wirkende - Ehe aber wegen Nichtigkeit mit Wirkung ex tunc aufgehoben. Die ex tunc-Wirkung des Ehenichtigkeitsurteiles hat zur Folge, dass die Ehegatten als von Anfang an nicht verheiratet anzusehen sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/09/0308 und vom , Zl. 98/09/0144, jeweils betreffend die hinsichtlich des vom Gesetz geforderten Beurteilungskriteriums einer gültigen Ehe in dieser Frage vergleichbare Ausstellung bzw. Verlängerung einer Arbeitserlaubnis). Das Tatbestandsmerkmal einer aufrechten Ehe lag daher während des vom Gesetz umschriebenen Zeitraumes nicht vor, weshalb auch eine Verlängerung des darauf beruhenden Befreiungsscheines nicht in Frage kam. Im Übrigen - insbesondere zu der von Muzak geäußerten Kritik - wird auf die Ausführungen im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/09/0086, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Voraussetzung für die Anwendung des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80 ist u.a. das Vorliegen einer erlaubten Beschäftigung durch den im Gesetz genannten Zeitraum. Wie auch die belangte Behörde richtig - wenn auch etwas kursorisch - ausführt, ist eine Beschäftigung in diesem Sinne aber nicht mehr 'erlaubt', wenn sie - wie im Beschwerdefall - auf einem Befreiungsschein im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG beruhte, die tatbestandsmäßige Ehe aber wegen Nichtigkeit mit Wirkung ex tunc aufgehoben wurde. Daraus folgt, dass im gegenständlichen Fall die auf Grund des dem Beschwerdeführer ausgestellten Befreiungsscheines nach § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG erworbenen Beschäftigungszeiten infolge der Nichtigerklärung der für die Ausstellung des Befreiungsscheines nach § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG tatbestandsmäßig gewesenen Ehe als nicht erlaubt (= nicht "ordnungsgemäß") anzusehen sind und daher auch die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80 nicht vorliegen.
Auf die vom Beschwerdeführer allein relevierte Frage des berechtigten Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet kommt es dabei nicht mehr an. Auch unterliegt der Beschwerdeführer einem Irrtum, wenn er in seinen Beschwerdeausführungen davon ausgeht, die belangte Behörde habe in der Begründung ihres Bescheides die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Abrede gestellt. Dafür findet sich in dem ohnedies knappen Begründungsteil des angefochtenen Bescheides kein Hinweis.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am